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Der Herr des Krieges Teil 3 - Teil 3 'Over the Hills and Far Away'

Peter Urban

 

Verlag neobooks Self-Publishing, 2017

ISBN 9783742788719 , 245 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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2,99 EUR


 

Kapitel 2 Partisanenkrieg in Navarra


Am Golf von Biskaya befanden sich nur noch die Häfen von Santora, Guetaria und San Sebastian in französischer Hand, und im Landesinneren, im nördlicheren Teil Nordspaniens besetzten die Adler lediglich wenige befestigte Plätze, die sich entlang der Hauptstraße von Burgos nach Bayonne zogen. Die Landstriche die sich zwischen diesen Festungen befanden, regierte der spanische Widerstand. El Minas, der mit richtigem Namen eigentlich Francisco Espoz y Mina hieß, hatte sogar die Unverfrorenheit besessen, eigene Grenzkontrollpunkte in den Pyrenäen einzurichten. Um eine Depesche von Paris zu König Joseph zu schicken, waren mindestens sechs Wochen notwendig, denn es bedurfte einer gezielten, militärischen Operation der Franzosen, um die Straße für einen Kurier freizumachen. Die Guerillaarmeen Navarras und Biskayas beherrschten den gesamten Landstrich. Anfang 1813 wurde dann sowohl Napoleon Bonaparte als auch seinem Bruder Joseph klar, daß General Cafarelli und die Nordarmee mit ihren 40.000 Mann der Situation ganz und gar nicht gewachsen waren, und der Kaiser ersetzte Cafarelli durch Clausel. Die Adler etablierten auf Befehl des Korsen die Hauptstadt und König Joseph in Valladolid. Zwar war zum Jahresende 1812 hin gelungen, Madrid eine Woche lang erneut zu besetzen, aber wegen des massiven Widerstand der Bevölkerung von Zentralspanien verloren die Franzosen die Stadt sofort wieder und gaben ganz Zentralspanien mehr oder weniger auf. Mit der Schreckensmeldung über Napoleon Bonapartes Fehlschlag gegen Rußland und den dramatischen Untergang seiner ‚Grande Armée’, erhielt König Joseph aus Paris außerdem noch den Befehl, 15.000 seiner Soldaten sofort in Richtung der Grenze in Marsch zu setzen und sie seinem kaiserlichen Bruder zu übergeben, der dabei war, eine neue ‚Grande Armée’ auszuheben. Für den französischen Usurpator auf dem Bourbonenthron war der Winter 1812/1813 ein trauriger: Er verstand, daß er nicht auf Hilfe aus Paris hoffen konnte!

Zusammen mit den 15.000 Adlern befahl der Korse auch Marschall Soult zu sich nach Hause. Anstelle des erfahrenen alten Fuchses sandte er Marschall Jourdan zu seinem Bruder nach Valladolid. Jourdan hatte unter La Fayette im Amerikanischen Unabhängigkeitskrieg gekämpft. Dann war er zu einer berühmten Persönlichkeit geworden, denn er hatte die revolutionären Truppen Frankreichs im Jahre 1794 bei Fleurus zum Sieg gegen Prinz Friedrich von Sachsen-Coburg geführt. Im Anschluß an diesen glorreichen Sieg, über den man tuschelte, daß er weniger dem militärischen Genie Jourdans als vielmehr dem revolutionären Eifer seiner Truppen entsprungen war, sicherte er sich das Kommando über die berühmte ‚Armee de Sambre et Meuse’. Doch seine Gloria sollte nicht von langer Dauer sein: Bereits im Jahre 1799 wurde er von Erzherzog Karl von Österreich bei Ostrach und bei Stockach in die Schranken gewiesen. Und weil er sich auch noch – in den Tagen des Staatsstreiches vom 18. Brumaire – ähnlich wie Bernadotte, dem Machthunger General Bonapartes widersetzt hatte, fiel er in Ungnade. Jourdan war ein Kind der Revolution und ein überzeugter Republikaner. Nach der Kaiserkrönung machte sein ehemaliger Waffengefährte aus Korsika ihn nur deswegen zum Marschall von Frankreich, weil er ansonsten die Gefühle gewisser Volksschichten Frankreichs verletzt hätte.

Schnell schob das Empire den ungeliebten Republikaner und Revolutionssoldaten nach Spanien ab, wo er dem neuen spanischen König – Joseph Bonaparte – als militärischer Berater zur Seite stehen sollte: Fernab der Hauptstadt und auf einem, wie Napoleon annahm, unbedeutenden Nebenkriegsschauplatz.

Und dann landete ein unbekannter, blutjunger, britischer General in Portugal, überschritt – nach einigem Hin und Her – die Grenze nach Spanien, schlug den vom Unglück verfolgten Jean-Baptiste und zog sich wieder über die Grenze zurück. Jourdan wurde wütend nach Paris beordert, von Napoleon wegen dieser Niederlage gegen einen ‚Sepoy-General’ lautstark und in den schlimmsten Tönen beschimpft und dann, in Ungnade gefallen, auf seinen Landsitz, fernab der Hauptstadt verbannt.

Auf den ersten Blick hätte man annehmen müssen, daß König Joseph über die Entsendung von Jourdan und die Abberufung von Soult unglücklich war. Doch genau das Gegenteil war der Fall: Der Marschall hatte Qualitäten, die keiner seiner Vorgänger je gehabt hatte und die den Bruder des Kaisers, nun wo er endlich den uneingeschränkten Oberbefehl über die französischen Truppen in seinem Königreich führte, zutiefst befriedigten. Er war ein disziplinierter, gehorsamer Soldat und ein grundehrlicher Mensch, der sich nicht dazu herabließ, seine kostbare Zeit mit Hofintrigen und Ränkespielen zwischen Valladolid und Paris zu verschwenden. Außerdem war er militärisch leidlich kompetent und besaß einen friedfertigen und umgänglichen Charakter. Er war, so seltsam dies klang, Joseph Bonapartes Wunschkandidat gewesen!

