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Gefährliche Enthüllung - Romantic Suspense

Suzanne Brockmann

 

Verlag MIRA Taschenbuch, 2012

ISBN 9783862784325 , 304 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz DRM

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7,99 EUR


 

1. KAPITEL


S ie wollen was tun?“

„Eine Leibesvisitation durchführen“, antwortete der FBI-Agent und schritt zur Tür. „Folgen Sie mir bitte.“

Dr. Anne Morrow verschränkte die Arme vor der Brust und blieb stocksteif stehen, exakt dort, wo sie war. Sie würde nirgendwohin gehen, das stand für sie fest. „Sie haben mein Gepäck so gründlich gefilzt, dass Ihnen nicht mal irgendwelche Flöhe entgangen sein sollten. Sie haben meine Handtasche mehrfach durchleuchtet. Und jetzt soll ich noch eine Leibesvisitation über mich ergehen lassen? Wissen Sie, was das in meinen Augen ist? Schikane! Das ist pure Schikane, nichts anderes! Sie halten mich jetzt seit beinah fünf Stunden hier fest, ohne mir Gelegenheit zu geben, mit einem Anwalt zu sprechen. Sie treten meine Rechte mit Füßen, und ich habe jetzt endgültig die Nase voll!“

Auf der anderen Seite der Spiegelwand des Verhörraums stand CIA-Agent Kendall „Pete“ Peterson und beobachtete Dr. Anne Morrows Reaktionen schweigend. Die renommierte Archäologin und Kunsthistorikerin verdiente ihren Lebensunterhalt damit, Kunstgegenstände und Antiquitäten auf Echtheit zu überprüfen und Gutachten zu erstellen. Laut ihrer Akte war Dr. Morrow – Spitzname Annie – zweiunddreißig Jahre alt und zählte zu den renommiertesten Experten in Sachen antike Metall-Artefakte sowie Münzen, Statuen, Schmiedekunst und Schmuck. Als Archäologentochter war sie in Ägypten zur Welt gekommen, während ihre Eltern dort an einer Ausgrabung teilgenommen hatten. Sie hatte in dreizehn verschiedenen Ländern gelebt und sich an neunzehn unterschiedlichen Ausgrabungen beteiligt, noch bevor sie das College besucht hatte.

Was aus der Akte nicht hervorging, war Dr. Morrows scheinbar unbegrenzter Energieüberschuss. In den fünf Stunden, die er sie inzwischen beobachtete, hatte sie nur wenige Augenblicke still gesessen. Meistens ging sie auf und ab. Wenn sie mal für eine Weile stehen blieb, verlagerte sie permanent das Gewicht von einem Fuß auf den anderen oder trommelte ungeduldig mit den Fingern. Im Großen und Ganzen bewegte sie sich in dem kleinen Verhörraum wie ein Raubtier im Käfig.

In der Akte hatte auch nichts davon gestanden, wie störrisch sie wirken konnte und wie ihre blauen Augen blitzten, wenn sie zornig war. Das Foto zeigte eine ganz durchschnittlich wirkende Frau, an der höchstens das lange braune Haar und die beinah zu sinnlich wirkenden Lippen auffielen.

Aber in natura, in Bewegung, war sie wunderschön …

„Das ist also unsere kleine Dr. Morrow“, sagte jemand hinter ihm.

Peterson wandte sich um und sah Whitley Scott, den Mann, der die FBI-Untersuchung leitete.

Scott lächelte ihn an. Lachfältchen bildeten sich hinter den dicken Brillengläsern. „Entschuldigen Sie, dass ich jetzt erst aufkreuze, Pete“, fuhr er fort. „Mein Flieger hatte Verspätung.“

Peterson erwiderte sein Lächeln nicht. „Wir halten die Lady schon seit Stunden fest“, erklärte er, „und sie ist inzwischen stinksauer.“

Über die Lautsprecher hörten sie, wie Dr. Morrow weiter mit Agent Collins diskutierte.

