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Für einen Kuss von Frisco - Romantic Suspense

Suzanne Brockmann

 

Verlag MIRA Taschenbuch, 2010

ISBN 9783862782765 , 304 Seiten

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz DRM

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7,99 EUR


 

1. KAPITEL


Friscos Knie brannte wie Feuer.

Obwohl er sich auf seinen Krückstock stützte, bereitete ihm jeder Schritt Höllenqualen.

Dabei war gar nicht der Schmerz das eigentliche Problem. Denn er gehörte zu Lieutenant Alan Franciscos Alltag dazu, seit ihm vor mehr als fünf Jahren bei einem verdeckten Einsatz fast das ganze Bein zerfetzt worden war. Mit dem Schmerz konnte er leben.

Aber nicht mit diesem verdammten Krückstock.

Der Umstand, dass sein Knie weder sein Gewicht trug – tragen konnte – noch sich vollständig durchstrecken ließ, trieb ihn fast zum Wahnsinn.

Es war ein warmer kalifornischer Sommertag. Lieutenant Alan Francisco entschied sich für Shorts, obwohl ihm klar war, dass so jeder die hässlichen Narben auf seinem Knie sehen würde.

Seine letzte Operation lag erst wenige Monate zurück. Die Ärzte hatten das zertrümmerte Gelenk zum wer weiß wievielten Mal aufgeschnitten und versucht, die Einzelteile wie ein Puzzle neu zu sortieren. Hinterher war er hierher geschickt worden, in dieses renommierte Rehabilitationszentrum der Navy. Hier tat man alles, um die Beinmuskulatur aufzubauen und die Beweglichkeit in seinem verletzten Knie wiederherzustellen – leider ohne nennenswerten Erfolg. Die Operation hatte nichts gebracht. Auch sein jetziger Arzt konnte ihm nicht helfen.

Es klopfte an der Tür, und sie öffnete sich einen Spalt.

„Yo, Frisco! Bist du da?“

Auf der Schwelle stand Lieutenant Joe Catalanotto, Commander der Alpha Squad. Frisco schien dieser Eliteeinheit des SEAL Team Ten vor Ewigkeiten angehört zu haben. Seitdem war sein Leben bestimmt von Schmerz, Enttäuschung und geplatzten Hoffnungen.

„Wo sollte ich wohl sonst sein?“, brummte er.

Er sah, wie Joe auf seine verbitterte Antwort reagierte. Der große Mann spannte den Kiefer an, als er das Zimmer betrat und die Tür hinter sich schloss. Es war seinen dunklen Augen anzusehen, dass er auf der Hut war. Früher war Frisco der Optimist seiner Einheit gewesen. Wohin die Alpha Squad auch geschickt wurde, Frisco hatte sich fröhlich und aufgeschlossen unters Volk gemischt und Freundschaften geschlossen. Immer hatte er ein Lächeln auf den Lippen gehabt. Er war es immer gewesen, der vor einem Fallschirmsprung aus großer Höhe Witze gerissen hatte, damit sich die Anspannung löste. Und hatte damit alle zum Lachen gebracht.

Aber jetzt lachte er nicht. Er hatte aufgehört zu lachen, als die Ärzte vor fünf Jahren an sein Krankenbett getreten und ihm eröffnet hatten, sein Bein würde nie wieder in Ordnung kommen. Er würde nie wieder gehen können.

Zunächst hatte er auf dieses Urteil mit demselben unbekümmerten Optimismus reagiert wie immer. Er und nie wieder gehen? Wetten, dass doch? Er würde viel mehr als nur wieder gehen können! Er würde in den aktiven Dienst als SEAL zurückkehren. Er würde wieder rennen, aus dem Flugzeug springen und tauchen – gar keine Frage.

