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Falsche Engel küsst man nicht - Ein Steffen Schröder Krimi

Peter Braukmann

 

Verlag Peter Braukmann, 2017

ISBN 9783962557836 , 290 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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0,99 EUR


 

21


 

In Deià lief alles bestens. Hervorragend organisiert wurden Tag um Tag Busladungen mit Touristen in der Stadt abgeladen. Die Besucher waren begeistert, die Geschäfte in der Dorfstraße und einigen Boutiquen liefen hervorragend, die Restaurants hatten eine nahezu einhundertprozentige Auslastung. Seit meinem Besuch in Meißen hatte ich nichts mehr von Gläser gehört. Eine Woche war verstrichen, heute klingelte mein Telefon.

„Schröder“, polterte Gläser ohne eine Begrüßung los. „Ich hatte heute Abend beim Griechen eine Idee.“

„Nach dem wievielten Ouzo?“, fragte ich.

„Tut nichts zur Sache. Was wäre, wenn der olle Ramirez y Franco illegale Waffengeschäfte betreibt und die Kohle bei euch wäscht?“

Für einen Moment verschlug es mir die Sprache. Dann sagte ich:

„Interessanter Ansatz.“

„Wenn ihr da jede Menge Fälschungen an Kunden verkauft, die gar keine Kunden sind, sondern zur Firma gehören?“

„Die Arbeiten, die ich in meiner Abteilung verkaufe sind alle echt, das kann ich dir versichern.“

„Schön, aber händigst du die Bilder auch an die Käufer aus?“

Ich stutzte. Das tat ich nicht, und ich beschrieb ihm das System.

„Ist doch ideal“, lachte Gläser. „Stell dir mal vor, die verschicken leere Pakete und die angeblich verkauften Werke tauchen dann später als Neuankäufe wieder bei dir auf.“

„Das geht so nicht. Die Lithografien sind im Stein durchgehend nummeriert.“

„Habt ihr das gelistet?“

Das war eine gute Frage. Wir listeten den Künstler, den Titel des Bildes, das Jahr des Drucks, den Preis. Nicht aber die Nummerierungen. Das war mir nicht aufgefallen.

„Siehst du“, lachte Gläser. „Du solltest dir mal eigene Notizen machen. Und was ist überhaupt mit dem super teuren Stück Eurer Galerie. Der olle El Greco. Ist der echt, weißt du das?“

Ich kannte nur die Expertisen, das sagte ich ihm.

„Mensch Schröder, wo kommst du denn her? Papier ist geduldig. Wer garantiert dir die Echtheit der Zertifikate?“

Das war meine Kollegin Maria, an der hegte ich keinen Zweifel.

„Schröder, wo kommen denn bei dir mit einem Mal die blauen Augen her? Also ich finde mein Gedankenspiel einfach genial. Nimm dich mal der Idee an und checke in die Richtung. Wenn ich recht haben sollte, haben wir ein Geldwaschsystem entdeckt, das wirklich einmalig ist. Also, mach hin“, sagte er und legte auf.

Das musste ich erst einmal verdauen. Ich kam nicht umhin, mir einzugestehen, dass Gläsers Idee für sich betrachtet einleuchtend war. Die Kontrolle der Lithografien würde eine langfristige Angelegenheit werden. In der Vergangenheit hatte mir Marie keine Werke nachgeliefert, die wir vorher schon in der Ausstellung gehabt hatten. Blieb der El Greco. Mir fiel der Name eines genialen Kunstfälschers ein, den ich vor Jahren in den USA festgesetzt hatte. Soweit mir bekannt war, hatte der Mann mit der Staatsanwaltschaft einen Deal ausgehandelt und war mit einer geringen Strafe davongekommen. Er war längst wieder auf freiem Fuß. Wie sollte ich an ihn herankommen? Da musste ich wohl noch einmal meinen alten Kumpel bei der CIA bemühen. Ich rief noch am selben späten Abend in Langley an und erzählte von meinem Wunsch. Eliot war natürlich wieder nicht begeistert.

„Guck bitte in deinen Computer und hilf mir weiter“, knurrte ich. „Ist wichtig.“

„Gib mir einen Tag. Ich schicke dir eine SMS. Und dann lass mich gefälligst mit deinen Wünschen in Ruhe.“

Ich dankte ihm, wohl wissend, dass er es nicht so meinte.

Am Morgen des nächsten Tages, einem Dienstag, herrschte in der Galerie aufgeregte Betriebsamkeit. Röder war früh aus Palma eingetroffen und versammelte uns alle in seinem Büro.

„Liebe Freundinnen und Freunde“, begrüßte er uns. „Ich habe eine tolle Nachricht für euch. Wir haben ein Schreiben von einem russischen Kunstliebhaber erhalten. Einem Oligarchen mit Namen Wassily Potemkin, großer Name. Er ist an dem Ankauf unseres El Greco interessiert und wird in der nächsten Woche am Mittwoch hier eintreffen, um das Bild persönlich und mit seinen Beratern zu begutachten. Bereiten Sie sich alle gut vor. Halten Sie Essen und Getränke bereit. Maria, Sie werden sich persönlich um den Herrn kümmern. Die anderen halten sich dezent zurück. Verstanden? Wenn wir das Bild verkaufen können, haben wir zusammen mit all den anderen bereits getätigten Verkäufen ein erstes Vierteljahr vorzuweisen, was seines gleichen sucht. Viel Glück. Ich halte mich aus der Sache heraus und erwarte am Ende die Meldung über einen positiven Vollzug.“

Da blieb mir verdammt wenig Zeit. Ich vertraute aber auf meinen Freund bei der CIA. Ich verbrachte einen feuchtfröhlichen Abend in der Finca in Gesellschaft von Brian und einem stillen Mann mit dem Paddel. Lucia war mit Gabriela zum Shoppen nach Barcelona geflogen und beide waren nicht vor dem Wochenende der nächsten Woche zurück. Das war mir ganz recht. Konnte ich mich doch so ohne liebreizende Ablenkungen meinen geheimen Nachforschungen hingeben. Brian und ich diskutierten heiß über Fußball, vor allem über die Fähigkeiten von Pep Guardiola, bis ich mich nach zweiundzwanzig Uhr heiter auf mein Zimmer zurückzog.

