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ZBV 6: Hölle unter Null Grad

K.H. Scheer

 

Verlag Bildner Verlag, 2013

ISBN 9783832850531 , 200 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

2,99 EUR

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6.


 

Hannibal wischte sich mit dem Handrücken über die schweißbedeckte Stirn. Nach der letzten Ortsbestimmung mußten wir auf dem fünfzigsten Längengrad West und dicht vor dem südlichen Polarkreis stehen.

Mit voller Fahrt waren wir zwischen den Falkland- und Süd-Orkney-Inseln durchgebrochen. Das war in durchschnittlich achthundert Meter Tiefe geschehen. Die kurzzeitig verantwortbare Höchsttauchtiefe des bereits im Jahre 1988 erbauten Bootes war mit eintausend Meter angegeben, aber ich hatte es nicht riskiert, den Druckkörper einer solchen Belastung auszusetzen.

Er bestand aus molekülverdichtetem Edelstahl, der jedoch nach dem überholten Pensing-Verfahren nur oberflächenbestrahlt war.

Moderne Großraum-Transporter konnten auf fünfzehnhundert Meter Tiefe gehen. Die Bauvorschriften für neue Boote forderten solche starken Druckkörper, da die gesamte westliche Menschheit seit Jahrzehnten in einer ewigen Angstpsychose vor einem plötzlich ausbrechenden Atomkrieg lebte.

Staatliche Zuschüsse für den kostspieligen U-Boot-Bau wurden nur dann gewährt, wenn die privaten Unternehmer mit einer besonders stabilen Konstruktion einverstanden waren. Die Vorschrift ging auf ein Verlangen des Marineministeriums zurück, da bei einem eventuellen Kriegsausbruch die private U-Flotte sofort in den Dienst der Navy gestellt werden sollte. Man sah sich also vor und sorgte rechtzeitig dafür, daß die Mindesttauchtiefe wenigstens eintausend Meter betrug.

Unsere >Skorpion< war mit ihrem kernchemischen Heißdampf-Turbo-Triebwerk ein durch und durch veraltetes Modell. Ich hatte die Arbeitstemperatur des Plutonium-Meilers auf 5.600 Grad Celsius hochgeschraubt, um einen hochgespannten Dampf für den Turbinensatz zu erhalten. Trotzdem war die >Skorpion< nicht mehr als fünfzig Knoten gelaufen..

Die beiden Kondensatoren zur Regenerierung des radioaktiven Dampfes hatten stärker als erlaubt gestrahlt. Ich war gezwungen gewesen, mit einer schweren Spritzpistole in die heiße Zone zu klettern. Fünf Minuten hatte ich benötigt, um die undicht gewordene Stelle an der Niederdruck- Eingangsleitung aalt einem neuen Belag aus strahlungssicherem Potronin-Plast zu versehen.

Die Kondensatoren standen zusammen mit dem Klein-Reaktor im halbrunden Bugraum des tropfenförmigen Bootes. Zwischen dem Aufheizmeiler, den Turbopumpen und dem Wärmeaustauscher gab es nochmals gesonderte Strahlschutzwandungen aus dem sehr leichten und deshalb häufig verwendeten Kunststoff, zu dem wir Potronin-Plast sagten. Für die Sicherheit des gesamten Bootes war das gut; aber wenn man in dieser Enge Reparaturen vornehmen mußte, spielte man mit dem Tod, Außerdem kam die Tatsache hinzu, daß die Tanks mit dem reinen Destillat ebenfalls hinter der großen Schutzwand lagen. Seewasser als Gasmedium konnten wir nicht verwenden, so daß ich sorgfältig darauf achten mußte, daß kein Wasser verlorenging. Andere Aggregate dieser Art arbeiteten mit Quecksilber. Wir benutzten reinen Wasserdampf als Gasmedium.