Es hatte Jahre gedauert. Er hatte sich ganz und gar auf seine Wiederherstellung konzentriert, etliche Operationen über sich ergehen lassen und jede nur denkbare Form der Physiotherapie mitgemacht. Eine endlose Odyssee hatte ihn von Krankenhäusern zu Rehabilitationszentren geführt und wieder zurück. Er hatte ausdauernd und hart gekämpft. Mit Erfolg: Er konnte wieder gehen.

Aber er konnte nicht laufen, auch nicht rennen. Er schaffte kaum mehr, als zu humpeln – auf seinen Krückstock gestützt. Und seine Ärzte rieten ihm dringend, es selbst damit nicht zu übertreiben. Sie warnten ihn davor, dass sein Knie sein Gewicht nicht tragen könne. Wiesen ihn darauf hin, dass der Schmerz, den er so stoisch ignorierte, ein Alarmsignal seines Körpers war. Wenn er nicht aufpasste, sagten sie, könnte er sein Bein möglicherweise bald endgültig nicht mehr gebrauchen.

Doch das Erreichte war einfach nicht genug für ihn.

Denn bevor er nicht wieder rennen konnte, konnte er auch nicht wieder als SEAL arbeiten.

Fünf Jahre lang hatte er immer wieder Enttäuschungen und Rückschläge erlebt. Fünf Jahre, die seiner Unbekümmertheit und seinem Optimismus gewaltig zugesetzt hatten. Fünf Jahre, in denen er sich nichts sehnlicher gewünscht hatte, als wieder das aufregende Leben als Navy SEAL aufnehmen zu können. Fünf Jahre, die er ohne echte Hoffnung im einstweiligen Ruhestand verbracht hatte. Er hatte mit angesehen, wie die Alpha Squad ihn ersetzte – einfach ersetzte] Fünf Jahre, in denen er sich mühsam voranquälte, obwohl er doch rennen wollte. Diese fünf Jahre hatten ihn zermürbt. Er war zutiefst deprimiert. Und verbittert. Voller Zorn auf sich und alle Welt.

Joe machte sich nicht die Mühe, Friscos Frage zu beantworten. Er musterte den durchtrainierten Körper seines Kameraden, wobei sein Blick kurz auf dem vernarbten Bein hängen blieb. „Du siehst gut aus“, sagte er. „Wie ich sehe, hältst du dich in Form. Das ist gut, wirklich gut.“

„Ist das ein Freundschaftsbesuch?“, fragte Frisco schroff.

„Unter anderem.“ Joe lächelte unbeeindruckt von Friscos abweisender Reaktion. „Ich habe tolle Neuigkeiten!“

Tolle Neuigkeiten. Verdammt, wann hatte Frisco zum letzten Mal eine tolle Neuigkeit gehört?

Einer seiner Zimmernachbarn, der ausgestreckt auf seinem Bett in einem Buch las, blickte interessiert auf; Frisco teilte das Zimmer mit drei anderen Veteranen. Joe schien das nicht zu stören. Im Gegenteil. Sein Lächeln wurde noch breiter. „Ronnie ist schwanger“, verkündete er stolz. „Wir bekommen ein Baby.“

„Ich werd verrückt.“ Unwillkürlich musste auch Frisco lächeln. Es fühlte sich merkwürdig an, geradeso, als wüssten seine Gesichtsmuskeln gar nicht mehr, wie das ging. Vor fünf Jahren noch hätte er Joe bei dieser freudigen Mitteilung in die Seite geboxt, einige derbe Sprüche über Männlichkeit und Zeugung vom Stapel gelassen und sich vor Lachen kaum wieder einkriegen können. Jetzt brachte er so gerade eben noch ein Lächeln zustande. Er streckte die Hand aus, um Joe zu gratulieren. „Hätte ich dir gar nicht zugetraut, Junge. Du und eine Familie gründen – wer hätte das gedacht? Hast du Angst?“

Joe grinste. „Geht so. Aber Ronnie ist schon ganz nervös. Sie verschlingt alles, was sie über Schwangerschaft und Babys in die Finger bekommt.“

„Ein Baby! Ich fass es nicht.“ Frisco schüttelte den Kopf. „Wie willst du es nennen? Joe Cat Junior?“

„Um ehrlich zu sein: Ich wünsche mir ein Mädchen“, gab Joe zu, und sein Lächeln wurde weich. „Mit roten Haaren, wie ihre Mutter.“

„Richte Ronnie meine Glückwünsche aus! Ich freu mich für euch“, sagte Frisco. „Also, was gibt’s sonst noch?“

Joe sah ihn verdutzt an.

