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G. F. Unger 1949 - Montana City

G. F. Unger

 

Verlag Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2018

ISBN 9783732562572 , 64 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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1,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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»Aber wir haben doch alle einen Fahrpreis nach Montana City bezahlt. Und da muss man doch annehmen, dass alles inbegriffen ist«, knurrt ein anderer Mann.

Aber auch er ist schon eingeschüchtert.

Der kleine Revolvermann tritt jetzt vor und hält die linke Hand auf.

»Also, Gents! Die Kutsche fährt sofort weiter. Wer über die Brücke will, der muss zahlen.«

Unterdrückt fluchend zahlen die Männer, und manche kratzen ihr letztes Geld zusammen. Einer hat nur siebenundvierzig Dollar, aber der kleine Revolvermann gestattet ihm grinsend, wieder die Kutsche zu besteigen.

Ganz zuletzt hält er Bruce Rock die Hand hin.

Der schüttelt ruhig den Kopf und murmelt: »Von seinen alten Freunden nimmt Simson Hickock keinen Brückenzoll.«

»Doch«, sagt der Kleine sanft und schaut zu Bruce auf. »Vielleicht sind Sie mal Hickocks Freund gewesen, vielleicht ist es aber nur ein Trick, um Geld zu sparen. Zahlen Sie jetzt, Freund. Wenn der Boss Ihr Freund ist, so gibt er Ihnen das Geld wieder zurück.«

Grinsend hält er Bruce Rock die Linke hin, und seine Rechte hängt lässig hinter dem Coltkolben.

Bruce Rock trägt seinen Colt am rechten Oberschenkel. Es ist ein alter Colt in einem alten Holster. Der Holzkolben ist blank und abgegriffen.

Bruces Rechte bewegt sich langsam und greift in die Tasche. Der Revolvermann beobachtet dies und grinst zufrieden, als Bruce eine Rolle Geldscheine herausholt.

Aber dann kommt plötzlich Bruces Linke – und sie kommt kurz und wie ein Blitz. Aus nächster Nähe knallt sie auf den Kinnwinkel des kleinen Mannes.

Und dieser wäre wie eine Puppe umgefallen, hätte Bruce ihn nicht mit einem schnellen Zugriff an der Hemdbrust gepackt. Auch dies erledigt er mit der Linken.

Die Rechte mit den Geldscheinen verschwindet in der Tasche, dann zieht er mit ihr den Colt. Es ist ein schneller Zug, der sich in den Kreisen der besten Revolverkämpfer sehen lassen kann. Den bewusstlosen Revolvermann hält er wie einen Schutzschild vor sich. Sein Colt droht. Und er selbst blickt kühl und furchtlos in die sechs Gewehre hinein, die sich auf ihn und seinen »Schutzschild« richten.

Die ganze Sache hat sich blitzschnell abgespielt. Von Bruce Rocks Seite aus war es der schnelle Ausbruch eines Kämpfers, der nur äußerlich so lässig wirkt und in Wirklichkeit wie eine Pulverladung explodieren kann.

Er presst den Bewusstlosen fest an sich. Die kraftlosen Beine des kleinen Revolvermannes berühren nicht mehr den Boden.

Über den Kopf des Mannes hinweg sagt Bruce kalt zu den sechs Männern: »Wetten, dass ich ihn noch erledigen kann, bevor ihr mich umgelegt habt? Wie ist es, Freunde?«

»Diese Wette könntest du gewinnen«, sagt einer und senkt grinsend sein Gewehr.

»Lasst ihn nur machen«, sagt er zu den anderen Burschen. »Er will nach Montana City. Und wenn er nicht wirklich ein guter Freund von Simson Hickock ist, so lässt der ihn wegen dieser Sache hier in Streifen schneiden. Ah, er muss wirklich Hickocks Freund sein, sonst würde er jetzt nicht über die Brücke wollen! All right, Fremder, du kannst ohne Zoll fahren, du kannst Montana City nur über diese Brücke wieder verlassen, und Hitt Lane, den du da im Arm hältst, würde uns verfluchen, wenn wir ihm eine Arbeit abnehmen, die er selbst tun will. Selbst wenn du Hickocks Freund bist, wird Hitt Lane sich deinen Skalp holen! Fahr nur los!«

Er wendet sich ab und geht zur Bank an der Blockhauswand. Auch die drohende Gruppe der anderen Männer löst sich auf.

Bruce Rock lässt seinen bewusstlosen Gefangenen fallen und klettert rückwärts in die Kutsche. Dabei hält er seinen Colt schussbereit auf die sechs Männer gerichtet.

Aber die grinsen nur.

Bruce zieht die Tür hinter sich zu und setzt sich in seine Ecke. Als die Kutsche anfährt, stoßen die anderen fünf Männer den angehaltenen Atem aus – und einer sagt: »Mister, selbst wenn Sie ein guter Freund dieses Hickock sind, haben Sie eben mit Ihrem Leben gespielt. An Ihrer Stelle hätte ich mir von Hickock lieber die fünfzig Dollar zurückgeben lassen.«

Bruce Rock grinst.

»Er wird sie mir nicht geben, er gibt nie etwas zurück, was er einmal in Besitz genommen hat. Und er ist mir eine Menge schuldig. Diese Schuld könnte er selbst dann nicht abtragen, wenn ich ein ganzes Jahr lang jeden Tag zehnmal ohne Zoll die Brücke passieren würde. Wer wirft seinem Schuldner schon noch mehr Geld vor die Füße?«

Die fünf Männer, die hier Gold suchen wollen, sehen ihn staunend an. Einer war sicherlich mal Cowboy, zwei andere sehen wie ehemalige Frachtwagenfahrer aus. Einer war bestimmt mal Holzfäller, und der fünfte Mann hat vor kurzer Zeit gewiss noch hinter einem Ladentisch gestanden.

