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Ein MORDs-Team - Band 18: Die Maske fällt

Andreas Suchanek

 

Verlag Greenlight Press, 2017

ISBN 9783958342712 , 120 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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2,49 EUR


 

Die Barrington Cove Highschool


Ein Freitagmorgen

 

Mason fühlte die behagliche Wärme eines Sonnenstrahls, der durch das Fenster auf sein Gesicht fiel. Der Tisch war nicht unbedingt bequem, aber wo er schlief, war letztlich egal.

Er blinzelte.

»Waaahhh!«

Direkt vor ihm, mit der Nasenspitze nur einen Zentimeter entfernt von seinem Gesicht, stand Hester Stone. Sie hatte sich herabgebeugt und grinste nun überraschend frech.

»Guten Morgen, Mister Collister.«

»Mo… Morgen. Sie sehen heute wieder gut aus, Ms Stone.«

»Ihre Überlebensreflexe liegen eindeutig nicht in einer Charmeoffensive begründet. In einem ähnlich gelagerten Fall sollten Sie einfach fliehen.«

Masons Blick wanderte zur Tür.

»In diesem Fall ist das nicht ratsam«, stellte sie klar.

Er blieb sitzen und lächelte sie an. Auf Olivias Rat hin ließ er auch seine Augen klimpern.

»Haben Sie Zuckungen?«

»Ähm, das ist der Stress.«

»Vom vielen Schlafen?«

»Genau. Albträume.«

In den Reihen hinter ihm wurde gekichert. Masons Nacken wurde heiß. Dort saßen die Mädchen, die eine Fanpage von ihm gebastelt hatten, nachdem er Socke aus Olivias Auto gerettet hatte.

»Wäre das hier eine normale Unterrichtsstunde, würde Ihr Albtraum gerade beginnen«, sprach Hester Stone weiter.

Ihr Haar war elegant nach hinten hochgesteckt, die spitze Nase deutete wie ein Speer auf Mason. Der durchdringende Blick fixierte ihn und sorgte stets aufs Neue dafür, dass er sich in die Grundschule zurückversetzt fühlte.

Die Klingel ertönte.

»Mir ist natürlich klar, dass Ihre Lernintention …«

Doch die Schüler sprangen auf. Und da die letzten Klausuren geschrieben waren, konnte nicht einmal Hester Stone verhindern, dass sie aus der Klasse strömten wie Wasser aus einem löchrigen Eimer.

Die Lehrerin kehrte seufzend zu ihrem Pult zurück, zog eine Brotdose hervor, auf der eine Vase aufgemalt war, und begann zu essen.

»Okay. Wie geplant, diplomatisch«, warnte Randy.

Gemeinsam traten sie an das Pult heran.

»Guten Appetit«, wünschte Mason.

»Na schön, was wollen Sie?«

Mason versuchte gar nicht erst, einen Umweg zu finden. »Billy Tarnowski hat sie 1984 im Waisenhaus besucht. In Sunforest Cove. Können Sie uns sagen, warum?«

Ms Stone hielt inne. Ihre Augen blinzelten wie die eines überdimensionierten Kanarienvogels. Sie legte das Brot auf das Pult. »Das letzte Mal, als Sie Ermittlungen anstellten, kam es zu einer Kette unangenehmer Vorkommnisse, in deren Verlauf ich von einem Balkon fiel, ein Serienkiller uns umbringen wollte, die Highschool explodierte und ein Riesenrad abbrannte. Vermutlich geschah noch einiges mehr, von dem ich nichts weiß. Muss ich darauf vorbereitet sein, dass etwas Ähnliches erneut geschieht? Stürzt das College ebenfalls ein?«

»Haha. Oh, das ist Ihr Ernst. Nein, so was wird ganz bestimmt nicht passieren.« Mason musste zugeben, dass es ihm an Überzeugungskraft mangelte.

»Es ist wichtig«, beschwor Randy die Lehrerin.

»Na schön.«

»Was?! Ich breche mir hier einen ab und er muss nur sagen ›Es ist wichtig‹? Das ist so was von …«

»Mase«, sagte Randy nur.

»Oh, okay. Schießen Sie los. Sorry.«

Der Hauch eines Schmunzelns umrahmte Ms Stones Mund, bevor er sich wieder in einen Strich verwandelte. »Nun, da gibt es nichts Außergewöhnliches. Mister Tarnowski arbeitete zu jener Zeit als Helfer auf dem Bau. Er war auch für einige Ausbesserungen am Waisenhaus verantwortlich. Später nahm er, so weit ich weiß, keine Aufträge von der Stadt mehr an und arbeitete nur noch für einen privaten Auftraggeber. Nicht, dass das eine Rolle spielte. Er sah öfter bei mir vorbei, weil er mit einer der Mütter Bekanntschaft geschlossen hatte. Das erfuhr ich allerdings erst später. Offiziell ging es immer um irgendwelche Unterlagen, die ich abzeichnen sollte.«

Sie wussten, weshalb Hester Stone das Wort betonte. Das Sunforest Cove Waisenhaus hatte es Müttern ermöglicht, anonym zu entbinden und das Kind in der Obhut des Hauses zu lassen. Dass dadurch ein gewaltiger Erpresserring der Dynastien am Leben erhalten wurde, wussten sie erst seit vergangenem Jahr. Zahlreiche Kinder wurden illegal vermittelt und die neuen Eltern später erpresst.

