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The Design of Everyday Things - Psychologie und Design der alltäglichen Dinge

Don Norman

 

Verlag Verlag Franz Vahlen, 2016

ISBN 9783800648108 , 330 Seiten

2. Auflage

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

23,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet freigegeben

Derzeit können über den Shop maximal 500 Exemplare bestellt werden. Benötigen Sie mehr Exemplare, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.


 

1Kapitel 1
Die Psychopathologie von Alltagsgegenständen


Angenommen, ich sitze im Cockpit eines technisch hochmodernen Flugzeugs: Dann würde mich meine Leistungsunfähigkeit weder überraschen noch sonderlich stören.

Doch wieso sollte ich Probleme mit Türen und Lichtschaltern, Wasserhähnen und Öfen haben? „Türen?“, werden Sie fragen. „Sie haben Probleme damit, Türen zu öffnen?“ Und ich antworte, Ja! Ich drücke gegen Türen, an denen man ziehen muss. Ich ziehe an Türen, an denen gedrückt werden soll und laufe gegen Türen, die weder gedrückt noch gezogen werden, sondern sich automatisch öffnen. Dabei habe ich schon häufig andere Menschen gesehen, die dieselben Probleme haben – unnötige Probleme. Meine Probleme mit Türen sind so bekannt geworden, dass verwirrende Türen häufig Norman Doors genannt werden. Berühmtsein durch Türen, die nicht richtig funktionieren: Ich bin mir ziemlich sicher, dass es nicht das ist, was meine Eltern für mich geplant hatten. (Geben Sie „Norman Doors“ in Ihre Lieblingssuchmaschine ein – vergewissern Sie sich, dass Sie die Anführungszeichen hinzufügen: Sie werden faszinierenden Lesestoff finden.)

Wie kann etwas so Einfaches wie Türen so verwirrend sein? Eine Tür mag den Anschein haben, eine der einfachsten Erfindungen zu sein. Stellen Sie sich vor, Sie befinden sich in einem Bürogebäude und laufen den Gang entlang. Sie kommen zu einer Tür. Wie lässt sie sich öffnen? Sollten Sie ziehen oder drücken – an der linken oder der rechten Seite? Vielleicht lässt sie sich aufschieben? Wenn ja, in welche Richtung? Ich habe bereits Türen gesehen, die sich nach links aufschieben ließen, nach rechts und sogar nach oben in die Decke.

Das Design der Tür sollte erkennen lassen, wie diese funktioniert, ohne separat darauf hinzuweisen und ohne, dass irgendwelche Versuche nötig sind oder Fehler gemacht werden müssen.

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ABBILDUNG 1.1 Kaffeekanne für Masochisten. Der französische Künstler Jacques Carelman liefert in seiner Buchreihe Catalogue d’Objects Introuvables (Katalog unauffindbarer Objekte) herrliche Beispiele für Alltagsgegenstände, die absichtlich unbenutzbar, frevelhaft oder auf andere Weise schlecht gestaltet sind. Einer meiner Lieblingsgegenstände ist die „Kaffeekanne für Masochisten“. Das Foto zeigt ein Exemplar, das mir von Kollegen an der University of California, San Diego, gegeben wurde. Es ist einer meiner geschätzten Kunstgegenstände. (Fotografiert von Aymin Shamma für den Autor)

Ein Bekannter erzählte mir einmal davon, wie er im Eingangsbereich eines Postgebäudes in einer Stadt in Europa gefangen war. Der Eingang bestand aus einer imponierenden Reihe von sechs gläsernen Schwingtüren. Darauf folgte eine zweite, identische Reihe. Dies gehört zu den Standarddesigns: Es wirkt als Windfang, der dazu beiträgt, die Temperatur im Inneren des Gebäudes zu halten. An den Türen waren keinerlei sichtbare Objekte angebracht: Offensichtlich kann man die Türen in beide Richtungen aufschwingen: Alles, was man tun musste, war an einer der Seiten der Tür zu drücken und hineinzugehen.

Mein Bekannter drückte an eine der äußeren Türen. Diese ließ sich nach innen aufschwingen und er betrat das Gebäude. Dann, bevor er bei der zweiten Reihe ankam, wurde er abgelenkt und drehte sich kurz um. Zu diesem Zeitpunkt merkte er noch nicht, dass er sich etwas nach rechts bewegte hatte. Als er dann vor der nächsten Tür stand, drückte er und nichts passierte. „Hm“, dachte er, „muss abgeschlossen sein.“ Also drückte er an der danebenliegenden Tür. Nichts passierte. Leicht verwirrt beschloss mein Bekannter, das Gebäude wieder zu verlassen. Er drehte sich herum und drückte gegen die Tür. Nichts passierte. Er drückte an die Tür daneben. Nichts passierte. Die Tür, durch die er das Gebäude betreten hatte, funktionierte nicht mehr. Er drehte sich noch einmal um und versuchte es noch einmal bei der inneren Tür. Nichts passierte. Erst Sorge, dann leichte Panik. Er war gefangen! In diesem Augenblick kam eine Gruppe von Menschen auf der anderen Seite des Eingangs (von meinem Freund aus rechts gesehen) und betrat das Gebäude mit Leichtigkeit durch beide Türreihen. Mein Freund eilte zu ihnen, um mit ihnen ins Innere zu gelangen.

