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Crime Scene Internet - Ein Streifzug durch das Computer- und Internetstrafrecht

Michael Rohrlich

 

Verlag entwickler.press, 2015

ISBN 9783868026818 , 104 Seiten

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR

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2 Rund um die Ermittlungen

Wann und wofür sind deutsche Strafverfolgungsbehörden zuständig? Welche Methoden dürfen sie im Rahmen ihrer Ermittlungstätigkeit anwenden, welche technischen Möglichkeiten stehen ihnen zur Verfügung? Diese und noch weitere Fragen gilt es in diesem Kapitel zu klären. In Bezug auf Cybercrimestraftaten ist es interessant, was Polizei und Staatsanwaltschaft dürfen und was nicht bzw. welche Probleme sich für sie ergeben.

2.1 Zuständigkeit deutscher Behörden

Gerade bei Straftaten aus dem Bereich der IuK-Kriminalität ergeben sich für die Ermittlungsbehörden verschiedene Probleme bei der Suche nach den Tätern. Die zentrale Frage hierbei ist die nach der Zuständigkeit. Unter welchen Voraussetzungen dürfen deutsche Behörden überhaupt ermitteln?

§ 3 des Strafgesetzbuchs (StGB) liefert eine erste Antwort:

„Das deutsche Strafrecht gilt für Taten, die im Inland begangen werden.“

So weit, so gut. Aber das Internet ist ein dezentrales, internationales Medium. Hier bestehen keine Ländergrenzen, sodass Internetseiten prinzipiell auf jedem Computer der Welt angezeigt werden können. Deshalb stellt sich in puncto Cybercrime regelmäßig eine entscheidende Frage, nämlich die nach dem exakten Tatort.

Genau wie bei anderen länderübergreifenden Straftaten sind auch bei der IuK-Kriminalität die Regeln des internationalen Strafrechts zu beachten. Dabei handelt es sich um Vorschriften darüber, welche nationalen Gesetze anwendbar sind.

Die Zuständigkeit des deutschen Strafrechts ist in den §§ 3–7 StGB geregelt. Danach sind deutsche Behörden zuständig für begangene Straftaten

  • in Deutschland (§ 3 StGB),
  • auf deutschen Schiffen bzw. in deutschen Flugzeugen (§ 4 StGB),
  • gegen bestimmte deutsche Rechtsgüter, wie z. B. Hochverrat, Gefährdung der äußeren Sicherheit usw. (§ 5 StGB),
  • gegen bestimmte international geschützte Rechtsgüter, z. B. Kinderpornografie (§ 6 StGB),
  • gegen einen deutschen Staatsbürger im Ausland (§ 7 Abs. 1 StGB) oder
  • von einem deutschen Staatsbürger im Ausland (§ 7 Abs. 2 StGB).

Daher ist die Frage nach dem Inlandsbezug von vordringlicher Bedeutung. Sie wird mithilfe des so genannten Territorialprinzips aus § 9 StGB beantwortet. Diese Norm besagt Folgendes:

„Abs. 1) Eine Tat ist an jedem Ort begangen, an dem der Täter gehandelt hat oder im Falle des Unterlassens hätte handeln müssen oder an dem der zum Tatbestand gehörende Erfolg eingetreten ist oder nach der Vorstellung des Täters eintreten sollte.“

Es geht im Kern also um

  • den Handlungsort, also den Ort, an dem der Täter seine Tat begangen hat (z. B. wo der Täter den Computer bedient) bzw. um
  • den Erfolgsort, an dem die strafrechtlich sanktionierte Handlung ihre Auswirkungen hat.

Für Onlinestraftaten bedeutet das, dass deutsches Strafrecht beispielsweise in folgenden Fällen anwendbar ist:

  • Serverstandort in Deutschland
  • Auswirkung der Tat in Deutschland
  • Täter hat seinen Sitz in Deutschland

Wenn aber etwa ein deutscher Staatsbürger rechtswidrige Onlineinhalte selbstständig von einer ausländischen Internetseite abruft, muss das deutsche Strafrecht noch nicht zwingend anwendbar sein. Findet hingegen eine zielgerichtete Übertragung dieser Inhalte an den deutschen Nutzer statt, etwa per RSS- oder anderen Push-Technologien, dann kann eine Anwendung des deutschen Strafrechts bejaht werden.

Leider wird die Frage nach dem Tatort bzw. nach dem Erfolgsort nach wie vor unterschiedlich beurteilt, sodass eine eindeutige Zuordnung sehr schwierig, manchmal sogar unmöglich ist.

2.2 Täter und Beteiligte

Im Strafgesetzbuch, genauer in den §§ 25–27, finden sich Regelungen über Täterschaft, Anstiftung und Beihilfe. So wird, wenig überraschend, derjenige als Täter bestraft, der die Straftat selbst begeht (§ 25 Abs. 1 StGB). Begehen mehrere die Straftat gemeinschaftlich, dann wird jeder als Täter bestraft (§ 25 Abs. 2 StGB). Als Anstifter wird genauso wie ein Täter bestraft, wer vorsätzlich einen anderen zu dessen rechtswidriger Tat bestimmt, also angestiftet hat (§ 26 StGB). Wegen Beihilfe wird hingegen derjenige bestraft, der vorsätzlich einem anderen zu dessen rechtswidriger Tat Hilfe geleistet hat (§ 27 StGB). Abgesehen von juristischen Feinheiten sind diese Vorschriften soweit wohl selbsterklärend.

