dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Der Pfad des Mörders - Thriller

Brad Thor

 

Verlag Festa Verlag, 2017

ISBN 9783865525253 , 100 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

Geräte

4,99 EUR


 

3

Präsident Jack Rutledge betrat den sicheren Konferenzsaal unter dem Weißen Haus, allgemein nur als Situation Room bekannt. Der Nationale Sicherheitsrat erwartete ihn mit einer Mischung aus vorsichtiger Besorgnis und professionellem Unbehagen. Zu einer solch unchristlichen Zeit herbeizitiert zu werden, noch dazu an einem Wochenende, machte jeden nervös.

»Bitte setzen Sie sich doch«, sagte der Präsident, während er am Kopfende des langen Kirschholztischs Platz nahm. »Vielen Dank, dass Sie an diesem Samstag so früh kommen konnten. Wie Sie alle wissen, sind die Auswirkungen des Terroranschlags auf die Prophetenmoschee in Medina mindestens so verheerend, wie wir befürchteten. Die Israelis erleben zurzeit eine Welle von Selbstmordattentaten, und überall in der islamischen Welt rufen Imame und Mullahs zu weiteren Vergeltungsschlägen auf. Erwartungsgemäß verschärfen muslimische Extremisten nun ihre Rhetorik und fordern einen Angriff auf die Vereinigten Staaten, weil wir bekanntlich Israel unterstützen.

Um alles noch schlimmer zu machen, besteht die Reaktion der Israelis auf die jüngsten Anschläge darin, dass sie mit aller Konsequenz gegen die Palästinenser vorgehen. Das macht dem palästinensischen Chefunterhändler, Ali Hasan, das Leben extrem schwer. Wie wir alle verfolgt haben, entwickelte er sich innerhalb kürzester Zeit zu einer der Schlüsselfiguren im Friedensprozess. Jemand wie er dürfte großen Anteil an der Zukunft Palästinas haben. Während Hasans Volk, ebenso wie ein Großteil der arabischen Welt, nach Blut schreit, gehört er zu den wenigen Stimmen, die eine friedliche Lösung einfordern.

Was die Organisation Hand Gottes betrifft, behaupten die Israelis, der Sache nachzugehen, betonen jedoch, keinerlei Informationen über eine derartige Gruppierung zu besitzen. Im Gegensatz zu dem, was die arabische Presse schreibt, werde sie von ihnen in keinster Weise unterstützt. Wir haben gewisse Bedenken, ob die Israelis uns wirklich alles sagen. Nach dieser einleitenden Bemerkung möchte ich jetzt CIA-Direktor Vaile bitten, uns seinen Bericht zu präsentieren.«

»Vielen Dank, Mr. President«, sagte Vaile, während sein Assistent Aktenordner an die Versammelten austeilte. »Wie Sie alle wissen, ermittelt die CIA seit letzter Woche aktiv wegen des Terroranschlags in Medina. Insbesondere sind wir daran interessiert, die Identität einer bislang unbekannten Terrorgruppierung zu klären, die sich Hand Gottes nennt. Wir konnten bestätigen, dass es sich bei dem für den Anschlag benutzten Geschoss tatsächlich um eine TOW-2-Kurzstreckenrakete israelischer Bauart handelt. Ergänzend zum Bericht des Präsidenten über die seit dem Anschlag wachsenden Unruhen in der islamischen Welt hält es die CIA für wichtig, auf den stetig wachsenden Zuspruch hinzuweisen, den die Hand Gottes in ganz Israel erfährt. Allem Anschein nach wächst in der israelischen Öffentlichkeit der Wunsch nach Selbstjustiz. Die Regierung tut äußerst wenig, um entsprechende Appelle zum Verstummen zu bringen. Nach außen hin haben die meisten israelischen Offiziellen den Anschlag zwar halbherzig verurteilt, äußern sich intern jedoch positiv darüber. Das hat in der vergangenen Woche das Interesse unserer Analysten geweckt.«

»Wollen Sie damit andeuten, die israelische Regierung habe tatsächlich etwas mit dem Anschlag in Medina zu tun?«, fragte der Direktor der Homeland Security, Alan Driehaus.

»Wir haben keine konkreten Beweise dafür, aber …«

»Nun, was haben Sie?«, wollte Jennifer Staley wissen, die Außenministerin, während sie in dem ausgeteilten Dossier blätterte.

»Nach dem Massaker an den israelischen Sportlern bei den Olympischen Spielen von München 1972 wollte Ministerpräsidentin Golda Meir gemeinsam mit mehreren hochrangigen israelischen Amtsträgern eine Botschaft aussenden, nicht nur an alle am Massaker von München Beteiligten, sondern auch an jeden, der jemals mit dem Gedanken liebäugelt, einen Anschlag auf Israel zu verüben. Sie lautete: Wer so etwas tut, muss mit tödlicher Vergeltung rechnen.

Um die Botschaft an den Mann zu bringen, wurde ein verdecktes Einsatzteam aus der Sabotage-Einheit des Mossad zusammengestellt. Keine Verhaftungen, kein Gerichtsverfahren, keine Berufung. Die Zielsetzung war einfach: Tötet jeden, den ihr in die Finger bekommt, ob er nun direkt oder indirekt mit dem Attentat in München zu tun hatte, damit die übrigen Terroristen in Furcht leben und nie genau wissen, ob sie nicht die nächsten Opfer sind. Dabei spielte es auch keine Rolle, wo die Verdächtigen sich verkrochen. Das Team war autorisiert, sie überall auf der Welt zur Strecke zu bringen.«

»Ich erinnere mich«, meinte die Außenministerin. »Wie nannten die Israelis diese Gruppe noch mal?«

»Zorn Gottes«, erwiderte Vaile. Die Anwesenden, allesamt mit den Akten beschäftigt, blickten mit plötzlich erwachtem Interesse zum CIA-Direktor auf.

