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Player - Eine Dirty Office Romance - Roman

Vi Keeland

 

Verlag Goldmann, 2018

ISBN 9783641222079 , 384 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR


 

1. Kapitel

Drew

Ich hasse Silvester.

Seit zwei Stunden saß ich jetzt schon im Verkehr fest, dabei waren es keine neun Meilen vom Flughafen LaGuardia bis zu meiner Wohnung. Inzwischen war es nach zehn Uhr abends. Warum amüsierten sich all diese Menschen nicht längst auf einer Party? Langsam kroch die Limousine in Richtung Norden. Meine ganze innere Anspannung, die sich in den zwei Wochen auf Hawaii gelöst hatte, baute sich bereits wieder in mir auf.

Ich versuchte, nicht an all die Arbeit zu denken, die mich zu Hause erwartete – die unzähligen Probleme anderer Leute, die meine Anspannung noch verstärkten:

Sie hat ihn betrogen.

Er hat sie betrogen.

Ich will das alleinige Sorgerecht für die Kinder.

Sie darf das Haus in Vail nicht bekommen.

Sie hat es nur auf mein Geld abgesehen.

Sie hat mir seit drei Jahren keinen mehr geblasen.

Pass auf, du Arsch, du bist fünfzig, hast eine Glatze und eine Figur wie ein Ei. Sie ist dreiundzwanzig, sexy und hat einen tollen Vorbau. Du willst diese Ehe retten? Komm mit zehn Riesen in frischen, sauberen Scheinen nach Hause und sag ihr, sie soll auf die Knie gehen. Dann bekommst du, was du willst. Und sie bekommt, was sie will – nämlich dein Geld. Machen wir doch nicht mehr daraus, als es war. Das willst du nicht? Anders als deine zukünftige Exfrau nehme ich einen Scheck. Stell ihn auf Drew M. Jagger, Rechtsanwalt, aus.

Allmählich bekam ich leichte Beklemmungen in diesem Uber. Ich rieb mir den Nacken und blickte aus dem Fenster. Auf dem Bürgersteig überholte uns eine alte Frau mit einer Gehhilfe.

»Ich steige hier aus«, bellte ich den Fahrer an.

»Und Ihr Koffer?«

Ich war bereits aus dem Wagen. »Machen Sie den Kofferraum auf. Wir stehen doch sowieso.«

Der Verkehr bewegte sich nicht, und bis zu meinem Haus waren es nur noch zwei Blocks. Ich warf dem Fahrer hundert Dollar hin, schnappte mir mein Gepäck aus dem Kofferraum und atmete einen tiefen Zug Manhattan ein.

Ich liebte diese Stadt ebenso sehr, wie ich sie hasste.

575 Park Avenue war ein restaurierter Vorkriegsbau auf der südöstlichen Ecke der 63. Straße – eine Adresse, die gewisse Vorurteile weckte. Schon mein Vater war hier Mieter gewesen, lange bevor das Gebäude in überteuerte Eigentumswohnungen umgewandelt wurde. Darum durfte ich mein Büro im Erdgeschoss behalten, während man anderen Geschäftsinhabern schon vor Jahren gekündigt hatte. Ich bewohnte außerdem das Penthouse in der obersten Etage.

»Willkommen zurück, Mr Jagger«, begrüßte mich der uniformierte Portier und hielt mir die Tür zur Halle auf.

»Danke, Ed. Habe ich in meiner Abwesenheit etwas verpasst?«

»Nein. Alles wie immer. Ich habe mir neulich mal Ihre Baustelle angesehen. Sieht gut aus.«

»Benutzen die Handwerker wie besprochen den Lieferanteneingang unten in der 63.?«

Ed nickte. »Ja. Ich habe die letzten Tage kaum etwas von denen mitbekommen.«

Ich brachte das Gepäck in die Wohnung und fuhr dann mit dem Fahrstuhl wieder nach unten, um nach dem Rechten zu sehen. Während ich zwei Wochen in Honolulu ausgespannt hatte, hatte ich meine Büroräume umfassend renovieren lassen. Risse in den hohen Decken mussten neu verputzt und gestrichen, das alte Parkett durch einen neuen Boden ersetzt werden.

Die Durchgänge waren noch mit Plastikplanen verhängt. Auch das wenige Mobiliar, das ich nicht eingelagert hatte, stand noch geschützt unter Planen. Mist. Sie sind noch nicht fertig. Der Bauleiter hatte mir versichert, bei meiner Rückkehr seien allenfalls noch kleinere Arbeiten zu erledigen. Ich war zu Recht skeptisch gewesen.

Als ich das Licht einschaltete, stellte ich jedoch zufrieden fest, dass der Eingangsbereich komplett fertig war. Zur Abwechslung endlich einmal ein Silvesterabend ohne böse Überraschungen.

Ich inspizierte kurz die anderen Räume, war zufrieden mit dem, was ich vorfand, und wollte gerade wieder gehen, als ich bemerkte, dass am Ende des Flurs unter einer Tür Licht hervorschien.

Ahnungslos ging ich zu dem kleinen Archiv- und Kopierraum, um es auszuschalten.

Ich bin über ein Meter neunzig groß und wiege zweihundertfünf Pfund. Dass ich dennoch zu Tode erschrak, als ich die Tür öffnete, lag vermutlich daran, dass ich überhaupt nicht damit gerechnet hatte, dort jemanden anzutreffen.

Die Frau schrie auf.

Ich wich einen Schritt zurück.

