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Erleuchteter Sex - Ekstase als spiritueller Weg

David Deida

 

Verlag Arkana, 2009

ISBN 9783641016562 , 224 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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8,99 EUR


 

TEIL ZWEI
Orgasmus
Wie man die innere Energie in Fluss bringt, lernte ich als Kind in einem Einkaufszentrum. Dieses Wissen veränderte meine Beziehung zur Sexualität, zu den Frauen und besonders zum Orgasmus dramatisch.
Ich war ungefähr zwölf Jahre alt – ein ungelenker, zaundürrer Bücherwurm. Eines Tages lieferten meine Eltern meinen besten Freund und mich im Einkaufszentrum ab, wo wir uns nach der Schule oft in einem Buchladen die Zeit vertrieben und alles verschlangen, was wir über übersinnliche Phänomene, Esoterik oder die spirituellen Praktiken anderer Kulturen finden konnten.
An jenem Tag blätterte ich in ein paar Taschenbüchern über tibetische Lamas, die im Himalaja lebten und eine außerordentliche Kontrolle über ihren Körper und ihren Geist hatten. Diese heiligen Männer aus Tibet saßen reglos auf verschneiten Bergen, die nackten Leiber in feuchte Decken gehüllt, die schnell steiffroren. Anschließend tauten sie die gefrorenen Decken wieder auf, indem sie mit ihrem inneren Energiefluss Hitze erzeugten. Sie lebten jahrelang allein in Höhlen und stellten Betrachtungen über ihre wahre Natur reinen Gewahrseins an. Sie übten sich darin, sich dieses reine Gewahrsein auch nachts im Schlaf und im Traum zu bewahren. Sie waren meine Helden.
Ich las gerade in einem dieser Bücher, als ich die Präsenz eines anderen Menschen neben mir spürte. Zu dicht neben mir. Ich wandte mich um und sah einen riesengroßen, dicken und fast gänzlich kahlköpfigen Mann, über dessen stattlichem Bauch sich ein schmuddeliges T-Shirt spannte. Sofort schossen mir Gedanken an die Kinderschänder und Kidnapper durch den Kopf, vor denen mich meine Eltern gewarnt hatten. Mein Herz schlug wild.
»Magst du solche Bücher?«, fragte der Kinderschänder.
Ich schluckte. »Ja«, erwiderte ich. Ich war zu verängstigt, um davonzulaufen, und zu verlegen, um nach Hilfe zu rufen.
»Das sehe ich. Leg deine Hand auf meine Schulter«, befahl er.
Inzwischen hatte mein bester Freund sein Buch weggelegt und war zu mir und diesem merkwürdigen Mann herübergekommen, der wie ein übergewichtiger 65-jähriger Penner aussah. Definitiv ein Perverser, dachte ich.
»Na los«, sagte er. »Leg deine Hand auf meine Schulter.«
Ich hatte ein mulmiges Gefühl. Ich wollte gehen, aber meine Beine waren wie Gummi. Ich stand einfach da, sah diesen Kerl an und war mir sicher, dass er mich entführen oder mir wehtun wollte. Ich fühlte mich hilflos.
Er packte meine Hand und legte sie auf seine Schulter. Ich hatte ein seltsames Gefühl, und plötzlich war es mir peinlich, hier, in diesem Buchladen wie gelähmt mit der einen Hand auf der Schulter dieses Spinners dazustehen, während die vermeintlich normalen Menschen um uns herum wie in Trance ihre Einkäufe erledigten und uns nicht einmal bemerkten. Die ganze Situation fühlte sich unwirklich an, wie ein Traum.
»Und jetzt«, sagte der massige Alte etwas leiser, »schieb.«
Endlich machte ich den Mund auf. »Wie meinen Sie das?«
»Versuch, mich wegzuschieben.«
Ich war so verängstigt, dass ich mich nicht rühren konnte. Ich hatte nicht vor, einen wildfremden Menschen zu schubsen, den ich noch nicht einmal anrühren wollte.
Er packte meinen Arm und zog, als wollte er mir zeigen, was ich tun sollte. Na gut, entschied ich. Was konnte bei so einem kleinen Schubs schon groß passieren? Wenn der Kerl Sperenzchen machte, konnte ich um Hilfe rufen. Das Einkaufszentrum war voller Leute, die mir zur Seite stehen würden. Zumindest hoffte ich das.
Ich schob.
»Fester«, sagte er.
Also schob ich fester. Er rührte sich nicht.
»Schieb so fest du kannst«, sagte er.
Ich schob. Ich strengte mich wirklich an. Ich schob so fest ich konnte. Er rührte sich keinen Zentimeter. Er rührte sich nicht einmal den Bruchteil eines Zentimeters.
»Ich stelle mich jetzt auf ein Bein. Schieb so fest du kannst.«
Er ging in die Knie und hob ein Bein vom Boden. Meine Hand lag immer noch auf seiner Schulter. Ich wollte den Kerl nicht umschubsen und ihm wehtun, selbst wenn er pervers war. Also versetzte ich ihm nur einen kleinen Stoß. Dann drückte ich fester. Schließlich schob ich mit der ganzen Kraft eines Teenagers. Er schwankte nicht einmal.
Er lächelte und sah mir tief in die Augen. Mir wurde klar, dass etwas Seltsames vor sich ging.
