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Heliosphere 2265 - Band 31: ... In das Licht (Science Fiction)

Andreas Suchanek

 

Verlag Greenlight Press, 2015

ISBN 9783958341241 , 114 Seiten

Format PDF, ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

2,49 EUR


 

Prolog


 

NORTHSTAR-System, an Bord der EMPIRE, 04. Mai 2268, 12:15 Uhr

 

Es war zu spät.

Die Mündung des Pulsers saß exakt an Commodore Jayden Cross’ Schläfe, als er selbst den Auslöser betätigte. Eine Partikelsalve löste sich aus dem Lauf der Waffe und durchschlug den Schädel der Legende aus der Solaren Republik mit mehrfacher Schallgeschwindigkeit.

Wie eine Puppe, deren Fäden man durchtrennt hatte, kippte er aufs Deck und blieb reglos liegen. Eine Blutlache breitete sich unter seinem Kopf aus.

Die letzten Worte ihres Widersachers hallten wie der Donnerhall eines zornigen Gottes durch Admiralin Kendra Ironstones Geist.

Man hat immer eine Wahl.

Mit einem Mal wirkte das Licht greller, als es eigentlich sein sollte. Es spiegelte sich in den Deckplatten, auf deren sorgfältige Pflege sie stets so stolz gewesen war. Knochensplitter, Blut und Gehirnmasse breiteten sich unter Cross‘ Schädel aus wie ein pervertierter Heiligenschein.

Er ist tot.

Der Gedanke schlug mit einer grauenvollen Endgültigkeit zu. Sie zitterte, hielt den Atem an, durchdachte innerhalb von Augenblicken die Konsequenzen. Der Imperator hatte mehr als deutlich gemacht, dass er Cross lebend wollte. Und er vertraute darauf, dass Kendra seine Wünsche stets erfüllte.

Es hatte seinen Grund, warum sie weder einen Killchip trug, noch neuronal restrukturiert worden war. Sjöberg hatte stets nur Erfolgsmeldungen von ihr erhalten. Daher befehligte sie das Flaggschiff des Imperiums, daher war sie etwas Besonderes.

Bisher.

Die Marines standen bewegungslos an der Seite, ebenfalls völlig überrascht von der Aktion. Hektische Blicke flogen durch den Raum wie Pulserpartikel und spiegelten die Ratlosigkeit aller Anwesenden wider.

Neben Kendra begann Executive Controller Lucio Grant zu hyperventilieren. Er war restrukturiert und konnte sich dem Willen des Imperators nicht entziehen. Er musste ihn buchstabengetreu ausführen, mit zahlreichen negativen körperlichen Konsequenzen, falls er versagte.

„Wir haben versagt“, wimmerte er dann auch wie erwartet.

Die Arbeiter ringsum hatten innegehalten und starrten auf die Szenerie. Aufgrund der Ankunft des Shuttles hatte Kendra fast alle Ingenieure aus dem Hangar verbannt. Nur jene waren noch hier, die wichtige Tätigkeiten ausführten; solche, die nicht verschoben werden konnten.

Das Panzerschott rollte zur Seite.

„Entschuldigen Sie die Verspätung, Admiralin“, sagte Chefärztin Doktor Illara Kertell. Die hochgewachsene Genetikerin vom Mars, deren bioneurales Tattoo die rechte Augenbraue ersetzte, gähnte. „Wo ist denn der Gefangene, bei dem ich die Erstuntersuchung ...“ Sie hielt inne, als sie Cross sah.

„Alpha ...“ Kendras Stimme versagte. „Alpha-Priorität!“ Sie brüllte es heraus.

Doktor Kertell zuckte zusammen. Ihre Reflexe setzten sofort ein. Sie presste ihr Medizinisches Notfallkit an die Brust und stürmte zu Cross. Neben ihm ging sie in die Knie. Der Handscanner surrte. „Verlust des Bewusstseins nach Schusswunde durch Pulserpartikel“, murmelte sie. „Massive Schädigung des Lobus frontalis, das hat eine direkte Auswirkung auf die Persönlichkeit. Animalische Funktionen sind davon allerdings noch nicht betroffen. Teilschädigung des Cerebellums. Kreislaufzusammenbruch ist imminent.“ Sie griff nach einem Injektor, den ein Paramedic bereithielt. „Ich injiziere einen Nanostamm zur Stabilisierung der Kreislauffunktion und Sauerstoffanreicherung der ungeschädigten Hirnregionen.“ Es zischte. Kurz darauf blinkten mehrere Icons auf dem Diagnosehandschuh rot auf. „Areflexie festgestellt, die Schädigung des Hirnstamms weitet sich aus. Die abgestorbenen Nervenzellen ... verdammt. Der Kreislauf bricht zusammen.“ Sie sah auf. „Tut mir leid, Ma’am, aber da kann ich nichts mehr machen. Sein Gehirn ist massiv geschädigt. Selbst wenn ich ihn an das Biobett anschließe, wird das lediglich die Organe vor Schaden bewahren. Bewusstlosigkeit in Kombination mit Areflexie ... er ist tot.“

„Retten Sie ihn“, sagte Kendra.

„Ich kann kein Wunder vollbringen, Ma’am.“

„Retten!Sie!Ihn.“ Kendra wusste, dass es unmöglich war. Doch sie gab den Befehl so nachdrücklich, dass die Chefärztin gar nicht anders konnte, als zu handeln.

