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Mörderische Nachbarn - Tom Benders erster Fall ...

Michael Bardon

 

Verlag neobooks Self-Publishing, 2016

ISBN 9783738060614 , 372 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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1,99 EUR


 

1




Es war eine klare, warme Sommernacht. Das fahle Mondlicht leuchtete das Schlafzimmer in Silber- und Grautönen aus. Ein leichter Windhauch wehte durch das offene Fenster herein, ließ den Vorhang sanft hin- und hergleiten und streifte mit kühler Hand über meine Schulter. Schlaftrunken rieb ich mir über die Augen. Ich gähnte herzhaft, setzte mich im Bett auf und überlegte, was mich aufgeweckt haben könnte. Waren das eben laute Stimmen?

Quatsch, dachte ich, wer sollte hier schon mitten in der Nacht lauthals herumkrakeelen?

Wahrscheinlich war unser Kater July auf seinem nächt­lichen Streifzug mit einer anderen Katze anei­nandergeraten. Die Schreie kämpfender Katzen hör­ten sich ja oft wie das Weinen eines Kindes an. Mit angehaltenem Atem lauschte ich in die Stille der Nacht. Doch alles schien ruhig. Nicht der kleinste Laut drang von draußen herein.

»Seltsam«, murmelte ich und drehte mich zu meiner Frau herum. Mia lag halb aufgedeckt neben mir und schlief friedlich und völlig entspannt. Im Mondlicht schimmerte ihr blondes Haar samtig und ihre braune Haut hatte einen seidenen Glanz. Ich blickte hinüber zum Wecker. Auf der blau leuchtenden Digitalanzeige stand 3.17 Uhr.

Mitten in der Nacht, noch viel Zeit bis zum Aufstehen. Hätte ich gewusst, dass sich unser Le­ben in den nächsten Sekunden völlig verändern würde, dann hätte ich diesen Augenblick des Glücks und der Zufrieden­heit richtig genossen. Ich schaute noch einmal kurz zum Fenster, schloss meine Augen und versuchte, wieder einzuschlafen. Als ich gerade dabei war, in die Welt der Träume herüberzugleiten, rissen mich laute Stimmen zurück in die Wirklichkeit. Dann folgte, fünf Sekunden später, ein klirrendes Geräusch. Neben mir zuckte Mia zusammen und setzte sich im Bett auf.

»Was ist los?«, fragte sie und rieb sich verschlafen die Augen. Keine Ahnung, wollte ich sagen, doch ein lauter Schrei und ein Schuss schnitten mir das Wort ab. Erschrocken blickten wir uns an. Mia runzelte die Stirn und flüsterte: »Wer schießt denn hier nachts in der Gegend herum? Hat sich angehört, als wäre es drüben bei Tim und Maria, oder?«

»Dasselbe habe ich auch gerade gedacht«, rief ich irgendwie alarmiert und sprang aus dem Bett. Mit raschen Schrit­ten ging ich zum Fenster und spähte zu unseren Nachbarn hinüber. Im schwachen Licht der Mondsi­chel sah ich eine schemenhafte Gestalt auf der Terras­se stehen. Mein Freund und Nachbar Tim Schmidtke konnte es nicht sein. Die Person war sicherlich ein bis eineinhalb Köpfe größer als er. Ein Hund bellte angriffslustig und mehrere Rolllä­den ruckelten geräusch­voll nach oben.

»Ruf die Polizei an, Schatz!«, stieß ich aufgeregt hervor und zog mir aus dem begehbaren Kleider­schrank eine kurze Sporthose. Ich blickte mich um. Wo um alles in der Welt hatte ich gestern Abend nur meine blöden Schuhe hingewor­fen?

»Was hast du vor, Tom? Du wirst jetzt aber nicht da rausgehen, das ist viel zu gefährlich! Irgendein Verrückter ballert da draußen rum … was kannst du schon gegen den ausrichten?«, rief meine Frau und zeigte dabei aus dem Fenster. Ich schüttelte den Kopf. Jetzt war wirklich keine Zeit für endlose Diskussionen, ich musste meinen Freunden helfen!

