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Feuerjäger 2: Herz aus Stein

Juri Susanne Pavlovic

 

Verlag Amrûn Verlag, 2015

ISBN 9783958690530 , 728 Seiten

2. Auflage

Format ePUB

Kopierschutz frei

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6,99 EUR


 

Pintel kam von seinem Teerfass hoch und streckte sich. »Vielleicht lege ich mich schlafen. Es gibt nicht mehr viel zu sehen auf diesem Schiff, sobald es dunkel ist.«

»Und?«, fragte Krona.

»Was und?«

»Haben wir nun ein Problem miteinander?«

»Was willst du hören?«

»Ich weiß nicht. Ich fühle mich schlecht. Etwas, damit ich mich besser fühle.«

Pintel lächelte ein wenig. »Tu es einfach kein drittes Mal. Und damit können wir es vergessen, wenn du willst.«

»Ist gut.« Erleichterung breitete sich in ihr aus. »Einen Freund wie dich hab ich gar nicht verdient«, sagte sie, einer spontanen Regung folgend.

»Lehn dich nicht zu weit raus«, sagte Pintel, und sein Lächeln verbreiterte sich. »Du bist ja kurz davor, echte Gefühle zu zeigen.«

»Verzieh dich«, sagte sie, »bevor ich echte Wut zeige.«

»Gute Nacht, zusammen«, sagte Pintel. »Träumt was Schönes.«

Als sie am nächsten Morgen auf Deck kamen, war irgendetwas anders. Gespannte Bereitschaft lag in der Luft, die Mannschaft arbeitete konzentriert und ohne die üblichen derben Scherze und Zurufe. Goldhand stand auf dem Kommandodeck, der Wind zerrte an seiner Schärpe, und er blickte durch ein großes Fernrohr.

»Das Licht ist anders«, sagte Fenrir und hielt das Gesicht in den Wind. »Wir haben den Kurs geändert.«

»Tatsächlich?«, sagte Nardon. »Sieht für mich alles gleich aus. Allerdings würde mich schon interessieren, was unser Kapitän da am Horizont sieht.«

»Zwei Möglichkeiten«, sagte Lomir. »Schiff oder Land.«

»Oder ein Seeungeheuer«, fügte Pintel aufgeregt hinzu.

»Wohl kaum«, sagte Fenrir, »denn dann hielten wir nicht Kurs darauf.«

»Tun wir das denn?«, fragte Nardon erstaunt.

»Ich frag´ ihn«, sagte Krona. Einer der Matrosen verstellte ihr den Weg, als sie die Stufen zum Kommandodeck hinauf stieg, aber sie schob ihn energisch genug zur Seite, dass er verblüfft zurückblieb.

Goldhand, der in seinen Blick durch das Fernrohr vertieft war, bemerkte sie erst, als sie direkt hinter ihm stand.

»Was gibt’s denn zu sehen?«, fragte sie, und Goldhand schrak zusammen.

»Dies ist der Kommandostand«, bellte er sie an. »Ihr habt hier oben nichts zu suchen!«

»Kommandostand ist in Ordnung für mich«, sagte Krona. »Ich habe Haufen kommandiert, die zehnmal so groß waren wie der, der auf diesem Kahn herumspringt. Also, was gibt’s zu sehen?« Sie sah, wie er rasch seinen Blick wandern ließ. Offenbar fühlte er sich durch seine Mannschaft beobachtet genug, um sich keine Blöße zu geben, denn er legte Krona den Arm um die Schulter und reichte ihr das Fernrohr. Sie kniff ein Auge zusammen und legte das Fernrohr an.

Graue Wassermassen mit kleinen weißen Schaumkronen füllten ihr Blickfeld. Sie schwankte leicht, und mit irrwitziger Geschwindigkeit rasten die Schaumkronen an ihrem Auge vorbei. Sie spürte, wie Goldhand fester zugriff, und suchte die Horizontlinie. Dort, wo das helle Grau des Himmels und das dunkle des Meeres aufeinandertrafen, war nichts. Sie folgte der Horizontlinie und versuchte, das schwankende Fernrohr ruhig zu halten.

»Ihr müsst weiter nach Osten blicken«, sagte Goldhand an ihrem Ohr und drehte sie leicht in die entsprechende Richtung. Sie ignorierte seine Finger, die eine schmale Lücke zwischen ihrem Hals und Hemdkragen gefunden hatten und darin tiefer wanderten, denn sie hatte ihrerseits etwas gefunden:

»Ein Schiff«, sagte sie. »Es hat die abrantinische Flagge.«

»Die Wagemut Seiner Königlichen Majestät«, sagte Goldhand. »Klingender Name für ein Schiff, das in wenigen Stunden brennend auf den Meeresgrund sinken wird, nicht wahr?«

»Aha«, sagte sie unbeeindruckt. »Also doch nicht nur Schmuggler.«

»Ich ergreife die Gelegenheiten, wie sie sich mir bieten«, sagte Goldhand und nahm Krona das Fernrohr wieder ab. »Aber keine Sorge. Üblicherweise lassen wir der Besatzung die Beiboote, und der Schiffsverkehr ist recht rege auf diesem Teil des Ozeans.«

