dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

ZBV 23: Intelligenz unerwünscht

K.H. Scheer

 

Verlag Bildner Verlag, 2013

ISBN 9783832850708 , 200 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

2,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

Derzeit können über den Shop maximal 500 Exemplare bestellt werden. Benötigen Sie mehr Exemplare, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.


 

6.


 

Tagelang hatten wir vergeblich gesucht. Hannibals Geheimgerät, ein Materieorter marsianischer Konstruktion, hatte ununterbrochen gigantische Metallmassen angezeigt, obwohl wir sie nicht hatten sehen können. Kilometerdicke Schlamm-und Sandablagerungen hatten die Zeugen einer uralten Technik verschlungen.

Am 6. Mai 2010, kurz nach vierzehn Uhr, erreichte mich der Anruf der Telepathin Kiny Edwards. Sie war das Kind strahlungsgeschädigter Eltern und auf dem Mond geboren worden.

Hannibal und ich waren künstlich herangezüchtete Telepathen, Kiny jedoch ein echtes Naturtalent, das bereits als Säugling die Frequenzschwingungen anderer Lebewesen aufgenommen hatte. Sie war wesentlich stärker als wir beide zusammen.

»Kiny Edwards ruft Brigadegeneral HC-9«, klang es plötzlich in meinem Extrahirn auf, das ich wegen der Suche nach vermutbaren Intelligenzen im Bereich der Tiefsee weit geöffnet hatte. Ich wollte versuchen, etwaige Impulse durch die Kraft meiner Parasinne auszumachen, ihren Standort einzupeilen und somit bessere Ansatzmöglichkeiten zu finden.

Infolge meiner aufgehobenen Geistesblockade, die mich normalerweise gegen Hannibals chronische »Schnüffelei« abschirmte, drang Kinys Ruf in voller Lautstärke vor. Sie konnte nicht weit entfernt sein.

Die zwischen ihr und mir liegende Wassermauer, egal wie mächtig und stark, war für die fünfdimensionalen Paraschwingungen völlig bedeutungslos. Wir konnten jede Materie problemlos überwinden.

»Ich höre, Kiny«, antwortete ich auf telepathischer Ebene. Das geschah in dem Augenblick, als ich mich über den Rundbildschirm der Zentrale beugte. Er glich einem riesigen, runden Tisch. Auf ihm waren die unter uns liegenden Gebirgsformationen zu erkennen.

Haben Sie übrigens gewußt, daß die unterseeischen Gebirge wesentlich gigantischer und höher sind als sämtliche Massive der Erdoberfläche zusammengenommen?

»Neue Anweisungen, Sir«, gab Kiny durch. »Unsere Satelliten und Höhenbomber, alle mit marsianischen Energietastern und Materiesuchern ausgerüstet, haben nordöstlich ihres derzeitigen Standortes enorme Energiefelder geortet, desgleichen ausgedehnte Metallmassen aus MA-Metall. Sie sind mit dem Boot nur knapp zehn Kilometer entfernt. Wir haben Sie anhand Ihrer Signale einwandfrei im Winkelmeßverfahren einpeilen können. Aufpassen, Sir.«

»Sollst du das durchgeben. Kleines?«

»Ja, Thor. Guten Tag, übrigens. Ich befinde mich in einem Atombomber der Air-Force in zehntausend Meter Höhe. Unter uns liegen die Azoreninseln.«

»Fein. Grüße an alle Beteiligten. Hat man außer diesen Messungen sonst noch etwas festgestellt?«

»Leider nein, Sir. Ich habe nach Parakontakten gesucht, aber keine gefunden. Augenblick -ich bekomme soeben eine neue Meldung.«

Nachdem der Kontakt kurzfristig unterbrochen war, meldete sie sich wieder.

