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Die Weihnachtsausladung - Romantische Weihnachtsgeschichten

Ruth Gogoll, Haidee Sirtakis, Toni Lucas, u.a.

 

Verlag édition el!es, 2017

ISBN 9783956092336 , 240 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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8,99 EUR


 

Haidee Sirtakis


Hüttenzauber


Carla verzog das Gesicht und atmete tief ein. »Oh nein!«, schrie sie, schloss die Augen und stieß die Luft aus. Dann hörte sie einen ohrenbetäubenden Knall. »Zu spät . . . Mist!« Zögerlich öffnete sie die Augen und war über den Anblick ihres alten Kombis gar nicht erfreut. Doch sie versuchte, Ruhe zu bewahren und wartete, bis die Fahrerin mit dem eleganten blonden Kurzhaarschnitt aus ihrem Sportwagen ausgestiegen war. Die Frau begutachtete die beiden Autos und fluchte lautstark vor sich hin.

Carla blieb ruhig stehen und strich sich eine braune Haarsträhne hinters Ohr. Geduldig wartete sie, wie sich die Dinge weiterentwickeln würden.

Die andere Frau zog ihren Mantel zurecht, stellte sich vor Carla hin und blitzte sie aus stahlblauen Augen an. »Muss Ihre Karre hier unbedingt im Weg rumstehen?«, fragte sie in giftigem Ton. »Mein Auto hat wegen Ihrer Schrottkarre jetzt eine Beule«, zischte sie und schaute Carla von oben herab an.

Carla versuchte die Ruhe zu bewahren. Dann starrte sie die Frau etwas ungläubig an. Oh . . . eine Begrüßung der etwas anderen Art. Mal schauen, wo das noch hinführt. Die gute Frau ist ja ganz schön geladen. »Carla«, sagte sie und reichte der Dame dennoch freundlich die Hand.

Ihr Gegenüber starrte sie entgeistert an. »Wie Carla?«, fragte sie verdattert.

Carla lächelte. Was für wunderschöne blaue Augen sie doch hat. Was für ein Blick. Was für ein Temperament. Sie schaute kurz zu den zwei verbeulten Autos hinüber. Innerlich musste sie schmunzeln. Bei aller Liebe, aber das war dann wohl doch ein bisschen zu viel Temperament, dachte sie und wandte sich wieder der Frau zu. »Carla. Ich heiße Carla.« Lächelnd reichte sie ihrem Gegenüber erneut die Hand. »Und Sie sind?«

Die Dame im eleganten Wintermantel strich sich durchs Haar. Dann nahm sie zögerlich Carlas Hand und hielt sie einen langen Moment fest. »K. . . Kim . . . Ich bin Kim«, stotterte sie schließlich etwas aus der Fassung. Abrupt zog sie die Hand zurück und straffte die Schultern. Dann zeigte sie auf die beiden Autos. »Sehen Sie sich das Malheur nur an . . . Carla.« Sie stieß einen schweren Seufzer aus. »Das wäre nicht passiert, wenn Ihre Karre hier nicht im Weg rumstehen würde«, fauchte sie und schaute sich das Desaster erneut an.

Auch Carla straffte nun entschlossen die Schultern und stellte sich Kim in voller Größe in den Weg. »Mach mal halblang«, meinte sie und blitzte Kim an. »Du bist in mein Auto geknallt, und nicht umgekehrt«, wies sie Kim in ihre Schranken.

»Tssss . . .« Aus Kims Augen sprühten Carla glühende Funken entgegen. »Und überhaupt . . . Ist mir da etwas entgangen? Seit wann sind wir per Du?«, zischte sie und strich mit der Hand über die demolierte Stoßstange ihres schicken Audis.

Carla stieß einen schweren Seufzer aus und tippte hektisch etwas in ihr Handy. »Oh . . . Entschuldigen Sie bitte. Dann halt Sie. Wie darf ich Sie denn ansprechen, gnädige Frau?«, fragte sie und konnte sich ein Grinsen gerade noch verkneifen.

Kim schüttelte müde den Kopf und winkte ab. »Ist ja schon gut.« Von oben bis unten musterte sie Carla. »Kim . . . das Du ist schon okay. Und du bist also Carla . . .« Im Zeitlupentempo ließ sie ihren Blick nochmals an Carla hoch- und runterwandern. Einen langen Moment tauchte sie in ihre wunderschönen grünen Augen ein.

Mein Gott . . . Was wird das denn jetzt? Zieht sie mich hier gerade mit den Augen nackt aus oder was? fragte sich Carla innerlich. Aber diese Kim hat die schönsten Augen, die ich je gesehen habe, das muss man ihr lassen, dachte sie und musste sich zusammenreißen, um ihre Gedanken nicht allzu sehr abschweifen zu lassen.

Kim räusperte sich ein paar Mal. Dann sah sie zu den beschädigten Autos hinüber. »Das hier . . .«, sie räusperte sich erneut, »müssen wir später klären«, meinte sie nun kurz angebunden. »Ich bin spät dran . . . zu spät«, sagte sie und marschierte in Richtung Tierheim.

Carla hüpfte in ihrer sportlichen, wettertauglichen Kleidung neben Kim her. »Kein Problem. Eilt ja nicht.« Sie lächelte. »Solange du dich nicht einfach aus dem Staub machst«, sagte sie und legte sich ihren Schal um. »Dein Autokennzeichen habe ich mir auf jeden Fall schon mal notiert«, sagte sie trocken und zwinkerte Kim zu. »Was für eine Kälte . . . brrrr.«

Kim blieb stehen und starrte Carla an. »Aha . . . Autokennzeichen also schon notiert«, sagte sie gereizt, während es in ihrem Gesicht nervös zu zucken begann. »Du willst wohl auf Nummer sicher gehen, hm?«

Carla legte den Kopf leicht schief. »Na ja . . . Man kann nie wissen«, antwortete sie gelassen.

