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Buddhismus für Dummies

Jonathan Landaw, Stephan Bodian, Reinhard Engel

 

Verlag Wiley-VCH, 2017

ISBN 9783527810130 , 392 Seiten

2. Auflage

Format ePUB

Kopierschutz DRM

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15,99 EUR

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Kapitel 2

Den Geist verstehen: den Schöpfer aller Erfahrung


In diesem Kapitel

In Kapitel 1 stellen wir den Buddhismus vor, indem wir das, was er nicht ist – ein strenges, starres System religiöser Glaubensvorstellungen –, mit dem vergleichen, was er tatsächlich ist – ein praktischer, auf Erfahrung basierender Weg zur Veränderung Ihres Lebens.

Im Zentrum dieser Veränderung steht der Geist. Aber Geist ist ein recht verschwommener Begriff: Obwohl wir das Wort immer wieder verwenden – »Sie ist geistreich«, »Er war geistig weggetreten« und so weiter – ist eine präzise Definition nicht leicht.

In diesem Kapitel erzählen wir Ihnen einiges darüber, was der Buddhismus über den Geist zu sagen hat, und achten dabei besonders darauf, wie die verschiedenen Funktionen des Geistes alles formen: von Ihrer spirituellen Entwicklung bis zu Alltagserfahrungen.

Erkennen, wie der Geist die Erfahrung formt


Bei vielen Gelegenheiten sagte Buddha, dass der Geist ausnahmslos alles erzeugt, formt und erfährt, was einem widerfährt. Deshalb ist nach buddhistischer Auffassung das, was in Ihrem Innern (in Ihrem Geist) vorgeht, viel wichtiger dafür, ob Sie glücklich oder unglücklich sind, als äußere Lebensumstände.

Haben die Funktionen Ihres Geistes tatsächlich eine größere Wirkung auf Sie als Ihr Besitz oder Ihre Umwelt? Schließlich versuchen große Unternehmen und Werbeagenturen jährlich mit Milliarden Euro, Sie vom Gegenteil zu überzeugen! Ging es nach ihnen, können Sie Ihr Glück am ehesten dadurch erlangen, dass Sie kaufen, was sie zu verkaufen haben. Jon bezeichnet diesen Appell der Werbung gerne als die »Wenn‐doch‐nur‐Mentalität«: Wenn Sie doch nur ein größeres Auto fahren, in einem größeren Haus wohnen, mit einem stärkeren Mundwasser gurgeln oder ein weicheres Toilettenpapier benutzen würden – dann wären Sie wirklich glücklich. Selbst wenn Sie der Werbung nicht alles glauben, hängt Ihr Wohlbefinden doch von äußeren Faktoren ab – oder etwa nicht?

Hier ist die Analyse besonders wichtig. Denn es geht um die Frage, wie Sie Ihr Leben führen sollten. Sollten Sie Ihr Glück hauptsächlich in der Anhäufung von Besitztümern und anderen Äußerlichkeiten suchen? Oder sollten Sie in erster Linie Ihr inneres Haus in Ordnung bringen?

Das folgende Beispiel zeigt Ihnen, wie Sie dieses Problem angehen können: Zwei Freundinnen, nennen wir sie Sabine und Sonja, reisen im Urlaub gemeinsam nach Teneriffa. Sie bewohnen dasselbe luxuriöse Strandhotel, essen die gleichen Mahlzeiten, die von demselben Meisterkoch zubereitet werden, rekeln sich an denselben unberührten Stränden und führen dieselben Freizeitaktivitäten aus. Doch als sie zu Hause von ihrer Reise erzählen, hören sich ihre Geschichten an, als hätten sie in zwei ganz verschiedenen Welten Urlaub gemacht! Für Sabine war Teneriffa der Himmel auf Erden, aber für Sonja war es die reinste Hölle. Für jede wundervolle Erfahrung, die Sabine erwähnt, setzt Sonja zwei fürchterliche dagegen. Kommt Ihnen diese – natürlich hypothetische – Situation nicht bekannt vor? Ist Ihnen oder Ihren Freunden nicht schon Ähnliches passiert?

Betrachten wir ein anderes Beispiel. Im Krieg werden zwei Freunde in einem Gefangenenlager interniert. Wie in dem vorangegangenen Beispiel leben beide unter den gleichen Bedingungen, doch dieses Mal sind die äußeren Umstände elend. Ein Soldat erleidet aufgrund der schrecklichen physischen Bedingungen extreme psychische Qualen und endet verbittert und geistig gebrochen. Der andere schafft es, sich über seine Umgebung zu erheben, und wird sogar für die anderen Gefangenen zu einem Quell der Kraft. So ein Szenario kann durchaus Wirklichkeit werden. Wie also können Sie das erklären?

Diese Beispiele (und Ihre eigenen Erfahrungen) zeigen, dass die äußeren Lebensumstände nicht die einzigen – ja nicht einmal die wichtigsten – Faktoren für Ihre Zufriedenheit sind. Wenn die äußeren Bedingungen wichtiger als die Beschaffenheit Ihres Geistes wären, hätten sowohl Sabine als auch Sonja den Aufenthalt auf Teneriffa genossen, wären beide Gefangene gleichermaßen unglücklich gewesen und würde keine reiche und berühmte Person jemals an Selbstmord denken.