»Oh, das gefällt mir nicht, Sir. Die marsianischen Energietaster weisen aus, daß nordöstlich der NEPTUN strukturell übergeordnete Energieeinheiten freigesetzt wurden. Das könnte die Errichtung eines marsianischen Schutzschirms bedeuten. Darf ich meine Meinung äußern?«

»Sicher, Kleines, nur heraus damit.«

»Ich glaube, Reling hat doch recht. Jemand hat in der Tiefsee, und zwar unmittelbar in Ihrer Nähe, etwas eingeschaltet. Sie sind dem oder den Unbekannten mit Ihrer planmäßigen Suchaktion anscheinend auf die Nerven gegangen.«

»Ah! Interessant. Kannst du etwas auf Esper-Ebene orten?«

»Keine Spur. Hören Sie denn nichts? Sie sind wesentlich näher am Ursprungsort der neuen Unruhen.«

»Bedaure, Kleines. Richte das bitte dem Chef aus. Weder Hannibal noch ich empfangen den geringsten Bewußtseinsfetzen. Hier unten scheint alles tot zu sein.«

»Das kann aber nicht stimmen, Sir. Marsianische Atomreaktoren und Schutzschirme laufen nicht von selbst an, es sei denn, sie werden von einem Großroboter a la GODAPOL gesteuert.«

»In Ordnung. Wir passen auf. Sonst noch etwas?«

»Nein, das war alles. Ende, Thor.«

Sie schaltete ab. Ich löste mich aus meiner intensiver Konzentrationsstarre.

Als ich aufblickte, schaute ich direkt in die dunklen Augen unseres Spitzenwissenschaftlers Dr. Dr. Kenji Nishimura. Plötzlich begann er zu lächeln. Da wußte ich, daß er mich erkannt hatte!

Ich wagte einen kurzen Überfall auf seinen Bewußtseinsinhalt. Ja, er hatte entdeckt, daß ich niemand anders war als sein Freund und Kampfgefährte in zwei verwegenen Einsätzen. Meine Konzentrationsphase hatte mich endgültig verraten. Nishimura war ein sehr scharfer Beobachter und Logiker. Er hatte die Details schnell zusammenfügen können.

»Neuigkeiten, Chief?« erkundigte er sich leise. Das Lächeln lag noch auf seinen Lippen. Den »Hunger« nach Vertrauen und Aufklärung konnte man am Glanz seiner Augen ablesen. Ich durfte ihn nicht länger betrügen!

»Ja, Kenji«, flüsterte ich. »Mund halten, okay?«

»Natürlich«, raunte er. »Ich habe es doch gleich gespürt. Gefahr, HC-9?«

»Wahrscheinlich. Kiny war in der Leitung«, flüsterte ich. »Vorsicht, man wird aufmerksam.« Hannibal schwang sich mit affenartiger Behendigkeit durch das runde Druckschott der Hauptzentrale. Als er meinen Wink bemerkte, wußte er, daß ich Kinys Nachricht ebenfalls empfangen hatte. Er war gekommen, um mich zu informieren.

Er nickte nur und verzichtete klugerweise auf einen telepathischen Gedankenaustausch. Trotzdem gab ich schnell durch: »Nishimura ist informiert. Es war nicht zu umgehen. Ende.«

Der Kleine nickte erneut. Dann schlenderte er in seiner üblichen Haltung näher.

Dr. Mehin Martinez, unser Geologe, faßte mit einer schon zur Gewohnheit gewordenen Bewegung um seinen vorquellenden Bauch. Seine Halbglatze leuchtete wie eine mit Speck eingeriebene Mondsichel.

Der Meeresbiologe Dr. Norman L. Cox räusperte sich dezent. Er war in seiner chronischen Verlegenheit überhaupt immer dezent!

Beide Männer wollten offenbar gleichzeitig etwas sagen, aber keiner von ihnen fand dazu noch Gelegenheit.

Ich hörte den überlauten Ruf eines Ortungsspezialisten. Er saß in der über uns liegenden Ortungs-und Funkzentrale. Dort regierte Frisco L. Pertini.