In Kims Gesicht zeichnete sich ein Lächeln, wenn auch nur ein ganz kurzes. »Das stimmt allerdings«, sagte sie, während ihr Blick in die weite Ferne schweifte. Nach einer Weile wandte sie sich wieder Carla zu. »Weshalb bist du eigentlich hier?«, fragte sie nun in etwas netterem Ton.

Carla begann zu strahlen. »Heute darf ich endlich meinen Hund abholen«, sagte sie ganz begeistert. »Ich kann es kaum erwarten. Einfach wunderbar . . . so kurz vor Weihnachten. Ich bin ganz schön aufgeregt.« Ein warmes Gefühl durchströmte sie. »Und du? Weshalb bist du da?«

Kim lachte. »Witzig. Ich bin aus dem gleichen Grund hier wie du.«

Carla schenkte Kim ein Lächeln und fing ihren Blick ein.

Kim räusperte sich verlegen und errötete leicht. »Ich . . . ich hole heute auch meinen Hund ab. Meinen treuen Wegbegleiter für hoffentlich die nächsten Jahre«, sagte sie mit zittriger Stimme, wandte sich von Carla ab und marschierte weiter in Richtung Tierheim, das sich etwas außerhalb der Stadt St. Gallen befand.

Von weitem schon sahen Carla und Kim, wie ihnen eine Frau entgegenkam und das Eingangstor öffnete.

»Guten Tag. Ich bin Frau Koch, die Tierheimleiterin«, stellte sich die Frau um die fünfzig vor und reichte den beiden die Hand. Sie machten sich miteinander bekannt und wechselten ein paar freundliche Worte.

Kim wippte ungeduldig auf den Zehenspitzen vor und zurück. »Frau Koch . . . Ich bin etwas in Eile. Würden Sie mir bitte meinen Hund geben?«, fragte sie und schaute die Tierheimleiterin auffordernd an.

Frau Koch lachte laut. »Sie sind mir ja eine. Gute Frau . . . Sie sind fast zwei Stunden zu spät«, entgegnete sie ziemlich streng und schaute Kim schief an. »Im Gegensatz zu Ihnen, Carla. Sie sind pünktlich . . . so, wie vereinbart.« Tadelnd blitzte sie Kim an. »Also ich bin ja der Meinung, dass Carla zuerst ihren Hund bekommen sollte. Finden Sie nicht auch?« Ostentativ schaute sie auf die Uhr. Dann ließ sie ihren Blick aufmerksam zwischen den beiden Frauen hin- und herwandern.

Kim stieß einen schweren Seufzer aus. »Es . . . es tut mir ja auch sehr leid. Aber ich hatte einen wichtigen Geschäftstermin«, versuchte sie sich zu rechtfertigen.

Frau Koch runzelte die Stirn. »Aha . . . wichtiger Geschäftstermin. Und das hier ist etwa kein wichtiger Termin?«, fragte sie gereizt.

Oje! Das muss doch jetzt wirklich nicht sein. Carla stellte sich beschwichtigend zwischen die beiden Frauen. »Ach . . . Frau Koch. Kim hat das bestimmt nicht so gemeint«, sagte sie und lächelte. »Ich habe Zeit. Gern schaue ich mir solange in Ruhe das Tierheim an.« Fragend schaute sie die Leiterin an. »Wenn ich darf?«

Frau Koch lächelte angenehm überrascht und nickte. »Okay, wenn das für Sie stimmt . . . Carla. Schauen Sie sich ruhig um«, sagte sie und wandte sich nun wieder Kim zu. »Also, gute Frau . . . Dann gehen wir jetzt zu Max. Endlich darf Max in sein schönes Zuhause umziehen. Wunderbar. Ich freue mich sehr für ihn, so kurz vor Weihnachten«, sagte sie nun mit gefühlvoller Stimme und verschwand mit Kim zusammen hinter einer Tür.

Carla stand lange vor dem liebevoll eingerichteten Katzenzimmer und ließ ihren Gedanken freien Lauf. Ach . . . ich freue mich so sehr auf meinen Vierbeiner. Endlich nicht mehr allein! Etwas wehmütig schaute sie in ein Katzenkörbchen, in welchem zwei Samtpfoten aneinander geschmiegt vor sich hin schnurrten. Mein vierbeiniger Liebling darf natürlich bei mir im Bett schlafen. Sie stieß einen tiefen Seufzer aus. Aber eigentlich wäre es ja schon schön, wenn irgendwann mal wieder eine liebevolle, tierliebe Frau in meinem Leben auftauchen würde und wir dann eine richtige Familie wären. Aber so ist das eben . . . heutzutage ist es gar nicht mehr so einfach, jemandem zu finden, der zu einem passt . . . schon gar nicht fürs Leben, stöhnte sie innerlich, winkte den Katzen zum Abschied noch einmal zu und ging dann durch den langen Gang weiter. Ein paar Türen weiter stand sie nun ganz offensichtlich im Hundehaus.

Was sie dort zu hören bekam, gefiel ihr überhaupt nicht. Augenblicklich spürte sie einen Stich mitten ins Herz. Ein Hund jaulte, nein, es war mehr ein Weinen . . . und dieses Weinen hörte sich einfach herzerbarmend an und ging ihr durch Mark und Bein. Entschlossen marschierte sie weiter, um das Spektakel von nahem zu betrachten.

»So komm doch endlich mit mir, Max«, bat Kim ganz aufgelöst. »Max, du wirst es bei mir schön haben«, probierte sie es erneut und versuchte vergeblich, den braunen...