Wie kann so etwas passieren? Eine Schwingtür hat zwei Seiten. Eine Seite besteht aus dem stützenden Pfeiler und den Scharnieren, die andere Seite ist trägerlos. Um die Türe zu öffnen, muss man an der trägerlosen Seite drücken oder ziehen. Wenn man an der Seite mit den Scharnieren drückt, passiert 3nichts. Mein Bekannter war in einem Gebäude, wo der Designer auf Schönheit, statt auf Nutzbarkeit setzte. Keine störenden Linien, keine sichtbaren Pfeiler, keine sichtbaren Scharniere. Wie also soll ein herkömmlicher Nutzer wissen, an welcher Seite man drücken muss? Als mein Bekannter abgelenkt war, bewegte er sich in Richtung der (unsichtbaren) Stützpfeiler und drückte deswegen an der scharnierten Seite der Tür. Kein Wunder, dass nichts passierte. Schöne Türen. Stilvoll. Haben wahrscheinlich einen Designpreis gewonnen.

Zwei der wichtigsten Charakteristiken von gutem Design sind Erkennbarkeit (discoverability) und Verständlichkeit (understanding).

Erkennbarkeit: Ist es überhaupt möglich herauszufinden, welche Aktionen möglich sind und wo und wie man diese durchführen kann?

Verständlichkeit: Was hat all das zu bedeuten? Wie soll dieses Produkt benutzt werden? Was bedeuten all die verschiedenen Bedienelemente und Einstellungen?

Die Türen in der Geschichte zeigen, was passiert, wenn die Erkennbarkeit versagt. Ob es sich um eine Tür oder einen Ofen, ein Mobiltelefon oder ein Atomkraftwerk handelt. Die relevanten Komponenten müssen sichtbar sein und die richtige Botschaft senden: Welche Aktionen sind möglich? Wo und wie sollen diese ausgeführt werden? Bei Türen, an denen man drücken muss, ist der Designer dafür verantwortlich, Signale anzubringen, die auf natürliche Weise darauf hinweisen, wo gedrückt werden muss. Diese Signale müssen nicht unbedingt die Ästhetik zerstören, wie eine vertikale Tafel an der Seite, gegen die gedrückt werden muss oder sichtbargemachte Stützpfeiler. Die vertikale Tafel und die Stützpfeiler sind Signale, die natürlich interpretiert werden und einfach zu erkennen geben, was zu tun ist: Es sind keine Schilder nötig.

Bei komplexen Geräten benötigen Erkennbarkeit und Verständlichkeit Beihilfe in Form von Betriebsanleitungen oder persönlicher Anweisung. Dies akzeptieren wir, wenn das Gerät auch tatsächlich komplex ist. Bei einfachen Dingen sollte dies jedoch unnötig sein. Viele Produkte trotzen der Verständlichkeit, da sie über zu viele Funktionen und Bedienmöglichkeiten verfügen. Ich denke nicht, dass einfache Haushaltsgeräte – Öfen, Waschmaschinen, Audio- und Fernsehsets – aussehen sollten wie Hollywoods Vorstellung eines Kontrollraums in einem Raumschiff. Zu unserem Entsetzen tun sie es jedoch! Konfrontiert mit einer verwirrenden Anordnung von Bedienmöglichkeiten und Displays merken wir uns einfach eine oder zwei feststehende Einstellungen, die ungefähr dem nahekommen, was wir uns wünschen.

In England besuchte ich Bekannte, die eine wahnsinnig schicke, neue italienische Waschmaschinen-Trockner-Kombination im Haus hatten. Eine wahnsinnig tolle Kontrollanzeige mit massigen Symbolen zeigte auf, was alles Erdenkliche in Bezug auf das Waschen und Trocknen von Kleidung gemacht 4werden konnte. Der Ehemann (ein Computerspezialist und Psychologe) sagte, dass er sich weigere, dem Gerät nahezukommen. Die Ehefrau (eine Ärztin) sagte, dass sie sich einfach eine Einstellung merke und den Rest zu ignorieren versuche. Ich fragte nach der Betriebsanleitung: Sie war so verwirrend wie das Gerät selbst. Der gesamte Zweck des Designs ging verloren.

Die Komplexität moderner Geräte


Alles von Menschenhand Erschaffene ist gestaltet. Ob es sich um das Design von Möbeln in einem Raum, die Wege, die durch einen Garten oder einen Wald verlaufen oder die Feinheiten eines elektronischen Geräts handelt. Irgendjemand oder irgendein Team musste sich für ein Layout, eine Bedienung und einen Mechanismus entscheiden. Nicht alle designten Dinge verfügen über physische Strukturen. Dienstleistungen, Vorlesungen, Regeln, Prozeduren, auch die organisatorischen Strukturen von Unternehmen oder Regierungen haben keine physischen Mechanismen. In diesen Fällen müssen Ordnungen und Regeln erschaffen werden. Manchmal informell, manchmal präzise erfasst und spezifiziert.

Doch obwohl die Menschheit seit Urzeiten Dinge entworfen hat, ist das Fachgebiet des Designs selbst relativ neu und auf viele Spezialgebiete aufgeteilt. Da alles designt ist, ist die Anzahl an Gebieten enorm und erstreckt sich über Kleidung und Möbel bis hin zu komplexen Kontrollräumen und Brücken. Dieses Buch befasst sich mit Alltagsgegenständen und setzt den Fokus auf das Zusammenspiel zwischen Technologie und Menschen, um dafür zu sorgen, dass Produkte überhaupt menschliche Bedürfnisse erfüllen und gleichzeitig verständlich und anwendbar sind. Im besten Fall sollten die Produkte dazu noch angenehm handhabbar sein, was bedeutet, dass nicht nur die Anforderungen der Technik, der Herstellung und der Ergonomie erfüllt sein müssen, sondern auch Aufmerksamkeit auf das allgemeine Erlebnis gegeben werden muss. Dies beinhaltet die Ästhetik der Form und die Qualität der Interaktion. Die Designbereiche, die in diesem Buch relevant sind, sind Produktdesign, Interaktionsdesign...