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Europapolitik aus dem Ausschuss - Innenansichten des Ausschusswesens der EU

Sebastian Huster

 

Verlag DUV Deutscher Universitäts-Verlag, 2008

ISBN 9783835055490 , 312 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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49,44 EUR


 

1 Die Welt der Ausschüsse (S. 25)

Das Institutionengefüge der Europäischen Union gleicht einem Eisberg – an der Oberfläche bilden die Europäische Kommission, der Ministerrat und das Europäische Parlament die Spitze des Eisbergs, während eine immense Zahl von Ausschüssen im Verborgenen unter der Wasseroberfläche arbeitet. Tagtäglich treffen sich in Brüssel bis zu 40 Ausschüsse bei Kommission, Rat oder Parlament, die weit reichende Vorarbeiten leisten. Zwar werden die Entscheidungen letztlich von den ‚offiziellen’ Institutionen getroffen, ohne die Hilfe der Ausschüsse wären sie jedoch hoffnungslos überfordert.

Unbemerkt von der Öffentlichkeit, den Medien oder der Wissenschaft hat sich das Ausschusswesen im europäischen Politikprozess zu einem verborgenen Machtapparat entwickelt, der durch richtungweisende Vorentscheidungen die EU-Gesetzgebung entscheidend beeinflusst. Diese Diskrepanz zwischen der offiziellen Version wie ein Regierungssystem organisiert ist und wie es tatsächlich funktioniert ist kennzeichnend für alle politischen Systeme.

In modernen Demokratien werden die meisten Entscheidungen in informellen Gremien vorbereitet und beraten, bevor sie von Regierung und Parlament in offizielles Recht umgesetzt werden.3 Ohne die informelle Arbeit der Ausschüsse wären die Regierungssysteme in unserer modernen Welt nicht mehr funktionsfähig. Im Hinblick auf die Frage wie Macht und Einfluss in einem politischen System verteilt sind, ist der Aufbau und die Zusammensetzung der Schattenwelt der Ausschüsse somit von grundlegender Bedeutung.

In der EU offenbart der Blick hinter die offizielle Fassade von Kommission, Rat oder Parlament eine undurchsichtige Sub-Struktur von unzähligen Ausschüssen, Gruppen oder Netzwerken, die das EU-System am Laufen halten. Die Welt der EU-Ausschüsse ist nicht nur für Außenstehende ein Buch mit sieben Siegeln. Kennern der Europapolitik ist der Begriff Komitologie zwar geläufig – doch gehen viele von der irrigen Annahme aus, Komitologie stehe für das Ausschusswesen der EU insgesamt.

Dass außerhalb der eingeweihten EUZirkel niemand die Ausschüsse wirklich kennt, hängt zum einen mit der wenig transparenten Arbeitsweise dieser Gremien zusammen und ist zum anderen auf die mangelnde Systematisierung von Informationen seitens der europäischen Organe zurückzuführen. So gibt es über die Anzahl der Ausschüsse bis heute nur grobe Schätzungen.

Ebenso sind die Namen der verschiedenen Ausschüsse häufig sehr verwirrend und lassen selten auf ihre Aufgaben und Funktionen schließen. Zum besseren Verständnis der undurchsichtigen Welt der Ausschüsse im europäischen Institutionengefüge gibt Abbildung 1.1 einen ersten Überblick über die Gemeinschaftsorgane und ihre Ausschüsse. Die Ausschüsse nehmen in Rat, Parlament und Kommission ganz unterschiedliche Aufgaben wahr und unterscheiden sich weitgehend hinsichtlich ihres Rechtsstatus sowie ihrer Zusammensetzung.

Der Ministerrat wird vom Ausschuss der Ständigen Vertreter (AStV) und den zahlreichen Arbeitsgruppen des Rates unterstützt. Diese setzen sich ausschließlich aus Vertretern der Regierungen der Mitgliedstaaten zusammen und dienen als Schaltstelle der Beschlussfassung. Im Parlament wiederum erarbeiten die verschiedenen Parlamentsausschüsse die Stellungnahmen und Entscheidungen des Parlamentes im europäischen Rechtsetzungsprozess.

Wie in Parlamenten allgemein üblich, sitzen in den Parlamentsausschüssen die Parlamentarier selbst. Der Wirtschafts- und Sozialausschuss (WSA) und der Ausschuss der Regionen (AdR) sind die beiden institutionalisierten beratenden Organe der EU, die eigens eingerichtet wurden, um die Positionen der organisierten Interessen bzw. der regionalen Gebietskörperschaften in die Willensbildungsprozesse der Gemeinschaft einzubringen.

Während die Ausschussstruktur bei Rat und Parlament überschaubar ist, ist das Ausschusswesen der Kommission – der eigentliche Untersuchungsgegenstand dieser Studie – um ein Vielfaches komplexer und undurchsichtiger. Die Kommission ist das Gemeinschaftsorgan, das die meisten Ausschüsse einsetzt. Ihre Aufgaben reichen von rein beratender Funktion bis hin zur Umsetzung der Gemeinschaftspolitik. Auch variiert ihre Zusammensetzung.