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Lieber für immer als lebenslänglich

Kristan Higgins

 

Verlag MIRA Taschenbuch, 2014

ISBN 9783956493768 , 448 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz DRM

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8,99 EUR


 

1. KAPITEL


Dreieinhalb Jahre später

Faith Holland senkte das Fernglas, griff nach ihrem Klemmbrett und setzte ein Häkchen auf ihrer Liste, gleich neben den Punkt Lebt allein. Clint hatte gesagt, dass er allein lebte, und laut Hintergrundsprüfung stand auch nur sein Name im Mietvertrag, aber man konnte schließlich nicht vorsichtig genug sein. Sie trank einen Schluck Red Bull und trommelte im Auto ihrer Mitbewohnerin mit den Fingern aufs Lenkrad.

Vor gar nicht allzu langer Zeit wäre ihr eine solche Szene lächerlich vorgekommen. Doch angesichts ihrer Beziehungsvergangenheit empfahl sich ein bisschen Vorarbeit. Sie ersparte einem Zeit, Peinlichkeit, Ärger und Herzschmerz. Nur mal angenommen, der Mann war schwul, was sie nicht nur mit Jeremy, sondern auch mit Rafael Santos und Fred Beeker erlebt hatte. Zu Rafes Ehrenrettung musste man allerdings einräumen, dass er nicht gewusst hatte, dass Faith an eine Beziehung glaubte; er hatte gedacht, sie würden nur zusammen herumhängen.

Noch im selben Monat hatte Faith, fest entschlossen, nicht aufzugeben, reichlich unbeholfen Fred angebaggert, der ganz in der Nähe von ihrem und Lizas Apartment in derselben Straße wohnte. Er war jedoch entsetzt zurückgezuckt und hatte ihr dann schonend beigebracht, dass er ebenfalls auf Männer stand. (Nebenbei bemerkt, hatte sie ihn später mit Rafael verkuppelt, und seitdem waren die beiden ein Paar, sodass sich immerhin für eine der beteiligten Parteien ein Happy End ergab.)

Schwul zu sein war nicht das einzige Problem. Brandon, den sie auf einer Party kennengelernt hatte, schien zunächst vielversprechend, allerdings nur, bis während ihres zweiten Dates sein Handy klingelte. „Ich muss rangehen, das ist mein Dealer“, sagte er unbekümmert. Als Faith um nähere Erklärung bat – er konnte doch keinen Drogen-Dealer meinen, oder? –, erwiderte er, klar, was denn sonst? Er wirkte verblüfft, als Faith verärgert abdampfte.

Das Fernglas war ein altmodisches Mittel, ja. Doch wenn sie es damals bei Rafe benutzt hätte, wären ihr garantiert seine prachtvollen seidenen Fensterdekos und sein zwei Meter hohes gerahmtes Foto von Barbra Streisand aufgefallen. Und hätte sie Brandon ausgekundschaftet, dann hätte sie womöglich beobachten können, wie er sich zu unappetitlichen Leuten ins Autos setzte, deren Scheinwerfer kurz zuvor aufgeblitzt waren.

Seit ihrem Umzug nach San Francisco hatte sie versucht, sich mit zwei weiteren Männern zu treffen. Der eine hielt nicht viel vom Duschen – auch das hätte sie vielleicht durch eine Vorab-Überprüfung rechtzeitig mitgekriegt. Der andere Typ hatte sie versetzt.

Deshalb die Observierung.

Faith seufzte und rieb sich die Augen. Wenn es auch diesmal nicht klappte, sollte Clint für die nächste Zeit ihr letzter Vorstoß bleiben, denn die Sache schlauchte sie doch gehörig. Lange Nächte, überanstrengte Augen, Magenschmerzen durch zu viel Koffein … Es machte einen fertig.