»Das beruhigt mich aber maßlos. Und wie viel Zeit wird uns diese Aktion kosten?«

»Was habt Ihr es nur so eilig mit Zentallo? Seid abermals unbesorgt. Nicht mehr als einen halben Tag, alles in allem. Und, wo wir gerade so nett plaudern: Möchtet Ihr nicht heute Abend mit mir auf die Beute anstoßen? In meinem Quartier, versteht sich. Und bringt doch Eure kleine Freundin mit.«

»Den Teufel werde ich tun, Freundchen. Und jetzt hör gut zu: Du hast jetzt noch die Gelegenheit, deine Hand von meinem Hals zu entfernen. Tust du’s nicht, werde ich dafür sorgen, dass dein Beiname sich in Ohnehand verwandelt, oder Ohneschwanz, wie es dir lieber ist. Und ich glaube, das wäre gar nicht gut für deine Karriere.«

»So ein kaltes Herz unter so einem hübschen Busen«, sagte Goldhand und zog seine Hand zurück. »Wie bedauerlich.«

»Ich sehe, wir verstehen uns«, sagte Krona.

»Wenn wir die Wagemut eingeholt haben, haltet Ihr Euch beiseite und lasst uns unser Geschäft abwickeln«, sagte Goldhand. »Wir werden keine Rücksicht nehmen, wenn Ihr uns in die Quere kommt.«

»Verstanden«, sagte Krona und salutierte grinsend. »Und jetzt, nehme ich an, entferne ich mich von der Brücke, ehe Ihr mich entfernt.«

»Richtig«, sagte Goldhand.

»Also dann«, sagte Krona. »Viel Glück beim Entern, oder was immer man sich unter Seeleuten wünscht.«

Die Gefährten empfingen sie mit unverhohlener Neugier.

»Ein Schiff«, sagte sie. »Abrantinische Flagge. Sie werden es entern und plündern, wenn ich ihn recht verstanden habe.«

»Also doch Piraten«, sagte Pintel und wurde blass.

»Hattest du ernsthaft an irgendetwas anderes geglaubt?«, fragte Lomir wenig überrascht.

»Ich bin nicht ganz sicher«, sagte Krona. »Entweder, sie wissen etwas, das wir nicht wissen, oder es sind die dämlichsten Piraten aller Fünf Meere. Die Wagemut ist ein Truppentransporter, kein Handelsschiff. Wir sind mit ähnlichen Schiffen auf die Südlichen Inseln gefahren. Dort gibt es nichts zu holen als bis an die Zähne bewaffnete Soldaten.«

»Und das hast du ihm gesagt?«, fragte Nardon.

»Für wie blöd hältst du mich?«

»Und was wollen wir tun?«, fragte Pintel.

»Was willst du denn tun?«

»Ich weiß nicht. Sie irgendwie warnen? Wir können doch nicht zulassen, dass sie geentert werden.«

»Entweder, sie wissen sich zu wehren, dann brauchen sie unsere Hilfe nicht«, sagte Lianna. »Oder sie sind unterlegen, dann wird unsere bescheidene Kampfkraft das Blatt auch nicht wenden.«

»Na, so bescheiden ist die auch wieder nicht«, sagte Lomir. »An Land wäre sie größer, zugegeben. Aber solange ich nicht schwimmen muss, kann ich zuhauen.«

»Du bist ein Zwerg«, sagte Krona. »Du kannst überhaupt nicht schwimmen.«

»Ich hab’s nie versucht«, sagte Lomir. »Aber ich bin sicher, ich könnte, wenn ich müsste.«

»Und ich könnte sicher fliegen«, knurrte Nardon. »Es war nur noch nie nötig.«

»Wir sollten hoffen, dass die Piraten gewinnen«, sagte Krona.

»Und das aus deinem Mund«, sagte Lomir erstaunt. »Gibt es keinen Zusammenhalt unter Soldaten?«

»Erstens, sie fahren in die falsche Richtung«, sagte Krona. »Zurück nach Abrantes wäre aus den bekannten Gründen ungünstig. Und zweitens wird man recht schnell für einen Piraten gehalten, wenn man sich auf einem Piratenschiff aufhält. Möglicherweise lassen sie uns nicht die Zeit, den Irrtum aufzuklären.«

»Mich hält niemand für einen Piraten«, sagte Nardon im Brustton der Überzeugung.

»Ich weiß nicht, ob mich das tröstet, wenn mein Kopf erst mal zwischen meinen Füßen liegt«, sagte Krona.

»Wir halten uns raus«, bestimmte Lomir. »Das ist unedel, aber zweckmäßig.«

»Ich weiß nicht«, sagte Pintel zweifelnd. »Die nächste Schiffspassage vereinbart vielleicht jemand anders, meint ihr nicht?«

»Man sieht sie mittlerweile, falls es jemanden interessiert.« Fenrir deutete hinaus ins nasse Grau.

»Du vielleicht«, sagte Krona mit zusammengekniffenen Augen. »Ich seh’ nichts.«

Ein plötzlicher Windstoß ließ die Segel rauschen. Die Takelage knarrte, und das Schiff legte sich zur Seite.

»Was war das?«, fragte Nardon entsetzt und klammerte sich an die Reling.

»Er war’s.« Pintel zeigte hinauf zu Goldhand. »Seht, was er gemacht hat.«

Auf den ehemals schmutzig weißen Segeln prangte plötzlich das abrantinische Drachenzahnbanner, und die Flagge an der Mastspitze flatterte in Rot-Weiß. Die Mannschaft trug...