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Der letzte Weihnachtsmann - Ein Weihnachtskrimi

Helga Bürster

 

Verlag Emons Verlag, 2015

ISBN 9783863589028 , 224 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

Geräte

8,49 EUR


 

Vanillekipferl

Zutaten:

300 g Mehl

50 g gemahlene Mandeln

50 g gemahlene Haselnüsse

100 g Zucker

1 Prise Salz

200 g kalte Butter

2 Eigelbe

5 Päckchen Vanillinzucker oder 40 g selbst gemachter Zucker (Eine Vanilleschote aufschneiden, ausschaben und Vanillemark mit Schote in circa 200 g weißen Zucker legen – als Gefäß eignet sich gut ein leeres Marmeladenglas –, drei Tage durchziehen lassen, fertig. Der Zucker hält sich sehr lange.)

½ Tasse Puderzucker

Zubereitung:

1. Das Mehl mit den Mandeln, den Haselnüssen, Zucker und Salz vermischen. Mit der Butter (in Flöckchen) und den Eigelben gleichmäßig verkneten. Den Teig in Folie eingewickelt zwei Stunden im Kühlschrank ruhen lassen.

2. Den Backofen auf 180 Grad (Ober-/Unterhitze) vorheizen. Das Backblech mit Backpapier auslegen. Den Teig zu fingerdicken Röllchen formen, diese in circa 4 Zentimeter lange Stücke schneiden und zu Hörnchen formen.

3. Im vorgeheizten Ofen 10 bis 12 Minuten goldgelb backen. In der Zwischenzeit Vanillinzucker und Puderzucker vermischen. Die noch warmen Kipferl darin wälzen und abkühlen lassen.

1. Dezember

Als draußen der 1. Dezember heraufdämmerte, schaltete Elmar Wind den elektrischen Minikamin ein. Er rieb die klammen Hände vor dem künstlichen Feuer. Wieder einmal funktionierte die Heizung nicht.

Er sah aus dem Fenster. In der Fußgängerzone hasteten die Leute mit hochgezogenen Schultern und aufgeschlagenen Kragen zur Arbeit. Kalter Nieselregen, vermischt mit einzelnen Schneeflocken, trieb die Menschen in ihre warmen Büros. Aber Elmar konnte heute nichts die gute Laune verderben. Er pfiff ein fröhliches »Alle Jahre wieder« vor sich hin.

Die Geschäfte würden erst in einer halben Stunde öffnen, doch Elmar war heute extra früh gekommen. Seit Wochen hatte er auf diesen Moment hingearbeitet, und nun war – so hoffte er – endlich alles perfekt. Er legte den Zeigefinger auf den roten Schalter der voll belegten Mehrfachsteckdose, dann holte er tief Luft und drückte. Es wurde Licht.

Wohlige Schauer erfassten ihn. Langsam drehte er sich einmal um seine eigene Achse, um sein Werk zu betrachten. Eine Krippe mit dem üblichen Personal samt Ochs’ und Esel, drei Lichterbögen mit verschiedenen Motiven, fünf Kunststoffsterne in unterschiedlichen Größen, von denen zwei die Farbe wechseln konnten, ein künstlicher Weihnachtsbaum, in dessen Zweigen winzige LED-Leuchten steckten, und unzählige Lichterketten, -netze und -schläuche, von milde schimmernd bis schrill blinkend, verwandelten das Büro des Kontaktbereichsbeamten Elmar Wind in ein bunt leuchtendes Weihnachtszimmer.

Die Krönung all dessen war Rudi: ein künstlicher Elchkopf in Originalgröße, dessen Augen und Geweih in verschiedenen Farben erstrahlten. Elmar hatte ihn bei eBay ersteigert. Rudi hing an der Wand direkt hinter dem Schreibtischstuhl und ragte, wenn Elmar dort saß, über seinen Kopf hinweg. Das hatte den Vorteil, dass er nur den Arm heben musste, um Rudis Maul zu kraulen, denn dann begann der Elch zu singen: »Rudolph, the red-nosed reindeer«. Leider beherrschte der Tierkopf nur dieses eine Lied, aber Elmar liebte es, und deshalb setzte er sich jetzt feierlich auf seinen Stuhl und streichelte Rudi.

Während der sang, zog Elmar eine der Schreibtischschubladen auf, nahm einen Schuhkarton heraus, der schon leicht vergilbt war, stellte ihn vor sich hin und hob behutsam den Deckel. Etwas aus rotem Stoff lag darin, in Seidenpapier gewickelt. Elmar nahm es heraus, entfaltete es und strich den Stoff glatt. Es war eine Weihnachtsmannmütze, allerdings nicht irgendeine, sondern eine ganz besondere. Sie war aus rotem Filz gewirkt, mit einem Rand aus weißem Kaninchenfell, und an der Spitze hing ein goldenes Glöckchen. Die Mütze hatte einst seinem Vater gehört, der früher Mitglied in der ehrenwerten Gilde der Weihnachtsmänner gewesen war, was in Neuburg als ganz besondere Ehre galt, die nur wenigen honorigen Bürgern zuteilwurde.

Elmar wäre selbst gern ein Mitglied der Gilde und brachte fast alle Voraussetzungen mit, bis auf die Honorigkeit. Im Gegensatz zu seinem Vater, der stellvertretender Bürgermeister gewesen war, hatte Elmar es nur bis zum einfachen Polizeimeister gebracht. Um genau zu sein, zum Kontaktbereichsbeamten in der Neuburger Geschäftsmeile. Sein Büro befand sich in einem ausrangierten und eigens für diese Zwecke hergerichteten Schaufenster des Kaufhauses Klardorf, gleich neben der neuen Winterkollektion. Hier nahm Elmar Vermisstenmeldungen für Portemonnaies, Handys, Hunde, Omas, Ehemänner und Kinder entgegen.

