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Verbotene Erfindungen - Energie aus dem »Nichts« - Geniale Erfinder - verspottet, behindert und ermordet

György Egely

 

Verlag Kopp Verlag, 2017

ISBN 9783864455353 , 365 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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8,99 EUR


 

Kapitel 1

Die Anfänge

Der Fall Bessler


Die Geschichte der Physik und der Technik ähnelt ein wenig der Geschichtsschreibung der Kommunistischen Partei der Sowjetunion, die bekanntlich nicht immer die ganze Wahrheit offenlegte. In Osteuropa pflegte man zu sagen, nur die Zukunft sei sicher, die Vergangenheit sei immer ungewiss. Sobald nämlich ein »starker« Mann die politische Bühne verlassen hatte, wurden die Geschichtsbücher kurzerhand umgeschrieben, und der Betreffende wurde einfach von den Kreml-Fotos wegretuschiert. Ähnlich erging es in der chinesischen Geschichte jenen, die ihre Würde verloren, weil sie den Vorstellungen des aktuellen Machthabers nicht entsprachen.

Auch in Technik und Wissenschaft wird diese Methode angewandt: Wichtige Entdeckungen verschwinden im Nachhinein, Spuren sind nur schwer zu finden. So erging es auch dem Erfinder des ersten mechanischen Perpetuum mobile, Johann Bessler (1681–1745). Glücklicherweise arbeitete der englische Schriftsteller John Collins, dessen Buch 1 die meisten der hier beschriebenen Tatsachen entnommen sind, den Fall Bessler auf. Auch in einem mehr als 150 Jahre alten Buch zur Geschichte der Technik von Henry Dircks, das sich umfassend mit mechanischen Perpetua mobilia befasst, 2 wird BesslersName erwähnt, doch Collins’ Werk ist detaillierter und gründlicher. In ihm stecken mehr als 10 Jahre Arbeit.

Abb. 5 Bessler auf dem Höhepunkt seiner Karriere

© Wikimedia Commons (Ausschnitt); Autor: unbekannt; gemeinfrei.

Laut alten Chroniken ist der erste sich ständig bewegende Apparat der Arbeit des englischen Adligen Marquis von Worcester zu verdanken. Seine Maschine entstand in Jahre 1638. In einem Rad von ca. 4,5 Metern Durchmesser bewegten sich vierzig Bleikugeln mit einem Gewicht von je 22,5 Kilogramm. König Charles I. und seine Höflinge sahen, dass diese Maschine funktionierte, Messdaten oder ein Protokoll darüber sind jedoch nicht erhalten. Somit ist Besslers Erfindung die erste offiziell vorgeführte Maschine, von der dokumentiert ist, dass sie ohne äußere Energiezufuhr physikalische Arbeit leisten konnte.

Der Mann mit dem mysteriösen Rad


Johann Ernst Elias Bessler (auch Orffyreus genannt) wurde 1681 im sächsischen Zittau geboren – zu einer Zeit, als sich das Land gerade vom Dreißigjährigen Krieg und der anschließenden Pestepedemie zu erholen begann. Über Bessler ist uns viel weniger bekannt als zum Beispiel über Sir Isaac Newton, obwohl beide bedeutende Forscher waren. Newton schuf die Grundlagen der Experimentellen und der Theoretischen Physik (in einigen Bereichen der Mechanik wurde bis heute kein weiterer Fortschritt erzielt). Besslers Arbeit und sein Perpetuum mobile hätten unsere Sicht der Physik und der Technik bedeutend verändern können. Doch an dieser Weggabelung wählte die Menschheit einen anderen Weg. Gehen wir also 300 Jahre in die Vergangenheit.

Bessler führte ein Wanderleben; er zog von Stadt zu Stadt und kam sogar bis nach Prag. Als Geselle besuchte er auch Deutschlands kleinere Städte und erlernte dabei mehrere Berufe. Geheime Dokumente zogen ihn an, und so suchte er den Kontakt zu jüdischen Rabbis, Priestern und Verfechtern geheimer Lehren. Vielleicht weckten sie sein Interesse am Perpetuum mobile. Während seiner Wanderjahre lebte er vom Heilen; man könnte ihn auch als Wanderarzt bezeichnen. Damals waren die Grenzen zwischen den Naturwissenschaften nämlich noch verschwommen. Heilen durfte jeder, der irgendeine Zauberkur oder ein Rezept kannte. Diese »Ärzte« wanderten von Ort zu Ort.

Als Bessler um die 20 Jahre alt war, kehrte er nach Deutschland zurück. Er ließ sich in der Nähe seines Geburtsortes nieder und begann mit großer Energie an einem Perpetuum mobile zu arbeiten. Diese Arbeit blieb jedoch lange Zeit ohne nennenswerte Ergebnisse, was ihn so stark unter Druck setzte, dass er wiederholt in tiefe Depressionen verfiel.

Schließlich ließ er seine Arbeit liegen und zog zu einem Verwandten, der Orgelbauer war. Dort erhielt er Einblick in die modernsten Technologien seiner Zeit und lernte dabei auch die Mechanik gründlich kennen. So sammelte er auf dem Gebiet des Baus und des Wirkens von Kräften, Hebeln und Konstruktionen zur Kraftübertragung weitreichende praktische Erfahrung. Angeblich hatte er zu dieser Zeit einen Traum, in dem ihm die entscheidende Idee zu einem Perpetuum mobile kam, sodass er sich mit frischem Elan ans Werk machte. Er arbeitete hart, und schließlich waren seine Bemühungen von Erfolg gekrönt: Sein erster Apparat von ca. einem Meter Durchmesser funktionierte. Bei der Konstruktion handelte es sich im Prinzip um ein rotierendes Rad, an dem sich Gewichte auf einer speziellen Bahn bewegten. Diese Bahn war das Geheimnis der Konstruktion, und obwohl Bessler nichts Konkretes über ihre Form und Konstruktionsweise hinterließ, geben die später gebauten Räder doch einen Anhaltspunkt für den möglichen Aufbau seines Perpetuum mobile.