Mein Mobiltelefon summte und ich bekam eine SMS. Darin standen lediglich ein Name und eine Rufnummer aus den USA. Der Name lautete Wladimir Raskolnikov und war mit Sicherheit der neue Name meines Kunstfälschers. Schon wieder so ein Name der Weltliteratur, dachte ich mit einem ironischen Grinsen auf den Lippen. Irgendwie hatten die meisten Typen, mit denen ich hier zu tun hatte, berühmte Namen. Da sollte auch Mr. James Baldwin nicht übergangen werden. Der hatte mit dem berühmtesten afroamerikanischen Schriftsteller des 20. Jahrhunderts so gar nichts gemein. Bis eben auf den großen Namen.

So viel Phantasie bei der Namensgebung war nun wirklich des Guten zu viel. Ich wählte die Nummer und es meldete sich eine weibliche Stimme, der ich sagte, dass ich Mr. Raskolnikov zu sprechen wünschte.

„Mr. Raskolnikov ist beschäftigt. Bitte rufen Sie morgen wieder an“, sagte die Stimme.

„Mein Anliegen ist eilig. Sagen Sie ihm bitte, dass Jack Fiori mit ihm sprechen möchte.“

Ich lauschte eine Weile der Pausenmusik, dann meldete sich eine männliche Stimme.

„Was willst du Arschloch von mir? Woher hast du überhaupt meine Nummer?“

„Du mich auch“, begrüßte ich ihn. „Ich benötige dringend deinen Rat als Fälscher“, fuhr ich fort und stellte ihm mein Anliegen vor.

„Ein Ausflug nach Europa, warum nicht. Ich fliege erste Klasse, wohne nur in den besten Hotels und stelle dir ein ordentliches Honorar in Rechnung.“

Nachdem er mir seine Forderungen unterbreitet hatte, rechnete ich mal schnell im Kopf meinen Kontostand durch und kam zu dem Entschluss, dass ich mir das gerade noch leisten konnte. Also stimmte ich zu und er sagte, dass ich ihn am Freitag auf dem Flughafen abholen sollte. Die Ankunftszeit würde mir seine Mitarbeiterin mitteilen. Dann legte er auf. Na also, dachte ich, es geht voran. Dieser Schritt kostete mich zwar ein Vermögen, aber ich war mir sicher, dass ich es richtig ausgab. Ich löschte das Licht und schlief sofort ein.

Das Flugzeug landete mit einer halbstündigen Verspätung. Ich stand in der Empfangshalle und hielt ein Schild mit seinem Namen vor der Brust. Er erschien als einer der Letzten. Er zog einen riesigen Koffer auf Rollen hinter sich her. Und er war alt geworden, grau, mit einem wallenden Vollbart. Gekleidet in einen kurzen, schwarzen Mantel, schwarze Anzugshose, schwarze Schuhe, eine schwarze Melone auf dem Kopf. Als er mich erkannte, kam er mit einem breiten Grinsen im Gesicht auf mich zu, ließ den Koffer los und umarmte mich. Er fasste mein Gesicht mit beiden Händen und gab mir einen Kuss auf jede Wange.

„Fiori, mein alter Feind, Wie gut, dich zu sehen!“, rief er aus, dann drückte er mich noch einmal an seine Brust.

„Wie war dein Flug?“, erkundigte ich mich.

„Wie man es nimmt, Bruder. Ich habe dich natürlich auf den Arm genommen. Ich bin Touristenklasse geflogen. Hast du ein Hotel gebucht?“

Ich sagte, dass ich ihn im Hilton eingebucht hatte und er lachte lauthals los.

„Nicht nötig. Sag es einfach ab. Ich brauche nur ein kleines Zimmer und ein ordentliches Abendessen mit dir, mit viel Alkohol. Und über mein Honorar reden wir auch noch einmal. Dein Anruf kam einfach so überraschend, dass ich es nicht lassen konnte, dich so richtig zu schröpfen. Schwamm drüber. Du bist mein bester Feind und der ist mir lieber als jeder Freund.“

Ich war schon ziemlich geplättet. Das Hotel abzusagen, war keine Übung. Doch wo sollte ich ihn so schnell unterbringen. Ich rief meine Freundin Namali an. Sie hatte, welche ein Glück, ihre Ferienwohnung frei. Also buchte ich Raskolnikov dort ein und bestellte einen Tisch.

„Hast du Wodka im Haus?“, fragte ich sie, was sie mir Gott sei Dank bestätigen konnte.

Mein russischer Freund bewies seinen guten Hunger und vertilgte neben vier verschiedenen Tapas die große Fischplatte. Wie immer war das Essen von außerordentlicher Güte, die Bedienung ohne Frage hervorragend. Wir genehmigten uns zwei Flaschen Weißwein zum Essen. Auf ein Dessert verzichteten wir, dafür ließ Raskolnikov eine Flasche Wodka und zwei Gläser kommen. Schon während des Essens hatten wir ausführlich über die Jahre zwischen seiner Inhaftierung und heute gesprochen. Es stellte sich heraus, dass er seine Verhaftung für sich zum Guten genutzt hatte und seitdem als Fachmann für Fälschungen für das FBI oder örtlichen Polizeibehörden und einige Museen tätig war....