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Furious Rush. Verbotene Liebe - Roman

S.C. Stephens

 

Verlag Goldmann, 2017

ISBN 9783641166991 , 512 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

9,99 EUR


 

1. Kapitel

Ich hasste es, mitten in der Nacht angerufen zu werden. Jeder weiß, dass es nichts Gutes bedeuten kann, wenn man vor dem Morgengrauen auf diese Weise überraschend aus dem Schlaf gerissen wird. Als ich langsam von meinem Handy geweckt wurde, das laut an dem Wasserglas auf meinem Nachttisch vibrierte, schwante mir darum Böses. Stiche eiskalter Angst vertrieben meine Schläfrigkeit, und ich öffnete widerwillig die Augen. Was war passiert?

Am liebsten hätte ich die Panik ignoriert, die in mir hochkroch, und wäre wieder in den kuschelig warmen Schlaf gesunken. Bestimmt war alles bestens, und es hatte sich nur jemand verwählt. Doch ich konnte die Sorge nicht abschütteln, dass irgendetwas nicht stimmte. Also tastete ich mit trübem Blick ungeschickt nach dem Telefon auf meinem Nachttisch und schaute auf das Display. Es war meine Freundin Nikki.

»Nik? Was ist los?«, nuschelte ich. Mein Wecker verkündete in großen roten Ziffern die äußerst frühe Stunde. Na, hoffentlich ist zumindest jemand gestorben. Ich erschrak augenblicklich über diesen kaltherzigen Gedanken. Oh Gott, bitte lass niemanden tot sein.

Eine für diese frühe Stunde viel zu aufgekratzte Stimme drang an mein Ohr. »Kenzie! Ach gut, dass du noch wach bist. Ich habe eine Riesenbitte.«

Nikkis entspannter Tonfall ließ meine Sorgen sofort dahinschmelzen. Wenn wirklich etwas Schlimmes passiert wäre, würde sie kaum so locker klingen. Doch warum zum Teufel rief sie mich dann mitten in der Nacht an? »Ich bin nicht noch wach. Ich bin jetzt wach. Gewaltiger Unterschied. Was für einen Gefallen?«

Bevor sie antwortete, trat eine lange Pause ein, und mein Unbehagen kehrte zurück. »Na ja …«, fing sie stockend an, »ich habe gehofft, du könntest nach San Diego rüberkommen. Und fünfhundert Dollar mitbringen. In bar.« Mir klappte der Kiefer herunter, während mir ihre Bitte den letzten Rest Schlaf aus dem Hirn fegte. Ehe ich fragen konnte, ob sie verrückt geworden sei, setzte mich Nikki ins Bild. »Weißt du, ich habe gewissermaßen eine Wette verloren, und die Leute, denen ich das Geld schulde, wollen mich erst nach Hause lassen, wenn ich bezahlt habe. Schecks nehmen die nicht gern … deshalb brauche ich Bargeld.«

Ich war dermaßen vor den Kopf geschlagen, dass ich ein paar Mal zu sprechen anhob, ehe ich hervorstieß. »Herr im Himmel, Nikki. Willst du mich verarschen? San Diego? Jetzt?«

»Ich weiß, ich weiß. Ich nerve. Aber ich habe nicht damit gerechnet, heute Nacht zu verlieren, deshalb habe ich nicht so viel Geld mitgenommen. Komm schon, Kenzie, dein Vater wird mich umbringen, wenn ich morgen nicht auftauche, weil ich hier festsitze. Also … was ist jetzt? Kannst du mir helfen? Bitte?«