Ohne den Blick von mir zu wenden, ergriff er meinen anderen Arm am Handgelenk und legte meine Hand auf seine freie Schulter. Nun lagen meine beiden Hände auf seinen Schultern, und er stand noch immer auf einem Bein. Wieder sagte er, ich solle versuchen, ihn umzustoßen.
Inzwischen hatte ich weniger Angst, war aber immer noch misstrauisch. Und ich wollte verdammt sein, wenn es mir nicht gelingen würde, diesen Typen umzuschubsen. Ich stellte beide Füße fest auf den Boden, suchte mein Gleichgewicht, lehnte mich gegen ihn und schob so fest ich konnte. Ich hatte das Gefühl, gegen eine Marmorwand zu laufen. Schließlich gab ich auf und nahm die Hände von seinen Schultern. Nachdem mein Freund versucht hatte, ihn umzuschubsen, und auch nicht mehr erreicht hatte, stellte sich der alte Mann wieder normal auf beide Beine und sagte sachlich:
»Vor ein paar Jahren hatte ich einen Herzinfarkt und einen Schlaganfall und lag gelähmt im Krankenhaus. Die Ärzte sagten, dass ich nie wieder gehen würde. Aber ich wollte unbedingt wieder gesund werden. Ein Freund brachte mir ein Yogabuch ins Krankenhaus. Es war so ein Buch, wie Ihr es hier vermutlich schon oft gesehen habt. Ich bat die Schwester, mir die Bilder der Yogastellungen zu zeigen. Statt fernzusehen oder mir Gedanken um meine Genesung zu machen, stellte ich mir den ganzen Tag lang vor, wie ich diese Übungen machte. Ich lag gelähmt in diesem Krankenbett, da hatte ich sonst nicht viel zu tun.
Nachdem ich die Übungen wochenlang visualisiert hatte, konnte ich mich endlich einen Zentimeter bewegen. Dann zwei. Ein halbes Jahr später konnte ich mich ohne fremde Hilfe aufsetzen. Nun kann ich auf einem Bein stehen, und ihr schafft es nicht, mich umzuschubsen. Es kommt nur darauf an, dass man weiß, wie man seine innere Energie einsetzt. Das könnt ihr auch.«
Gleich dort im Buchladen brachte er meinem Freund und mir ein paar Grundübungen bei, wie wir unsere innere Energie lenken konnten. Zehn Minuten später konnte ich meinen Arm mit so viel Energie füllen, dass mein Freund ihn nicht beugen konnte. Ebenso wenig wie ich den seinen. Nachdem wir noch ein paar Minuten geübt hatten, beherrschten wir ansatzweise sogar den Trick mit dem Stehen auf einem Bein. Es kam immer nur darauf an, die innere Energie richtig fließen zu lassen. Ich hatte in meinen Büchern davon gelesen, es aber niemals selbst gesehen oder gespürt. Nun hatte dieser merkwürdige Mann, den ich für einen Perversling gehalten hatte, uns beigebracht, unsere innere Energie zu lenken. Ganz im Ernst. Und es klappte.
Er lächelte, als mein Freund und ich übten, was er uns beigebracht hatte, und unsere soeben erworbenen Fähigkeiten auf die Probe stellten. Als ich aufsah, um ihm zu danken, war er verschwunden. Keiner von uns hat ihn je wiedergesehen.
Bald gehörten die Übungen, die uns dieser Mann gezeigt hatte, zu meinem Alltag wie das Zähneputzen. In den Jahren nach dem Erlebnis im Buchladen lernte ich, mit meinem inneren Energiefluss zu spielen. Ich forderte meine Freunde auf, mich umzuschubsen, balancierte stundenlang auf einem Bein, machte verschiedene Atemübungen, wenn ich allein im Zimmer war, und versuchte sogar, Wärme in meinem Körper zu erzeugen wie die Tibeter, von denen ich gelesen hatte.
Schließlich traten in meinem Leben als Heranwachsender andere Dinge in den Vordergrund. Hormone schossen durch meinen Körper, und meine Gedanken kreisten nur noch um Mädchen. Der Tag war von Verwirrung, die Nacht von Fantasievorstellungen beherrscht.
Als pickeliger Teenager fand ich Frauen verwirrend. Ich hatte keine Ahnung, warum sie taten, was sie taten. Manchmal, wenn ich über meinen Hausaufgaben saß, stürzte sich meine Freundin auf mich, bedeckte mich mit Zungenküssen, griff mir in den Schritt, rieb sich an meinem Oberschenkel und stöhnte. In meiner Naivität dachte ich, sie wollte Sex. Doch wenn ich dann alles stehen und liegen ließ und ihre Leidenschaft erwiderte, ließ ihr Enthusiasmus plötzlich nach. Ich pulsierte, stand in Flammen und sie ließ mich einfach stehen. Wütend und frustriert fragte ich mich, weshalb sie überhaupt über mich hergefallen war. Ich hatte keine Ahnung, was los war.
Gelegentlich hatten wir tatsächlich Sex.
Wenn ich auf ihr lag und verhalten in sie stieß, drückte sie oft mit den Händen gegen meine nackte Brust, als wollte sie mich wegschieben. Folglich zog ich mich zurück. »Nein, du Idiot«, teilte sie mir mit ärgerlicher Miene mit, »wenn ich dich wegschiebe, möchte ich dich tiefer in mir spüren.« Also stieß ich kräftiger zu, drang hart und tief in sie ein, was sie genoss. Aber ein paar Sekunden später...