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Orientalische Promenaden - Der Nahe und Mittlere Osten im Umbruch

Volker Perthes

 

Verlag Siedler, 2009

ISBN 9783641012335 , 417 Seiten

Format ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR


 

Ägypten (S. 25-26)

Pharao und seine Gegner

ES LAG KEINESWEGS IM INTERESSE des ägyptischen Präsidenten und der ägyptischen Regierung, in der alljährlichen Rede des amerikanischen Präsidenten zur Lage der Nation erwähnt zu werden. Im Februar 2005 sprach der gerade für eine zweite Amtszeit gewählte George W. Bush Ägypten in dieser wichtigen Rede dennoch sehr direkt an: »Die große und stolze ägyptische Nation«, erklärte Bush, »die denWegzum Frieden im Nahen Osten gezeigt hat, kann jetzt den Weg zur Demokratie im Nahen Osten zeigen.«

Am selben Tag fand in Ägypten eine Pressekonferenz lokaler Menschenrechtsorganisationen statt, die gegen die Verhaftung von Ayman Nour, Abgeordneter des ägyptischen Parlaments und Vorsitzender der Ghad-Partei, protestierten. Nour war mit einer wenig überzeugenden Anklage vor den Haftrichter gebracht und für anderthalb Monate aus dem Verkehr gezogen worden. Beim Haftprüfungstermin erschien er mit einem orangefarbenen Schal, bei der Pressekonferenz der Menschenrechtsorganisationen stellten sich seine Anhänger mit orangefarbenen Plakaten vor die Fernsehkameras – ein Versuch, von der Revolution zu profitieren, die gerade in der Ukraine zu einem Machtwechsel geführt hatte.

Ausländische Journalisten, die hier Vorboten einer Bürgerrevolution sahen, irrten sich nach Meinung des ägyptischen Redakteurs eines der vom staatlichen Medienkonzern al-Ahram herausgegebenen Blätter allerdings: »Leider. Es wäre gut, wenn so etwas passierte, aber ich sehe es nicht. Alles geschieht hier nur am oberen Rand der Gesellschaft, politische Bewegungen haben keine soziale Tiefe.« Der Ablauf der Ereignisse war höchst bezeichnend für die politische Situation Ägyptens seit dem Irakkrieg. Das Land kann sich internationalen Entwicklungen nicht verschließen und reagiert insbe sondere auf , Druck von Seiten der USA, von denen es jährlich etwa zwei Milliarden Dollar an Militär- und Entwicklungshilfe erhält, ausgesprochen empfindlich. Die Nation – oder diejenigen, die sie international vertreten – ist tatsächlich stolz auf ihre Vorreiterrolle in der arabischen Welt und sehr darauf bedacht, diese Position zu behaupten.

Damit verbunden ist eine konstruktive und aktive Vermittlungspolitik im israelisch-palästinensischen Konflikt, die sowohl von der israelischen als auch von der palästinensischen Führung und von den internationalen Parteien, die ein Interesse am Erfolg der nahöstlichen Friedensbemühungen haben, für unentbehrlich gehalten wird. Ägypten spielt seine Rolle bewusst, mit großem Geschick und nahezu unberührt davon, dass der eigene, 1979 geschlossene Friedensvertrag mit Israel wie auch die Beziehungen Ägyptens zum jüdischen Staat ein – milde ausgedrückt – innenpolitisch sehr umstrittenes Thema darstellen.

Israel gilt, wenn man dem populistischen Diskurs islamistischer und nationalistischer Kreise folgt, der sich auch in den Regierungsmedien spiegelt, noch immer als Feindstaat. Man sollte sich allerdings hüten, diese veröffentlichte Meinung für die allgemeine öffentliche Meinung zu halten. Innenpolitisch gibt es durchaus eine Diskussion über Reform und Veränderung, und die wird zweifellos durch die internationalen Forderungen nach »arabischer Reform« befördert, auch wenn die politischen Führungseliten auf Regierungs- wie auf Oppositionsseite permanent den Eindruck zu erwecken versuchen, es gäbe keinen ausländischen Reformdruck. Wenn doch, sei er völlig wirkungslos, denn man verbitte sich solche Einmischung ganz entschieden.

Ägypten wisse schließlich selbst am besten, wie viele und welche Reformen es wirksam und ohne die innere Stabilität zu gefährden einleiten und umsetzen könne. Dem Generalsekretär der Nationaldemokratischen Partei (NDP) von Präsident Husni Mubarak gelang es immerhin, nach der Bush-Rede und der Verhaftung des Abgeordneten Nour die Vertreter aller vom Staat legalisierten Oppositionsparteien zusammenzubringen und ihnen eine gemeinsame Erklärung abzuringen, in der sie sich gegen jegliche »äußere Einmischung« aussprachen und jeden Versuch.