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Perry Rhodan 141: Feind der Kosmokraten (Silberband) - 12. Band des Zyklus 'Die Endlose Armada'

Arndt Ellmer, Detlev G. Winter, Ernst Vlcek, H. G. Francis, Thomas Ziegler

 

Verlag Perry Rhodan digital, 2018

ISBN 9783845331409 , 400 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR


 

1.


 

Der Weltraum brannte.

Violette Blitze zuckten aus dem blauen Feuer, in dem die 800 Millionen Kilometer hohe und 50 Millionen Kilometer dicke Signalflamme leuchtete. Sie zerrissen die Struktur der Raumzeit, bis Energie aus fremden Dimensionen in den Kosmos leckte: weißes Licht, das nichts mit dem normalen Licht dieses Universums gemein hatte. Es war nur ein optisch wahrnehmbares Nebenprodukt jener Kräfte, welche die interstellare Wasserstoffwolke nun einhüllten. Die Wolke durchmaß einige Lichtstunden, aber die fremden Energien waren nicht an Begrenzungen wie Lichtgeschwindigkeit oder Zeit gebunden.

Binnen weniger Augenblicke bildete sich ein Kokon um die Wolke – eine kugelförmige Sphäre aus weiß strahlenden Spinnfäden, die dicker wurden und immer dicker, bis der diffuse Wasserstoffnebel hinter ihrem Glanz verschwand.

Schließlich pulsierte die Flamme.

Leuchtintensivere Blitze als zuvor stachen in den Kokon, und von einem Moment zum nächsten löste er sich auf.

Die Wasserstoffwolke war fort. Deponiert. Aus dem Einsteinraum verschwunden und in eine Raumfalte verbannt, in ein Miniaturuniversum ohne Sterne, ohne Licht und endlich.

Ein weiteres Hindernis war damit beseitigt. Die Wolke aus wirbelnden Gasen würde die Endlose Armada auf ihrem Flug durch die Milchstraße nicht behindern.

Ernst Ellert löste den Blick von der Holoprojektion, die über der Kontrollpyramide der SYZZEL schwebte, und sah hinaus ins All. Dort funkelte die Wasserstoffwolke noch im Reflexionslicht der nahen Sonnen, ein Schleier vor dem Sternenmeer der Milchstraße. Nichts deutete darauf hin, dass die gigantische blaue Flamme aus psionischer Energie sie bereits verschlungen hatte. Erst in Stunden würde das Licht die Botschaft der kosmischen Katastrophe bis an den Standort der SYZZEL übermittelt haben.

Sofern es eine Katastrophe ist, überlegte Ellert.

Er sah wieder zu den Gefährten hinüber. Taurec hockte auf dem sattelähnlichen Sitz vor der Kontrollpyramide und war in Trance versunken – er kommunizierte mit dem Bordgehirn der SYZZEL. Vishna und Reginald Bull standen ein wenig abseits und unterhielten sich.

Das Holo zeigte, dass die pulsierenden Bewegungen der Signalflamme aufgehört hatten. Bald würde sie von neuem Geschwindigkeit aufnehmen, in den Linearraum eindringen und ihr nächstes Ziel ansteuern.

Diesmal das Vrizinsystem. Eine Sonne mit achtzehn Planeten, Keimzelle des Sternenreiches der Karr, einer der zahllosen Jülziish-Nationen, Heimat von mehreren Milliarden Intelligenzen. Ihnen würde es nicht anders ergehen als der Wasserstoffwolke.

Die Flamme bahnte eine zehn Lichtjahre durchmessende Schneise quer durch die Milchstraße ...

Ernst Ellert verzog das Gesicht zur Andeutung eines Lächelns; das Virenkonglomerat, aus dem seine Haut, sein Fleisch, sein ganzer Körper bestand, reagierte wie organische Materie. Es fühlte sich auch so an.

