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Cherringham - Tod in der Themse - Landluft kann tödlich sein

Matthew Costello, Neil Richards

 

Verlag beTHRILLED, 2018

ISBN 9783732553853 , 120 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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4,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

Derzeit können über den Shop maximal 500 Exemplare bestellt werden. Benötigen Sie mehr Exemplare, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.


 

1. Ein Topf voller Gold


Ray Stroud leerte sein Bierglas und spähte durch das Halbdunkel zu dem Gedränge aus tanzenden, sich ständig anrempelnden Menschen, die den hinteren Saal des Ploughman füllten.

Oben auf der Bühne gaben die Cotswolds Belles, Cherringhams ureigene, ausschließlich weibliche Country-und-Western-Band, wirklich alles, was sie draufhatten, für eine irrsinnig laute Coverversion von Jolene.

Und nach dem dritten Pint gar nicht mal so übel.

Im flackernden Bühnenlicht schwenkten die Leute ihre Hände in der Luft, während sie mitsangen, und verschütteten Bier aus ihren hocherhobenen Plastikbechern.

Guck sich einer das an, wie die das schöne Bier einfach so verkleckern, dachte Ray und griff tief in seine Jeanstasche, wo jedoch nur noch wenige klägliche Münzen zu finden waren.

Einige mochten sich das leisten können …

Kostbares Bier verschwenden!

Ray jedoch … Nun ja, der war mal wieder pleite.

Tja, wenigstens habe ich noch ein bisschen Gras.

Immerhin ein wenig Sonnenschein!

Und da kam ihm eine Idee!

Er beschloss, an die Bar zu gehen und zu sehen, ob er jemanden finden konnte, der ein paar Züge gegen ein Pint eintauschen würde.

Außerdem hatte er die Belles schon früher gehört, wie sie Dolly Parton verhunzten, und eigentlich wurde es mit keinem Mal besser. Bloß lauter.

Er drängte sich durch die angetrunkene Menge in Richtung der Tür, die zurück in den Pub führte, und jedes Mal wenn er jemanden ein bisschen zu stark anrempelte, formte er mit seinen Lippen ein lautloses »’tschuldigung, Kumpel«. Den Einheimischen machte das nicht allzu viel aus; so etwas gehörte eben zur freitagabendlichen Tradition im Ploughman. Er kassierte allerdings einige böse Blicke von mürrischen Urlaubern.

Und wenn schon! Denen gefällt es hier auf dem Land sowieso nicht. Sollen die sich doch zurück nach London verpieseln!

Schließlich konnte er sich durch die Doppeltüren quetschen und gelangte in den Korridor, der zurück zum Pub führte. Hinter ihm fielen die Türen zu, und der Lärm nahm um einige Dezibel ab.

Für einen Moment stand Ray da, schwankte leicht unter der Neonbeleuchtung und war froh, dem Krach, dem Schweißgeruch und der Hitze entkommen zu sein. Ja, er spürte es – er war ein bisschen besoffen, aber sicher noch nicht bereit, den Abend schon ausklingen zu lassen.

Dann vernahm er laute Stimmen; und das war kein Gesang, sondern ein Streit, und zwar ein ziemlich heftiger, wie es sich anhörte.

Er drehte sich zu den Toiletten um. Ja genau, von da kommt es.

Ray konnte nicht verstehen, was gesagt oder gebrüllt wurde, aber da hatten sich definitiv zwei Typen in der Wolle.

Er lehnte sich an die Wand und drehte sich eine Zigarette. Weil er etwas wacklig war, gelang sie ihm nicht so gut wie sonst. Unterdessen lauschte er. Die eine Stimme glaubte er zu erkennen: Charlie Clutterbuck. Die andere konnte er niemandem zuordnen.

Aber, wow, die hörte sich echt fies an. Bedrohlich. Brutal.

Soll ich mich einmischen? Oder lieber nicht?

Hm …

Normalerweise hatte Ray die Antwort auf eine solche Frage prompt parat, und die lautete für gewöhnlich: Nee, verdammt, auf keinen Fall!

Aber Charlie und er kannten sich schon ewig. Und obwohl Charlie garantiert zu blank war, um Ray einen Drink zu spendieren, falls er ihm aus der Patsche half, fand er schon irgendwie, dass es, na ja, seine Pflicht war, ihm zur Seite zu springen.

Er wusste, wenn es andersrum wäre, würde Charlie nicht zögern.

»Oh, verflucht«, sagte Ray vor sich hin und spuckte einen Tabakkrümel auf den Boden.

Dann steckte er die eben gerollte Zigarette in seine Brusttasche, trat vor und schob die Tür zu den Toiletten auf.

In der weit offenen Tür blieb Ray abrupt stehen.

Vor ihm wurde Charlie von einem Riesenkerl in einem dunklen Anzug gegen ein Waschbecken gedrängt und dabei sein Kopf gegen den schmierigen Spiegel gedrückt. Der unbekannte Mann, der mit dem Rücken zur Tür stand, hatte die eine Faust gegen Charlies Brust gepresst – die Finger waren fest ins Hemd gekrallt – und holte mit der anderen weit aus: Die Hand verharrte in der Luft, als wäre sie mitten in der Bewegung erstarrt, als der Kerl seinem Gegenüber einen saftigen Hieb ins Gesicht verpassen wollte.

Was – wie Ray nur zu gut wusste, weil er solche Szenen kannte – genau das war, was dieser Riesenkerl als Nächstes tun würde.

Jetzt sah er das Gesicht des Mannes im Spiegel. Auf einmal traf dessen Blick auf den des unerwarteten Besuchers, und der Typ schätzte offensichtlich ein, wie gefährlich Ray sein könnte.

