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Gezeichnet - Kriminalroman

Reinhard Kleindl

 

Verlag Haymon, 2014

ISBN 9783709935903 , 288 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

12,99 EUR


 

11 Uhr 15


»Ja, klar führen wir diese Säge. Davon verkaufe ich fünf Stück in der Woche.«

Meier schrieb sich die Zahlen auf.

Der Verkäufer im großen Baumarkt in der Conrad-von-Hötzendorf-Straße erklärte ihr, dass das Gerät in jedem Baumarkt in Graz zu haben sei und dass man besser ein Markenprodukt nehmen sollte, wenn man es mehr als einmal verwenden wollte.

Meier bedankte sich für die Auskunft und ging zurück zum Auto.

Viel zu wenig, dachte sie. Das hilft uns gar nicht weiter.

Statt weitere Baumärkte aufzusuchen, beschloss sie, die Hersteller für flüssigen Stickstoff anzugehen. Die erste Adresse auf ihrer Liste war auf dem Köglerweg. Sie startete ihren Dienstwagen und fuhr los.

Sie erkannte den Betrieb sofort an den hohen, weißen Gasbehältern, auf denen das Firmenlogo prangte. Als sie eintrat, begrüßte sie ein Verkäufer hinter einer Theke übertrieben freundlich. Er trug eine Brille, die ihm zu groß war, und blinzelte oft. Sein Ton änderte sich auch nicht, als sie erklärte, dass sie von der Polizei war. Sie zeigte ihm das Foto von der Stickstoffflasche, die sie am Tatort gefunden hatten, und er lachte.

»Wo haben Sie denn die her?«

»Gibt es solche bei Ihnen?«, fragte Meier.

»Nein, schon lange nicht mehr. Das ist ein Museumsstück! Solche hat man früher im medizinischen Bereich verwendet.«

»Aber ist es möglich, dass von diesen noch welche in Krankenhäusern oder auf der Universität im Umlauf sind?«

Er nickte eifrig. »Ganz sicher sogar.«

»Und man könnte zu Ihnen kommen und sie befüllen lassen.«

»Selbstverständlich!«, bestätigte er. »Aber ich würde Ihnen raten, eine neue zu kaufen.«

»War in letzter Zeit jemand da mit so einer Flasche?«

Er lächelte nachsichtig. »Nein, daran würde ich mich erinnern.«

»Gibt es noch andere Verkäufer hier?«, fragte sie.

»Ich glaube nicht, dass jemand mit so einer Flasche bei uns war.«

Meier hatte unwillkürlich das Bild des Tatorts vor Augen und zwang sich, ruhig zu bleiben.

»Ich lasse Ihnen dieses Foto und meine Karte da«, sagte sie. »Zeigen Sie es allen Mitarbeitern, die im letzten Monat flüssigen Stickstoff verkauft haben könnten. Rufen Sie mich an, wenn Sie fertig sind. Ist das möglich?«

»Selbstverständlich«, antwortete er. Doch die Art, wie er lächelte, ließ ihre Hoffnung schwinden, dass etwas dabei herauskommen könnte.

Auf ihrer Liste standen noch zwei weitere Hersteller für Flüssiggas. Sie fuhr zu beiden hin, doch auch dort hatte niemand etwas gesehen. Sie hinterließ zwei weitere Fotos und Visitenkarten.

Als sie wieder im Auto saß und zurück zum Landeskriminalamt fuhr, kreisten ihre Gedanken wieder einmal darum, dass sie sich einen anderen Job suchen sollte.

11 Uhr 20


Wilszek war zufrieden. Er verstaute ein gutes Dutzend kleiner Plastiksäckchen in einer Tasche. Haare, Hautschuppen, Zehennägel. Holzer zog gerade das Leintuch und die Bettwäsche ab. Das UV-Licht hatte zwar keine frischen Spuren von Sperma gezeigt, doch vielleicht konnten sie im Labor etwas finden. So oder so: Wenn Krasniqi etwas mit einem Studenten gehabt hatte, würden sie es erfahren.