Sie sind grundsätzlich auf alle Arten von Delikten anwendbar, sie gelten somit auch für den Bereich der IuK-Kriminalität. Hier erlangen jedoch zusätzlich noch andere Gesetze Bedeutung. Zu nennen sind hier in erster Linie die §§ 7–10 Telemediengesetz (TMG), in denen die Grundsätze der Haftung für die verschiedenen Provider-Arten geregelt werden. Es ist wie folgt zu differenzieren:

  • Content-Provider: Hierzu zählt jeder, der eigenen Inhalte online veröffentlicht, im Grunde also jeder Betreiber einer Internetseite (§ 7 Abs. 1 TMG).
  • Service-Provider: In diese Kategorie fallen diejenigen, die Dritten für deren Inhalte eine Plattform bieten, also u. a. eBay, YouTube, Facebook etc. (§ 10 TMG).
  • Access-Provider: Diese bieten die für den technischen Zugang von Informationen zum Internet notwendigen Voraussetzungen, also z. B. die Deutsche Telekom, Vodafone, NetCologne etc. (§ 8 TMG).

Die Regelungen der §§ 7–10 TMG gelten sowohl für die zivil- als auch für die strafrechtliche Verantwortlichkeit.

Content-Provider sind für ihre eigenen Inhalte nach den allgemeinen Grundsätzen verantwortlich, für sie besteht keinerlei Haftungserleichterung. Hingegen sind die Service-Provider nur dann für fremde rechtswidrige Inhalte auf ihren Plattformen verantwortlich, wenn sie von ihnen Kenntnis hatten bzw. diese nach Kenntniserlangung nicht unverzüglich entfernen oder aber wenn sie die rechtswidrigen Inhalte Dritter geradezu provoziert haben. Access-Provider sind nur ganz ausnahmsweise für etwaige rechtswidrige Inhalte Dritter verantwortlich, wenn sie diese weiterleiten und die Übermittlung selbst veranlasst haben.

2.3 Versuch und Vollendung

Straftaten führen nicht in jedem Fall zum „Erfolg“, bisweilen bleibt es bei einem Versuch. Wenn also z. B. der Dieb seine Beute nicht erreichen kann oder der Betrüger sein potenzielles Opfer nicht zu täuschen vermag, dann ist die jeweilige Tat nicht vollendet, sondern bleibt im Versuchsstadium. Dann stellt sich die Frage, ob der jeweilige Täter sich dennoch strafbar gemacht hat. Die Antwort hierauf findet sich in § 23 StGB:

„Abs. 1) Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, der Versuch eines Vergehens nur dann, wenn das Gesetz es ausdrücklich bestimmt.“

Um diese Regelung genau einordnen zu können, muss man den Unterschied zwischen „Verbrechen“ und „Vergehen“ kennen. Auch hierzu findet sich die Antwort im Gesetz, genauer gesagt in § 12 StGB:

„Abs. 1) Verbrechen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit Freiheitsstrafe von einem Jahr oder darüber bedroht sind.

Abs. 2) Vergehen sind rechtswidrige Taten, die im Mindestmaß mit einer geringeren Freiheitsstrafe oder die mit Geldstrafe bedroht sind.“

Das bedeutet, dass solche Straftaten, deren Strafandrohung eine Freiheitsstrafe von einem Jahr oder mehr enthält, als „Verbrechen“ und alle anderen als „Vergehen“ eingestuft werden. Verbrechen sind also sozusagen Kapitaldelikte, wie Mord, Totschlag, Raub oder Vergewaltigung. Bei Vergehen, das sagt auch schon das allgemeine Sprachverständnis, handelt es sich hingegen eher um kleinere Delikte (z. B. Nötigung oder Beleidigung).

Was heißt das nun für die Problematik der Versuchsstrafbarkeit? Der Versuch eines Verbrechens ist stets strafbar, sodass auch der „nur“ versuchte Mord sanktioniert wird. Die Strafbarkeit eines Vergehens kommt dagegen nur dann in Frage, wenn dies im Gesetz so vorgesehen ist. So besagt beispielsweise § 240 Abs. 3 StGB, dass auch die versuchte Nötigung unter Strafe gestellt ist. Findet sich hingegen bei einem Paragrafen kein solcher Hinweis, dann bleibt folglich auch der Versuch des jeweiligen Delikts straflos (Beispiel: Beleidigung, § 185 StGB).

2.4 Sanktionen

  • Als Sanktionen für begangene Delikte stehen dem Staat in erster Linie
Freiheitsstrafe oder
  • Geldstrafe und in manchen Fällen auch
  • Fahrverbot

zur Verfügung.

Freiheitsstrafe

Sofern nicht ausnahmsweise eine lebenslange Freiheitsstrafe im Gesetz bestimmt ist (wie z. B. bei Mord), kann eine solche über maximal 15 Jahre festgesetzt werden. Die einzelnen Strafnormen enthalten jeweils Regelungen, in welcher Höhe eine Mindeststrafe bzw. eine Höchststrafe ausfallen kann. So bestimmt etwa § 240 StGB (Nötigung) eine Freiheitsstrafe von höchstens zwei Jahren (oder Geldstrafe). Im Falle eines besonders schweren Falles des sexuellen Missbrauchs von Kindern (§ 176 Abs. 3 StGB) droht hingegen mindestens ein Jahr Haft.

Bei Anwendbarkeit des Jugendstrafrechts, also regelmäßig bei Tätern unter 18 Jahren, sind andere Haftzeiten anzusetzen, da es hierbei z. B. keine lebenslange Freiheitsstrafe gibt. Für Jugendliche gilt die Obergrenze von...