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Jerry Cotton Sonder-Edition 74 - Gold in blutigen Fäusten

Jerry Cotton

 

Verlag Verlagsgruppe Lübbe GmbH & Co. KG, 2018

ISBN 9783732559244 , 80 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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1,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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1

Es war ein sehr geheimnisvoller Anruf. Eine heisere verstellte Stimme sagte, dass jemand die Freiheitsstatue in die Luft sprengen wolle. Das nötige Dynamit liege in einem alten Schuppen an der Südspitze der Gouverneursinsel.

Dass dieser Anruf keine Finte war, stellte sich schnell heraus. Denn der alte Schuppen flog samt Dynamit in die Luft. Man konnte anhand der Zerstörungen ziemlich genau die Menge an Sprengstoff abschätzen, die dort gelagert haben musste. Das Ergebnis war so beeindruckend, dass der zuständige Chief Commissioner das FBI verständigte.

Noch in der Nacht holte uns Mr High, der Chef des New Yorker FBI, ins Headquarters.

Wir konnten zunächst nicht viel anfangen, da wir weder den Anrufer noch den Mann, der für die Lagerung des Dynamits verantwortlich war, ermitteln konnten. Wenig später passierten weitere mysteriöse Anschläge.

Eine Katastrophe schien sich anzubahnen!

***

Tom Strong besaß eine Kaschemme in der Bronx und dahinter auf dem Hof ein kleines Auslieferungslager für Schnäpse. Aus der Kneipe selbst führte eine ewig knarrende Treppe in den ersten Stock, wo Tom Strong seine Privaträume hatte.

Als der Boss, den sie den Haifisch nannten, und der farbige Jesse eintraten, wusste Tom sofort, worum es ging. Er stülpte zwei Gläser auf die Bürsten im Waschbecken, trocknete sich die Hände ab und rief nach Mary, seiner Gehilfin. Dann stieg er ohne ein Wort vor den beiden Männern die Treppe hinauf.

Der Unterschied von oben zu unten war überwältigend. Die Kneipe war düster, schmuddelig und wirkte, als würde der Fußboden einbrechen, wenn man zu fest auftrat. Das Privatbüro von Strong dagegen war sauber, modern eingerichtet, sogar ganz behaglich. Aber Tom Strong wusste genau, warum er seine Kaschemme nicht renovieren ließ. Andere Kneipenwirte in dieser armseligen Gegend hatten es getan, und schlagartig war ihnen die Kundschaft weggeblieben, die gerade in einer solchen finsteren Höhle zu Hause war.

Tom Strong holte Gläser und eine Flasche aus dem Schrank und goss ein. In diesem Augenblick explodierte Shark, der Haifisch. Er knallte die Faust auf den Tisch, dass der schöne kanadische Whisky überschwappte.

»Verdammte Sauerei!« Er war dunkelrot vor Wut im Gesicht. »Ein Vermögen an Sprengstoff einfach in die Luft gepulvert. Und ausgerechnet jetzt, wo wir das Zeug brauchen!«

Ces Shark war groß, mager und ging etwas vorgebeugt. Mit der spitzen Nase und dem fliehenden Kinn hatte er tatsächlich etwas Haifischhaftes, und die stechenden Augen verrieten eine tückische Intelligenz. Deshalb war er der Boss dieser Gang.

Tom Strong blieb ruhig und zuckte die schweren Schultern. »Reg dich wieder ab, Shark! Was passiert ist, ist passiert. Wir müssen herausfinden, wer die Polizei zur Insel geschickt hat.«

Sharks Stimme überschlug sich. »Bartok natürlich!«, schrie er. »Dieser stinkende Schakal, dieser Verräter! Das ist die Rache für den Fußtritt, den er von mir kassiert hat, als er vergessen hat, wer der Boss ist. Aber das schwöre ich, beim nächsten Mal kommt er nicht mit einem Fußtritt davon.«