Zuweilen vergaß er bereits, dass er der Metamorpher war, erschaffen aus einem winzigen Teil des Virenimperiums mit dem Bewusstsein eines Menschen. Doch immer wieder blickte er zufällig auf eine spiegelnde Fläche oder hob eine Hand vors Gesicht und sah das Blau der mikroskopisch kleinen Viren, die hart wie Metall oder weich wie Gelee sein konnten.

Zum ersten Mal fragte er sich, ob die geisterhafte Lumineszenz seines Kunstkörpers irgendwie in Verbindung mit dem blauen Licht der Flamme stand. Diese Überlegung stufte er als äußerst unwahrscheinlich ein. Es lohnte nicht, sie weiterzuverfolgen.

Ellert seufzte.

Er dachte an die kurze Spanne, während der er wieder seinen alten konservierten Menschenkörper besessen hatte. Nach Jahrhunderten entstofflichter Existenz ...

Die Erinnerung ließ Bitterkeit aufkommen. Der Körper, in dem er geboren und mit dem er groß geworden war, existierte nicht mehr. Das Fleisch war verfault. Damit er nicht in die Körperlosigkeit zurückfallen musste, hatte ihm der Ordensmann Stein Nachtlicht – auf Anweisung Vishnas – dieses Virenkonglomerat zur Verfügung gestellt. Der neue Körper war äußerlich völlig menschlich. Dennoch machte er ihn zum Außenseiter in der Gemeinschaft der Terraner.

»Ah, Unfug!«, sagte Ellert verärgert zu sich selbst.

Er war kein Ausgestoßener. Die Erde des zwanzigsten. Jahrhunderts alter Zeitrechnung, als schon eine andere Hautfarbe, eine andere Religion, sogar abweichende Kleidung oder Frisur ein Stigma gewesen waren, jene Erde hätte ihn in der Tat wie einen Ausgestoßenen behandelt.

Die Menschheit des Jahres 427 NGZ war reifer, toleranter, vernünftiger. Er hätte acht Arme und zwei Köpfe haben können, Wasserstoff atmen, in Schwefelsäure baden oder aus purer Energie bestehen – niemand würde ihn deswegen diskriminieren, verachten oder gar verabscheuen.

Und außerdem: Trotz seiner Virenstruktur war er weiterhin ein Mensch, ein Mann mit allem, was dazu gehörte.

Vielleicht, sagte sich Ellert, mache ich mir nur deshalb so viele Gedanken, weil ich selbst ein Kind des zwanzigsten Jahrhunderts bin. Weil ich mich tief im Innern heute noch als der Münchner Künstler fühle, der sich Anfang der Siebzigerjahre jener Zeit phantastischen Träumen über Außerirdische, Zeitreisen und Flüge zu den Sternen hingegeben hat. Bei allem, was mir heilig ist, ich habe im Lauf meines langen Lebens viele unterschiedliche Körper besessen und darf gerade deshalb nicht melancholisch werden. Geistesabwesend strich er mit der Virenhand über seinen kahlen Schädel.

Taurec bewegte sich nach wie vor nicht, obwohl die Holos zeigten, dass die Signalflamme schon beschleunigte. Bald würde sie ihren sprungartigen Flug fortsetzen, bei dem sie in kurzen Abständen zwischen Normal- und dem Linearraum pendelte.

Ellert erinnerte sich, dass Taurec diesen Prozess als Oszillationsflug bezeichnet hatte. Wieder spielte die Andeutung eines Lächelns um seine Lippen. Taurec! Entweder hüllte sich der Kosmokrat in geheimnisvolles Schweigen, oder er gab knappe Antworten, die nur weiteren Spekulationen Tür und Tor aufstießen.

Mit einem leisen Seufzen schritt er über die Plattform, die auf dem Mittelteil der röhrenförmigen SYZZEL angebracht war, und gesellte sich zu Reginald Bull und Vishna.

