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Rock Kiss - Ich berausche mich an dir

Nalini Singh

 

Verlag LYX, 2016

ISBN 9783802599286 , 416 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

9,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

Derzeit können über den Shop maximal 500 Exemplare bestellt werden. Benötigen Sie mehr Exemplare, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.


 

1


CHARLIE-MAUS BEGEGNET T-REX …
UND DIE DINGE NEHMEN IHREN LAUF

Lächelnd schloss Charlotte den letzten aktualisierten Ordner.

Nachdem sie den Computer heruntergefahren hatte, stand sie vom Schreibtisch auf und streckte sich, um ihre verspannten Muskeln zu lockern. Sie würde noch eben zur Toilette gehen und dann mit dem Bus um Viertel nach sechs heimfahren. Die Chancen standen gut, dass er angenehm leer sein würde, da die meisten Leute samstagabends in die Stadt kamen, während sie selbst in entgegengesetzter Richtung unterwegs wäre.

Sie könnte am Fenster sitzen und Leute gucken, derweil sich der Bus aus dem Hauptgeschäfts- und Vergnügungsviertel der Stadt hinausschlängelte. Vielleicht würde sie in der Informationsbroschüre schmökern, in der die Wellnessanwendungen beschrieben wurden, mit denen sie sich morgen verwöhnen wollte. Ihre beste Freundin hatte ihr vor ein paar Monaten zum Geburtstag einen Gutschein geschenkt, doch aufgrund der Hektik in der Arbeit, wo das Übergangsmanagement versuchte, alles am Laufen zu halten, und die nötigen Vorbereitungen für die Ankunft des neuen Chefs kommenden Montag getroffen werden mussten, hatte sie bisher nicht die Zeit gefunden, ihn einzulösen.

Beim Verlassen der Toilette rückte Charlotte ihre Metallrandbrille zurecht, in Gedanken ganz bei den Behandlungen, die sie gebucht hatte. Fast hätte sie gekichert, als sie sich das therapeutische Schlickbad vorstellte. Das hatte sie gewählt, um Molly hinterher erzählen zu können, dass sie den Gutschein für Luxusschlamm verjubelt hatte. Ihre Freundin würde sich totlachen.

Doch heute Abend hatte sie erst einmal ein Rendezvous mit ihrem Backofen. Charlotte konnte es kaum erwarten, ein neues Rezept für Bananen-Nuss-Muffins mit Buttercremeglasur auszuprobieren. Sie musste nur noch ihre Handtasche und ihren Mantel holen, mit dem Aufzug nach unten fahren, die fünf Minuten zur Haltstelle spazieren und würde, so der Bus pünktlich war, kurze Zeit später zu Hause sein.

Als sie gerade die vierte Zelle des Großraumbüros passierte, hörte sie es. Eine Tür rumste leicht gegen eine Wand, so, als hätte jemand sie etwas zu fest aufgestoßen … oder wäre dagegengerumpelt bei dem Versuch, sich verstohlen zu bewegen.

Ausgeschlossen.

Hier war niemand außer ihr. Und es erschien ihr ziemlich unwahrscheinlich, dass irgendjemand in den wenigen Minuten ihrer Abwesenheit gekommen war. Ihre Kollegen waren längst heimgegangen, an den Arbeitsplätzen herrschte Stille. Sie musste es sich eingebildet haben.

Ein weiteres Geräusch, dumpfer diesmal. Wie ein übervoller Aktenordner es erzeugte, wenn er auf einem Teppich landete.

Eine unsichtbare Hand schloss sich um ihre Kehle.

Charlotte zitterte am ganzen Leib, fühlte sich einer Ohnmacht nahe.

Nein. Sie straffte die Schultern. Ich bin kein Opfer. Jetzt nicht mehr. Niemals wieder.

Sie wiederholte dieses Mantra, das ihr in den vergangenen fünf Jahren ihre geistige Gesundheit bewahrt hatte, während sie ihr Handy aus der Hosentasche zog. Sie trug es immer bei sich, sogar zu Hause unter der Dusche – geschützt von einer wasserdichten Hülle, die sie zusammen mit dem Gerät erstanden hatte. Es war eine Marotte, aber – wie Molly gesagt hatte – eine verzeihliche.

Das Handy stets in Reichweite zu haben erlaubte es ihr, zu funktionieren und sich in der Welt dort draußen zu bewegen, anstatt in einem Käfig zu vegetieren. Niemand hatte das Recht, sie deswegen zu kritisieren. Es war ein langer Prozess gewesen, doch inzwischen schämte Charlotte sich dieses Bedürfnisses nicht mehr. Gemessen an ihrer extrem angeschlagenen Psyche war ihre Abhängigkeit von dem Sicherheitsnetz, das ihr ein Handy bot, nur ein kleiner Punkt auf dem Radar.

Mit eiskalten Fingern entsperrte sie das Display, dann kauerte sie sich hinter die dunkelblaue Wand einer Arbeitsnische, die einer Mitarbeiterin der Buchhaltung gehörte, und betätigte die Kurzwahltaste für ihre beste Freundin. »Geh ran, geh ran«, murmelte sie fast lautlos, während sie einen vorsichtigen Blick ums Eck riskierte.

Sie spitzte die Ohren und konnte die Geräusche andauernder Bewegungen dem Archivraum zuordnen. Als Schriftgutverwalterin besaß Charlotte detaillierte Kenntnisse darüber, was sich in diesem Zimmer befand: Computer mit sensiblen Geschäftsinformationen, außerdem reihenweise rechtliche Dokumente inklusive Verträgen und Ausschreibungsunterlagen, ganz zu schweigen von den persönlichen Akten über jeden einzelnen Mitarbeiter der Firma Saxon & Archer.

