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Heliosphere 2265 - Band 33: Lebenszeichen (Science Fiction)

Andreas Suchanek

 

Verlag Greenlight Press, 2015

ISBN 9783958341616 , 128 Seiten

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

2,49 EUR


 

Prolog


 

Es gab Tage, an denen verfluchte er seinen Job. Zugegeben, in letzter Zeit waren das verdammt viele. Die Geheimdienste zu koordinieren und zu kontrollieren, gehörte grundsätzlich in die Kategorie „müßig“. Ständig versuchten die einzelnen Dienste, ihr eigenes Spiel zu spielen. Einzig auf die Agenten des Exekutivkommandos war Verlass, sie unterstanden ihm persönlich. An Tagen wie diesen wurde ihm das besonders klar.

Die Zugangsluke des Shuttles rastete ein. Er schloss wie vorgeschrieben seinen Gurt und nahm das Pad auf. Es war an der Zeit, der Präsidentin die neuesten Berichte zukommen zu lassen. Er hatte dafür gesorgt, dass Agent Winton und Captain Ishida einen gewissen Vorsprung bekamen. Doch jetzt musste er seiner Pflicht nachkommen.

Leider konnte er nicht mehr prognostizieren, wie die Präsidentin handeln würde. Seit dem Anschlag auf ihr Leben wirkte sie kalt, hart und abweisend. Man hätte ebenso gut Kirkov an ihre Stelle setzen können.

In einem alten Buch aus der Zeit vor der Einheit hatte er einmal gelesen, dass die Schwierigkeit nicht darin bestand, eine Diktatur zu stürzen. Früher oder später verloren Diktatoren die Bodenhaftung, wollten noch mehr Macht, einen Zugewinn an Einfluss. Dann begannen sie, sich Feinde zu schaffen. Gab es davon erst genug, griffen diese Feinde ein. Aber was kam danach?

Echte demokratische Strukturen zu etablieren war schwer. Nur allzu leicht pendelte eine geknechtete Bevölkerung politisch in die entgegengesetzte Ecke, von rechts nach links. Und wieder konnten sich Diktatoren festsetzen. Gelang der Demokratisierungsprozess, musste man trotzdem vorsichtig sein. Es gab stets machtgierige Individuen, die sich in den neuen Strukturen festsetzten, um auf ihre Chance zu warten.

Die Attacke von Alexis Cross auf Jessica Shaw bewies genau das. Shaw hatte dabei ihre Weggefährtin, Priscilla King, verloren. Trauer war also nur zu verständlich. Doch es schien, als verneble diese Trauer aktuell Shaws Sicht auf das Wesentliche. Nicht zuletzt deshalb wirkten die Verhandlungen zur interstellaren Allianz festgefahren, weil sie ständig neue Forderungen stellte und sich nicht auf eine Linie festlegen wollte – oder konnte.

Das Shuttle löste sich von seinem Büro auf der NOVA-Station und steuerte über einen orbitalen Vektor die PRÄSIDIALE RESIDENZ an. Normalerweise war es ein Leichtes, sich zwischen den Habitaten, der NOVA-Station, der Residenz oder den Raumstationen hin und her zu translozieren. Seit den Wanderschlünden und Gravitationstrichtern, ausgelöst von der Dunklen Welle, befanden sich alle im Orbit von Pearl. Kam einer der Schlünde jedoch zu nahe, konnte er den Phasenraum verzerren. Da die Translokation in irgendeiner Form Wurmlöcher durch diesen etablierte, war der Transfer dann untersagt.

Das Shuttle ruckelte.

Sam Drake bereute, dass er keinen Piloten verpflichtet hatte. Der Weg zwischen den Stationen konnte innerhalb von zwölf Minuten im Leitstrahl zurückgelegt werden. Die Steuerung wurde auf halbem Weg von NOVA, auf dem Rest von der RESIDENZ übernommen.

Wieder ruckelte es.

Er umklammerte sein Pad heftiger.

Der Flug stabilisierte sich. Aufatmend konzentrierte er sich auf die Fakten, die er der Präsidentin übermitteln wollte. Jayden Cross lebte. Die Neuronale Restrukturierung durch das Imperium war fehlgeschlagen.

Der Commodore hatte das SOL-CENTER zerstört und ihnen einen Schwung an Daten zur militärischen Aufstellung der Navy des Imperiums geschickt. Die Flotte der Republik hatte das sofort genutzt und alle feindlichen Basen in unmittelbarer Nähe ausgehoben. Schiffe waren aufgebracht worden, Gefangene konnten befreit werden, Horchposten waren nur mehr Trümmer. Alle Spione der Inner Security Police auf dem Gebiet der Republik waren enttarnt worden.

Ich hätte so gerne Sjöbergs Gesicht gesehen, als er davon erfahren hat.

Unnötig zu erwähnen, dass ein Teil der Informationen an die Presse durchgesickert war. Der Commodore hatte schon vorher den Status eines Helden besessen. Nach der Rückkehr aus der Zukunft war ein regelrechter Hype um ihn entstanden. Doch das war nichts im Vergleich zu dem, was jetzt geschah.

Wenn wir ihn dort lebend herausbekommen, wird er begeistert sein.

Cross verabscheute den Hype um seine Person.

Sam schmunzelte.

Es war sein letztes Schmunzeln für eine lange Zeit.