Sie stieg auf einen Stuhl, fuchtelte mit ihrem Handy in der Luft herum und kreischte: »Ich rufe die Polizei!« Mit zitternden Fingern wählte sie die Neun, dann die Eins und ließ den Finger über der letzten Eins schweben. »Verschwinden Sie, dann rufe ich nicht an!«

Ich hätte mich auf sie stürzen und ihr das Telefon entreißen können, bevor sie überhaupt begriff, was passierte. Doch sie sah derart verängstigt aus, dass ich noch einen weiteren Schritt zurückwich und ergeben die Hände hob.

»Ich tue Ihnen nichts«, sagte ich, so ruhig ich konnte. »Sie müssen nicht die Polizei rufen. Das hier ist mein Büro.«

»Halten Sie mich für dumm? Sie sind soeben in mein Büro eingebrochen.«

»Ihr Büro? Sie sind wohl nicht ganz bei Trost.«

Sie schwankte auf dem Stuhl und fuchtelte mit den Armen, um das Gleichgewicht wiederzuerlangen. Und plötzlich … rutschte ihr der Rock bis zu den Füßen nach unten.

»Raus!« Sie wandte mir ihr Hinterteil zu, beugte sich nach unten und zog den Rock hastig wieder hoch.

»Nehmen Sie irgendwelche Medikamente, Ma’am?«

»Medikamente? Ma’am? Das soll wohl ein Witz sein.«

»Wissen Sie was?« Ich deutete auf das Telefon, das sie noch immer in der Hand hielt. »Warum drücken Sie nicht die letzte Taste und rufen die Polizei? Die können Sie dann zurück in die Klapse bringen. Sie sind ganz offensichtlich irgendwo ausgebrochen.«

Sie machte große Augen.

Für eine Verrückte sah sie – jetzt, wo ich sie genauer betrachtete – ziemlich hübsch aus. Das leuchtend rote Haar, das sie auf dem Kopf zu einem Knoten aufgetürmt hatte, schien zu ihrem feurigen Temperament zu passen. Doch als ich den Ausdruck in ihren lodernden blauen Augen sah, war ich froh, dass ich ihr das nicht gesagt hatte.

Sie drückte die Eins, um das Verbrechen zu melden, dass jemand sein eigenes Büro betreten hatte. »Ich möchte einen Raubüberfall melden.«

»Einen Raubüberfall?« Ich hob eine Braue und blickte mich um. Ein Klappstuhl und ein heruntergekommener Metalltisch – das war das ganze Mobiliar im Raum. »Was bitte sollte ich hier rauben? Ihre einnehmende Persönlichkeit?«

Sie korrigierte ihre Anzeige. »Einen Einbruch. Ich möchte einen Einbruch in der 575 Park Avenue melden.« Sie schwieg und hörte zu. »Nein, ich glaube nicht, dass er bewaffnet ist. Aber er ist groß. Ziemlich groß. Mindestens eins achtzig. Vielleicht auch größer.«

Ich grinste. »Und stark. Vergessen Sie nicht, denen zu sagen, dass ich stark bin. Soll ich Ihnen meine Muskeln zeigen? Und vielleicht sollten Sie denen auch sagen, dass ich grüne Augen habe. Ich möchte nicht, dass die Polizei mich mit den wirklich schweren Verbrechern verwechselt, die in meinem Büro herumlungern.«

Nachdem sie aufgelegt hatte, blieb sie auf dem Stuhl stehen und starrte mich noch immer wütend an.

»War hier eine Maus?«, fragte ich.

»Eine Maus?«

»Weil Sie auf den Stuhl gesprungen sind.« Ich lachte.

»Das finden Sie wohl lustig.«

»Komischerweise ja. Und ich habe keine Ahnung, warum. Es sollte mich eigentlich wütend machen, dass ich aus dem Urlaub zurückkomme und einen Hausbesetzer in meinem Büro vorfinde.«

»Einen Hausbesetzer? Ich bin keine Hausbesetzerin. Das hier ist mein Büro. Ich habe es vor einer Woche bezogen.«

Erneut schwankte sie auf ihrem Stuhl.

»Warum kommen Sie nicht da runter? Sie werden noch fallen und sich wehtun.«

»Woher weiß ich, dass Sie mir dann nichts tun?«

Ich schüttelte den Kopf und unterdrückte ein Lachen. »Herzchen, Sie sehen doch, wie groß ich bin. Und Sie wissen, wie groß Sie sind. Auf dem Stuhl sind Sie kein Stück sicherer. Wenn ich Ihnen etwas antun wollte, lägen Sie schon längst bewusstlos auf dem Boden.«

»Ich gehe zweimal die Woche zum Krav-Maga-Kurs.«

»Zweimal die Woche? Im Ernst? Danke für die Warnung.«

»Sie brauchen sich nicht über mich lustig zu machen. Vielleicht könnte ich Sie verletzten. Für einen Einbrecher sind Sie wirklich ziemlich unverschämt.«

»Kommen Sie da runter.«

Nachdem wir uns noch einen Moment angestarrt hatten, kletterte sie schließlich vom Stuhl.

»Sehen Sie? Auf dem Boden sind Sie genauso sicher wie dort oben.«

»Was wollen Sie hier?«

»Sie haben die Polizei nicht angerufen, stimmt’s? Beinahe wäre ich Ihnen auf den Leim gegangen.«

»Nein, habe ich nicht. Aber ich könnte sie anrufen.«

»Aber warum sollten Sie das tun? Man könnte Sie wegen Einbruch festnehmen?«

Sie zeigte auf ihren behelfsmäßigen Schreibtisch. Zum ersten Mal bemerkte ich, dass überall Papiere lagen. »Ich habe Ihnen doch gesagt. Das hier ist mein Büro. Ich arbeite noch, weil die Handwerker heute so laut waren, dass ich nicht alles geschafft habe, was ich erledigen wollte. Warum sollte jemand an...