Als sich der Anrufbeantworter einschaltete, realisierte Charlotte, dass sie versehentlich Mollys Festnetzanschluss anstelle ihrer Handynummer gewählt hatte. Sie linste auf ihre Armbanduhr. Molly war Bibliothekarin und arbeitete auch samstags, trotzdem hätte sie inzwischen zu Hause sein sollen. Vielleicht war sie nur in einem anderen Raum. »Molly«, flüsterte sie nach dem Signalton und konnte nicht verhindern, dass ihre Stimme zitterte. »Bitte, heb ab.«

Nichts. Keine Reaktion.

Sie wollte schon auflegen und es auf Mollys Handy versuchen, als sie hörte, wie abgenommen wurde. »Charlie? Was ist passiert?« Mollys Ton klang scharf vor Sorge.

»Oh, du bist zu Hause.« Charlotte schluckte in dem vergeblichen Bemühen, ihre Kehle zu befeuchten, die so trocken war, dass es sich anfühlte, als steckten splittrige Kiesel darin fest. »Es ist nur …« Sie holte tief Luft, während ihr dröhnendes Herz alles andere zu übertönen drohte. »Da ist irgendjemand im Büro, was eigentlich nicht sein dürfte. Ich kam von der Toilette zurück und hörte Geräusche.«

»Verschwinde von dort«, beschwor Molly sie.

Es war ein vernünftiger Rat, aber Charlotte wollte nicht weglaufen oder sich verstecken. Sich nicht feige verhalten, wie sie es so oft tat.

Der tiefe, schmerzvolle Frust in ihrem Inneren stärkte ihren Mut. »Nein«, sagte sie. Ihre Haut fühlte sich fiebrig an, ihr Atem ging flach, und das Herz schlug ihr bis zum Hals, trotzdem erhob sie sich aus ihrer gebückten Haltung. »Wahrscheinlich ist es nur der Wachmann, der eine zusätzliche Runde dreht«, fügte sie hinzu, um sich selbst zu überzeugen, dass kein Grund zur Panik bestand. »Aber könntest du in der Leitung bleiben, während ich nachsehe?«

»Natürlich bleibe ich dran.«

Sie schnappte sich ein Heftgerät aus der Arbeitsnische gegenüber, schlüpfte aus ihren flachen Sandalen und tapste über den beigefarbenen Teppichboden, während sie sich mit rationalen Gedanken zu beruhigen versuchte. Es gab absolut keinen Grund, warum jemand einbrechen sollte, um Industriespionage zu betreiben – jeder wusste, dass Saxon & Archer das Wasser bis zum Hals stand, und zwar so schlimm, dass selbst jene Haie, die sonst um sterbende Unternehmen kreisten, kein Interesse an der Firma zeigten.

Diese katastrophale Lage war die Ursache dafür, dass man den neuen Geschäftsführer, dem der Ruf eines unerbittlichen Verhandlungsführers mit messerscharfem Verstand vorauseilte, an Bord geholt hatte. Gerüchten zufolge waren die Entscheidungsträger derart scharf darauf gewesen, sich seiner Dienste zu versichern, dass sie ihm als Teil seines Gehaltspakets Anteile an dem nicht öffentlich gehandelten Unternehmen überschrieben hatten.

Natürlich würden diese wertlos sein, sollte es ihm nicht gelingen, ein Wunder zu vollbringen, indem er Saxon & Archer aus der fatalen Abwärtsspirale herauszog. Charlotte konnte nicht einmal an die Gefahr, ihren Job zu verlieren, denken, ohne in kalten Schweiß auszubrechen. Darum verdrängte sie diese Überlegungen und konzentrierte sich auf das Hier und Jetzt.

Es machte keinen Sinn, dass es irgendjemand auf die Daten einer vom Untergang bedrohten Firma abgesehen haben könnte. Und etwas anderes gab es nicht zu stehlen. Es sei denn, es steckte ein extrem aggressiver Headhunter dahinter, der vorhatte, das Personal von Saxon & Archer abzuwerben, und nun die Vorarbeit leistete. Ein höchst unwahrscheinliches Szenario.

Vermutlich waren nur ein paar Akten auf den Boden gefallen, oder der Luftzug der Klimaanlage hatte eine Tür bewegt, oder –

Sie schrie auf, als ein sehr großer, sehr muskulöser Mann aus dem Archivraum trat, und warf das Heftklammergerät nach ihm.

Er fing es mit einer mächtigen Pranke und musterte es kurz, bevor er seine stahlgrauen Augen auf Charlotte richtete und eine Braue hochzog. »Sie sollten wohl besser antworten.«

Sie realisierte, dass er von ihrem Handy sprach, das sie mit steifen Fingern umklammerte und aus dem Mollys Stimme schallte, die panisch ihren Namen rief. Charlotte hielt es ans Ohr, während flammende Röte ihr Gesicht überzog. »Alles in Ordnung«, versicherte sie ihrer besten Freundin.

»Das freut mich zu hören.« Mit diesen Worten streckte ihr der dunkelhaarige und überaus vertraute Mann den Hefter hin. »Möglicherweise brauchen Sie den noch … Ms?«

»Baird«, krächzte sie und räusperte sich. »Charlotte Baird.« Sie drückte das Handy an ihre Brust und zwang sich, den durchdringenden Blick des ein Meter fünfundneunzig großen, breitschultrigen und irrsinnig attraktiven Hünen zu erwidern, den sie leider erst einen Sekundenbruchteil nach ihrer Wurfattacke erkannt hatte.

Nur wenige Menschen im Land hätten den ehemaligen Profi-Rugbyspieler Gabriel Bishop nicht erkannt. Er war nicht nur...