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Nationalkultur oder europäische Werte? - Britische, deutsche und französische Auswärtige Kulturpolitik zwischen 1989 und 2003

Julia Sattler

 

Verlag DUV Deutscher Universitäts-Verlag, 2007

ISBN 9783835091511 , 359 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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49,44 EUR


 

1.2 Definition von Kultur (S. 7)

Der Begriff der Kultur wurde nun bereits mehrfach verwendet. Es ist deshalb erforderlich, dass er an dieser Stelle genauer definiert wird, vor allem, weil sich die Arbeit auf drei unterschiedliche Definitionen bzw. Konzeptionen von Kultur stützt:

Zum einen gibt es den deskriptiven Kulturbegriff, wie er in dem Begriff der „Auswärtigen KULTURpolitik" zum Tragen kommt, zum anderen die KULTURphilosophischen Konzeptionen, wie sie der britischen, deutschen und französischen Auswärtigen Kulturpolitik zugrunde liegen, und schließlich KULTUR als ein Strukturelement in den Theorien der Internationalen Beziehungen.

Die Entwicklung des Kulturbegriffs, seine Vieldeutigkeit, die damit einhergehenden Kulturtheorien und die länderspezifischen Eigenheiten beschäftigen ganze Disziplinen. Um den Begriff der Kultur in der Auswärtigen KULTURpolitik zu fassen, wird eine Definition übernommen, wie sie in der Allgemeinen Erklärung zur kulturellen Vielfalt auf der 31. UNESCO-Generalkonferenz in Mexiko 1982 verabschiedet wurde:

Kultur [sollte] als Gesamtheit der unverwechselbaren geistigen, materiellen, intellektuellen und emotionalen Eigenschaften angesehen werden [...], die eine Gesellschaft oder eine soziale Gruppe kennzeichnen, und [...] sie [umfasst] über Kunst und Literatur hinaus auch Lebensformen, Formen des Zusammenlebens, Wertesysteme, Traditionen und Überzeugungen [...].

Die drei Länder Deutschland, Frankreich und Großbritannien haben sich auf diesen deskriptiven und weiten Kulturbegriff geeinigt, der neben den Schönen Künsten auch die Alltagskultur sowie gesellschaftliche Werte und Normen umfasst. Wenn hier also von Auswärtiger Kulturpolitik, politique culturelle extérieure oder cultural diplomacy die Rede ist, so beschreibt der Begriff „Kultur" bzw. „culturelle" oder „cultural" den Gegenstand der dritten Dimension der Außenpolitik.

Trotz dieser Übereinstimmung hat der Kulturbegriff in den drei Ländern eine völlig andere Geschichte und Tradition, die bis heute durchschlägt. In der jeweiligen AKP schwingt also immer auch ein spezifisches normatives Kulturkonzept mit, dessen Charakteristika sich am besten anhand des Verhältnisses von Kultur und Staat bzw. Kultur und Nation darstellen lassen.

1.2.1 Der Kulturbegriff in Frankreich

In Frankreich sind Politik, Macht und Kultur keine Gegensätze. Anders als die deutsche Nation definiert sich die französische Nation nicht über eine gemeinsame Abstammung, sondern über den Geist („l’esprit"), die Lebensweise, Sprache, Kultur. Aufschlussreich ist in diesem Zusammenhang, dass die beiden Begriffe „la civilisation" und „la culture" im französischen Sprachgebrauch mehr oder weniger synonym verwendet werden. Im „Grand Larousse" von 1995 finden sich folgende Definitionen:

Civilisation – Action de civiliser un pays, un peuple, de perfectionner les conditions matérielles et culturelles dans lesquelles vit un peuple. Culture – Enrichessement de l’esprit par des exercises intellectuels.

Beide Definitionen beschreiben eine Aktivität, einen Prozess, also keine feststehende Gegebenheit. Die Idee des Fortschreitens umfasst sowohl die moralische Verbesserung des Einzelnen, als auch die Weiterentwicklung der Technik sowie der geistigen, ökonomischen, sozialen, wissenschaftlichen und materiellen Verhältnisse. Der vielleicht wichtigste Vertreter dieses Fortschrittgedankens ist der Aufklärer Voltaire.

Mit der Begründung der Geschichtsphilosophie („philosophie de l’histoire") entzieht er die Geschichte einer metaphysischen Deutung und verlagert sie stattdessen in die Sphäre des Kulturellen. Voltaire sieht den Menschen als ein bewusst handelndes Wesen und dadurch in der Verantwortung für Gesellschaft und Staat. Die nötige geistige Entwicklung befindet sich seiner Auffassung nach jedoch erst in den Anfängen.