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ZBV 22: Geheimorder Riesenauge

K.H. Scheer

 

Verlag Bildner Verlag, 2013

ISBN 9783832850692 , 200 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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2,99 EUR

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8.


 

Vom Kommandostand aus bot die Szene, die wir soeben verlassen hatten, den Anblick des Chaos. Die Fassaden der beiden Turmgebäude glühten noch immer in düsterem Rot. Grauer Qualm stieg von dem erstarrten Schmelzgut auf und lag wie eine häßliche Decke über dem Nordrand des Raumhafens. Die Orghs hatten sich davongemacht. Das Gelände lag verlassen. Von der Stunde, die ich als Frist gesetzt hatte, war knapp ein Viertel verstrichen.

Ich ließ meinen Gedanken ungehemmten Lauf. War es mir gelungen, die Orghs ein für allemal in die Knie zu zwingen? Glaubten sie jetzt, daß ich der unüberwindliche, unbesiegbare Tumadschin Khan war, als den ich mich ausgab? Ich zweifelte. Die hervorstechendste Charaktereigenschaft der Orghs schien eine für menschliche Begriffe schwer vorstellbare Hartnäckigkeit - um nicht zu sagen: Sturheit - zu sein. Sie hatten, seitdem sie den Terranern zum erstenmal begegneten, abgesehen von kleinen Anfangserfolgen nur Schlappen hinnehmen müssen, zum Teil teure Schlappen - wie zum Beispiel die, bei der sie eines ihrer Raumschiffe verloren hatten. Und dennoch versuchten sie immer wieder von neuem, uns zu überrumpeln. Freilich lag diese Mentalität, so wie ich mir die Dinge zusammenreimte, in der Geschichte der Orghs begründet. Sie kannten bislang kein Sternenvolk, das sich ihrer suggestiven Kraft zu widersetzen vermocht hätte. Wohin auch immer sie gekommen waren, hatten sie gesiegt - im Handumdrehen, ohne sich anzustrengen. Sie besaßen einfach keine Erfahrung im Verlieren. In ihrer Vorstellung gab es keinen Raum für den Gedanken, daß ihnen andere Intelligenzen jemals überlegen sein könnten.

Deshalb war ich so gut wie sicher, daß ich vor fünfzehn Minuten nicht das letzte Aufmucken der Orghs erlebt hatte. Das war bedauerlich, aber damit mußte ich mich abfinden. Es galt, für weitere Überraschungen von seiten unserer hinterhältigen Gastgeber Vorsorge zu treffen. Denn die BAPURA war gekommen, um sicherzustellen, daß die Erde und das dazugehörige Sonnensystem wenigstens für das nächste Dutzend Jahre von den Invasionsgelüsten der Orghs verschont blieben. Ob wir dieses Ziel erreichen würden, war ungewiß. Fest dagegen war unsere Entschlossenheit, nichts unversucht zu lassen, um der Erde die Sicherheit zu verschaffen, die sie in diesen kritischen Jahren brauchte., Hannibal saß unmittelbar neben mir und starrte wie ich auf den Bildschirm, der uns die qualmende, glühende Szene zeigte.

»Sie werden die Frist natürlich überschreiten«, sagte er plötzlich. »Das wird sie teuer zu stehen kommen«, antwortete ich. »Und dich auch«, bemerkte er überraschenderweise.

Ich musterte ihn verblüfft, und im selben Augenblick ging mir auf, was er meinte. Trotzdem fragte ich: »Wie ist das zu verstehen?«

»Ich kenne dich. Auf deinen Befehl hin wurden vor knapp zwanzig Minuten intelligente Wesen getötet. Wir wissen ihre Zahl nicht, aber sie wird wahrscheinlich nicht gerade niedrig sein. Und wenn die Orghs die Frist überschreiten, wirst du ihre Stadt unter Beschuß nehmen. Es wird wiederum Tote geben. Und das alles, obwohl dir nichts mehr zuwider ist als das Töten. Aber du kannst nichts dagegen machen. Du allein bist für die Sicherheit der Erde verantwortlich, und du mußt hart durchgreifen, wenn du die Orghs davon überzeugen willst, daß es gegen uns kein Aufkommen gibt. Aber wie teuer kommt dich das zu stehen? Innerlich, meine ich?«