Ein Vergleich von Körper und Geist


Selbst, wenn Sie eine Vorstellung davon haben, was der Geist ist, fällt es Ihnen möglicherweise schwer, ihn genau zu identifizieren. Schließlich können Sie nicht auf etwas zeigen und sagen: »Dies ist mein Geist.« Warum nicht? Weil Ihr Geist kein materielles Ding ist, das aus Atomen und Molekülen besteht. Im Gegensatz zu Ihrem Gehirn, Ihrem Herzen oder einem anderen Körperorgan hat Ihr Geist weder Farbe, Form oder Gewicht noch andere physikalische Eigenschaften.

Doch solange Sie leben, bleiben Ihr Körper und Ihr Geist eng miteinander verbunden und wirken aufeinander ein. Jeder weiß, dass zu viel Alkohol den Geist beeinträchtigen kann. Die chemische Verbindung Alkohol stumpft Ihre geistigen Fähigkeiten ab, verringert Ihre Hemmungen und kann sogar Halluzinationen auslösen.

Doch umgekehrt wirkt auch der Geist auf den Körper. Zu viele Sorgen können zu körperlichen Beschwerden wie Magengeschwüren, Kolitis (Dickdarmentzündung) und hohem Blutdruck führen. Diese Verbindung ist den Medizinern natürlich nicht entgangen. Immer mehr Ärzte erkennen an, dass der geistige Zustand eines Patienten erheblichen Einfluss auf seine Genesung haben kann. Viele Krankenhäuser bieten heute psychosomatische Behandlungen (wie Hypnotherapie, Gruppengespräche und Einzelberatungen) an, um ihren Patienten zu helfen, schneller gesund zu werden. Fast jede Buchhandlung bietet Bücher über die Bedeutung des Geistes für die Gesundheit sowie den heilenden Einfluss von Visualisierungen, Affirmationen und einer positiven geistigen Einstellung an. Ein bekannter Autor unterstützte sogar seine Heilung vom Krebs, indem er sich einen Film der Marx Brothers nach dem anderen anschaute! In seinem Fall war Lachen tatsächlich die beste Medizin.

Körper und Geist sind zwar verbunden, aber sie sind nicht identisch. Sonst würden Ihre geistigen Zustände nur aus den Nervenzellen, der elektrischen Aktivität und den chemischen Reaktionen Ihres Gehirns bestehen. Aber könnte man damit das Geschehen in Ihrem Geist befriedigend erklären? Können so vielfältige Erfahrungen wie das Sich‐Verlieben, das Gefühl der Verlegenheit und eine künstlerische Eingebung auf molekulare Interaktionen reduziert werden?

Der Buddhismus lehrt, dass Ihr Körper (einschließlich Ihres Gehirns) eine physische Form hat, aber Ihr Geist (der sich all Ihrer Erfahrungen bewusst ist) formlos ist. Deshalb können Sie Ihren Geist nicht sehen oder berühren. Aber die Formlosigkeit hält Ihren Geist nicht davon ab, zu tun, was nur er tun kann – Sie in die Lage versetzen, bewusst zu sein! Tatsächlich ist genau das die Aufgabe des Geistes: aufmerksam (oder bewusst) zu sein. Dieses Bewusstsein funktioniert auf vielen verschiedenen Ebenen, vom Weltlichen (Sie sind sich der Wörter auf dieser Seite bewusst) bis zum Außerordentlichen (eine Person mit einem »erweiterten« Bewusstsein kann im Geist einer anderen Person lesen oder Ereignisse sehen, die an einem anderen Ort der Welt stattfinden).

Sich dem Geist aus drei verschiedenen buddhistischen Perspektiven annähern


Die verschiedenen buddhistischen Schulen haben jeweils ihr eigenes Vokabular entwickelt, um den Geist und seine Rolle bei der spirituellen Entwicklung zu beschreiben. Die folgenden Ansätze der drei heute im Westen hauptsächlich vertretenen buddhistischen Strömungen sollen Ihnen einen Eindruck von der Vielfalt dieser Auffassungen vermitteln:

Einige Funktionen des Geistes identifizieren


Wer ein so komplexes Thema wie das Bewusstsein oder die Bewusstheit behandelt, kann schnell ins Unverbindliche und Abstrakte abgleiten. Deshalb wollen wir mit den beiden Funktionen des Geistes beginnen, mit denen Sie sich Ihrer Welt bewusst werden: Wahrnehmung (Perzeption) und Denken (Konzeption).

Dieses Beispiel zeigt, dass hier ein zweistufiger Prozess abläuft. Der erste Schritt ist die bloße Wahrnehmung; Ihr visuelles Bewusstsein wird sich einfach einiger Sinnesdaten bewusst. Doch bald danach überzieht der denkende Teil Ihres Geistes die bloße Wahrnehmung mit einer Mischung aus Vorstellungen, Gedanken, Vorlieben und anderen dualistischen Beurteilungen. Begriffe werden als dualistisch bezeichnet, weil Sie nicht einige Dinge für »gut« halten können, ohne automatisch andere für »schlecht« zu halten. Diese dualistische Sicht der Dinge ist die Basis von Anhaftung und Ablehnung; in ihnen wiederum sieht der Buddhismus die Ursache all Ihrer Probleme.

Doch es gibt einen Moment, bevor der begriffsbildende Geist ins Spiel kommt. Dann kann Ihr Geist einen flüchtigen Blick auf das Objekt werfen, so wie es ist, ohne dass Beurteilungen, Interpretationen oder Geschichte dazwischenstehen. Um unser...