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Perry Rhodan 139: Einsteins Tränen (Silberband) - 10. Band des Zyklus 'Die Endlose Armada'

William Voltz, Arndt Ellmer, Detlev G. Winter, Ernst Vlcek, H. G. Ewers

 

Verlag Perry Rhodan digital, 2017

ISBN 9783845331386 , 400 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR


 

1.


 

Reginald Bull nippte an seinem Kaffee und stellte die Tasse dann zur Seite. Niemand schien noch in der Lage zu sein, einen guten Kaffee zu kochen, nicht einmal die Automatik.

Bull verzog grimmig das Gesicht. Er hatte seit Monaten nicht mehr richtig geschlafen, das konnte sogar einen Zellaktivatorträger zermürben. Das Vishna-Fieber war abgeklungen, aber er wusste, dass sein Körper sich in einem weiteren Stadium dieser entsetzlichen Krankheit befand. Er schloss kurz die Augen. Manchmal musste er sich dazu zwingen, morgens überhaupt aufzustehen. Doch er war das Symbol des Widerstands; wenn er oder einer der anderen Verantwortlichen aufgaben, brach alles zusammen. Also hielt er durch.

Nach sechs Plagen, die Vishna durch den Grauen Korridor zur Erde geschickt hatte, war das nicht so einfach. Und nun begann die siebte Plage.

Bull blickte auf das große Holo, das den Weltraum zwischen Terra und Luna zeigte. Eigentlich war dieser Sektor verlassen, aber nun quollen Milliarden leuchtender Kugeln aus dem Raum selbst, wie Tropfen durch ein feines Sieb.

Es war ein gespenstischer Anblick. Vor drei Minuten hatte Bull einen Verband von Beobachtungsschiffen und Kamerasonden losgeschickt. Sie sollten herausfinden, was das Geschehen bedeutete.

Kaum, dass eine Kugel materialisierte, driftete sie schon in Richtung Terra, so viel stand fest.

Bull, der sich minutenlang völlig abgekapselt hatte, öffnete sich wieder für die Umgebung. Er war nicht allein im zentralen Kontrollraum im Hauptquartier der Kosmischen Hanse. Es wimmelte von Wissenschaftlern und Spezialisten. Auch Experten der Liga Freier Terraner waren dabei, an der Spitze Geoffry Abel Waringer, der einen steten Kampf um neue Erkenntnisse führte. Waringer war überzeugt, dass er Vishna und ihren Plagen wissenschaftlich beikommen konnte. Die Frage war nur, wann der richtige Weg entdeckt wurde.

Reginald Bull schritt langsam los. Während er an einem der Terminals vorbeiging, sah er sich kurz in der spiegelnden Verkleidung.

Seine Kombination schien ihm nicht mehr richtig zu passen, sie hing schlaff und Falten werfend an ihm. Er hatte abgenommen. Sogar das rundliche Gesicht war hager geworden. Harte Linien ließen es unduldsam erscheinen. Das Haar war lang und sorgfältig gescheitelt, dabei kannte ihn jeder mit Stoppelhaaren.

Er erreichte Waringer, der soeben über Interkom mit Galbraith Deighton redete, dem Sicherheitschef der Hanse. Bull legte Waringer eine Hand auf die Schulter. Der Wissenschaftler zuckte zusammen. Kein Wunder, sie waren alle nervös geworden.

»Geoffry hat mir gerade berichtet«, sagte Deighton aus dem Übertragungsholo. »Was ist da schon wieder für eine Teufelei im Gange?«

»Die siebte Plage!«, antwortete Bull.

Waringer machte eine abwehrende Geste. »Es kann sich ebenso um ein Phänomen des Grauen Korridors handeln.«

»Seifenblasen im Weltraum, vielleicht.« Bull nickte.