Ich antwortete nicht. Es gab nichts, das ich sinnvollerweise hätte sagen können. Hannibal hatte recht - nicht nur in bezug auf mich, sondern auf uns alle. Wir waren gekommen, um eine Aufgabe zu erledigen. Sie konnte nur dann erfolgreich abgeschlossen werden, wenn wir die Orghs beeindruckten. Um sie zu beeindrucken, mußten wir unsere Macht zeigen. Und da sie nicht aufhörten, uns Fallen zu stellen, war das Zeigen unserer Macht gleichbedeutend mit dem Tod vieler der ihren. Es war eine tödliche, logische Kette, an der wir uns entlangarbeiteten. Der nächste Schritt folgte automatisch nach der vorhergehenden, und am Ende stand der Tod. Ich haßte es, mir die Handlungsweise sozusagen von der Logik der Sache auf zwingen zu lassen, und dieser Haß gebar plötzlich eine Idee.

Ich hatte keine Zeit, mit Hannibal darüber zu sprechen. An der Stunde, die ich als Frist gesetzt hatte, fehlten nur noch vierzig Minuten. Ich mußte mich beeilen. Ich lehnte mich in den Sessel zurück und öffnete den Mentalblock. »Kiny...?«

»Hier, Chef!«

»Kiny, ich habe eine wichtige Frage. Kannst du Rorrhodo-Sqyn noch empfangen, und wenn ja, will ich wissen, wie deutlich.«

»Ich habe mich ... hm, wie sagt man da ... auf seine geistige Stimme recht gut einstellen können. Sie ist ziemlich prägnant und zumindest aus der Nähe leicht von anderen zu unterscheiden. Inzwischen hat er sich ein ganzes Stück von uns entfernt, und der Empfang ist ein wenig undeutlicher geworden. Aber ich kann zum Beispiel den Block schließen und nach einer Weile wieder öffnen, und im Laufe weniger Sekunden habe ich Rorrhodo-Sqyn wieder aus der Menge der Bewußtseinsströme herausgefunden.«

»Vorzüglich«, dachte ich begeistert. »Was denkt er?«

»Er ist entsetzt. Sein Bewußtsein ist von Panik erfüllt. Ich glaube, er fürchtet, daß wir die Zivilisation der Orghs völlig auslöschen wollen.«

»Die erste Reaktion«, wehrte ich ab. »Er wird schon wieder zu sich kommen - oder andere werden ihn zu sich bringen. Wer ist in seiner Begleitung?«

»Er scheint unterwegs zu sein. Über seine Begleiter denkt er nicht nach, deswegen weiß ich nichts über sie. Aber er bangt vor einer Begegnung mit den übrigen zwölf Mitgliedern des Rates der Brutwächter. Dorthin scheint er unterwegs zu sein.«

Ich war wie elektrisiert. Das war die Information, die ich brauchte.

»Wie lange wird er unterwegs sein?« wollte ich wissen. »Denkt er darüber nach?«

»Nur in allgemeinen Begriffen. Es scheint sich nur um eine kurze Zeitspanne zu handeln.«

»Ausgezeichnet, Kiny! Bitte laß mich wissen, wenn er mit den übrigen Brutwächtern zusammentrifft.«

»Na klar ...«, antwortete sie und schaltete ab. Als die Starre von mir wich, die mich während telepathischer Aktivität stets befiel, sah ich Hannibals Blick fragend auf mich gerichtet. »Neues?« fragte er lakonisch.

Ich erklärte ihm in Umrissen meinen Plan. Zunächst wollte er nichts davon wissen, dann jedoch begann er sich dafür zu erwärmen.