Jesse, der lange Farbige, meldete sich bekümmert. »Was sollte ich machen? Ich konnte gerade noch die Zünder abziehen und türmen, als die Plattfüße aufkreuzten. Sonst hätten die ja den ganzen Ramsch mitgenommen.«

»Ist schon okay«, sagte Shark. »Schaff mir diesen Bartok herbei!« Dann wandte sich Shark an Tom Strong. »Tom, gib mal den Stadtplan her. Wir müssen die Einsatzpunkte neu verteilen. Für alle reicht unser Pulver nicht mehr.«

»Wir können unser Ziel auch mit ein paar anderen Mitteln erreichen als bloß mit Dynamit«, schlug Tom Strong vor. »Ein paar Molotowcocktails machen sich ebenfalls ganz nett.«

»Eben«, brummte Shark und breitete den Plan aus.

»Übrigens«, fragte Tom, »wann soll das große Ding denn starten?«

»Morgen früh, bevor es richtig hell wird.«

»Und du bist ganz sicher, dass dann die Goldklumpen angekommen sind?« Strongs Augen begannen, zu funkeln.

»Ganz sicher, Tom.«

Tom schüttelte den Kopf. »Ich möchte wissen, wo du diese fabelhaften Informationen herhast. Noch dazu aus einer Bank.«

Jetzt lachte Shark, und es klang selbstzufrieden. »Das, mein Lieber, bleibt mein Geheimnis. Euch muss es genügen, dass die Sache klappt.« Der Haifisch setzte die Flasche mit dem Kanadischen direkt an den Hals.

***

»Hallo, Ma’am«, sagte der Mann an der Haustür und grinste. »Muss mal den alten Mark sprechen, Mark Ellroy meine ich. In welcher Bude haust er denn, der Scheich?«

Mrs Winters war sprachlos. So hatte noch nie einer mit ihr gesprochen. Der Mann an der Haustür trug den Hut im Genick, hatte eine Zigarette im Mundwinkel und eine Hand in der Hosentasche. Mrs Winters betrachtete ihn von oben bis unten. Sie vermietete Zimmer. Seit ihr Mann verstorben war, ohne ihr viel mehr zu hinterlassen als das hübsche Haus hier draußen in Flushing, lebte sie davon, dass sie das Haus zu einer kleinen Pension gemacht hatte. Aber sie nahm nur einwandfreie Mieter auf.

Seit einer Woche etwa hatte sie diesen sympathischen Mr Ellroy im Haus. Er war Handelsvertreter, sah gut aus: sportlich, braun gebrannt, blond. Er war stets gepflegt und dezent gekleidet, benahm sich höflich, musste also eine gute Erziehung haben, Mrs Winters fühlte sich irgendwie sicher in ihrem Haus, seitdem Ellroy ein Zimmer bei ihr hatte. Niemals bisher war Besuch zu ihm gekommen.

Nun aber tauchte dieser Bursche mit dem ungewöhnlichen Benehmen auf. »Na, was ist, Tantchen?«

»Ich weiß nicht, ob er zu Hause ist«, entgegnete Mrs Winters spitz.

»Aber ja, er ist, Tantchen«, sagte der Mann an der Haustür lachend. »Hat mich ja herbestellt. Ich heiße nämlich auch Ellroy, hahaha.« Er lachte, als hätte er einen prima Witz losgelassen. »Wo ist denn nun seine Bude?«

Mrs Winters trat erschrocken drei Schritte zurück. »Mister Ellroy!«, rief sie. Es klang wie ein Hilferuf.

Ellroy trat aus seiner Tür, korrekt gekleidet wie immer. Aber sein Gesicht wurde finster, als er den Mann an der Haustür sah, der unaufgefordert eintrat. Ellroy zog den Besucher in sein Zimmer und schloss die Tür. Die alte Lady stand versteinert da. Der nette Mr Ellroy kannte diesen Ganoven tatsächlich? Ihr wurde unheimlich zumute. So, wie dieser Besucher aussah, stellte sie sich einen Gangster vor.