Sie sehen ihn also staunend an.

Dann ächzt der Cowboy: »Oha, dann ist Simson Hickock, der große Boss der Goldfelder, wohl gar nicht Ihr Freund, Mister?«

»Nein.« Bruce grinst.

Nun starren sie ihn wie einen Verrückten an.

»Sie sehen doch aber ganz gesund aus«, wundert sich der Ladenclerk.

»Nur gut, dass wir mit Ihnen nichts zu tun und unseren Zoll bezahlt haben«, murmelt der ehemalige Frachtwagenfahrer.

Dann verstummen sie und vermeiden es sichtlich, Bruce Rock anzusehen.

Bruce Rocks Blick schweift aufmerksam über das weite Tal. Hier und da längs des Creeks und an den kleineren Bächen, am Fuß der Hügel und weiter drüben längs der Bergwände – überall sieht er kleine Goldgräbercamps und einzelne Bretterhütten oder Zelte.

Männer sind überall an der Arbeit. Manche stehen im Creek und waschen dort den Kies aus. Andere treiben Stollen in die Hänge der Hügel oder Löcher in den steinigen Boden.

Überall sind diese Männer am Werk – es sind Männer aller Klassen und Sorten: ehemalige Cowboys, Lehrer, Angestellte, Buschräuber, Holzfäller, alte Büffeljäger, Trapper, Exsoldaten, Frachtwagenfahrer und Maultiertreiber, Rowdys.

Und sie bevölkern das Tal. Sie wühlen, graben, waschen und schuften. Sie arbeiten hart, und sie sind hart gegen sich selbst und hart gegen die Artgenossen.

Denn sie suchen nach Gold.

Gold!

Für Gold sind auf dieser Erde schon die unmöglichsten Dinge vollbracht worden!

Die Kutsche rollt schwankend auf der schmalen und staubigen Straße durch dieses regsame Goldfeld. Der Creek wird immer breiter, denn von allen Seiten rinnen dünne Bäche in sein Bett.

Und die Camps, die Hütten, Schutzdächer und Zelte werden immer zahlreicher. Jetzt sind auch nirgendwo mehr Wäldchen oder Bäume zu sehen. Nur noch Baumstümpfe sind da.

An einer schmalen Stelle des Creeks, wo die Strömung stark ist, da steht eine Sägemühle.

Aus dem Fenster der Kutsche liest Bruce Rock das große Schild an der Holzwand.

BAUHOLZ-HÄUSERBAU

MÖBEL

Inh. Simson Hickock

Bruce Rock grinst. Er hat den Namen auf der Kutsche und dem Brückenhaus bereits gelesen. Er ist nicht mehr überrascht. Nun ist er darauf vorbereitet, dass er den Namen Simson Hickock überall an wichtigen Gebäuden und Unternehmen lesen wird.

Dieser Simon Hickock ist nichts anderes als der ungekrönte König dieses Goldlandes.

Und der Schlüssel zu seiner Macht dürfte die Brücke sein.

Der Creek teilt sich in zwei Arme, die jeder für sich einen Weg durch eine Hügelbarriere suchen. Der Fahrweg folgt dem linken Arm.

Ein Stück weiter sieht Bruce Rock einen kleinen Mann aus einem Loch springen und wie wild herumtanzen. Der Kleine hält einen Klumpen in der Hand und brüllt immer wieder: »Gold! Gold! Das größte Nugget des Montana Valley! Ich bin reich! Gold! Gold!«

Von allen Seiten laufen Männer auf ihn zu.

Dann ist die Kutsche vorbei. Die fünf Männer, die mit Bruce in dem Gefährt sitzen, rutschen unruhig auf ihren Sitzen herum.

Einer sagt heiser: »Bei Gott, ich werde hier ebenfalls mein Glück machen – ich fühle es ganz deutlich, dass ich hier reich werde!«

»Wenn wir nur nicht so spät kämen«, sagt ein anderer. »Die besten Stücke sind längst vergeben.«

Bruce Rock hört das alles und noch mehr. Er lächelt hart und hält weiter scharf Ausschau.

Dann rollt die Kutsche aus den Hügeln. Hier vereinen sich die beiden Creek-Arme wieder und werden zu einem Fluss, der über Sandbänke plätschert, dessen Bett dann aber wieder tief zwischen engen Felswänden eingeschnitten ist.

Und dann sieht er die Stadt Montana City auftauchen. Er kann nur einen raschen Blick auf die Ansammlung von Holzhäusern, Hütten, Buden und Zelten werfen, dann macht die Straße eine Biegung, und die Postkutsche fährt zwischen den ersten Häusern in die Stadt hinein.

Hier reihen sich die Saloons, Spielhallen, Tanzsäle, Speisehäuser und Stores aneinander.

Plötzlich hält die Kutsche vor einem zweistöckigen Haus. Auch hier liest Bruce Rock auf einem Schild:

FRACHT- und POSTLINIE

Inh. Simson Hickock

Er ist wirklich ein großer Mann, denkt Bruce Rock. Es gibt sicherlich auf tausend Meilen in der Runde keinen, der wichtiger und größer ist als Simson Hickock. Sein Schatten liegt über der Stadt und dem ganzen Goldtal. Was wird er nur sagen, wenn …

Er beendet seine Gedanken nicht, lächelt hart und grimmig, klettert aus der Kutsche und geht die Nugget Street hinauf.

Als er hundert Yards gegangen ist, hat er noch dreimal den Namen Simson Hickock lesen können. Der General Store, der große Montana Saloon und die Bank gehören also ebenfalls...