»Ruf endlich die Polizei an!«, sagte ich gefährlich leise und rannte ohne meine Schuhe los. Ich hatte das Schlafzimmer bereits verlassen, als ich Mia rufen hörte: »Pass auf dich auf, Schatz!«, und dann noch: »Hallo … hallo Polizei, kommen Sie bitte schnell. Hier schießt jemand bei unseren Nachbarn herum. Unsere Adresse ist …«

Ich flitzte die hölzerne Treppe hinunter und schnappte mir im Vorbeirennen den Baseballschläger, den mein Sohn Phil wieder einmal aus Faulheit ste­hen­ ge­lassen hatte. Wo waren nur diese verdammten Laufschuhe?

»Scheiß drauf, keine Zeit!«, knurrte ich und nahm den nächsten Treppenabsatz ins Erdgeschoss. Unsere Haustür ist grundsätzlich nie abgeschlossen. Natürlich kann man sie nicht einfach von außen öffnen, aber wir schließen sie eben nicht ab. Wir leben in einem ruhi­gen kleinen Städtchen. Und Einbrecher gibt es sowieso nur im Fernsehen oder woanders, behauptet meine Frau jedenfalls immer.

Bisher hat sie ja auch recht gehabt, dachte ich, riss die Haustür auf und rannte hinaus. Doch schon eine Sekunde später jagte mir ein Gedanke durch den Kopf, und ich fragte mich: Was mache ich hier? Ein Baseballschläger gegen eine Schusswaffe? Ist das wirklich dein Ernst?

Natürlich, wenn man Rambo oder Bruce Willis heißt, ist das eine recht akzeptable Waffe. Aber in meinem Fall? Ich war ein ganz gewöhnlicher Lehrer und unterrichtete Sport, Geschichte und Deutsch. Gut, ich hatte einen trainierten Körper und fühlte mich fit und stark. Aber reichte das wirklich aus?

Zweifel und Angst schlichen sich in mein Bewusstsein, und mein Herz begann wie wild zu schlagen.

»Mach dir erst einmal ein Bild von der Lage und verschaffe dir einen Überblick«, brummte ich leise vor mich hin.

Gehetzt blickte ich mich um und versuchte, etwas zu erkennen. Bis zum Grundstück meines Nach­barn Tim Schmidtke waren es noch gute fünfundzwanzig Meter. Rechts von mir stand unsere Rattan-Sitzgruppe zwi­schen weiß- und lilafarbenen Sträuchern. Weiter vorne kamen die Doppelgarage und dann noch ein gutes Stück Rasen. Der Zaun zum Nachbargrundstück war mit weiteren Grünpflanzen zugestellt. Sie versperrten mir die sowieso schon geringe Sicht in der Nacht, und ich konnte nicht erkennen, was dahinter vor sich ging.

Verdammte Pflanzen!, dachte ich und hatte die Worte meiner Tochter Julia im Ohr.

»Ihr seid Pflanzen-Messies!«, schimpfte sie regelmä­ßig, wenn sie abends die vielen Blumen, Sträucher und Palmen gießen musste.

Ein weiterer Schuss durchschnitt die Ruhe wie ein Peitschenhieb und ließ mich heftig zusam­menzucken. Sofort setzte das Gekläffe der Hunde wieder ein – ein Schauer lief mir den Rücken hinunter. Ich vergaß jegliche Vorsicht, rannte los und setzte mit einem Sprung, über den gut neunzig Zentimeter hohen Holzgartenzaun. Meine Gedanken rasten mit meinem Atem um die Wette. Wie sollte ich bloß in das Haus meiner Freunde gelangen? Alle Rollläden, die ich sehen konnte, waren heruntergelassen und, wie ich wusste, von innen gesichert.