„Ich habe es Ihnen neun Millionen Mal gesagt, oder sind es inzwischen sogar schon zehn Millionen Mal? Ich war in England, um dort für einen Kunden einen Kunstgegenstand abzuholen – eine goldene Totenmaske aus dem neunzehnten Jahrhundert. Ich war nicht lange genug außerhalb der Vereinigten Staaten, um die Verbrechen zu begehen, die Sie mir offenbar anhängen wollen. Die Transportunterlagen für die Totenmaske sind alle in Ordnung – das haben Sie selbst gesagt. Mich interessiert jetzt nur noch eins: Wann lassen Sie mich endlich gehen?“

„Nach der Leibesvisitation“, erwiderte Richard Collins ruhig.

Er ist genau der Richtige für diesen Job, dachte Peterson. Collins behielt bei jeder Diskussion die Oberhand. Er war stur, immer gelassen und extrem geduldig. Außerdem ließ er sich nie aus der Fassung bringen.

„Sie ist ganz und gar Ihr Typ, Pete“, sagte Whitley und warf dem hochgewachsenen Agenten einen Seitenblick zu. „Irgendetwas sagt mir, dass Sie diesen Job genießen werden.“

Peterson verzog keine Miene, ließ aber seinen Blick ganz kurz zu Scott hinüberschweifen. „Sie ist viel zu dünn“, entgegnete er.

Im Verhörraum hatte Annie Morrow endgültig genug. Sie schlug mit der flachen Hand auf den Tisch und sprang vom Stuhl hoch, auf den sie sich gerade erst hatte fallen lassen. „Sie wollen also eine Leibesvisitation, ja? Fein, dann legen Sie mal los. Und dann lassen Sie mich endlich gehen!“

Mit diesen Worten zog sie ihre weite Leinenjacke aus und warf sie auf den Stuhl, während sie sich schon die Schuhe abstreifte. Mit einem Schwung zog sie sich die lose sitzende rote Bluse über den Kopf und knöpfte sich die Hose auf.

„Ähm“, stotterte Collins verunsichert. „Nicht hier …“

„Warum nicht?“, fragte Annie scheinbar ganz unschuldig. Sie stand mitten im Raum, nur noch in Unterwäsche, und ihre Augen funkelten vor Zorn. „Oh, ich bitte Sie! Entspannen Sie sich. Ich besitze Badeanzüge, die viel mehr enthüllen als diese Unterwäsche.“

Ganz langsam stahl sich ein Grinsen auf Petersons Gesicht. Junge, Junge, die kleine Annie hatte es tatsächlich geschafft, Collins aus der Fassung zu bringen! Natürlich war Dr. Morrow bewusst, dass er sie in einen anderen Raum hatte führen wollen, damit sie dort von einer FBI-Agentin durchsucht werden konnte. Trotzdem hatte sie sich vor ihm ausgezogen, nur um ihn zu verunsichern. Ein unerwartetes Gefühl durchströmte Peterson, und er registrierte überrascht, dass er Annie Morrow sympathisch fand. Ihr Kampfgeist, ihre Energie, ihre Courage – das alles gefiel ihm. Er runzelte die Stirn. Sie war eine Verdächtige und stand im Mittelpunkt seiner Ermittlungen. Da durfte er keinen Gefallen an ihr finden. Respekt, ja sogar Bewunderung, aber keine Sympathie. Wenn er sie jedoch so anschaute, entdeckte er erschreckend viel an ihr, was ihm ausgesprochen sympathisch war.

Annie drehte sich um, deutete auf die verspiegelte Wand und stemmte die Hände in die Hüften. „Meinen Sie nicht, dass die anderen Jungs auch gern ein bisschen Spaß hätten?“

Sie wusste also, dass sie beobachtet wurde. Sie war wirklich etwas Besonderes und hochintelligent. In ihrer Akte stand, dass sie durchgängig sehr gute Schulnoten eingeheimst und ihren Doktortitel in Windeseile erlangt hatte. Peterson mochte kluge Frauen, besonders wenn sie auch noch so viel fürs Auge boten wie diese.