Er fragte sich, wovor ihn Baumgartner eigentlich gewarnt hatte. Diese Koren war höflich und zuvorkommend, hatte ihm etwas zu trinken angeboten und machte insgesamt einen aufgeräumten Eindruck. Baumgartner war ein exzellenter Polizist, aber manchmal hatte er seine Eigenarten. Vor allem in letzter Zeit schien ihn etwas zu beschäftigen. Private Probleme? Es war schwer vorzustellen, dass Baumgartner ein Privatleben hatte. Davon erzählte er nie etwas. Wilszek musste unwillkürlich an die Ehe seiner Großeltern denken und grinste dabei.

Er und Holzer hatten ihre Arbeit fast beendet. Sie packten die Proben ein, die sie genommen hatten, zogen die Schutzkleidung aus und verabschiedeten sich von Koren.

Nur eines verstand er nicht: Wo war dieser Computer, von dem Baumgartner gesprochen hatte?

11 Uhr 30


Baumgartner saß im überfüllten Gasthaus »Zu den 3 Goldenen Kugeln« in der Heinrichstraße zwischen Studenten und wartete auf seine Leberknödelsuppe. Zuvor war er in einem anderen Restaurant gewesen, nur um festzustellen, dass man dort keine Suppen servierte, woraufhin er sich bei der jungen Kellnerin beschwert hatte, was das für ein Gasthaus sein solle, wo man keine Suppe bekam.

Er hatte das Notizbuch noch vor sich liegen, doch seine Aufzeichnungen waren schnell erledigt gewesen. Er hatte verzweifelt versucht, etwas Wesentliches in dem Gehörten zu entdecken, das es wert war, aufgeschrieben zu werden, doch es war ihm nicht gelungen. Als die Suppe kam, aß er nur die Hälfte und legte den Löffel beiseite. Er rief die Kellnerin und bestellte das Wiener Schnitzel ab. Sein Magen fühlte sich nicht gut an.

Da brummte sein Handy auf der Tischplatte. Es war Wilszek.

»Ja?«

»Baumgartner, ich bin jetzt fertig mit Krasniqis Zimmer.«

Er hielt sich ein Ohr zu, um besser zu verstehen. »Gut. Irgendwas Interessantes?«

»Ja, vielleicht«, sagte Wilszek. »Sie hatte womöglich einen Freund.«

»Tatsächlich?«

»Ja. Wir haben verschiedene Haare in ihrem Bett gefunden und außerdem ein gebasteltes Herz aus Karton.«

»Gut«, sagte Baumgartner. »Was ist mit dem Computer?«

»Das wollte ich dir sagen: Baumgartner, da ist kein Computer!«

»Bist du sicher? Ein Laptop, er stand auf dem Schreibtisch.«

»War der Tisch sauber, als du ihn gesehen hast?«, fragte Wilszek.

»Nein, da lag überall Staub.«

»Nun, jetzt ist er sauber.«

Baumgartner verstand.

»Ich kümmere mich darum. Treffen wir uns später in der Kanzlei. Ich will, dass du mir zeigst, was du gefunden hast.«

»Gut«, antwortete Wilszek.

Hastig packte Baumgartner das Notizbuch ein und warf dabei fast sein Glas um.

Es war ein Fehler gewesen, Koren zu vertrauen. Er wusste nicht, auf wen er wütender war – auf sie oder auf sich selbst.

»Zahlen!«, rief er.

12 Uhr


Baumgartner versuchte, die Spur zu wechseln. Von links hupte jemand. Dampfend stieg Auspuffgas in der klaren Luft auf, als die Ampel auf Rot schaltete und die Kolonne abermals stand.

Er war dabei, die Geduld zu verlieren. Das passierte ihm eigentlich nie und dementsprechend verwirrend fand er diesen Zustand.