Homeland-Security-Direktor Driehaus rutschte unbehaglich auf seinem Stuhl herum. »Wollen Sie uns erzählen, dass Sie glauben, die Israelis hätten diese Einheit reaktiviert, um die arabische Welt zu terrorisieren?«

»Das lässt sich zum jetzigen Zeitpunkt noch nicht bestätigen, aber wir nutzen jede Ressource, um der Sache auf den Grund zu gehen. Die Israelis zählen zu den Besten, was Undercover-Operationen angeht. Wenn die nicht wollen, dass jemand mitbekommt, dass sie hinter einer Sache stecken, erfährt es meistens auch keiner.«

»Welche diplomatischen Kanäle haben wir bemüht?«, hakte die Außenministerin nach.

Vaile streifte Präsident Rutledge mit einem Blick, ehe er antwortete: »Der Präsident hat den israelischen Ministerpräsidenten direkt mit dem Verdacht konfrontiert. Dieser wies jede Beteiligung seines Landes an den Machenschaften der Hand Gottes empört von sich.«

»Also, was wissen wir tatsächlich?«, fragte der Vorsitzende des Vereinigten Generalstabs.

»Fest steht, dass das Timing kaum schlimmer sein könnte. Wenn Sie gestatten, möchte ich gerne erklären, weshalb der Präsident dieses Treffen anberaumt hat.« Vaile bat darum, das Licht zu dimmen, während er den Laptop hochfuhr. Zwei große Flachbildschirme an der Stirnseite des Situation Rooms erwachten mit dem Siegel der Central Intelligence Agency zum Leben, während der Direktor mit der Präsentation begann.

»Bevor Osama bin Laden auf der Bildfläche erschien, stand überwiegend Abu Nidal im Rampenlicht. Er gilt nicht nur als Vater des internationalen Terrorismus, sondern steckte auch hinter jedem noch so kleinen Anschlag. Die Abu Nidal Organisation – auch bekannt als FRC, Fatah Revolutionary Council, Revolutionsrat der Fatah – verübte mehr als 90 Terroranschläge in 20 Ländern, wobei über 1000 Menschen zu Tode kamen oder verletzt wurden. Deshalb stufte das Außenministerium Nidal und dessen Leute vorübergehend als gefährlichste Terrororganisation der Welt ein. Seine Ziele waren die Vereinigten Staaten, Großbritannien, Frankreich, Israel, gemäßigte Palästinenser, die PLO und diverse arabische Nationen. Als vorrangiges Ziel der Organisation im Anschluss an die Begründung eines Palästinenserstaats galt die Vernichtung Israels und danach der Vereinigten Staaten …«

»Moment«, unterbrach die Außenministerin. »Diese Leute sind seit Jahren nicht mehr in Erscheinung getreten. Ich dachte, wir unterstellen, dass Abu Nidal in Bagdad getötet wurde.«

»Die CIA neigt dazu, Ihnen zuzustimmen«, erwiderte Vaile.

»Wovon reden wir dann eigentlich?«

»Darüber«, sagte Vaile, während er die nächste Folie seiner Präsentation aufrief.

Die lange Liste von Abu Nidals Terroraktivitäten, unter anderem auch als Drahtzieher der Anschläge auf die Flughäfen von Rom und Wien und des Bombenanschlags auf Pan-Am-Flug 103 über Lockerbie, Schottland, wich der Silhouette eines Männerkopfes.

»Ladys und Gentlemen, darf ich Ihnen Hashim Nidal vorstellen? Abu Nidals Sohn.«

»Aber da ist ja niemand zu sehen«, meldete sich der Vorsitzende des Vereinigten Generalstabs zu Wort.

»Genau darin liegt die größte Bedrohung, der sich unser Land momentan gegenübersieht«, entgegnete Vaile.

»Director Vaile«, sagte der Direktor der Homeland Security, »wollen Sie damit andeuten, dass Ihnen trotz der enormen Ressourcen, über die die CIA verfügt, nicht einmal ein Bild dieses Mannes vorliegt?«

»Das ist bedauerlicherweise korrekt. Abu Nidal hat große Anstrengungen unternommen, um allein schon die Tatsache, dass er überhaupt einen Sohn hatte, geheim zu halten. Das Einzige, was wir bisher ermitteln konnten, ist sein Name. Frei aus dem Arabischen übersetzt, bedeutet Hashim übrigens ›Vernichter des Bösen‹.«

»Das ist ja reizend«, kommentierte die Außenministerin, während sie ihre Mappe zuschlug und wegschob. »Wollen Sie damit andeuten, Mr. Vaile, dass Abu Nidal das Zepter an seinen Sohn weitergegeben hat?«

»Die uns vorliegenden Informationen legen exakt das nahe.«

»Und was für Informationen sind das?«

»Laut unseren Quellen hat Hashim Nidal ein internationales Netzwerk islamischer Terrororganisationen begründet, dem unter anderem Hamas, Hisbollah, Al-Aqsa-Märtyrerbrigaden, die Überreste von Al-Qaida, die Muslimbruderschaft und Abu Sajaf, die Dschihadisten auf den Philippinen, angehören … Die Liste ließe sich endlos fortsetzen. Er hat sie davon überzeugt, dass sie Allah am besten dienen, indem sie sich zusammenschließen. Er kennt sowohl ihre Stärken als auch ihre Schwächen. Sie tauschen Strategien und Informationen aus, selbst die Ausbildung betreiben sie...