Ellert deutete mit einem knappen Kopfnicken auf Taurec. »Er meditiert oft in letzter Zeit.«

Die Frage – sofern seine Feststellung als Frage bezeichnet werden konnte – war an Vishna gerichtet. In Ellerts Augen war sie eine blonde Schönheit mit bronzefarbener Haut und großen dunklen Augen. Doch er hatte längst erkannt, dass diese Erscheinung für ihn nicht statisch war. Zuweilen erschien Vishna ihm zarter und zierlicher, fast mädchenhaft, dann wieder kühl und selbstbewusst, durchtrainiert.

Offenbar wechselte sein Geschmack.

Merkwürdig, dass im Gegensatz zu Vishna Taurec stets das gleiche Erscheinungsbild bot. Taurecs Geschichte war auch anders verlaufen. Er war erst vor Kurzem aus den Bereichen jenseits der Materiequellen gekommen und hatte nicht wie Vishna Äonen in entpersonalisierter Form in den verstreuten Splittern des Virenimperiums verbracht.

»Taurec überprüft die Depots«, antwortete die Kosmokratin nach kurzem Zögern. »Wir benötigen weitere Daten, ehe wir das Vrizinsystem anfliegen können. Zwar gibt es keine Anzeichen dafür, dass die Signalflamme gegen ihr ursprüngliches Programm handelt, aber wir müssen absolute Sicherheit haben. Bislang ist sie nicht sehr weit in die Galaxis eingedrungen; falls sich herausstellt, dass sie irregulär arbeitet, besteht die Möglichkeit, sie zu stoppen. Die Chronofossilien sind zu wichtig, wir dürfen uns keinen Fehler erlauben.«

Reginald Bull lachte. In Ellerts Ohren klang dieses Lachen abgehackt und freudlos. Er musterte den stämmigen Hanse-Sprecher und bemerkte die Unrast, die sich in jeder von Bulls Bewegungen verriet.

»Möglicherweise wäre es nützlich, wenn ihr uns endlich erklären würdet, was diese verdammten Chronofossilien eigentlich sind«, knurrte Bull. »Diese Ungewissheit ist entwürdigend. Ich dachte, wir arbeiten zusammen.«

»Das tun wir doch«, versicherte Vishna.

»Zu einer Zusammenarbeit gehört Vertrauen.« Bull verschränkte die Arme. »Statt Vertrauen zu schenken, benutzt ihr uns wie ... wie Werkzeuge!«

Zum ersten Mal bemerkte Ellert eine heftige Gefühlsreaktion der Kosmokratin. Ihr Gesicht verdunkelte sich vor Ärger, in der Tiefe ihrer Augen flackerte ein gefährliches Feuer auf.

»Sag das nie wieder!«, stieß sie hervor. »Sag nie wieder, dass wir euch wie Werkzeuge benutzen! Das ist nicht wahr. Alles könnt ihr uns vorwerfen, das nicht!«

Bull trat einen Schritt zurück. Er wirkte überrascht, sogar verunsichert. Nur die Erfahrung seines langen Lebens verhinderte, dass er Vishnas Heftigkeit mit gleicher Münze zurückzahlte.

»Es tut mir leid, falls ich dich verletzt habe«, sagte er. »Das war nicht meine Absicht. Versuche, dich in meinen Standpunkt hineinzudenken, dann wirst du verstehen, wie mir zumute ist.«

Vishna blinzelte. »Wir verschweigen euch nicht absichtlich Informationen. Ich verstehe deinen Unmut, aber du musst uns ebenfalls verstehen. Eure Welt ist nicht die unsere. Sie ist fremd für uns, selbst wenn wir sie intellektuell akzeptieren und die hier herrschenden Gesetze erkennen. Wo wir herkommen, ist alles anders. Alles, Reginald, und diese Andersartigkeit lässt sich weder mit Worten beschreiben noch in Symbole fassen, schon gar nicht mit Gefühlen ausdrücken. Die Andersartigkeit ist so umfassend, dass selbst wir in eurer Welt nur mit einiger Vorsicht agieren dürfen. Es gibt gewisse ...« Vishna stockte, sie suchte nach dem richtigen Wort, ohne es zu finden, »... gewisse Gesetze,...