Ruckartig löste sich das Shuttle aus dem Leitstrahl und raste in die Atmosphäre von Pearl.

„Warnung: Dieses Gefährt ist nicht für den Atmosphärenflug geeignet. Bitte ändern Sie umgehend den Vektor“, erklang die Stimme der Steuerkontrolle.

Sam löste seinen Gurt, wollte nach vorne ins Cockpit stürmen, doch das Schott schloss sich direkt vor ihm.

„Warnung: Hitzeschild bei maximaler Toleranz. Strukturelle Integrität gefährdet. Sofortige Notevakuierung wird empfohlen.“

Sam aktivierte seinen Hand-Com, indem er die dünne Folie auf seinem linken Handrücken kurz berührte. Das rote Signalicon machte ihm umgehend klar, dass kein Signal mit einer Gegenstation zustande kam. Er konnte weder um Hilfe rufen, noch einen Translokator aktivieren.

Das Shuttle verwandelte sich in einen glühenden Pfeil, als es weiter durch die Atmosphäre schoss. Dann wurde es zu einem expandierenden Feuerball. Nichts außer Wrackteilen blieb zurück, die wie ein Meteoritenregen auf die schmutzig braune Oberfläche von Pearl niedergingen.

 

*

 

„Sie können die Augen jetzt wieder öffnen“, sagte sie.

Vor ihr auf der Ein-Mann-Translokationsplattform stand ein Mann. Seine Muskeln waren angespannt, als erwarte er, jeden Augenblick auf hartem Formbetonboden aufzuschlagen.

Ein Blinzeln, dann: „Admiralin Jansen?“ Verwirrt schaute er zwischen ihnen hin und her. „Doktor Damato? Admiral Pelsano?“ Sein Blick verharrte direkt neben Isa.

„Hi.“ Ihr Adoptivsohn winkte fröhlich. „Ich bin Joey.“

Vorsichtig machte Drake ein paar Schritte von der Plattform hinunter. „Wo bin ich? Was ist da gerade passiert?“

„Jemand hat versucht, Sie zu töten“, kam Mario Pelsano ihr mit einer Antwort zuvor. „Und es war verdammt knapp. Einen Translokationstunnel durch die Störfelder zu etablieren und sie nicht versehentlich in einen Wanderschlund zu setzen, da hat unser Mister Damato hier großartiges geleistet.“

Isa hatte seit Joeys Entdeckung keine Zeit verloren. Es war sofort klar gewesen, dass sie Damato benötigte. Der Mann war vertrauenswürdig – er hatte ihr schon einmal geholfen, als es darum ging, Santana zu befreien. Die Admiräle im Rat waren zu gefährlich. Es gab nur einen unter ihnen, dem sie wirklich vorbehaltlos vertraute, weil sie ihn bereits so lange kannte. Glücklicherweise hatte Mario nach der Analyse der Daten genickt und jede Unterstützung zugesichert.

Joey hatte sie nicht dabeihaben wollen. Doch er hatte nur die Arme verschränkt und erklärt: „Dann mache ich eben alleine weiter.“

Kurz – etwa eine Sekunde lang – hatte Isa überlegt, ihn in die nächstbeste Besenkammer einzusperren. Andererseits war er ein Ass im Hacken. Vermutlich würden sie bald darauf angewiesen sein.

Drake nahm die Offenbarung mit einem Nicken zur Kenntnis. Es war für Isa offensichtlich, dass er längst einen ähnlichen Gedanken hegte. „Wer?“

Sie wechselte einen kurzen Blick mit Mario. „Die Präsidentin.“

Der Chef des ZSR – des Zentralen Sicherheitsgremiums der Republik – lachte auf. „Das ist nicht Ihr Ernst.“

„Nun“, sagte Isa. „Genau genommen war es die Person, die im Körper von Shaw steckt.“

Drake wollte widersprechen, stoppte sich aber selbst. Sie sah es in seinem Gesicht arbeiten. Er war einer der intelligentesten Menschen, die sie kannte.

„Die Körpertauschmaschine?“, sagte er dann. „Alexis Cross …?“ Kurz blieb es still. Isa nickte ihm bestätigend zu. „Haben Sie Beweise?“

Guter Mann. „Kommen Sie.“

Sie führte ihn zu einem der Terminals. Erst vor wenigen Tagen war der erste Tender fertiggestellt worden, auf dem die Präsidentin nun immer mehr Befreite einpferchte. Panische, paranoide, depressive Menschen, die eng auf eng vegetieren mussten. Die rechte Opposition jubelte. Da zudem immer mehr Bürger der Republik unzufrieden mit der Wohnungsknappheit waren, kippte auch die Stimmung in der Bevölkerung zuungunsten der Befreiten. Damit konnten die Regierungsparteien gar nichts anderes tun, als den Kurs von Shaw – respektive Alexis – schweigend mitzutragen. Und so veränderte sich unwillkürlich die Strömung in der Gesellschaft.

Seitdem die Befreiten von diesem Deck der Station evakuiert worden waren, stand die Lagerhalle, in der sie gewohnt hatten, leer. Mit der Hilfe von Damato und Mario war es ihr gelungen, mobile Terminals und einen Notfallserver hierher zu bringen.

So war eine geheime Einsatzzentrale entstanden, von der...