Der Hoch- und Niederdruck-Turbinensatz stand hinter der schweren Schutzwand, die lediglich von den Dampfrohren durchbrochen wurde. Natürlich war der Turbinenraum nochmals abgesichert; aber es gab eine Stelle, die bei solchen Maschinenanlagen berühmt und berüchtigt war.

Die zweite Schutzwand hinter dem Turbo-Aggregat enthielt zwangsläufig eine Öffnung für die Schraubenwelle. Sie durchlief das Boot in einem speziellen Wellentunnel und endete kurz vor dem spitzen Heck im elektromagnetisch schaltbaren Untersetzungsgetriebe, an das gleichzeitig die Kupplung angeflanscht war.

Die lange Schraubenwelle hatte in anderen Booten oftmals Anlaß zu Klagen gegeben, da schädliche Strahlungen in den Wellentunnel und von dort aus ins Kondenswasser gekommen waren.

Das waren nur einige meiner Probleme. Warum hatte man uns kein Boot mit einem einfachen und zuverlässigen Staustrahltriebwerk gegeben! Das Gitterwerk des total veralteten Wärmeaustauschers bereitete mir schon Magenbeschwerden, wenn ich es mit Hilfe der Fernseheinrichtung kontrollierte und beobachtete. Eine Turbopumpe zum Einspritzen des Mediums in die glühheißen Rohrschlangen arbeitete unregelmäßig. Wir hatten den Fehler nicht finden können.

Bewegen Sie sich einmal in einem relativ kleinen, mit allen möglichen Geräten angefüllten Maschinenraum, der obendrein noch radioaktiv verseucht ist!

Die Pumpe war mein großer Kummer, so daß ich besonders scharf auf den Robot-Thermostaten des Meilers achtete. In ihm lief die Kettenreaktion seit vielen Stunden. Die freiwerdende Hitze wurde an die Arbeitsflüssigkeit abgegeben, die ihrerseits das Wasser aufheizte. Der Teufel sollte das historische Triebwerk holen.

Ich hatte wohl einige unfreundliche Worte ausgestoßen, da der links hinter mir sitzende Funk- und Radarbeobachter zusammenzuckte. Er hieß Kansman. Seine Aufgabe lag in der Kontrolle des umliegenden Seegebietes. Darüber hinaus war er verantwortlich für die optische Bildaufnahme, sobald die Kamera ausgefahren wurde.

Zur Zeit saß er vor seinen zahlreichen Bild- und Relief-Schirmen, die ihm viel und doch nichts sagten. Die >Skorpion< war mit den üblichen Ortungsgeräten ausgerüstet, die sowohl auf der Ultraschallbasis als auch elektronisch arbeiteten. Wenigstens hatten wir einen hochmodernen Unterwasser-Objekttaster an Bord, der sich m einen Breitstrahler für geringe Entfernungen und in einen Richtstrahler für scharfgebündelte Impulse unterteilte.

Ein geortetes Objekt konnte damit fernbildlich sichtbar gemacht werden. Mit dem Ultraschall- Ortungsgerät war das nicht möglich.

Auf seinen Schirmen tauchte ab und zu ein grüner Fleck auf, der aber rasch wieder auswanderte. Fremde Boote waren das nicht.

Hannibal stand direkt über mir in dem kleinen Turm, ein Platz, der ihm als Kommandant auch zustand.

Ich saß in dem wuchtigen Drehsessel der Zentrale und überwachte die Bildflächen, die mir laufend den gesamten Maschinenraum zeigten. Rechts von mir war das primäre Robotgehirn aufgebaut, dessen Aufgabe es war, die erforderlichen Trimm- und Tiefenruder-Kommandos automatisch zu geben. Es arbeitete zuverlässig.

Mit ihm gekoppelt war der Navigationsrechner, auf dessen Reliefbild der Standort des Bootes ständig dargestellt wurde. Die rötliche Linie schob sich immer weiter in das vor uns liegende Weddell-Meer hinein. Wir näherten uns der Gefahrenzone.