»Oje. Du weißt doch, was gerade bei mir los ist, Nikki. Unter welchem Druck ich stehe. Die Saison fängt bald an. Ich will, dass mein Vater stolz auf mich ist, ich will ihm eine würdige Nachfolgerin sein.« Ich seufzte, als ich den Erwartungsdruck schwer auf meinen Schultern spürte. Manchmal nahm er mir die Luft zum Atmen und lähmte mich. Etwas gefasster fügte ich hinzu: »Du weißt doch, dass Dad sich darauf verlässt, dass ich meine Sache gut mache, nachdem die Lage in letzter Zeit etwas … angespannt war.« Erneut zuckte mein Blick zur Uhr. Es war idiotisch früh. »Und um mein Bestes zu geben, muss ich in Bestform sein. Da kann ich es mir nicht leisten, um drei Uhr morgens aufzustehen, Nik.«

»Ich weiß«, stöhnte sie. »Aber ich wusste nicht, wen ich sonst anrufen sollte. Es kamen nur Myles und du infrage, und wenn der erst mal pennt, braucht man mindestens eine Atombombe, um ihn wachzukriegen.«

Das stimmte. Unser Freund Myles konnte tief und fest ein ganzes Heavy-Metal-Konzert verschlafen. »Das soll heißen, du wusstest, dass ich schlafe, hast aber trotzdem angerufen?«, fragte ich.

»Na ja … ich könnte die Uhr nach deinem Rhythmus stellen.« Bei der Bemerkung verzog ich gereizt das Gesicht, aber es stimmte, deshalb konnte ich ihr nicht wirklich böse sein. Ich mochte Routine. Es gefiel mir, wenn die Dinge vorhersehbar waren. Das half mir dabei, Rennen zu fahren. Ich brauchte die Gewissheit, dass egal, wo ich mich gerade befand oder welcher Tag war, mein Motorrad genau das tat, was ich von ihm erwartete. Und mit meinem Leben ging es mir genauso. Wenn ich morgens aufwachte, wollte ich wissen, was ich vom Tag zu erwarten hatte. Was umso mehr dafür sorgte, dass mich der Anruf aus dem Konzept brachte.

»Nikki …«

»Bitte Kenzie«, unterbrach sie mich. »Ich würde dich nicht bitten, wenn ich nicht richtig in der Tinte sitzen würde. Du bist meine beste Freundin, bitte lass mich hier nicht mit einem Haufen Krimineller versauern. Ich meine, wer soll denn aus deinem Motorrad eine gemein schnittige Siegermaschine machen, wenn ich tot bin?«

Leider hatte sie recht. Nikki war eine geniale Mechanikerin – meine geniale Mechanikerin –, und wenn ich dieses Jahr gut abschneiden wollte, war ich auf ihre Fähigkeiten angewiesen. Außerdem war sie meine beste Freundin, und ich würde sie nie ihrem Schicksal überlassen … auch wenn sie es sich selbst eingebrockt hatte. »Na schön. Aber dafür schuldest du mir etwas, Nikki.«

Sie seufzte erleichtert auf. »Meine Seele, mein Erstgeborenes – was immer du willst, es gehört dir.« Ich wollte ihr gerade sagen, dass ich von ihr nur erwartete, meine Ducati zum schnellsten Motorrad auf diesem Planeten zu machen, als sie schnell hinzufügte: »Ach, könntest du vielleicht von deinem Notgroschen noch ein paar Hunderter extra lockermachen? Bald fängt ein neues Rennen an, und ich habe ein richtig gutes Gefühl bei dem Typen.«

Fast hätte ich mein Handy quer durchs Zimmer geschleudert. »Nein! Das ist idioti… Moment mal, was für ein Rennen? Was zum Teufel machst du da für Wetten, Nikki?«

»Krr … ssssssshhhhh … tut mir leid, Kenzie. Krrrr … Die Verbindung bricht ab. Bis gleich. Ecke Jackson und Maddox, unter der Brücke. Schick mir eine SMS, wenn du es nicht findest.« Sie legte sofort auf, und ich schloss die Augen und zählte langsam bis zehn.