Er ging weiter. Augenblicke später rief Waringer hinter ihm: »Die NANTUCKET ist im Zielbereich angelangt. Wir bekommen soeben die ersten Daten über diese Kugeln!«

Ein wenig träger als für gewöhnlich, wandte Bull sich um. Von der Bildübertragung blickte ein Mann herab, den er nicht kannte.

»Das ist Jordan Murgel, Kommandant der NANTUCKET«, sagte Waringer.

Bull nickte knapp. »Was habt ihr herausgefunden, Jordan?«

»Es scheint sich um Energieblasen zu handeln. Ich würde mich ihnen freiwillig nicht weiter nähern.«

»Und warum nicht?«

»Energetische Schockwellen gehen davon aus, insbesondere Sextadimimpulse.«

»Verstehe«, bestätigte Bull. »Ich erwarte, dass alle Messwerte sofort an NATHAN weitergeleitet werden!«

Waringer gestattete sich ein kurzes Lächeln. »Das habe ich schon veranlasst«, kommentierte er.

»Jede der Blasen durchmisst etwa einen Meter zwanzig bis einen Meter dreißig«, fuhr Murgel fort. »Sie nähern sich im Pulk der Erde, ohne Ausnahme.«

»Ein Angriff?«, fragte Bull. »Geoffry, wie aussichtsreich dürfte ein Versuch sein, die Kugeln aus dem Raum zu fegen?«

»Vorerst würde ich nichts gegen diese Flut unternehmen«, antwortete der Hyperphysiker skeptisch. »Jedenfalls nicht, solange unklar ist, um was es sich handelt. Mit einem Waffeneinsatz erreichen wir womöglich das Gegenteil von dem, was wir erhoffen. Vor allem, wenn Vishna damit zu tun hat.«

»Beobachtet weiter!« Bull wandte sich wieder an den Schiffskommandanten. »Sobald Außergewöhnliches geschieht, erwarte ich Meldung!«

Ein weiteres Holo baute sich auf. Julian Tifflor, der Erste Terraner, war der Anrufer. Tifflor hatte sich in einer Konferenz mit den GAVÖK-Vertretern befunden, die nach dem Sturz Terras in den Grauen Korridor noch in Terrania weilten.

»Es geht um die technomanischen Apparate, die überall auf unserem Planeten gebaut wurden«, sagte Tifflor übergangslos. »Wir haben deutliche Hinweise, dass sie unter ihren Schutzschirmen aktiv werden. Die ersten Maschinen zapfen bereits unsere Kraftwerke an – mit sehr hoher Leistungsentnahme. Bislang können wir die Energieversorgung aufrechterhalten. Aber wenn wir nicht an die Apparate herankommen und sie stoppen, wird in weiten Landstrichen das Stromnetz zusammenbrechen.«

»Alle diese Maschinen wurden von unseren Leuten hier auf Terra gebaut«, wandte Waringer ein. »Wir müssen herausfinden, warum sie unsere Kraftwerke anzapfen. Erst dann können wir vielleicht dagegen einschreiten.«

Tifflor fuhr sich mit der flachen Hand übers Gesicht. »Der Löwenanteil der geraubten Energie wird gespeichert, das ist leicht zu erkennen. Ebenso wird Energie abgegeben – an jene igelähnlichen Apparaturen, die das Gros aller Konstruktionen ausmachen.«

Von zwei bis hin zu achtzehn Metern durchmaßen die Igel. Bislang hatte niemand herausgefunden, welcher Sinn sich hinter ihnen verbarg.

»Stehen nicht im Norden Terranias Dutzende solcher Igel?«, fragte Bull.

»Dort gibt es regelrechte Pulks«, bestätigte Tifflor.

»Das Narwonwor-Team soll sich bereithalten!«, ordnete Bull an. »Ich werde mit Pawel Narwonwor einen dieser Pulks untersuchen. Immerhin ist denkbar, dass wir unter den neuen Gegebenheiten etwas herausfinden.«

Eine kurze Diskussion über Für und Wider wurde von weiteren Meldungen unterbrochen. In vielen Gebieten des Planeten stand die Stromversorgung vor dem Zusammenbruch. In den Randsektoren Terranias war der Blackout soeben eingetreten.