Diese Augen waren eisig.

Verflucht angsteinflößend sind die!

Aber Ray ermahnte sich, dass er schon oft solche Situationen erlebt hatte.

Er wusste, was zu tun war.

Also winkte er übertrieben betrunken mit einer Hand ab und grinste unschuldig.

»Hi, Charlie, altes Haus!«

»Hi, Ray …« Charlie quetschte die Wörter aus einem seiner Mundwinkel heraus.

»Ääh, alles okay?«, erkundigte sich Ray.

»J-ja, glaub schon«, antwortete Charlie.

Ray rührte sich nicht von der Stelle, sah nur hin. »Alles klar, Kumpel?«, fragte er zwinkernd.

Aber die Augen von dem Typen im Anzug blieben verengt.

Der ist nicht froh …

Verfluchter Mist, dachte Ray. Das könnte hier mächtig schiefgehen.

Er beobachtete, wie der Kerl langsam seine Faust herunternahm, von Charlie zurücktrat und sein Jackett richtete.

Ohne zu Ray zu blicken, reckte er einen Finger in die Höhe und sah Charlie an, als wollte er damit sagen: »Du weißt Bescheid.« Anschließend drehte er sich um, stieß Ray zur Seite – nur ein wenig, gerade genug, um durch die Tür zu kommen – und ging hinaus.

Für einen kurzen Moment waren hundert Leute zu hören, die Stand by Your Man schmetterten.

Ray wartete, bis die Tür wieder automatisch zufiel.

Dann war es ruhiger.

Er schaute zu, wie Charlie sich aufrichtete, sein Hemd glatt zog und es zurück in seine uralte Arbeitshose stopfte. Dann drehte Charlie das kalte Wasser auf und spritzte sich etwas von dem kühlen Nass ins Gesicht, ehe er im Spiegel zu Ray schaute.

Ein kleines Grinsen.

Nicht besonders ausgeprägt.

Und dann …

»Kann ich dir einen Drink spendieren, Ray?«, fragte er und wischte sich mit dem Handrücken übers Gesicht.

»Gegen ein Pint Hooky hätte ich nichts einzuwenden«, antwortete Ray, während er zu den Pissoiren ging. Die Natur forderte plötzlich ihr Recht. »Einen Moment noch, dann komme ich.«

Er blickte Charlie nach, als der die Toilette verließ, und dachte: Gute Taten werden also doch belohnt!

Ray betrat den Schankraum und sah, dass Charlie schon die Pints bestellt hatte. Billy Leeper zapfte sie gerade.

Es war viel los, und Billy standen Schweißperlen auf der Stirn.

Wenigstens war es hier vorn nicht ganz so voll, da die Band im hinteren Raum immer noch spielte. Und von dem unangenehmen Typen mit den superfiesen Augen war keine Spur zu entdecken.

Ray ging hinüber zur Bar und zog sich einen Hocker neben Charlie.

Stumm schaute er zu, wie Billy das Pint Hooky vor ihm hinstellte, das sehr schaumig und köstlich aussah. Charlie griff in seine Hosentasche, zog jedoch nicht eine Handvoll abgegriffener Münzen heraus, wie Ray erwartet hatte – oh nein –, sondern ein fettes, von einem Gummiband zusammengehaltenes Bündel Scheine.

Ray sah erst Charlie und dann Billy an. Letzterer verzog keine Miene, auch wenn sein Blick kurz zu Ray huschte. Beide schauten erwartungsvoll Charlie an und beobachteten, wie er einen Zwanziger – einen Zwanziger! – aus dem Bündel herauszupfte, es wieder einsteckte und den Schein auf den Tresen legte.

»Zapf dir auch eins, Billy«, sagte Charlie. »Und … stimmt so.«

Ray bemerkte, dass Charlie lallte und sich einen Tick zu kontrolliert bewegte.

Der ist besoffener als ich, dachte er.

Oder vielleicht … noch erschüttert von dem großen Mann in dem dunklen Anzug?

»Sehr nett von dir, Charlie«, bedankte sich Billy. »Zum Wohl! Ich trinke meins später, wenn es dir nichts ausmacht.«

»Ganz wie du möchtest«, antwortete Charlie, griff nach seinem Pint und wandte sich zu Ray um. »Komm mit, Alter!«

Ray nahm sein Bier und folgte seinem schwankenden Kumpel zu einem kleinen Tisch, der ein Stück weit von der Eingangstür entfernt war. Dort setzte er sich und wartete, bis Charlie es bequem zu haben schien.

»Prost!«, sagte Ray und erhob sein Glas.

»Prost!« Charlie nahm einen kräftigen Schluck von seinem Bier. »Und … danke!«

»War das Mindeste, was ich tun konnte«, entgegnete Ray. »Bisschen Ärger, was?«

»Nichts, womit ich nicht klarkomme.«

Charlie – muss immer auf dicke Hose machen.

Dabei reichte gewöhnlich ein anständiger Schubs, und Charlie ging zu Boden. Das hatte Ray schon häufiger erlebt.

Er trank noch einen Schluck Bier. Ihm ging das dicke Geldbündel in Charlies Tasche nicht aus dem Kopf.

Auf einmal war Charlie ein deutlich interessanterer Kumpel geworden.

Charlie beugte sich vor und grinste breit. »Ich weiß, was du denkst, Ray.«

»Ach ja?«

»Du denkst: ›Woher zum Henker hat Charlie die ganze Knete?‹ Stimmt’s?«

Ray zuckte mit den Schultern. »Geht mich nichts an, Alter.«

»Verdammt richtig, tut es nicht«,...