Die Treibeisgrenze hatten wir längst hinter uns. Schon auf der Höhe von Süd-Georgien waren mächtige Schollen und wenig später die ersten Eisberge geortet worden. Wir hatten sie in großer Tiefe untertaucht und waren den gefährlichen Hindernissen aus dem Weg gegangen.

Nun kamen laufend Meldungen von Kansman durch. Der nach oben eingeschwenkte Unterwasser- Objekttaster verriet gewaltige Treibeismassen, die gelegentlich die Form zusammenhängender Packeisfelder annahmen. Die Antarktis hatte uns in ihren eisigen Schoß aufgenommen, und es war sehr fraglich, ob wir daraus wieder entrinnen konnten.

Ich gab Hannibal ein Zeichen, das er durch ein kurzes Nicken bestätigte. Gleich darauf kam seine Anweisung: »An Maschine. Fahrt drosseln auf Umdrehungen für zehn Knoten. Auf Fernsehtiefe gehen.« Ich bestätigte kurz und begann zu schalten. Das Singen der Turbinen wurde dumpfer, als ich den Kernzerfall im Pu-Meiler mit Hilfe der Neutronenbremsen etwas drosselte. Dafür war nur eine Schaltung notwendig. Die genaue Ausführung besorgte das Robotgerät, von dem die Maschine auf zehn Knoten einreguliert wurde. Wenigstens war die elektronische Ausrüstung des Bootes einwandfrei.

Ein weiterer Druck auf die Tiefenruder-Taste des Zentrale-Robots ließ Kontrollampen aufleuchten. Ich schaltete ihn auf Fernsehtiefe. Sofort gab das Gerät die entsprechenden Ruderkommandos. Ich hörte das Surren der Haupt-Trimmpumpe, ehe das Boot aus seiner großen Tiefe nach oben schoß. Kansman hob die Tür seiner Funk- und Ortungsbade etwas weiter auf, damit er mich voll sehen konnte. Leferts fungierte zur Zeit als Zentralemaat. Er überwachte die Klima- und Luftregenerierungsanlage. »Ist es über uns?« fragte ich.

Kansman blickte auf die Bildfläche des Breitstrahl-Tasters. Ich konnte einige dunkle Punkte bemerken.

»Treibeis, Sir. Keine zusammenhängenden Massen. Das große Feld haben wir schon hinter uns.«

»Genau aufpassen, damit wir uns nicht die Nasen anrennen«, entgegnete ich unfreundlich. »Ultraschall-Horcher auf volle Lautstärke bringen. Ich will sofort informiert werden, wenn wir von dem Suchimpuls eines fremden Bootes erfaßt werden.« Akrul kam gerade von achtern. Dort befanden sich nicht nur die Wohnräume für die Besatzung, sondern auch die Laderäume. Er schwang sich durch das Kugelschott und schob mir einen Becher mit heißem Kaffee auf den kleinen Klapptisch vor den Automatkontrollen.

Sein Lachen wirkte unecht. Da er zur Freiwache gehörte, hatte er in der Zentrale eigentlich nichts zu suchen. Ich konnte mir aber gut vorstellen, daß in ihm die gleiche Unruhe tobte, die uns alle umfangen hielt.

»Suchimpulse?« wiederholte er. »Satcher, meinen Sie wirklich, wir könnten hier noch von einem Wachboot der Navy geortet werden? Die gefährliche Zone zwischen den Süd-Orkneys und Süd- Shetland haben wir längst hinter uns. Wenn wir dem fünfzigsten Längengrad West folgen, kommen wir in wenigen Stunden unter das Filchner-Schelfeis. Ich halte es für ausgeschlossen, daß sich hier noch Kreuzer der Navy herumtreiben.« Ich warf ihm einen düsteren Blick zu, unterließ jedoch eine Antwort, da der Zentrale-Robot soeben die Ausführungsmeldung des Manövers anzeigte. Es war ein heller, durchdringender Summton. Ein Blick auf das Tiefenmanometer überzeugte mich davon, daß die >Skorpion<...