Aber Clint war es vielleicht wert. Hetero, in Lohn und Brot, kein Vorstrafenregister, keine Alkoholfahrten. Die seltenste Spezies in San Francisco. Und wer weiß, vielleicht ergab sich aus dieser Aktion ja eine hübsche Anekdote für ihre Hochzeit. Sie konnte sich beinahe vorstellen, Clint sagen zu hören: „Woher sollte ich wissen, dass Faith in diesem Moment vor meinem Haus parkte, Red Bull in sich hineinschüttete und das Gesetz brach …“

Sie hatte Clint während eines Jobs kennengelernt – sie hatte den Auftrag erhalten, einen kleinen öffentlichen Park in Presidio zu gestalten, und er besaß einen Landschaftsbau-Betrieb. Sie hatten prima zusammengearbeitet; er war pünktlich, seine Leute erledigten ihre Aufgaben schnell und gründlich. Außerdem hatte Clint sich mit ihrem Golden Retriever angefreundet, und was konnte attraktiver sein als ein Kerl, der in die Knie geht, um sich von einem Hund das Gesicht abschlecken zu lassen? Blue schien ihn zu mögen (allerdings neigte Blue dazu, jeden zu mögen – er gehörte zu diesen überfreundlichen Hunden, die selbst einem Serienmörder das Bein rammeln würden).

Der Park war vor zwei Wochen eingeweiht worden, und gleich nach der Zeremonie hatte Clint sie eingeladen. Faith hatte Ja gesagt, war nach Hause gefahren und hatte sich an die Arbeit gemacht. Das gute alte Google gab keinen Hinweis auf eine Ehefrau (oder einen Ehemann). Seine Facebook-Seite war ausschließlich der Arbeit gewidmet. Zwar wurden ein paar gesellige Aktivitäten erwähnt („War bei Oma in der 19th Street; leckere Kartoffelpuffer!“), doch in den Posts des letzten halben Jahres trat keine Gattin in Erscheinung.

Für Date Nummer eins hatte Faith Vorkehrungen getroffen. Fred und Rafael sollten Clint abchecken, denn auf ihren eigenen Schwulenradar, sofern überhaupt einer vorhanden war, konnte sie sich eindeutig nicht verlassen. Clint und sie trafen sich an einem Dienstagabend auf ein paar Drinks, und die Jungs waren an der Bar aufgetaucht, hatten Clint dem Rempel-Test unterzogen und sich dann an einen Tisch gesetzt. Sauber, hatte Rafael getextet, und Fred bestätigte das Urteil mit Hetero.

Beim Date Nummer zwei (Mittagessen, Freitagnachmittag) zeigte Clint sich charmant und interessiert, als sie ihm von ihrer Familie erzählte, im Gegenzug berichtete Clint von einer Exverlobten; Faith behielt ihre eigene Geschichte für sich.

Beim Date Nummer drei (Abendessen, Mittwoch, gemäß dem philosophischen Grundsatz: „Lass ihn warten, um zu sehen, wie groß sein Interesse wirklich ist“) waren sie in einer süßen kleinen Bar in der Nähe des Piers verabredet, und Clint wurde all ihren Kriterien gerecht: Er rückte ihr den Stuhl zurecht und machte Komplimente, ohne dabei zu sehr ins Detail zu gehen (Hübsches Kleid, fand sie, ließ keine Alarmglocken schrillen, wohl aber: Ist das Badgley Mischka? Oh mein Gott! Ich liebe diese beiden!). Er streichelte ihren Handrücken und spähte immer wieder verstohlen in ihren Ausschnitt. Also war alles gut. Als Clint sie fragte, ob er sie nach Hause fahren dürfe, was natürlich der Code für Sex war, lehnte sie ab.

Er hatte die Augen zusammengekniffen, wie zum Zeichen, dass er die Herausforderung annahm. „Ich rufe dich an. Hast du dieses Wochenende Zeit?“

Noch ein Test bestanden: Steht an Wochenenden zur Verfügung. Faith verspürte ein leises Kribbeln im Bauch; seit sie achtzehn war, hatte sie keine Verabredung Nummer vier mehr erlebt. „Ich glaube, am Freitag habe ich noch nichts vor“, sagte sie leise.