Auch Bürgermeister Tyler, der Mörder von Marietta King, war einst im Waisenhaus aufgewachsen; der illegitime Spross von Sylvia Baker, der Ehefrau des Schuhfabrikanten.

»Mit wem war er denn damals befreundet?«, fragte Mason. »Ich dachte, es wären hauptsächlich junge Mädchen oder Damen aus der feinen Gesellschaft gewesen, die das Waisenhaus aufgesucht haben.«

Mason setzte sich gedankenverloren schräg auf das Pult.

Eine Braue von Hester Stone wanderte in die Höhe, sie sagte jedoch nichts. »In der Tat, Mister Collister. Und ich muss zu meiner Schande gestehen, dass ich nicht weiß, mit wem er sich damals getroffen hat. Ich erwischte ihn nur einmal beim Betreten und einmal beim Verlassen der Räumlichkeiten unserer Angestellten. Doch auf Nachfrage wusste niemand, mit wem er ein Stelldichein gehabt hatte. Nach einiger Zeit hörte das von alleine auf, wie mir zugetragen wurde.«

»Interessant«, murmelte Randy. »Vielen Dank.« Er strahlte die Lehrerin an.

Prompt wurde Ms Stone rot. »Ach, gerne doch.«

»Ja, danke!«, brüllte Mason.

Ms Stone zuckte zusammen.

Er sprang auf, wobei seine Hüfte die Brotbox mit dem Vasenmuster streifte. Sie segelte durch die Luft, donnerte auf den Boden und blieb – mit einem Riss in der Seite – liegen.

Hester Stones Gesicht entgleiste. »Das war ein Unikat.«

»Also, das tut mir jetzt leid.« Mason wartete nicht länger ab, er rannte – ganz dem Rat zur Flucht folgend – aus dem Zimmer.

Vor der Schule wartete er auf Randy.

»Alter, sie wird dich nie wieder auch nur in die Nähe einer Tuschezeichnung von einer Vase lassen.« Sein bester Freund schüttelte den Kopf. »Wie schaffst du das nur immer?«

»Was weiß denn ich? Was hat sie auch mit ihren blöden Vasen?«

Er dachte mit Grauen daran zurück, wie Socke auf dem Flohmarkt für die Zerstörung einer Vase gesorgt hatte. Nicht zu vergessen die Male zuvor, an denen er selbst es gewesen war. Unbeabsichtigt.

Randy schaute auf sein Smartphone. »Olivia und Sonja sind schon im Leuchtturm. Danielle auch.«

»Die hat es gut.«

Das Internat in Kanada hatte ihr alle notwendigen Abschlussarbeiten anerkannt. Die Credit Points reichten aus, sie hatte ihren Abschluss in der Tasche und damit frei, bis es im Herbst weiterging.

Olivia war es gelungen, aus der Arbeit in der Galerie eine Abschlussarbeit zu fertigen. Dadurch musste sie ebenfalls nicht mehr anwesend sein.

Nur Randy und er gehörten trotz ausreichender Credit Points in die Riege der braven Anwesenden. Seine Mum hatte ihm mit Hölle und Verdammnis gedroht – was hauptsächlich seine Skateboards betraf –, falls er die Schule schwänzte.

»Das Leben ist ungerecht.«

»Hm?«

»Ach, nichts. Gehen wir.«

Sie stiegen auf die Räder und fuhren zum Leuchtturm.

 

*

 

Als die Tür sich öffnete und die anderen eintrafen, konnte Mason gerade noch die Plastikfolie zurück über die leere Kekspackung ziehen und sie ins Regal stellen.

»Finger weg, Collister!«, rief Olivia.

»Ich will deine blöden Kekse gar nicht«, gab er zurück.

Sonja und Kenneth bildeten den Abschluss.

Es war ein sonniger Freitagmittag. Vom Meer wehte eine leichte Brise in den Raum, die Fenster waren gekippt. Möwen kreischten, der Geruch von Salz und Tang lag in der Luft. In der Ferne erklang das Röhren eines Schiffshorns.

Danielle dachte wie immer praktisch und stellte gemeinsam mit Randy Gläser und Tassen auf den Tisch. Als sie an die Kekse gehen wollte, wehrte Mason schnell ab: »Olivia sagt, die sollen aufgehoben werden.«

Glücklicherweise zuckte sie nur mit den Schultern und akzeptierte das Verbot.

»Also gut, wir haben eine Menge zu tun«, begann Sonja. »Kenneth und ich kümmern uns um die Unterlagen über das Tarnowski-Haus und die Skizzen der Häuser.«

Es war reines Glück, dass Randy einige der alten Unterlagen geknipst hatte, bevor das Chamäleon seine Säureattacke startete.

»Was glaubt ihr denn zu finden?«, fragte Randy.

»Irgendein Muster«, erwiderte Sonja. »Die meisten der Häuser oder Wohnungen sind vermietet, aber in einem muss der Graf doch selbst wohnen. Oder derjenige, der der Graf sein sollte.«

»Es ist Freitag«, merkte Mason an. »Hör auf, kompliziert zu sprechen. Mein Gehirn ist schon...