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Rockersklavin - Ein unanständiges Angebot

Joanna Wylde

 

Verlag Lago, 2014

ISBN 9783957620132 , 352 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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8,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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Kapitel zwei


17. September – heute


»Es tut mir so leid, Schwesterchen«, sagte Jeff. Da seine Lippen blutig und geschwollen waren, klangen seine Worte gedämpft. Fehlte ihm etwa ein Zahn? Ich konnte nicht glauben, dass diese Männer – für zwei von ihnen hatte ich gekocht, für den Dritten hatte ich einiges mehr getan, als ihn zu bekochen – tatsächlich drohten, meinen Bruder zu töten.

Picnic sah mir direkt ins Gesicht und blinzelte.

»Dein kleiner Bruder hat sich schlecht benommen«, sagte er. »Er hat uns beklaut. Weißt du irgendetwas darüber?«

Ich schüttelte rasch den Kopf. Eine Tüte rutschte mir vom Arm. Äpfel sprangen heraus und kullerten über den Boden. Einer rollte bis zum Fuß von Horse. Er schaute nicht hin, sondern behielt diesen kühlen, gedankenverlorenen Gesichtsausdruck bei, den ich schon so oft an ihm gesehen hatte. Es frustrierte mich – ich hätte ihn am liebsten angeschrien, er solle verdammt noch mal irgendeine Emotion zeigen. Ich wusste, dass er Gefühle hatte. Wenn er nicht auch in dem Punkt gelogen hatte.

Oh Gott!

Mein Bruder kniete blutend in der Mitte unseres heruntergekommenen Wohnzimmers und wartete darauf, erschossen zu werden. Und alles, woran ich denken konnte, waren Horse und ich. Was zum Teufel stimmte mit mir nicht?

»Ich versteh das nicht«, sagte ich schnell. Ich sah in Jeffs geschwollenes, geschundenes Gesicht und bat ihn im Stillen eindringlich, diesen dummen Streich, den sie mir da gerade spielten, sofort zu beenden und in Gelächter auszubrechen.

Aber Jeff fing nicht an zu lachen. Sein keuchender Atem schallte durch den Raum wie ein Soundeffekt im Film. Wie schwer war er verletzt?

»Er sollte eigentlich für uns arbeiten«, erklärte Picnic. »Er ist ziemlich gut mit seinem kleinen Laptop. Aber anstatt zu arbeiten, hat er mit unserem verdammten Geld im Casino gezockt. Und jetzt hat er den Nerv, mir zu sagen, dass er das Geld verloren hat und es nicht zurückzahlen kann

Er betonte die letzten drei Worte, indem er Jeff den dicken runden Lauf seiner Pistole in den Nacken stieß.

»Du hast nicht zufällig fünfzig Riesen dabei?«, fragte Horse beiläufig mit kühler Stimme. Ich schüttelte den Kopf und merkte, wie mir schwindelig wurde. Verdammt, deshalb hatte Jeff also versucht, mich dazu zu bringen, Gary um Geld zu bitten … Aber fünfzig Riesen? Fünfzig Riesen? Ich konnte es nicht fassen.

»Er hat fünfzigtausend Dollar gestohlen?«

»Jau«, erwiderte Horse, »und wenn wir die nicht ganz schnell zurückkriegen, stehen seine Chancen schlecht.«

»Ich dachte, ihr wärt Freunde«, flüsterte ich und schaute von ihm zu Jeff.

»Du bist wirklich ein süßes Mädchen«, sagte Picnic. »Aber du kapierst nicht, wer wir sind. Es gibt den Club und den Rest der Welt. Dieser dumme Arsch hier ist kein Mitglied im Club. Wer sich mit uns anlegt, bekommt Ärger. Verdammten Ärger. Und er zieht immer den Kürzeren.«

Jeffs Lippen zitterten und ich sah, wie ihm Tränen in die Augen stiegen. Dann machte er sich in die Hose, ein dunkler Fleck breitete sich zwischen seinen Beinen aus.

»Scheiße«, sagte der Mann mit dem Irokesenschnitt und den Totenkopf-Tattoos. »Das hasse ich ja total, wenn die sich anpissen.«

Er schaute an Jeff hinunter und schüttelte den Kopf.

»Deine Schwester pisst sich ja auch nicht an, oder? Was für ein elender Feigling«, sagte er angewidert.

»Bringt ihr uns jetzt um?«, fragte ich Picnic und versuchte nachzudenken. Ich musste es schaffen, dass er mich als Mensch sah. So hieß es in den Fernsehshows über Serienkiller immer. Picnic hatte zwei Töchter, ich hatte sogar Fotos von ihnen gesehen. Ich musste ihn an seine Familie erinnern, daran, dass er ein Mensch war und kein Reaper-Monster. »Ich meine, würden Sie wirklich Leute ermorden, denen Sie Fotos von Ihren Töchtern gezeigt haben? Eine von ihnen ist ungefähr so alt wie ich, oder? Können wir uns nicht gemeinsam etwas überlegen? Vielleicht könnten wir das Geld ja in Raten zurückzahlen.«

Horse schnaubte und schüttelte den Kopf.

»Du kapierst es nicht, Süße. Hier geht es nicht nur um Geld«, sagte er. »Die Kohle könnte uns auch gestohlen bleiben. Es geht um Respekt und darum, dass er den Club beklaut hat. Wenn wir diesen degenerierten Arsch damit davonkommen lassen, dann werden auch andere anfangen, uns zu bescheißen. Wir lassen so etwas nicht schleifen. Nie. Er wird mit Blut bezahlen müssen.«

Ich schloss die Augen und spürte, wie mir nun auch die Tränen kamen.

»Jeff, was hast du bloß gemacht«, flüsterte ich.