Sein Telefon klingelte wieder.

Wallner.

Baumgartner drückte sie weg.

12 Uhr 15


Zum dritten Mal klingelte Baumgartner an Korens Tür und horchte. Von drinnen hörte er nicht den geringsten Laut.

Er holte sein Notizbuch aus der Tasche, suchte Korens Nummer und tippte sie in sein Handy.

Keine Verbindung. Sie hatte es ausgeschaltet.

Baumgartner kochte innerlich. Er steckte beides wieder ein und lief geräuschvoll durchs Stiegenhaus nach unten, um sich ein weiteres Mal in den Stadtverkehr zu werfen.

12 Uhr 45


»Was ist?«, fragte Meier, als Baumgartner das Landeskriminalamt betrat.

»Koren«, sagte er. »Es sieht aus, als hätte sie Beweismittel vernichtet.«

Meier erstarrte. »Warum denn das?«

»Keine Ahnung. Ich war ihr wohl nicht sympathisch. Zu viel schlechte Energie.«

Sie verstand kein Wort.

»Wenn sie nicht kooperiert, hetze ich ihr Gregor an den Hals«, sagte er.

Baumgartner setzte sich an seinen Schreibtisch. »Wie geht es dir mit deinen Sachen?«, fragte er.

Sie schüttelte den Kopf.

»Ich habe die Baumärkte überprüft. Die Säge bringt uns nicht weiter. Die bekommt man überall zu kaufen. Mit einem guten Fahndungsfoto vielleicht, aber so wird das nichts. Die Lieferanten für flüssigen Stickstoff können vielleicht die Flasche identifizieren. Aber ich an seiner Stelle hätte die Flasche umgefüllt.«

Er nickte düster.

»Hat Wilszek sich gemeldet?«

Da läutete abermals sein Handy. Der Anruf kam von der Telefonzentrale. In der Leitung war eine Frau, deren Stimme Baumgartner kannte, deren Namen er aber vergessen hatte. Sie war vom Journaldienst und dafür zuständig, die sachdienlichen Hinweise aus der Bevölkerung zu sammeln.

»Was gibt’s?«, fragte er.

»Es sind inzwischen mehrere Hinweise eingegangen. Sie bekommen eine erste Liste heute Abend.«

»Gut«, sagte Baumgartner ungeduldig. »Danke. Sonst noch was?«

»Da ist ein Mann in der Warteschleife. Mein Chef hat gesagt, den soll ich Ihnen gleich durchstellen.«

Baumgartner wurde aufmerksam. »Bitte darum.«

Er hörte, wie die Frau irgendetwas drückte, dann meldete sich eine Männerstimme.

»Chefinspektor Baumgartner?«

»Ja. Mit wem spreche ich?«

»Guten Tag, Herr Baumgartner. Mein Name ist Doktor Alester Bauer.«

Die Stimme am anderen Ende der Leitung war ruhig, dünn und fest.

»Was wollen Sie?«, fragte Baumgartner.

»Herr Chefinspektor, ich glaube, Sie brauchen meine Hilfe.«

»Wie meinen Sie das?

Baumgartner war plötzlich hellwach. Etwas am Ton des Mannes hatte seine Aufmerksamkeit erregt.

»Wir sollten uns treffen«, sagte der Mann.

Baumgartner überlegte kurz.

»Gut. Wo?«

»Kommen Sie zur Auersperggasse, Ecke Jakob-Dirnböck-Gasse. In einer halben Stunde.«

»Das wird knapp«, sagte Baumgartner.

»Dann sollten Sie sich beeilen.«

13 Uhr 10


Baumgartner stellte das Auto am Straßenrand ab, direkt vor einer hohen, sehr gepflegten Thujenhecke. Er befand sich mitten im Villenviertel von Graz, zwischen Universität und Leechwald. Die Häuser hier waren einander recht...