Paramedics stürmten herein, hievten den Körper auf eine Trage. Kertell eilte an der Seite ihrer Leute hinaus. Irgendwer kümmerte sich um Lucio. Die Marines zogen sich zurück.

Kendra starrte auf die Stelle, an der Cross bis eben gelegen hatte. Blut, Knochensplitter, Gehirnmasse auf den blank polierten Deckplatten, mehr war nicht geblieben. Plötzlich hasste sie die klinische Sauberkeit, die kalte Effizienz, das grelle Licht.

Vor Wut zitternd ballte sie die Fäuste.

Noch mit seiner letzten Tat hatte er sie besiegt. Genau wie an der Akademie.

Und wieder hallten seine Worte in ihrem Geist wider, krallten sich wie die Klauen einer aus dem Albtraum herausgestiegenen Chimäre in ihr Denken.

Man hat immer eine Wahl.

 

*

 

Alzir-System, an Bord von (AZ2165), 04. Mai 2268, 03:11 Uhr


 

Sie öffnete die Augen. Für einen Moment schien die Umgebung sich zu überlagern, doppelt vorhanden zu sein, als sähe sie die Decken und die transparente Wand aus zwei unterschiedlichen Perspektiven. Die Umrisse vibrierten, schoben sich ineinander. Sie schloss die Augen, öffnete sie erneut.

Alles war so, wie es sein sollte.

Alexis Cross sog gierig die Luft in die Lungen. Als sie die Hand hob, sah sie glatte junge Haut, die ein wenig brauner war als ihre eigene.

Es hat funktioniert. „CABAL, Status.“

„Der Körpertausch ist abgeschlossen. Deine geistige Struktur wurde vollständig in den Leib von Präsidentin Shaw übertragen und umgekehrt.“ In der Stimme der künstlichen Intelligenz schwang ein wenig Stolz mit.

„Öffne meine Handmanschetten.“

Es klickte, als die Eisenglieder sich lösten.

Alexis erhob sich. Sie zitterte. Dieser Körper war anders, nicht nur jünger. Glatte Haut, mehr Stärke. Sie liebte ihn schon jetzt. Sie sah zu der transparenten Wand vor sich. Dahinter schwebte die PRÄSIDIALE RESIDENZ im All, doch sie konnte ihr neues Spiegelbild vor Dunkelheit und Sternenlicht erkennen. Sie steckte in einem weißen Kostüm, das die Präsidentin bei ihrem Eintreffen getragen hatte. Es war von oben bis unten mit Blut beschmiert. Ein Teil davon stammte von Angelo, ein Teil von Priscilla King. Beide lagen tot in ihren Blutlachen.

Alexis fühlte sich einfach fantastisch.

Sie stieg von der Liege. So also fühlte sich wahre Macht an. In der einen Sekunde noch war sie nur die Ehefrau des Verteidigungsministers gewesen, in der nächsten gehörte ihr die gesamte Republik. Und das alles hatte sie Sarah McCall zu verdanken. Die Frau aus der Zukunft hatte in ihrer Omega-Datei den Standort der offenbar letzten noch funktionierenden Körpertauschmaschine enthüllt. Nachdem die Republik diese geborgen hatte, war sie vom Verteidigungsministerium in eine sichere Forschungseinrichtung geschafft worden. Dort hatte Alexis sie austauschen lassen. Als Ehefrau von Angelo war das nicht einmal schwer gewesen. Während die Wissenschaftler also an einer fehlerhaften Kopie forschten, hatte CABAL ihr nach seiner Fertigstellung dabei geholfen, den Defekt zu beheben, den McCall eingebaut hatte. Schließlich wollte Alexis nicht wie Richard Meridian in einem zerfallenden Leib dahinsiechen.

„Gab es irgendwelche Probleme?“

„Stellenweise wurde der Datenstrom instabil, ich hatte jedoch einen ausreichend großen Puffer eingerechnet“, erklärte die K.I. ruhig. „Es war faszinierend zu betrachten, wie die übertragenen Strukturen auf das Zielgewebe angepasst wurden. Wer die Maschinen auch konstruiert hat, er war sehr fortschrittlich. Ich habe den Prozess in seiner Gesamtheit verstanden, doch es gab einzelne Schritte, die ich nicht interpretieren konnte.“

„Wie beruhigend.“

„Es gibt nichts zu befürchten. Alles verlief unterm Strich problemlos.“

Wie geplant entnahm Alexis das medizinische Kit aus dem Fach an der Liege, ging zu ihrem alten Körper und injizierte ihm ein starkes Anästhetikum. Damit war die Präsidentin erst einmal ausgeschaltet. Die nächsten zwei Tage würde sie nicht mehr erwachen. Und dann, meine Liebe, wirst du dich längst in Isolationshaft befinden.

Sie als neue Präsidentin konnte das problemlos veranlassen. Von diesem Punkt an würde sie zuerst ihre Macht festigen, danach ihren alten Körper zusammen mit Shaws Geist beseitigen. Auch dafür gab es bereits einen Plan.

„Zwei Shuttles haben soeben an das Habitat angedockt“, sagte CABAL. „An Bord befindet sich ein spezielles Einsatzteam der Marines. Sie werden in wenigen Minuten hier sein.“

„Ich möchte, dass du die...