Als Bessler sein Ziel endlich erreicht hatte und sein erstes Rad funktionsfähig war, überkam ihn eine große Ruhe. So geschah es, dass er seine weitere Arbeit unterbrach, als sich zwei reiche Kranke bei ihm meldeten. Von jetzt an betätigte er sich wieder als Heiler, um mit dem so verdienten Geld weitere Forschungen finanzieren zu können.

Eine seiner Patientinnen im Städtchen Annaberg war die Tochter des Bürgermeisters. Nach eigenen Angaben gelang es ihm mit Gottes Hilfe, sie schnell zu heilen, und kurz darauf (1711) nahm er sie zur Frau. Damals war er um die 30 Jahre alt. Er ließ sich mit seiner Frau in der Stadt Gera nieder und baute dort ein kleineres Perpetuum mobile (wieder ein Rad), das er später auch der Öffentlichkeit vorstellte. Aus dieser Maschine konnte er eine enorme Leistung herausholen. Sie bestand ausschließlich aus mechanischen Teilen und konnte pausenlos schwere Säcke und Steine hochheben. Die Bewegung verdankte sie Gewichten, die sich auf uns unbekannten, raffinierten Bahnen bewegten. Obwohl Bessler im Laufe seines Lebens mehrere Perpetua mobilia baute, gab er ihr Innenleben niemals preis.

Am 6. Juni 1712 sah eine Gruppe von Interessenten zum ersten Mal sein Rad von ca. einem Meter Durchmesser, das sich ohne Unterbrechung drehte. Anhalten konnte man es nur unter großem Kraftaufwand. Wenn man den Haltestift wieder aus dem Rad herauszog, fing es erneut an, sich zu drehen und die Gewichte zu heben. Alle wollten den Apparat sehen; jeden Sonntag stand eine lange Menschenschlange vor Besslers Haus.

Natürlich gab es auch viele Kritiker. Sie dachten, die Maschine würde sicher von einer aufgezogenen Feder oder von etwas anderem, etwas Geheimnisvollem, angetrieben. Andere wieder waren der Meinung, die Maschine sei nur ein Spielzeug, einen echten Sinn habe sie nicht. Wirklich anerkannt haben den Apparat nur wenige. Aus Wut darüber zerstörte Bessler sein Perpetuum mobile und verließ die Stadt. Er zog nach Draschwitz, wo er ein noch größeres Exemplar baute. Auch hier zeigte er seinen Apparat mit den sich hörbar bewegenden Gewichten im Inneren der Öffentlichkeit, und natürlich blieb auch hier das Konzept sein Geheimnis.

Inzwischen interessierten sich auch schon einige Adlige für sein Perpetuum mobile, und so hörte auch Andreas Gärtner davon, der selbst ausgebildeter Mechaniker war und später Besslers Erzfeind werden sollte. Auch er konstruierte geistreiche Maschinen und dachte, er wüsste alles über Mechanik. Außerdem hielt er sein Ansehen als Mechaniker des polnischen Königs für unantastbar. Er glaubte, die Natur sei so, wie er sie sah, und es existiere nur das, was er kannte. Für ihn war es inakzeptabel, dass ein junger Zimmermann – seinem Alter, seiner Herkunft und seiner Bildung nach ein Niemand – etwas erfand, was sogar für einen königlichen Mechaniker unmöglich war. Das alles weckte seinen Neid und seine Eifersucht gegenüber Bessler und dessen Erfindung. Deshalb begann er, Bessler und dessen Perpetuum mobile ins Lächerliche zu ziehen. Gärtner schrieb viele Briefe an Bessler, in denen er sich nach den Einzelheiten des Apparats erkundigte. Natürlich versuchte dieser, konkrete Antworten zu vermeiden, und gab weiterhin nur das an, was die vielen Augenzeugen sowieso schon bestätigt hatten: Sein Apparat funktioniere ununterbrochen und ohne äußere Energie und sei fähig, schwere Lasten zu heben.

Halten wir nun einen Moment lang inne, versetzen wir uns an den Ort und in die Zeit, in der Bessler lebte, und sehen wir uns die Bedingungen an, unter denen er arbeitete. Was wusste die Wissenschaft damals überhaupt, und wie war die politische Lage? Diese beiden Faktoren üben nämlich einen entscheidenden Einfluss auf das Schicksal jeder Erfindung aus.

Besslers Zeitalter


Bessler lebte in einem Deutschland, das aus vielen größeren und kleineren, voneinander unabhängigen Herzogtümern und Fürstentümern bestand. Zu dieser Zeit lagen die Zerstörungen des Dreißigjährigen Krieges schon in der Vergangenheit. Deutschland begann, sich selbst zu finden, und Preußen entwickelte sich zu einem Machtfaktor in der deutschen Politik. Der preußische König Friedrich Wilhelm I., der von 1713 bis 1740 herrschte, begleitete die schöpferische Arbeit Besslers bis zum Ende, denn der junge Erfinder stellte sein Perpetuum mobile das erste Mal im Jahre 1712 vor. 5 Jahre nach dem Tode Friedrichs, im Jahre 1745, starb auch Bessler. Er lebte also auch noch einige Jahre in dem Preußen Friedrichs des Großen.

Friedrich Wilhelm I. war ein absolutistischer Herrscher, ein gläubiger Calvinist, aber ein verschworener Gegner des denkenden Menschen. Er betonte oft seine Ansicht, dass jeder studierte Mensch verrückt sei. Er...