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Ein MORDs-Team - Band 12: Das Echo des Schreis (All-Age Krimi)

Andreas Suchanek

 

Verlag Greenlight Press, 2016

ISBN 9783958341821 , 147 Seiten

2. Auflage

Format PDF, ePUB, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

2,49 EUR


 

Im alten Leuchtturm


 

Danielle warf ihre Jacke auf einen Stuhl, unter dem sich mittlerweile eine Pfütze gebildet hatte. Niemand sonst achtete darauf. Sonja hatte den Laptop aufgestellt, Olivia die Fotos ausgebreitet. Mason wartete ungeduldig darauf, dass der Log-in-Screen sich aufbaute.

„Warum kennst du sein Passwort?“, fragte Danielle.

„Wir sind beste Freunde, er kennt meines auch.“ Sorgfältig tippte Mason den sechzehnstelligen Code aus Groß- und Kleinbuchstaben, Satz- und Sonderzeichen ein, betätigte dann die Entertaste. „Er macht es einem echt nicht leicht.“

Eine Oberfläche erschien, die Danielle wirklich so gar nichts sagte. „Das ist also dieses Linux.“

Mason grinste. „Oh ja. Darüber durfte ich mir schon ganze Vorträge anhören. Bin ich auch eingeschlafen. Aber er schwört darauf. Um Bespitzelung und so zu entgehen. Einmal habe ich gesagt, dass das aber sehr unkomfortabel ist, mit dem ganzen Tippen. Da hat er mich doch glatt ‚Mausschrubber‘ genannt. Pfff.“

Olivia kicherte. „Und dann hast du deine Ehre verteidigt?“

Mason zuckte mit den Schultern. „Hab seine grünen Gummibärchen gegessen. Da war er echt sauer.“

„Okay. Was jetzt?“, fragte Danielle. Sie war so aufgeregt, dass sie sich nicht hinsetzen konnte.

Sonja schob sich an Masons Seite. „Du hast gesagt, dass hier alles aufgezeichnet wurde. Vermutlich hat Randy einen einfach zugänglichen Speicher verwendet, die Platte war ja sowieso vollständig verschlüsselt.“

„Stimmt.“ Er tippte auf einen Ordner.

Doch anstelle eines Videos öffnete sich die Eingabemaske einer Datenbankabfrage.

„Hey“, sagte Olivia. „Das kenne ich. Damit kann man öffentliche Bilder abfragen.“

Sonja betrachtete stirnrunzelnd die Metadaten. „Er hat historische Aufnahmen der Baker-Schuhfabrik durchsucht. Und bekam sogar einen Treffer.“ Sie klickte auf den Link.

Ruckelnd baute sich das Bild auf.

„Die Fabrik“, stellte Mason das Offensichtliche fest.

„Hm. Das da ist Baker senior“, sagte Sonja. „Echt ein übler Kerl, haben zumindest die Angestellten immer gesagt. Das daneben ist der damalige Bürgermeister. Da muss irgendein Jubiläum gewesen sein. Wer ist denn der Junge da neben ihnen?“

„Ich mach das mal größer“, sagte Mason. Er zoomte das Bild heran.

Danielle überlief ein eisiger Schauer. Die Gesichtszüge kannte sie. Sie alle kannten sie.

„Aber …“ Masons Stimme versagte. „Ist das …“

„Tyler“, sagte Sonja. „Das ist Bürgermeister Tyler, eindeutig. Dort unten steht es. Eric Tyler.“

„¡Dios mío“, entfuhr es Olivia. „E.T. bedeutet Eric Tyler. Der Bürgermeister ist der Sohn von Silvia Baker und Jeremiah Holt.“

Mason schüttelte den Kopf. „Nein, nein, das ist ein Fehler. Er ist unser Freund.“

„Mase“, kam es tonlos von Danielle. „Er war auf der Beerdigung von Snyder. Als der Film verschwunden ist.“

„Und wir wissen“, fügte Olivia stockend hinzu, „dass er uns wegen der Eltern von Marietta belogen hat. Das waren nämlich keine religiösen Fanatiker. Oh. Aber natürlich! Deshalb hat der Graf den 84ern geholfen, aber sie danach torpediert. Er konnte den Bürgermeister erpressen. Deshalb hat er auch die Briefe an die Kings geschrieben, die wir in dem geheimen Fach gefunden haben. Die Dynastien wollten die beiden als Gegner, aber so wurde der Bürgermeister zum Werkzeug für den Grafen.“

Masons Gesicht war kreidebleich, als er flüsterte: „Und wir haben ihm in der Praxis von Silverman alles erzählt. Daher war er uns immer einen Schritt voraus. Er wusste alles … von uns.“

Sonja hatte die Hand vor den Mund geschlagen, die tatsächlich zitterte. Abwechselnd schaute sie zwischen ihnen hin und her.

„Das Video“, sagte Olivia. „Such das Video. Schnell. Wir müssen wissen, ob wir recht haben.“

Mason stürzte sich auf die Tastatur. Wenige Augenblicke später betätigte er erneut die Entertaste.

Das folgende Video entführte Mason, Olivia, Danielle und Sonja zurück ins Jahr 1984. Sie erlebten mit, wie Bürgermeister Eric Tyler Randy bedrohte, ihn dazu zwang, die Black Flashs zu schlucken, ihn verhöhnte und ganz nebenbei alles enthüllte, was damals geschehen war.