Sie standen auf dem Gehsteig und warteten auf ein Taxi. Um sie herum drängten sich Touristen in die Souvenirläden, um Sweatshirts zu kaufen, nachdem sie sich zu dem Irrglauben hatten verleiten lassen, August in San Francisco bedeute Sommer. Clint beugte sich näher zu ihr und küsste sie, und Faith ließ es zu. Es war ein guter Kuss. Sehr gekonnt. Dieser Kuss hat Potenzial, dachte sie. Dann tauchte das Taxi aus der Düsternis des berühmten Nebels auf, und Clint winkte es heran.

Und nun saß sie hier, im vor seiner Wohnung geparkten Auto, in Vorbereitung des vierten Treffens – welches wahrscheinlich das Treffen sein würde, bei dem sie endlich mit jemand anderem als Jeremy schlief –, und hielt das Fernglas auf seine Fenster gerichtet. Sah ganz so aus, als würde er das Footballspiel gucken.

Es war an der Zeit, ihre Schwester anzurufen.

„Er besteht“, sagte Faith anstelle einer Begrüßung.

„Du hast ein Problem, Schätzchen“, erwiderte Pru. „Öffne endlich dein Herz und so weiter. Jeremy liegt eine Ewigkeit zurück.“

„Das hier hat nichts mit Jeremy zu tun“, beteuerte Faith und ignorierte das Schnauben, das als Antwort ertönte. „Allerdings macht mir sein Name ein bisschen zu schaffen. Clint Bundt. So abgehackt. Clint Eastwood, klar, das geht. Aber dieser Name für jemand anderen, ich weiß nicht. Clint und Faith. Faith und Clint. Faith Bundt.“ Es klang sehr viel weniger angenehm als zum Besipiel Faith und Jeremy oder Jeremy und Faith. Nicht, dass sie wegen der Vergangenheit einen Knacks hatte …

„Ich finde, das klingt okay“, versicherte Pru.

„Ja, du heißt ja auch Prudence Vanderbeek.“

„Und?“, fragte Pru in freundlichem Ton.

„Clint und Faith Bundt. Das ist … einfach daneben.“

„Okay, dann mach Schluss mit ihm. Oder zerr ihn vors Gericht und zwing ihn, seinen Namen zu ändern. Du, ich muss jetzt Schluss machen. Fürs Landvolk ist Bettzeit.“

„Okay. Gib den Kindern ein Küsschen von mir. Bestell Abby, ich schicke ihr diesen Link wegen der Schuhe, nach denen sie gefragt hat.“

„Mach’s gut, Kleine“, rief Pru. „Hey, kommst du zur Ernte nach Hause?“

„Ich glaube schon. Ich habe in der nächsten Zeit keine Ortstermine.“ Den größten Teil ihrer Arbeit als Landschaftsgestalterin erledigte Faith am Computer. Ihre Anwesenheit war nur in der Schlussphase eines Auftrags erforderlich. Außerdem war die Weinernte auf Blue Heron durchaus einen Besuch zu Hause wert.

„Prima!“, sagte Pru. „Hör mal, lass es langsam angehen mit dem Kerl, hab Spaß, lass uns bald wieder reden, hab dich lieb.“

„Hab dich auch lieb.“

Faith trank noch einen Schluck Red Bull. Pru hatte wohl nicht ganz Unrecht. Immerhin war ihre älteste Schwester seit dreiundzwanzig Jahren verheiratet. Und wer sonst hätte ihr Ratschläge in Liebesdingen geben können? Ihre andere Schwester, Honor, fand, dass man ihr die Zeit stahl, wenn man nicht gerade aus dem Krankenhaus anrief. Jack war als Bruder für solche Fragen ungeeignet. Und Dad …...