»Schwimmendes, bewegliches Objekt der Größenordnung vier Steuerbord achteraus«, meldete der Orter über die allgemeine Rundrufanlage. »Achtung, Zentrale -das Objekt kommt aus fünf Uhr auftauchend auf uns zu. Nanu, wenn das kein ...«

»Ruhe«, ertönte Pertinis Stimme. »Ich übernehme. An Kommandant und Chief: Ich habe das Ding in der Asdic-Bildpeilung. Es ist ein mächtiger Wal. Moment -jetzt habe ich ihn genauer. Jawohl, ein echter Blauwal, mindestens zweiunddreißig Meter lang und zig Tonnen schwer. Das gibts doch wohl nicht! Ich übermittle euch das Echobild.«

Zwei Bildschirme an der Zentralewandung leuchteten auf. Das Tasterbild war so exakt, daß wir den langgestreckten Körper in der Bildqualität eines älteren Schwarz-Weiß-Fernsehgerätes erkennen konnten.

»Unmöglich!« meldete sich Dr. Cox. »Das ist ein norwegischer Blauwal aus der Gesamtgattung der Finnwale. Ein Balaenoptera musculus, wie der Lateiner sagt. Was sucht der in dieser Atlantikecke? Diese fast ausgerotteten Furchenwale, so genannt, weil er unter dem Leib mit tiefen Furchen versehen und meist mit Rückenfinne ausgestattet ist, gibt es nur noch in den ozeanischen Natur-Schutzgebieten. Bedauerlicherweise hat man das Abschießen dieser riesigen Meeressäugetiere nicht unterlassen können. Als hätte man vor vierzig Jahren die Margarine nicht aus anderen Grundsubstanzen herstellen können. Unmöglich!«

»Objekt kommt näher«, meldete Frisco lakonisch. »Der will uns doch nicht etwa an den Kragen?« Ich sah mich nach Hannibal um. Er saß mit verzerrtem Gesicht in einem schwenkbaren Sessel und preßte die zu Fäusten verkrampften Hände gegen die Brust.

»Steixner!« rief ich ihn an. Diese Haltung kannte ich. Sie bedeutete nicht nur eine Esper-Ortung, sondern überdies Gefahr. Ich hatte mein Extrahirn längst wieder abgeblockt, um nicht ständig den Geistesströmen der Anwesenden ausgesetzt zu sein.

»Intelligenz«, röchelte Hannibal. »Vorsicht, das näher kommende Ding ist intelligent. Es denkt an die Vernichtung des Bootes.«

»Ein Blauwal?« schrie der Meeresbiologe außer sich. »Sind Sie verrückt geworden?«

Ich mußte die Situation retten, egal wie. Wenn Hannibal den angeblichen Wal so genau antasten und eindeutig intelligente Gedankengänge wahrnehmen konnte, war er gefährlich!

Wie ein Wal im menschlichen Sinne intelligent sein konnte, war mir in diesem Augenblick gleichgültig.

»Vollalarm, Klarschiff zum Gefecht. Klar bei Unterwasserabwehr!« befahl ich laut. »Los schon, Shinkley, machen Sie Ihr Boot abwehrklar.«

»Ihr -ihr spinnt wohl, was?« stotterte er fassungslos. »Was soll uns ein Blauwal schon anhaben können? Der rennt sich an unseren molekular verdichteten Stahlwandungen seinen Riesenschädel ein.«

»Klarschiff«, forderte ich noch lauter. »Das ist ein Befehl, Shinkley! Der Wal ist wahrscheinlich nur die Tarnhülle für ein kleines Jagdboot.«

Das war die einzig passende und auch von den NEPTUN-Männern akzeptierbare Lösung, die mir im Moment einfiel. Roger M. Shinkley wurde äußerst aktiv. An ein großartig getarntes Jagd-U-Boot glaubte er. Einen intelligenten Wal hätte er mir niemals abgenommen. Ich rief Hannibal an.

»Wieviel Bewußtseinsinhalte kannst du einpeilen? Mehrere?«

»Nein, nur einen. Er kommt von dem Wal. Der Bursche ist intelligent! Deine Notlösung ist gut, aber falsch. Das ist kein getarntes Jagdboot. Es ist ein echter Blauwal aus Fleisch, Blut und...