dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Erhebet die Herzen - Das Eucharistische Hochgebet verstehen

Friedrich Lurz

 

Verlag Butzon & Bercker GmbH, 2015

ISBN 9783766642776 , 163 Seiten

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz frei

Geräte

7,99 EUR


 

Die materiale und rituelle Seite des Eucharistiegebets


Bisher haben wir in unserem Durchgang zum Eucharistischen Hochgebet allein auf die Seite des Textes geachtet. Dennoch ist die eucharistische Handlung nicht allein eine Sprechhandlung. Sie ist ein Beten über den Gaben von Brot und Wein, die wir als konsekrierte Gaben in der Kommunion essen und trinken. Sie ist ein Beten an einem konkreten Ort, dem Altartisch. Und das Eucharistiegebet wird in einer bestimmten Körperhaltung vollzogen und von eigenen Gesten begleitet.

Diesen Komponenten des Eucharistiegebets wollen wir uns zunächst widmen, bevor wir uns im nächsten Kapitel der Kommunion als dem Zielpunkt des Eucharistiegebets sowie der ganzen Feier zuwenden.

Die eucharistischen Gaben

In der Antike und im frühen Mittelalter brachten die Gläubigen als Ausdruck ihrer Selbsthingabe an Gott und die Nächsten unterschiedliche Naturalgaben zur Eucharistiefeier mit. Aus diesen Gaben wurden Brot und Wein für die Feier ausgesondert, während der Rest für karitative Zwecke der Gemeinde verwendet wurde. Dieser Akt entwickelte sich mit dem Vordringen unserer Geldwirtschaft zur noch heute üblichen Geldkollekte.

Das Brot für die Eucharistiefeier

Beim eucharistischen Brot handelte es sich zunächst um gesäuertes Brot, wie die Gläubigen es auch im normalen Leben verwandten. Während sich in der Antike nur die Vornehmen Weizenbrot leisten konnten, aßen die meisten Menschen Brote, die aus Gerstenmehl hergestellt waren. Da man die Eucharistie zunächst nur sonntags, dann aber auch an einzelnen Wochentagen feierte, nahmen die Gläubigen konsekriertes Brot nach der Feier mit nach Hause, um an den eucharistiefreien Tagen morgens kommunizieren zu können.

Aus Ehrfurcht vor den eucharistischen Gaben kamen im Laufe der Zeit Stempel in Gebrauch, mit denen das Brot geprägt wurde, damit es sofort von anderem Brot unterscheidbar war. Schließlich verwandte man nur noch helles Brot, das gesondert angefertigt wurde – etwa durch den Klerus, speziell in Klöstern. Der Wechsel vom gesäuerten zum ungesäuerten Brot für die Eucharistie erfolgte im Westen mit dem Übergang von der Hand- zur Mundkommunion, d. h. etwa im 8./9. Jahrhundert. Geleitet war der Übergang vom Wunsch, möglichst „reines“ Brot zu verwenden, während die Kirchen des Ostens beim gesäuerten Brot blieben. Außerdem bröckelte ungesäuertes Brot weniger bei der zunächst noch notwendigen Brotbrechung vor der Gläubigenkommunion.

Sorgen um einen ehrfürchtigen Umgang mit der Eucharistie führten um die Jahrtausendwende dazu, dass das Brot schon direkt in vorgefertigten Teilen hergestellt wurde. Etwa ab dem 12. Jahrhundert formte man die Hostie für den Priester, bald auch die Hostien für die Gläubigen in der noch heute üblichen, kleinen und runden Gestalt. Damit entfiel allerdings auch die sinnenfällige Teilung von Brotlaiben als Zeichen der „Communio“, der „Gemeinschaft“, die im Empfang der Eucharistie sakramental erneuert wird. Die Kommunion wurde so auch auf der Zeichenebene von einem gemeinschaftlichen zu einem mehr individuellen Geschehen. Beim „Agnus Dei“, eigentlich der Gesang zur Brotbrechung, wurde nur noch die Hostie des Priesters geteilt, um einen kleinen Partikel, das „Fermentum“, in den Kelch geben zu können.

Die heutigen Bestimmungen fordern die Verwendung von ungesäuertem Weizenbrot für die Eucharistie, das aber durch seine Gestalt als Brot erkennbar und teilbar sein muss (AEM Nr. 282 f.). Der Gebrauch von Hostien, der in der AEM nicht ausgeschlossen wird, ist in vielen Gemeinden weiterhin in Übung. Wenn allerdings regelmäßig ein Großteil der Kommunion mit vorkonsekrierten Hostien aus dem Tabernakel durchgeführt wird, wird der Wunsch des Messbuchs ignoriert, dass die Gläubigen das in der jeweiligen Messe konsekrierte Brot empfangen sollen (AEM Nr. 56 h).

Der Wein für die Eucharistiefeier

Als Wein kam nach antiker Sitte lange nur Rotwein in Betracht, der zugleich durch seine Farbe besser geeignet schien, das Blut Christi zu symbolisieren. Ab dem ausgehenden Mittelalter setzte sich im Westen der Gebrauch von Weißwein bei der Messe durch – wieder begründet in der Ehrfurcht, da man rote Flecken in den Kelchtüchern befürchtete. Außer in der armenischen Liturgie wurde in allen alten Liturgiefamilien dem Wein schon vor dem Eucharistiegebet Wasser zugefügt, da man den relativ schweren Wein der Antike nicht unverdünnt genießen konnte. Auch wenn eine solche Mischung nicht vom Letzten Abendmahl berichtet wird, kennen jüdische Mähler ebenfalls den gemischten Wein und er ist schon früh für die christliche Eucharistiefeier bezeugt. Theologisch wird die Mischung mit den zwei Naturen Christi und dem biblischen Bericht vom Fließen von Blut und Wasser aus der Seite des Gekreuzigten (vgl. Joh 19,34) gedeutet und begründet.