 

Schon bald nach seinem ersten Erwachen war Ernst Ellert wieder in eine schockähnliche Starre verfallen, die nur langsam von ihm abfiel. Zu groß war sein Entsetzen gewesen, als er festgestellt hatte, in welchem Körper er sich befand.

Während er gegen seine körperlichen und seelischen Schwierigkeiten ankämpfte, wiederholte sich in seinem Bewusstsein ein Teil jener Visionen, die Harno ihm auf EDEN II übermittelt hatte. Auch diesmal waren die Bilder nicht vollkommen, wenngleich weitaus deutlicher und verständlicher als beim ersten Mal.

Ellerts Visionen beleuchteten die Situation auf der Erde. Er sah die überall verstreuten technomanischen Maschinen in ihren glitzernden Energiesphären, sah die Unruhe in den Städten, die Verzweiflung verstörter Menschen. Dazu das Farbenspiel im Grauen Korridor. Und er sah im Weltraum Milliarden metergroßer Kugeln entstehen und auf die Erde zutreiben.

Das war es, was Harno ihm gezeigt hatte. Einsteins Tränen! Unvermittelt fiel ihm dieser Begriff wieder ein, der lange Zeit in seinem Unterbewusstsein verborgen gewesen war.

Einsteins Tränen!

Das war die Bezeichnung für die leuchtenden Kugeln, die sich Terra näherten – ein Name, der zweifellos Unheil verhieß.

Aber welche Gefahr war dahinter verborgen? So sehr Ellert im Halbschlaf seine Erinnerung durchsuchte, die richtige Antwort fand er nicht. Er entsann sich nur, dass er sie auf Harnos Oberfläche gesehen hatte.

Er musste das Hauptquartier der Hanse in Terrania erreichen, um Reginald Bull und alle anderen Verantwortlichen vor der siebten Plage zu warnen. Nur wie? Mit diesem Körper?

Abrupt war er hellwach. Er lag da und fühlte sich wie erstarrt. Den Kopf hatte er weit zurückgelehnt, damit er gar nicht in Versuchung kam, seinen Körper zu betrachten.

Warum hatte ES ihm das angetan?

Ellert versuchte, sich zu bewegen. Normalerweise war ein Körper wie der, in dem er sich nun befand, unbrauchbar. Nur, was war in diesen Tagen schon normal?

Er schaffte es, setzte sich auf und berührte mit den Füßen den Boden. Zugleich wurde ihm bewusst, dass er nackt war, der hässlichste Nackte, der je auf Terra erwacht war. Weiterhin bemüht, sich selbst nicht zu beachten, schaute Ellert sich um.

Licht war plötzlich aufgeflammt, von seiner Bewegung ausgelöst. Es beleuchtete den Raum, in dem er angekommen war. Einiges der Einrichtung erschien ihm vertraut, anderes war im Lauf der Jahrhunderte ausgetauscht oder erneuert worden.

Ellerts Blick wanderte zum Aufgang, der zu dem großen Tor hinaufführte. Konnte er überhaupt von hier entkommen? Er besaß keine Ausrüstung, schon gar keine Waffe, mit der er sich den Weg ins Freie hätte bahnen können. Falls das Tor verschlossen war, würde er ein Gefangener bleiben.

Seine Überlegungen stockten. Er entsann sich des automatischen Wachsystems, das umgehend Meldung weitergeben sollte, wenn er zu sich kam.

Aber wer bewachte schon eine halb verweste Leiche?

Ellert lachte bitter. Er brauchte Kleidung. In seinem Zustand würde er an der Oberfläche keine drei Schritte weit kommen.

Hier unten gab es nichts, keine Schränke, keine Behälter. Bis auf das Lager mit den Lebenserhaltungssystemen war...