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Rheines Gold - Roman

Andrea Schacht

 

Verlag Blanvalet, 2009

ISBN 9783641012441 , 448 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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8,99 EUR

  • Das brennende Gewand - Roman
    Der Lilienring - Roman
    Der Bernsteinring - Roman
    Der Erdbeerpflücker
    Kreuzblume - Historischer Roman
    Das Werk der Teufelin - Roman
    Der Siegelring - Roman
    Der Rächer - Roman
  • MacTiger - Ein Highlander auf Samtpfoten - Roman
    Die elfte Jungfrau - Roman
    Die Sünde aber gebiert den Tod - Roman
    Falkenjagd - Historischer Roman

     

     

     

     

     

 

 

2. Kapitel
Tote Hasen, Gold und Leichen
Welcher Unstern, soll ich denken,
steht meinem Schicksal im Wege?
steht meinem Schicksal im Wege?
Welche Götter soll ich anklagen,
dass sie Krieg gegen mich anzetteln?
OVID, AMORES
 
Drei Monate später war der April ins Land gezogen.
Aurelia Rufina schob die Schüssel mit gesüßtem Hirsebrei halb leer gegessen zur Seite. Sie hatte schon lange keinen Appetit mehr.
»Ich gehe die Becken kontrollieren«, tat sie ihrem Schwiegervater kund, der mit großem Behagen eine zweite Portion Honig über seinen Brei goss.
»Du bist ein mageres Huhn geworden, Rufina. Du solltest mehr essen, sonst findest du nie einen neuen Mann!«
»Hat irgendjemand dich um deine Meinung gefragt, Crassus?«
»Und Gift hast du auch unter der Zunge.«
»Du kippst dir genug Honig in die Schüssel, da muss ich dir ja nicht noch welchen um den Bart schmieren!«
Die junge Frau stand von der Bank auf, zog sich mit einem energischen Ruck die Stola zurecht und steckte sich noch einmal die widerspenstigen Locken fest. Ein Sonnenstrahl, der durch das geöffnete Fenster fiel, ließ sie kupferrot aufleuchten.
Crassus stellte den Honigtopf hin und schüttelte resigniert den Kopf: »Dabei könntest du wirklich ganz niedlich aussehen!«
»Mit Niedlichkeit verdiene ich nicht mein Geld.«
»Mit der Therme auch nicht.«
»Ach, stopf dir doch endlich den Brei in den Mund, du alter Nörgler!«
Sie rauschte aus dem Raum und nahm den privaten Zugang über das Peristyl des Innenhofes zum Apodyterium, dem Auskleideraum im Eingangsbereich der Therme. Er war am frühen Morgen noch unbelebt. Ein prüfender Blick zeigte ihr jedoch, dass die Diener ihn aufgeräumt und gefegt hatten. Die Fächer in den Regalen an den Wänden waren leer, an keinem der Haken hing eine vergessene Tunika, nur zwei Kindersandalen störten das Bild der von ihr gewünschten Ordnung. »Crispus!«, murrte Rufina unwillig, hob sie auf, stellte sie vor die Tür und begann ihren Rundgang aufs Neue. Sie warf einen Blick in das Gymnasium, in dem die Gäste sich dem Spiel oder der Körperertüchtigung hingeben konnten. Eiserne Hanteln lagen aufgereiht auf einem Gestell, und lederne Bälle in unterschiedlicher Größe waren in einer Ecke aufgestapelt. Ein paar lange Holzstecken lehnten an der Wand, mit ihnen wurde Gymnastik getrieben oder Stockfechten geübt. Für ganz martialische Besucher gab es auch Holzschwerter und hölzerne Messer. Rufina betrachtete das alles zufrieden und wandte sich der Eingangshalle zu. Das Tor war noch geschlossen, Paula noch nicht an ihrem Platz, um das Eintrittsgeld zu kassieren. Aber es war ja auch noch früh am Morgen. Durch den hohen Bogen, der zum Innenhof führte, blickte sie auf den Schatten, den ein kleiner Obelisk warf. Die Sonnenuhr war eigentlich nur eine Spielerei, launisch war das Wetter in den germanischen Landen, und Helios verbarg viel zu oft sein leuchtendes Antlitz hinter trüben Wolken. Immerhin, an diesem Aprilmorgen war es frühlingshaft warm, und der Himmel wölbte sich strahlend blau über die Stadt. Helles Licht fiel durch die grünlichen Glasscheiben der Fenster und machte eine Beleuchtung durch die vielen von den Decken hängenden Öllampen unnötig. Die verlässlichere Zeit gab die Wasseruhr an, die neben Paulas Kassenpult stetig die Stunden vertropfte.
An ihr orientierte sie sich auch, wenn es darum ging, den Gong zu schlagen, der die Öffnungs- und Schließungszeiten bekannt gab.
Rufina setzte ihren Rundgang fort und durchquerte das Tepidarium, den Vorwärmraum mit seinen Sitzgruppen, den kleinen Wasserbecken in den Nischen. Im anschließenden Salbraum mit den Klinen entlang der schön bemalten Wände würde Bella, die Masseurin, später ihrer Arbeit nachgehen. Abgetrennt von den eigentlichen Baderäumen befanden sich dahinter eine Reihe kleinerer Läden, die an Händler und Dienstleister verpachtet waren. Wenn sie ihre Stände eröffnet hatten, würde man allerlei Badezubehör erstehen können, etwa hübsch verzierte Sandalen, Strigilis, die bronzenen Schaber, und feinen Bimsstein aus der Eifel zum Reinigen der Haut, aber auch Kämme, Bürsten, kosmetisches Gerät, Haarschmuck und Fibeln. Andere verkauften Wein, Gebäck oder Pasteten an die hungrigen Gäste. Ein Arzt bot an drei Tagen seine Dienste an, ein Barbier an den anderen. Rufina schob den trennenden Vorhang zur Seite und grüßte freundlich Cyprianus, den Weinhändler, der seine Amphoren überprüfte und die Becher auf der Theke ordnete. Dann betrat sie das Frigidarium und stutzte.