Sie erfuhren von Mariettas Schwangerschaft, dem Discobesuch der 84er, den Ereignissen rund um das Waisenhaus in Sunforest Cove, der erste Entdeckung des geheimen Raums, Harrisons Ausflug nach Italien, der verhängnisvollen Nacht und vielem mehr.

Am Ende lag Randy auf dem Bett. Er schluckte die letzte Black Flash. Sein Körper zitterte, Schweiß stand auf seiner Stirn. Ohne dass Tyler es bemerkte, wandte Randy den Blick zur Kamera des Laptops. Seine Lippen formten leise „Sorry“.

Der Bürgermeister verließ den Raum.

Danielle hatte erwartet, dass Randy sich nun den Finger in den Hals steckte, sich übergab, irgendetwas tat. Doch er schien bereits zu schwach. Er drehte seinen Kopf, schien den Blick auf etwas zu fixieren, was nur er sehen konnte.

Als sie zu Mason schaute, bekam Danielle einen Schreck.

Tränen rannen aus Masons Augen, während sein Gesicht hassverzerrt war. Seine Fäuste hatte er so fest geballt, dass die Fingerknochen scharf hervortraten.

Dann schloss Randy die Augen.

Seine Atmung stoppte.

 

*

 

Auf einem Flugplatz in Sunforest Cove


 

„Nie wieder“, stöhnte Jamie. „Nie wieder betrete ich ein Flugzeug.“

„Keine Putzkammer, kein Flugzeug, deine Welt wird stetig kleiner“, sagte Shannon keck, obgleich ihr genauso mulmig zumute war.

Harrison lehnte zitternd an der Wand. „Vielleicht beschränken wir es auf Privatjets. Ein gemeinsamer Pakt. Wir betreten nie wieder einen Privatjet.“

Sie befanden sich im kleinen Terminal des Flughafens von Sunforest Cove. Es war selten, dass eine solche Kleinstadt überhaupt einen Flugplatz besaß. Soweit Shannon wusste, war er in den 1950ern angelegt worden, weil aus aller Welt reiche und mächtige Personen hierhergeflogen kamen, um Kinder zu adoptieren. Heute wurde er kaum noch genutzt. Es glich einem Wunder, dass der Pilot den Jet weitestgehend heil zu Boden gebracht hatte.

„Damit sitzen wir wohl erst einmal hier fest“, sagte Jamie bitter. Fluchend verstaute er sein Smartphone in der Hosentasche. „Ich komme nicht durch. Als sei Barrington Cove von der Landkarte verschwunden.“

„Kein Wunder“, sagte Harrison. „Hast du mal nach draußen geschaut?“

„So viel zum malerischen Wetter, das Martha in den Touristenbroschüren immer anpreist.“ Shannon ging mit verschränkten Armen auf und ab.

Die glasverkleidete Halle war vollständig leer, das Terminal unbesetzt. Der Pilot hatte mit seiner Keycard die Tür geöffnet und das Licht angeschaltet. Damit waren die Möglichkeiten aber auch schon erschöpft. Vermutlich war das alles hier nur deshalb noch nicht abgerissen worden, weil selbst das zu viel Geld kostete.

In den 80ern waren viele Bewohner aus der alten Siedlung, die später zu Pinewood Oaks wurde, nach Sunforest Cove gezogen. Die Wut auf die Stadt, die ihre alten Häuser dem Erdboden gleichgemacht hatte, war immens gewesen. Da es sich vorwiegend um ärmere Menschen gehandelt hatte und gleichzeitig das Waisenhaus einige Jahre später dichtgemacht hatte, war der Geldbeutel von Sunforest Cove vollständig leer.

Gleichzeitig hatte Barrington Cove einen Aufschwung erlebt. Das Neubaugebiet wurde schnell bevölkert, die Touristik boomte, und die Reichen fühlten sich in ihrem Villenviertel ziemlich wohl. Trotzdem hatte niemand verhindern können, dass sich die sogenannten Favelas bildeten.

Shannon starrte hinaus in den dichten Nebel. Ein Blitz fuhr auf das Rollfeld nieder und schlug in den Jet ein, züngelte an der Außenseite zu Boden. „Wird Zeit, dass unsere Mitfahrgelegenheit auftaucht.“

„Wenn dein bescheuerter Ehemann uns abholt, werde ich nie wieder ein Wort mit dir sprechen“, sagte Jamie.

„Quatsch“, gab Shannon zurück. „Richard würde keinen Finger für mich krumm machen. Geschweige denn bei dem Wetter hierhergefahren kommen. Der verschanzt sich vermutlich in der Kanzlei, um bei Bedarf seine Klienten zu beruhigen.“

„Okay, ernsthaft, warum hast du dieses Ekel geheiratet?“, fragte Harrison. „Ohne ihn wärst du doch niemals in den Alkoholismus abgerutscht.“

Shannon seufzte. „Das ist eine komplizierte Geschichte. Lass sie mich erzählen, wenn das hier ausgestanden ist, okay?“

Er zuckte mit den Schultern. „Von mir aus.“

In der Ferne erschienen zwei gelbe Lichtpunkte. „Ah, endlich.“

Jamie trat neben sie. „Wer ist das?“

...