„Du sagtest, es sei ‚unter anderem‘ ein Freundschaftsbesuch. Also führt dich noch etwas anderes hierher. Was?“

„Oh. Ja. Steve Horowitz hat mich gebeten, bei einem Gespräch mit dir dabei zu sein.“

Augenblicklich war Frisco auf der Hut. Steve Horowitz war sein Arzt. Warum wollte er Joe bei einem Gespräch mit seinem Patienten dabei haben? „Wieso?“

Joes Lächeln verschwand. „Steve erwartet uns in der Offizierslounge“, sagte er, ohne auf die Frage einzugehen.

Ein Gespräch in der Offizierslounge. Dann war es also noch ernster, als Frisco ohnehin schon befürchtete. „Okay, gehen wir“, gab er zurück. Er wusste, es hatte keinen Zweck, weiter in Joe zu dringen. Sein ehemaliger Commander würde keine Details preisgeben.

„Was macht das Knie?“, fragte Joe auf dem Weg durch den Flur. Er ging absichtlich langsam, damit Frisco mithalten konnte.

Erneut machte sich Frust in Frisco breit. Er hasste den Umstand, sich nicht schnell voranbewegen zu können. Verdammt, früher hatte er beim Training alle Geschwindigkeitsrekorde gebrochen!

„Heute etwas besser“, log er, obwohl ihn jeder Schritt fürchterlich schmerzte. Und obwohl ihm ohnehin klar war, dass Joe ihn durchschaute.

Er stieß die Tür zur Offizierslounge auf. Der Raum wirkte recht einladend: Schwere Polstermöbel gruppierten sich vor dem riesigen Panoramafenster mit Blick auf den Park. Der Teppich war blau, etwas heller als der Himmel, und die grünen Bezüge der Polstermöbel passten sehr gut zu dem üppig wuchernden Pflanzenwuchs vor dem Fenster. Die Farben verblüfften Frisco. Er hatte sich bisher fast nur nachts in diesem Raum aufgehalten, wenn er nicht schlafen konnte. Und da er nie die Deckenbeleuchtung eingeschaltet hatte, war ihm alles, Wände wie Möbel, grau erschienen.

Steve Horowitz betrat die Offizierslounge nur wenige Augenblicke nach ihnen. „Schön, dass Sie kommen konnten“, begrüßte er Joe. „Ich weiß, wie voll Ihr Terminkalender ist, Lieutenant.“

„Nicht zu voll hierfür, Captain“, entgegnete Joe knapp.

„Was genau ist ‚hierfür‘?“, fragte Frisco. Er fühlte sich in höchstem Maße unwohl. Fast so wie bei seiner letzten Erkundung auf Feindesgebiet.

Der Arzt wies zum Sofa. „Wollen wir uns nicht setzen?“

„Danke, ich stehe lieber“, erwiderte Frisco.

Joe machte es sich auf dem Sofa bequem und streckte seine langen Beine von sich. Der Arzt dagegen ließ sich auf der Kante eines Sessels nieder und gab so schon durch seine Körpersprache zu erkennen, dass er nicht die Absicht hatte, lange um den heißen Brei herumzureden.

„Was ich Ihnen sagen muss, wird Ihnen nicht gefallen, Mr. Francisco“, begann er unverblümt. „Ich habe gestern Ihre Entlassung aus dieser Klinik angeordnet.“

„Sie haben was getan?“ Frisco traute seinen...