Seine Dienststellenleiterin Julia Herrmann hatte als Begründung für seine Verbannung hierher irgendetwas von Bürgernähe gefaselt, aber Elmar wusste sehr wohl, dass sie ihn schrullig fand. Ein Kerl von Anfang fünfzig, der noch im Jugendzimmer seines Elternhauses wohnte, ein Weichei eben. Dabei gab es viele Gründe dafür, dass er niemals weggezogen war. Einer davon war die lange Krankheit seiner Mutter gewesen. Ein zweiter, dass er es gern überschaubar und gemütlich hatte. Ein dritter und wahrscheinlich alles entscheidender Grund war die Tatsache, dass er nichts mehr liebte als das Neuburger Weihnachtsfest. Wo sonst gab es so einen schnuckeligen Markt mit vierundzwanzig echten Weihnachtsmännern? Auf der ganzen Welt nicht. Seine Begeisterung ging so weit, dass er sich äußerlich schon dem Aussehen eines Weihnachtsmanns angepasst hatte – mit seinem langen Bart und dem runden Bauch. Außerdem hoffte er insgeheim immer noch, irgendwann in die Gilde der Weihnachtsmänner aufgenommen zu werden.

In den Wochen, die nun vor ihm lagen, würde Elmar es seiner Chefin nicht nachtragen, dass sie ihn in ein Schaufenster ausgelagert hatte. Im Gegenteil: Hier konnte er seiner Weihnachtsleidenschaft freien Lauf lassen, ohne den Hohn und Spott seiner Kollegen ertragen zu müssen.

»Ho, ho, ho«, flüsterte Elmar zufrieden, setzte die Mütze auf und stellte die leere Schachtel zurück. Ob mit oder ohne Gilde, Elmar Wind war bereit. Weihnachten konnte kommen.

Er winkte einem Jungen zu, der vor der Scheibe stehen geblieben war und sich die Nase daran platt drückte.

»Mama, guck mal, der Weihnachtsmann«, rief der Kleine aufgeregt.

Seine Mutter schüttelte genervt den Kopf. »Das ist doch nur ein Polizist mit roter Mütze. Und jetzt komm endlich.«

Elmars Lächeln verblasste. Die Eltern von heute waren so nüchtern. Aber er würde allen beweisen, dass es den Weihnachtsmann und den Zauber der Weihnachtszeit sehr wohl noch gab. Vorher hatte er jedoch noch ein, zwei Dinge zu erledigen. Als Erstes schloss er seine Dienstwaffe im Schreibtisch ein, denn ein Weihnachtsmann war höchstens mit einer Rute bewaffnet. Dann hob er seine Arbeitstasche auf den Schoß und öffnete sie. Ein intensiver Duft nach Vanille und Butter strömte daraus hervor, stieg ihm in die Nase und ließ ihm das Wasser im Mund zusammenlaufen. Feierlich holte er die Plätzchendose heraus.

Elmar nahm ein butteriges Vanillekipferl und schob es sich in den Mund. Mit geschlossenen Augen ließ er das Gebäck auf der Zunge zergehen. Seine Geschmacksnerven explodierten. Er meinte sogar, die Zutaten einzeln herausschmecken zu können: feines Weizenmehl, viel gute Butter, Eier von glücklichen Hühnern, Vanillezucker, selbst gemacht natürlich, und dann, als Krönung, einen Hauch von Puderzucker. Er seufzte leise. Das war besser als jeder Sex – wobei Elmar sich hier nur marginal auskannte, denn seine Erfahrungen auf diesem Gebiet reichten nicht sehr weit. Wie auch immer: Die Plätzchen waren ihm nie besser gelungen.

Gestern Abend hatte er das erste Mal in diesem Winter in seiner Küche gestanden und gebacken. Das würde in den nächsten Wochen seine allabendliche Beschäftigung sein, und zwar zu weihnachtlicher Musik. Wie auf Kommando stimmte gerade ein Kinderchor das schöne Lied »Süßer die Glocken nie klingen« an. Elmar warf einen leicht genervten Blick zur Decke und zu dem Lautsprecher, der fälschlicherweise noch hier verblieben war. Zwar mochte er Weihnachtslieder, aber nicht in dieser Lautstärke und vermischt mit Durchsagen von »Emma sucht ihre Mutti« bis hin zu den neuesten Rabattaktionen.

Elmar schob sich ein weiteres Kipferl in den Mund, schloss die Dose und schob sie weit von sich. Diese Ration musste schließlich für den ganzen Tag reichen, und das Kaufhaus öffnete gerade erst seine Tore.

»’s ist, als ob Engelein siiingen«, krähte es aus hundert jungen, hoffnungsvollen Kehlen, die Elmar für den Moment mit der Lautsprechermisere versöhnten. Er lächelte und verstaute seine Tasche wieder unter dem Schreibtisch. Alles in allem begann der Advent recht verheißungsvoll, und nur eines musste noch getan werden, damit alles perfekt war. Noch fehlte nämlich das i-Tüpfelchen, der Schnee. Er kramte aus seiner Arbeitstasche eine Sprühflasche hervor, die er kräftig schüttelte. Im Inneren klackte es metallisch. Er stand auf, wobei er darauf achtete, Rudi nicht zu rammen. Dann trat er ans Fenster, bückte sich und sprühte weißen Kunstschnee auf die untere Hälfte, sodass es aussah, als hätten sich Flöckchen dort abgesetzt.

Als er zufrieden mit seinem Werk war, kehrte Elmar hinter den Schreibtisch zurück und bereitete sich innerlich auf den ersten Arbeitstag im Dezember vor. Erfahrungsgemäß gab es viel zu tun, denn der...