Tim und Maria hatten ein extrem starkes Bedürfnis nach Sicherheit - sie verbarrikadierten ihr Haus abends regelrecht. Ein grotesker Gedanke schlich durch meinen Kopf; ich fragte mich, ob ihnen das heute Nacht zum Verhängnis werden würde? Ich dachte an die vier Kellerfenster, zwei vor und zwei hinter dem Haus. Aber auch die waren aus dreifachem Verbundglas und natürlich absolut einbruchsi­cher.

»Mein Haus ist so sicher wie eine Burg im Mittelal­ter«, hatte Tim immer mit Stolz behauptet.

Wo zum Teufel blieb nur die Polizei? Hektisch schaute ich auf meine Armbanduhr. Der grünleuchtende Zeiger sprang gerade auf 3.21 Uhr, während ein dritter Schuss durch die Nacht hallte.

Mein Herz schaltete in den Hochgeschwindigkeitsmodus und pumpte Adrenalin bis in die kleinste Faser meines Körpers. Noch eine Ecke und ich hatte das ver­dammte Haus meiner Freunde komplett umrundet. Nichts. Nirgendwo ein eingeschlagenes Fens­ter und die Haustür stand natürlich auch nicht offen. Meine Verzweiflung wuchs mit jedem Schritt, den ich zurücklegte. Als ich zum zweiten Mal um das Haus herumspurten wollte, trat ich im feuchten Gras auf etwas Kaltes und stolperte, wild mit den Armen ru­dernd, nach vorne. Ein heftiger Schmerz jagte durch meinen linken Fuß, und ich sah den Boden wie in Zeitlupe auf mich zukommen. Aus einem Reflex heraus ließ ich den Baseballschläger fallen und fing den Sturz mit den Händen ab.

»Verfluchter Mist!«, stöhnte ich, rollte mich auf den Rücken und hielt mir den schmerzenden Fuß. Ratlos blickte ich mich um und sah im silbernen Mondlicht einen Gitterrost im Gras liegen.

»Das Ding gehört doch auf einen Kellerlichtschacht«, keuchte ich mit schmerzverzerrtem Gesicht. Ich brauchte ein paar Sekunden, bevor mein Gehirn alle Fakten richtig sortiert hatte. Naja, es war mitten in der Nacht, ich fühlte mich ein wenig gestresst und hatte, das muss ich zugeben, auch ein klein wenig Angst. Vielleicht konnte ein erfahrener Polizist in solch einer Situation logisch denken, mir jedenfalls fiel es schwer, einen klaren Gedanken zu fassen. Der offene Schacht, auf den der Rost gehörte, war knapp einen Meter von mir entfernt. Langsam ging ich in die Hocke und versuchte etwas in dem schwarzen Loch zu erkennen. Nichts zu sehen. Alles dunkel, alles still! Ich starrte in den schwarzen Schacht und überlegte fieberhaft, was ich nun tun sollte. Nachdenklich wischte ich meine taunassen Hände an der Sporthose ab und suchte im Gras nach dem Baseballschläger. Hektisch, viel zu schnell, überflog ich die nähere Umgebung.

»Der musste doch hier irgendwo liegen? Soweit kann das blöde Ding doch nicht geflogen sein?«, murmelte ich leise vor mich hin.

Ich begann schon an mir zu zweifeln, als ich endlich etwas Weißes mit einem rotgelben Schriftzug im feuchten Gras liegen sah. Ich atmete einmal tief durch, griff mir den Schläger und kletterte vorsichtig in den Kellerlichtschacht. Das Fenster mit der dreifachen Ver­bundglasscheibe, das laut Tim absolut schlagfest und einbruchsicher war, stand weit offen.

Super Qualität!, dachte ich und zwängte mich stöhnend durch den kleinen Fensterrahmen. Bleierne Dunkelheit umhüllte mich und nahm mich für einen kurzen Moment gefangen. Ich stand einfach nur da, lauschte und versuchte die Schmerzen in meinem pochenden Fuß zu ignorieren. Sekunden verrannen, ehe sich...