»Das wäre ein Streich«, schmunzelte er, »der auf die Orghs wirken müßte wie ein Guß Gletscherwasser. Die Frage ist nur, ob wir rasch genug erfahren können, wohin wie uns zu wenden haben.«

»Ich habe darüber nachgedacht. Kiny bleibt an Bord, du und ich schließen uns zwei verschiedenen Abteilungen an. Auf diese Weise müßte es uns möglich sein, eine Art Dreieckspeilung durchzuführen.« Er nickte.

»Das ist eine Möglichkeit.«

Ich sah auf den Chronometer. Die Unterhaltung mit Kiny hatte ziemlich lange gedauert. Von der Stunde waren nur noch fünfundzwanzig Minuten übrig, und noch immer rührte sich draußen nichts, woraus wir hätten schließen können, daß die Orghs unser Ultimatum akzeptiert hatten. Ich aktivierte den Interkom.

»Listerman ...?«

Er war sofort zur Stelle. Manchmal fragte ich mich, wann der Mann schlief. »Hier, Sir, und überdies feuerbereit.«

Sein strahlendes Gesicht behagte mir nicht. Man strahlte nicht, wenn man sich anschickte, eine Stadt mit Millionen von Einwohnern mit schwerem Feuer zu belegen. Dabei war ich sicher, daß seine Begeisterung nicht dem Vernichtungswerk, sondern vielmehr seiner Fähigkeit galt, mir immer und immer wieder unter Beweis zu stellen, daß er auf Posten und einsatzbereit war.

»Wir müssen behutsam vorgehen, Listerman«, sagte ich. »Große Verluste unter der Bevölkerung sind unerwünscht.«

Er wurde sofort ernst.

»Das ist selbstverständlich, Sir. Ich habe mich vom Feuerleitstand aus ein wenig umgesehen und einige Ziele identifiziert, mit denen wir uns befassen sollten.«

»Worum handelt es sich?«

»Da ist zuerst eine riesige Hyperfunkantenne, die sich aus der Mitte der Stadt dreihundert Meter hoch erhebt. Ich meine, wir sollten sie kappen.«

»Ausgezeichnet. Und weiter?«

»Ein Gebäudekomplex am Westrand der Stadt, den ich der Form nach für ein Fusionskraftwerk halte. Es ist anzunehmen, daß sich in den Gebäuden, in denen die Meiler stehen, niemand aufhält.«

»Sie haben die richtige Einstellung, Listerman«, lobte ich. »Stellen Sie sich eine Liste dieser Objekte zusammen und nehmen Sie sie eines nach dem andern unter Beschuß. Es besteht wenig Zweifel daran, daß die Orghs unser Ultimatum mißachten werden.«

»Das dachte ich mir auch, Sir«, sagte er, bevor die Verbindung löschte.

Die Stunde war vergangen, und kein einziger Orgh hatte sich blicken lassen. Meine Vorbereitungen waren getroffen. Wir durften den Feind nicht warten lassen, wenn wir nicht riskieren wollten, daß er an unserer Entschlossenheit zweifelte. Inzwischen hatte ich von Kiny erfahren, was ich wissen wollte: Rorrhodo-Sqyn berichtete dem Rat der Brutwächter. Er drang darauf, daß man auf unser Ultimatum einging, aber soweit Kiny erkennen konnte, war die Meinung des Rates fast einhellig gegen ihn.

In den verschiedenen Hangarschleusen der BAPURA standen zwanzig marsianische Gleitboote startbereit. Jedes Fahrzeug faßte fünf Mann - oder einen Roboter und drei Mann. Die Flottille der Gleitboote würde in zwei getrennten Abteilungen in die Stadt eindringen. Eine Gruppe stand unter Hannibals Befehl, die andere unter meinem. Jedes Fahrzeug trug drei Mann und einen marsianischen Kampfrobot. Die Besatzungen waren sorgfältig ausgewählt. In meinem Boot...