Dann warf ich die Bettdecke von mir, quälte meinen Körper aus dem gemütlichen Bett und stellte die Füße auf das kalte Holzparkett. Nikki im Geiste verfluchend ging ich zum Wandschrank, in dem die Sachen, die ich am Tag anziehen wollte, bereits als sauber gefalteter Stapel auf mich warteten.

Beim Zähneputzen musste ich feststellen, dass ich aussah, als hätte man mir im Schlaf Stromstöße verpasst. Ich überlegte, ob ich die Viertelstunde investieren sollte, um meine wilden Locken zu bändigen, entschied dann jedoch, dass es jetzt Wichtigeres gab. Mit den Fingern strich ich durch die widerspenstigen Strähnen und band das Gewirr zu einem tief sitzenden Pferdeschwanz zusammen, der gut unter meinen Helm passte.

Ich bereute, Nikki gegenüber jemals meinen Notgroschen erwähnt zu haben, blätterte durch den Umschlag, den ich unter meiner Matratze versteckt hatte, und zog fünfhundert Dollar heraus. Das war alles. Wenn Nikki glaubte, ich würde es zulassen, dass sie noch mehr Geld verlor, hatte sie nicht mehr alle Tassen im Schrank.

Ich stopfte die Scheine in mein Portemonnaie, schnappte mir meine Jacke und die Schlüssel der Straßenmaschine und machte mich auf den Weg zur Garage. Meine Straßenmaschine, die ich im Alltag benutzte, stand friedlich unter dem Neonlicht neben meinem heruntergekommenen Truck. Dieses Motorrad war weder so schick noch so schnell wie meine Rennmaschine, aber auf ihre bescheidene Art besaß meine Suzuki ihre ganz eigene Schönheit. Ich öffnete das Garagentor des kleinen Hauses, das ich gemietet hatte, rollte das Bike hinaus und ließ den Motor brummen. Was für ein verführerischer Klang. Er entschädigte mich fast dafür, dass die Sonne erst in ein paar Stunden aufging. Aber nur fast.

Ich unterdrückte ein Stöhnen, schloss das Garagentor, streifte mir den Helm über, ließ das immer noch im Tiefschlaf befindliche, kalifornische Städtchen Oceanside hinter mir und steuerte auf das etwas lebendigere San Diego zu. Die Fahrt in Richtung Süden dauerte nur eine Dreiviertelstunde, aber ich hatte Schwierigkeiten, die Straßen zu finden, die Nikki genannt hatte. Mit dem Navi auf meinem Handy stand ich auf Kriegsfuß. Als ich endlich die Jackson Street erreichte, hielt ich die Augen auf nach … irgendetwas. Ehrlich gesagt hatte ich keine Ahnung, wonach ich genau suchte. Erst als ich die Motorräder entdeckte, wusste ich, dass ich am richtigen Ort war. Herrje, Nikki, auf was hast du dich nur eingelassen? Mindestens über drei Blocks hinweg parkten Motorräder quer zur Straße, gelegentlich hatte sich ein Auto oder ein Truck dazwischengequetscht. Menschentrauben liefen zwischen den Bikes herum und inspizierten sie eingehend, als befänden sie sich auf einer Rinderauktion. Die Fahrer hatten sich herausgeputzt, trugen zerrissene Jeans und protzige Lederjacken – billige Imitationen der Lederkluft, wie ich sie bei Rennen trug, um mich zu schützen und für mein Team zu werben. Mit überheblichem Grinsen, das vor Selbstbewusstsein nur so strotzte, stolzierten sie um ihre Maschinen herum. Die Buchmacher warben mit lautem Geschrei und völlig überzogenen Behauptungen für ihre Favoriten. Von null auf hundert in weniger als zwei Sekunden? Da hegte ich erhebliche Zweifel.

Ich ließ mich in eine Lücke zwischen die Motorräder rollen und schickte Nikki eine SMS. Ich bin da. Wo bist du?

Sofort hörte ich, wie weiter unten in der...