Es dauerte lange, bis sie den Mut fand, auf Zehenspitzen an die Tür zu schleichen und das Ohr daranzulegen. Sie tat so etwas nie. Natürlich nicht. Aber in diesem Fall …

Doch sie hörte nur ein unverständliches Gemurmel.

»Bist du verrückt?«, fragte Mark Ellroy finster. »Wie siehst du aus? Ich könnte dir eine feuern.«

Der Besucher ließ lachend seinen Hut aufs Bett segeln und setzte sich daneben. »Aber Bruderherz, spiel bloß nicht den feinen Pinkel! Wir wissen doch beide, was los ist. Großartig, dass du dich nach drei Jahren mal an deinen Bruder Teddy Boy erinnerst.«

»Ich brauche deine Hilfe«, sagte Mark. Dann holte er eine Flasche Bourbon aus dem Kleiderschrank und öffnete die Verschlusskapsel. Er goss drei Fingerbreit Bourbon in ein Zahnputzglas und stellte es wortlos auf den Tisch.

»Und du trinkst nicht mit mir, Bruderherz?«, fragte Ted.

Mark lächelte spöttisch. »Ich habe das Zeug für dich besorgt, weil ich weiß, dass man sonst nicht mit dir reden kann. Bedien dich.«

»Cheerio.« Schulterzuckend trank Ted den Whisky in einem Zuge aus. »Ich möchte wissen, weshalb du dich überhaupt an mich gewandt hast. Du hast ja sonst immer nur als Einzelgänger gearbeitet.«

»Eben. Deshalb hat mich auch noch keiner geschnappt. Aber diesmal geht es nicht. Das Zeug, das ich holen will, ist zu schwer.«

»Zu schwer?«, echote Ted.

»Genau. Ich kann es nicht allein tragen. Jedenfalls nicht schnell genug.«

Ted schüttelte den Kopf. »Das klingt, als würdest du das Gold aus Fort Knox abholen wollen.«

»Dazu würden deine Muskeln auch nicht reichen, Kleiner.« Mark zündete sich eine Zigarette an und warf das Päckchen auf den Tisch.

Zehn Minuten später saßen sie über eine Grundrisszeichnung gebeugt.

»Hier ist der Seiteneingang zur Bank«, erläuterte Mark Ellroy. »Man gelangt hier durch die Schalterhalle und erreicht den Durchgang zum Tresor. Unser Wagen steht vor der Einfahrt. Es kommt nun darauf an …«

»Stopp«, unterbrach Ted kopfschüttelnd. Er goss sich erneut ein. »Es kommt darauf an, wie man in den Palast gelangt.«

»Ich habe sämtliche Schlüssel.«

»Alle Achtung. Und die Sicherheitsanlage?«, hakte Ted nach.

»Ich habe auch den Schlüssel, um sie abzuschalten.«

»Sag mal, welches Versandhaus liefert denn solche Sachen?«

»Kein Kommentar«, brummte Mark.

»Na schön, dann nicht.«

»Im Tresor liegen Goldbarren«, erklärte Marks ruhige, harte Stimme. »Wir werden sie in vier Spezialkoffer verpacken.«

»Hast du die ebenfalls?«

»Natürlich. Und dann werden wir auf dem schnellsten Weg verschwinden, den wir gekommen sind. Deshalb brauche ich dich, weil ich sonst zweimal laufen müsste, und ich möchte jedes Risiko vermeiden.«

Ted trank und rieb sich das Kinn. »Wo liegt diese Bankfiliale?«

»Das wirst du schon sehen«, erklärte Mark. »Mit jeder Kleinigkeit, die du weißt, wirst du sofort zu kombinieren anfangen, wie du mich übers Ohr hauen kannst. Ich kenne dich, Kleiner.«

»Ich hab genug!«, fing Ted zu schreien an. »Wenn du glaubst, du...