Das Becken war trocken.
Zwar wurde jeden Abend das Wasser abgelassen und die Fliesen wurden gereinigt, aber morgens sollte es frisch gefüllt sein. Mit wunderbar kristallklarem Wasser, das aus den sauberen, gesundheitsfördernden Quellen der Eifel stammte und nichts mit dem sumpfigen Grundwasser der Stadt gemein hatte.
Wenn es denn floss.
Ein Blick in das Caldarium sagte Rufina, dass an diesem Morgen kein Tropfen kristallklaren Wassers in die Therme geflossen war. Dafür aber war der Boden schon recht heiß.
»Fulcinia, nehmt das Feuer zurück!«, rief sie ungehalten ins Praefurnium, wo die Heizer das Holzfeuer in Gang gebracht hatten. »Wir haben mal wieder kein Wasser!«
Sie bekam zwar keine Antwort, aber in diesem Fall konnte sie sich auf sofortiges Befolgen ihrer Befehle verlassen. Fulcinia war einmalig darin, die Heizer zu beaufsichtigen.
»Marius!«
Die Antwort des Aufsehers hingegen ließ auf sich warten.
»Marius!«
Rufina stürmte in den kleinen Raum, der ihm, der die Knechte und Heizer einzuteilen und zu überwachen hatte, zustand. Marius war noch mit einem Brotfladen beschäftigt, kaute gründlich, schluckte und hob dann träge seine massige Figur aus dem Sessel, als seine Herrin ihn mit eindringlichen Worten aufforderte, so zügig wie möglich zum Wasserkastell zu marschieren und nachzufragen, wann denn wohl die Leitungen wieder in Betrieb seien.
»Ich lauf ja schon, Patrona, ich lauf ja schon!«
»Laufen, flügelfüßiger Merkur, laufen nennt er das!«, grollte Rufina leise vor sich hin, als sie den behäbigen Gang beobachtete, mit dem Marius sich zu dem zwei Straßenzüge entfernt gelegenen Kastell bewegte. Sie fuhr mit ihren Kontrollen fort und lugte im Vorbeigehen hinter den Vorhang zwischen zwei Säulen, der den Latrinenbereich abtrennte. Das gewohnte Gurgeln des Wassers unter den Marmorsitzen war verstummt, die Schwämmchen zur intimen Reinigung jedoch lagen sauber aufgereiht neben den marmornen Sitzen. Unwillig rümpfte sie die Nase und inspizierte dann das Sudatorium, das Schwitzbad, den wärmsten Raum der Therme, bei dem die heiße Luft aus dem Praefurnium nicht nur den Boden heizte, sondern auch durch ein ausgeklügeltes Belüftungssystem die Wände erwärmte. Zusätzlich würden später noch zwei Kohlebecken angezündet werden. Sie waren bereits gerichtet, und Bündel mit duftenden, getrockneten Kräutern und Späne von wohlriechendem, harzigem Holz lagen bereit. Ein weiteres kreisrundes Kaltwasserbecken würde nach dem schweißtreibenden Aufenthalt den Besuchern Erfrischung bringen – wenn das Wasser wieder floss. Dahinter gab es einen abgeschlossenen Ruheraum mit Liegen und geflochtenen Sesseln, von dem man auf den Innenhof blicken konnte und durch dessen Türen man auf das umlaufende Peristyl gelangte. Der Säulengang führte rings um den beinahe quadratischen Hof und bot den Gästen ebenfalls Sitzgelegenheiten oder die Möglichkeit, plaudernd auf und ab zu laufen. Der Hof selbst, die Palaestra, war mit weißem Kies bestreut und wurde oft zu Ballspielen benutzt.
Das eigentliche Bad befand sich in dem östlichen und nördlichen Flügel des Gebäudes, der westliche diente im unteren Bereich als Lagerhaus und die oberen Räume den Arbeitern als Unterkunft. Der Südriegel war zum Wohnhaus der Thermenpächter ausgestaltet.
Rufina jedoch blieb im Gebäude, und als sie das Lager überprüft hatte, in dem all die für den Betrieb notwendigen Materialien untergebracht waren, kam Marius von seinem Gang zurück. Er schnaufte vernehmlich und wischte sich die schweißnasse Stirn.
»Sie werden sich heute Nacht drum kümmern, Patrona!«
»Sie werden sich wann darum kümmern?«
»Heute Nacht. Es heißt, man könne nicht die ganze Stadt trockenfallen lassen, nur weil ein Rohr verstopft ist.«
»Wer ist man, der das sagt?«
»Der Aquarius, der Röhrenmeister.«
»Ach ja. Der Aquarius!«
»Außerdem sei der Baumeister Aulus Lucillius Silvian mit zwei Besuchern da und verlange seine Aufmerksamkeit.«
»Verlangt er! Nun, und ich verlange die Aufmerksamkeit des Aulus Lucillius Silvian. Und zwar augenblicklich. Sag Paula, sie soll den Frauen, die heute Morgen kommen, erklären, das Bad sei geschlossen....