»Ich hatte nicht vor, das Geld zu verlieren«, antwortete er mit bebender Stimme, die ohne jede Hoffnung war. »Ich dachte, ich gewinne es zurück und bügle das irgendwie aus. Oder ich verstecke es in den elektronischen Überweisungen …«

»Halt die Fresse«, drohte Picnic und schlug ihm mit der freien Hand heftig auf den Kopf. »Du sprichst nicht über die Geschäfte des Clubs. Selbst dann nicht, wenn du gleich stirbst.«

Ich wimmerte und spürte, wie ich anfing zu zittern.

»Es gäbe da noch eine andere Möglichkeit«, sagte Horse zu mir, noch immer ganz beiläufig. »Mit Blut bezahlen kann Verschiedenes bedeuten.«

»Er muss doch nicht unbedingt sterben«, bat ich und dachte blitzschnell nach. »Vielleicht könntet ihr unseren Trailer abfackeln!«

Ich lächelte ihn ermutigend an. Scheiß auf den Trailer, ich wollte Jeff in Sicherheit wissen. Und mich auch. Oh Scheiße, wenn sie Jeff umbrachten, würden sie mich auch umbringen müssen.

Ich wäre dann eine Zeugin. Oh Scheiße, Scheiße …

»Das machen wir sowieso«, sagte Horse gedehnt. »Aber das ist ja kein Blut. Ich wüsste da aber noch etwas anderes, und das wäre Blut.«

»Was?«, fragte Jeff mit verzweifelter Hoffnung. »Ich mache alles, das schwöre ich. Wenn ihr mir eine Chance gebt, knacke ich euch so viele Konten, dass ihr es gar nicht glauben könnt. Wir können alles schaffen! Ich höre mit dem Rauchen auf, dann kriege ich einen klareren Kopf und kann noch besser arbeiten …«

Er verstummte, als Horse lachte. Der Typ mit dem Irokesenschnitt schüttelte den Kopf und grinste Picnic an.

»Glaubst du diesem Arsch?«, fragte er. »Jetzt mal ehrlich, du Volltrottel, das macht sich hier nicht besonders gut, wenn du uns erzählst, wie nachlässig du gewesen bist.«

Jeff wimmerte. Ich wollte zu ihm, ihn umarmen und ihn trösten, aber ich hatte zu viel Angst.

Horse streckte sich, neigte den Kopf zu jeder Seite und ließ seine Gelenke krachen, als würde er sich auf einen Kampf vorbereiten. Das erinnerte mich irgendwie an eine Folge der Sopranos und wäre superwitzig gewesen, hätte ich nicht zufällig gewusst, wie diese Folge ausging.

»Lass uns mal ein paar Dinge klarstellen«, sagte Horse nach einer Pause, die ungefähr zehn Jahre gedauert hatte. »Dir passiert nichts, Marie.«

»Nein?«, fragte ich. Ich war mir nicht sicher, ob ich ihm trauen konnte. Jeff hörte voller Angst zu und blinzelte gegen seine Tränen an. Ich sah, wie ihm ein Schweißtropfen über die Stirn lief und eine Spur durch das Blut zog, das immer noch aus seiner Wunde quoll.

»Ne«, sagte Horse. »Du hast nichts Schlimmes gemacht und auf dich sind wir nicht sauer. Hier geht es nicht um dich. Du hältst den Mund, wenn du weiterleben willst, und du bist schlau genug, um das zu wissen. Das ist nicht der Grund, weshalb du hier bist.«

»Und warum bin ich hier?«

»Damit du sehen kannst, was für einen verdammten Ärger dein Bruder kriegt«, antwortete er. »Weil wir ihn kaltmachen, wenn er sich nicht überlegt, wie er uns das Geld zurückzahlen kann. Ich glaube, wenn er die richtige Motivation hat, dann könnte er’s vielleicht hinkriegen.«

»Ich werd’s hinkriegen«, stammelte Jeff. »Ich werde euch alles zurückzahlen, ich bin euch so dankbar …«

»Nein, du wirst uns das Doppelte zurückzahlen, du Idiot«, sagte Picnic und trat ihm mit seinem schweren Lederstiefel brutal in die Seite. Jeff stürzte zu Boden und stöhnte vor Schmerz. Ich zuckte zusammen. »Das heißt, falls wir dich am Leben lassen – was voll und ganz von deiner Schwester abhängt. Wenn sie nicht wäre, dann wärst du jetzt schon tot.«

Ich starrte Picnic an. Ich hatte keine Ahnung, wovon er sprach, aber ich würde alles tun, um Jeff zu retten. Wirklich alles. Er war das einzige echte Stück Familie, das mir geblieben war, und auch wenn er ein Dummkopf war, war er ein Schatz, der mich aufrichtig liebte.

»Ich mach’s«, sagte ich schnell.

Horse schnaubte. Er ließ seinen Blick an mir hinuntergleiten, betrachtete meine Brüste und sah mir wieder ins Gesicht. Ich merkte, dass der Rest meiner Einkäufe zu Boden gefallen war und ich die Fäuste geballt hatte.

»Willst du nicht erst mal fragen, was du überhaupt machen sollst?«, fragte er trocken.

»Ähm, klar«, sagte ich und starrte ihn an. Wie konnte ein so schöner Mann nur so grausam sein? Ich hatte gespürt, wie zärtlich seine Hände sein konnten. Woher kam nun dieser üble Charakter? Echte Menschen, Leute, die lachten und zusammen aßen, verhielten sich nicht so. Jedenfalls nicht in meiner Welt. »Was soll ich machen?«

»Scheint so, als ob unser Horse hier eine Hausmaus sucht«, sagte Picnic. Ich sah ihn verständnislos an. Er warf Horse einen...