Annies BH und das Höschen waren aus schwarzer Spitze und standen in reizvollem Kontrast zu ihrer hellen, samtig glatten Haut. Volle Brüste, eine schmale Taille, wohlproportionierte Hüften und lange schlanke Beine vervollständigten das ansehnliche Bild, das sie bot. „Ich nehme alles zurück und behaupte das Gegenteil“, meinte Peterson zu Whitley Scott, „sie ist nicht zu dünn.“

Sie schien ihn direkt anzuschauen. Er konnte ihre Halsschlagader pulsieren sehen. Ihre Brüste hoben und senkten sich bei jedem ihrer wütenden Atemzüge.

„Haben Sie die Absicht, mich jedes Mal so zu schikanieren, wenn ich ein- oder ausreise?“, fragte sie.

Peterson warf Whitley einen fragenden Blick zu. Der ältere Mann zuckte die Achseln. „Sie schaut Sie an“, sagte er.

„Sie wissen, dass sie mich nicht sehen kann“, entgegnete Peterson, sprach dann aber in das Mikrofon, damit Annie Morrow ihn im Nebenraum hörte: „Wir haben die Ermittlungen zu dem Zwischenfall in Athen noch nicht abgeschlossen.“

Annie warf frustriert die Arme hoch und begann wieder auf und ab zu laufen. „Na also, geht doch! Endlich mal so etwas wie eine klare Ansage. Sie wollen mich also wirklich nur schikanieren. Es geht Ihnen überhaupt nicht um diese Totenmaske. Sie glauben immer noch, ich hätte etwas mit diesen Verrückten zu tun, die im Athener Museum eine Bombe gelegt und es ausgeraubt haben.“

Peterson versuchte sich auf ihre Worte zu konzentrieren und sich nicht von Annies Anblick ablenken zu lassen. Leicht fiel ihm das nicht. Sie bewegte sich wie eine Katze, das Muskelspiel ihrer Beine …

„Wie oft muss ich Ihnen noch sagen, dass ich keine Diebin bin?“, fuhr sie fort. „Verdammt noch mal, allmählich wünschte ich mir, ich wäre eine. Dann gäbe es wenigstens einen schnellen Ausweg für mich. Aber ich denke gar nicht daran, Verbrechen zu gestehen, die ich nicht begangen habe.“

Sie blieb abrupt vor der verspiegelten Glasscheibe stehen und starrte ihn wieder direkt an. Es war ein wenig unheimlich, gerade so als könnte sie ihn wirklich sehen.

„Zwei Stunden nachdem Sie die English Gallery in London verlassen haben, ist es dort zu einer Bombenexplosion und einem Raubüberfall gekommen“, erklärte Peterson. Die billigen Lautsprecher ließen seine Stimme blechern klingen. „Diesmal gab es Tote.“

Peterson beobachtete Annies Mienenspiel sehr genau. Die widerstreitenden Gefühle, die sie durchtosten, spiegelten sich in ihrem Gesicht. Schließlich siegte der Zorn.

„Also glauben Sie natürlich, ich hätte etwas damit zu tun. Großartig, wirklich großartig! Unschuldige Menschen sterben, und Leute wie Sie haben nichts Besseres zu tun, als mich zu schikanieren, wenn ich ein Flugzeug besteige oder verlasse. Sie sollten in London sein und die Bombenleger jagen, statt hier mit einer Frau Verstecken zu spielen, der schon ganz anders wird, wenn sie sich nur in den Finger schneidet.“

„Kommt es Ihnen nicht auch ein wenig seltsam vor, dass Sie zweimal innerhalb von fünf Monaten eine europäische Kunstgalerie besuchen, in der...