Während Wellington zufrieden Füchse durch die Beira jagte und seine Leoparden sich an den Fleischtöpfen und Weinfässern Portugals von den Anstrengungen des Vorjahres erholten, entwickelten der zutiefst beunruhigte König von Spanien und sein Marschall eine geradezu frenetische Aktivität: Sie planten ihre militärischen Aktionen für das Jahr 1813: In Anbetracht der Tatsache, das der Bruder Napoleon Bonapartes nun sehr wohl seinen angelsächsischen Gegner und dessen ständig wachsendes Feldheer einschätzen und beurteilen konnte – zehn große und unzählige kleine Niederlagen auf den Schlachtfeldern der Pyrenäenhalbinsel sprachen ihre eigene Sprache –, plante man eine Verteidigungsstrategie. Obwohl kein wütender Leopard durch Regen, Schnee und Frühlingsunwetter bösartig über die Grenze fauchte, waren Jourdan und Joseph sich doch darüber einig, daß die Alliierten pünktlich mit den ersten Sonnenstrahlen wieder gegen sie ziehen und sich dabei gar nicht mehr defensiv verhalten würden. Die beiden Franzosen neigten zu der Annahme, daß der Ire seine Streitmacht sofort auf die Straße Salamanca–Valladolid werfen würde, um den Feind im Herzen seiner neuen Machtzentrale zu treffen. Sie beschlossen, diesem Schlag mit einer Verteidigungslinie entlang dem Douro zu begegnen. Zwischen Toro und Tordesillas wollten sie die Alliierten aufhalten, so wie Marmont es bereits im Juni 1812 versucht hatte. Sie hofften, daß ihre Divisionen den unberechenbaren Sepoy-General und seine wilden Leoparden entlang dieser Front lange genug im Vormarsch stoppen konnten, um französische Verstärkung aus der Portugalarmee Reilles und der Nordarmee Clausels heranzuführen und den Gegner dann, mit einer zahlenmäßigen Überlegenheit ihrer Truppen, zur Vernunft und zum Rückzug nach Portugal zu zwingen. Weder der König noch sein Marschall wagten es zu denken, daß sie den Iren in einer offenen Feldschlacht überhaupt noch besiegen konnten. Der Gedanke an das Frühjahr 1813, das immer näher rückte, raubte sowohl dem König als auch seinem Marschall den Schlaf.



Lord Wellington schlief ruhig: Er schlief so ruhig, wie er in diesen Tagen lebte. Es war ein neues, sonderbares und doch wundervolles Gefühl, frei von Furcht zu sein: Seine Gespenster quälten ihn nicht in diesem Winterlager. Es schien, als ob sie akzeptiert hatten, daß er alles tat, was in seiner Macht stand, um das französische Ungeheuer mit den geringstmöglichen Verlusten niederzuringen. Es schien, als ob sie ihm endlich glaubten, daß er das ganze Blutvergießen genauso haßte, wie sie. Es schien, als ob sie endlich einsahen, daß er mit derselben geborgten Zeit lebte, mit der auch sie gelebt hatten. Er hatte das Schicksal 25 Jahre lang herausgefordert und es dem Gevatter angeboten – „Nimm auch mich!” –, doch der alte Mann hatte jedesmal abgelehnt und ihn wieder zurückgeschickt in die Welt der Lebenden, denn er hatte seine Aufgabe noch nicht erfüllt. Mit jedem Sieg, mit jedem Schritt vorwärts, den er gegen die französische Schreckensherrschaft auf der Iberischen Halbinsel getan hatte, war die Aufgabe sogar noch gewachsen. Nach Talavera hatte ein kleiner Kreis der britischen Führungselite anerkannt, daß er der richtige Mann, auf dem richtigen Posten und in der richtigen Zeit war. Nach Bussaco war seine Lobby zu Hause dann langsam immer größer geworden. Nach dem Fall von Badajoz und der Einnahme von Madrid stand plötzlich ein ganzes Königreich geschlossen hinter seinem höchsten Offizier auf dem Kontinent und erkannte ihm auch noch eine bedeutende außenpolitische Rolle in der Festigung der Allianz mit den iberischen Verbündeten zu. Der große Sieg von Salamanca hatte den Sepoy-General nun plötzlich, und für ihn selbst überraschend, in den Rang einer politischen, europäischen Persönlichkeit erhoben. John Churchill, der 1. Herzog von Marlborough hatte in Arthur Wellesley, dem 1. Marquis of Wellington seinen würdigen Nachfolger gefunden.



All das spiegelten die Korrespondenzen wider, mit denen sich tagtäglich Kuriere in sein verlorenes Winterquartier in den Bergen der Beira hinaufquälten. Die britische Regierung traf kaum noch eine Entscheidung in ihrem Kampf gegen Napoleon Bonaparte, ohne sich zuvor der Zustimmung ihres Generals zu versichern, und die Regierungen der neuen Verbündeten, Preußen, Rußland und Österreich, gaben sich große Mühe, dem illustren Feldherrn regelmäßig ihre Achtung und ihren Respekt zu bezeugen, um sicherzustellen, daß er ihnen gegenüber gefällig gestimmt wurde. Männer, wie Fürst Metternich oder der Fürst von Hardenberg wußten sehr wohl, daß der britische Thron sein Schwert, sobald der Krieg zu Ende war, auf den Schlachtfeldern der europäischen Diplomatie einsetzen würde, um die Früchte seiner Anstrengungen gegen die Französische...