Während aber jüdische Mähler nie das Trinken aus einem einzigen Kelch kennen, ist dieses für die christliche Eucharistiefeier konstitutiv. Das Trinken aus dem einen Kelch steht parallel zum Essen von dem einen Brot als Zeichen der Gemeinschaft, die wir und Christus miteinander haben.

Heute stellt das Messbuch frei, welche Farbe der Wein hat, besteht aber darauf, dass der Wein aus Trauben gewonnen sein muss und keine naturfremden Zusatzstoffe enthält; außerdem darf er noch nicht zu Essig geworden sein (AEM Nr. 284 f.).

Die Bindung an die jüdische Mahlform

Mit dem Bestehen auf Brot aus Weizenmehl und Wein aus Weintrauben wertet das Messbuch den Bezug zur antik-jüdischen Feierform, in der auch das Letzte Abendmahl vollzogen wurde, als Grundlage der Gestalt unserer Eucharistiefeiern so hoch, dass von ihr nicht abgewichen werden darf. Dies gilt auch für Länder, in denen üblicherweise Brot aus anderen Naturalien (etwa Reis) hergestellt wird oder in denen man keinen Wein aus Trauben keltert. Entsprechend müssen beide Nahrungsmittel für die Eucharistiefeier eigens hergestellt oder eingeführt werden.

Die Bereitung der Gaben

Die Gabenbereitung, die vor dem Eucharistiegebet ihren Ort hat, ist nicht allein ein sachlicher Akt, sondern erfährt eine spirituelle Deutung und Vertiefung: Brot, entscheidendes Grundnahrungsmittel des Menschen, und Wein, Ausdruck der Festfreude, sind Zeichen der Hingabe der Gemeinde an Gott. Das erbetene Geschehen wird mit einem alten Terminus als „Heiliger Tausch“, als „sacrum commercium“, bezeichnet, wie wir ihn etwa im Gabengebet vom 20. Sonntag im Jahreskreis finden:

„Herr, wir bringen unsere Gaben dar für die Feier, in der sich ein heiliger Tausch vollzieht. Nimm sie in Gnaden an und schenke uns dich selbst in deinem Sohn Jesus Christus, der mit dir lebt und herrscht in alle Ewigkeit.“ (MB 1988, 231)

Die Gemeinde bringt mit den Gaben sich selbst dar in der Erwartung, diese gewandelt zurückzuerhalten und durch den Empfang des Leibes und Blutes Christi selbst verwandelt zu werden. Die zermahlenen, zu Brot verarbeiteten Körner und die zu Wein gekelterten Trauben sollen zu Mitteln unserer Vereinigung mit Christus und untereinander werden.

Der Altar – der Tisch der Eucharistiefeier

Für viele Katholiken war das Abrücken des Altars von der Apsiswand und die nachfolgend fast durchweg praktizierte Zelebration „mit Blick auf die Gemeinde“ eines der deutlichsten Kennzeichen der Reform nach dem Zweiten Vatikanischen Konzil. Besonders in alten Kirchen mit wertvollen Einrichtungsgegenständen findet man noch häufiger den alten „Hochaltar“ mit kostbarem Altarretabel und einen jungen „Zelebrationsaltar“. Gerade dieses Nebeneinander zeugt in plastischer Weise vom gewandelten Grundverständnis der Eucharistiefeier in den letzten Jahrzehnten, das an antike Formen und Vorstellungen anknüpfen möchte.

Der Altar – eine Opferstätte?

Das Wort „Altar“ (lat. „altare“ oder „ara“) leitet sich von lateinischen Ausdrücken für „verbrennen“ („adolere“) ab, nicht aber – wie gerne behauptet – von lateinisch „altus“ für „hoch“. Altäre gehören als Orte der Darbringung von Opfergaben – oft in Form von Verbrennen oder Verschütten – zu fast allen Religionen der Menschheit und stellen eine Art Grundkonstante der Gottesverehrung des Menschen dar.

Die Bibel berichtet uns im Alten Testament zunächst von der Errichtung von Altären an Stellen besonderer Gottesoffenbarung, bevor diese von einer zentralen Opferstätte in Jerusalem abgelöst wurden, an der man Brand- und Rauchopfer darbrachte. Bereits der Glaube Israels kannte vor der Zeitenwende – nicht zuletzt aufgrund der Erfahrung der Zerstreuung und des Exils – eine Tendenz zur Spiritualisierung von Opfervollzügen, sodass nach der Zerstörung des Tempels das „Gebetsopfer“ an die Stelle des Opferkultes treten konnte.

Mit der Interpretation des Kreuzestodes Christi als Opfertod setzte sich die frühe Christenheit deutlich von jedem herkömmlichen Opferkult ab; besonders eindrücklich geschieht dies im Hebräerbrief (vgl. Hebr 9 – 10). Die Darbringung von Gaben konnte und kann für Christen nur Ausdruck dafür sein, dass sie sich in die Hingabebewegung Christi an den Vater mit hineinbegeben wollen, nicht aber, dass sie selbst ein eigenes, heilswirksames Opfer darbringen.

Der Tisch der frühen Eucharistiefeiern

Folglich knüpfte die Eucharistiefeier der frühen Christen auch nicht an jüdische oder heidnische Formen des Opferkultes an, sondern an die feierliche jüdische Mahlzeit. Deshalb verwendete die frühe Christenheit keine Altäre, sondern tragbare, hölzerne Tische für ihre Eucharistiefeiern, die zunächst im häuslichen Kreis im Kontext einer Mahlzeit...