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Manchmal hilft nur fauler Zauber - Ein Amrum-Roman

Nicola Lux

 

Verlag Bookspot Verlag, 2018

ISBN 9783956691010 , 260 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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2,99 EUR


 

1. Der beste Tag im Leben


Bekenntnis eines Ehebruchs:

»Ich hab mich halt mal verschlafen …«

Gerd W. Heyse

Mein Atem ging flach und stoßweise. Ich bekam kaum Luft. Sitzen war fast nicht möglich, stehen ging gerade noch so. Mir tat jetzt schon der Rücken weh, obwohl wir gerade erst angefangen hatten.

»Los, noch fester die Korsage …«, wies ich meine Freundin Mara an, die mir half, mein Brautkleid anzuziehen. Wer schön sein will, muss leiden, das hatte meine Omi mir immer eingebläut, deshalb biss ich die Zähne zusammen und lächelte. Als das wasserfeste, allen Gelegenheiten standhaltende Make-up dann endlich fertig auf meinem Gesicht einbetoniert war, funktionierte auch kein anderer Gesichtsausdruck mehr. Wahrscheinlich sehen deshalb alle Bräute so glücklich aus.

Meine fest nach hinten getackerte Frisur ließ meine ansonsten recht großen Augen schlitzförmig wirken.

»Du siehst aus wie ’ne blonde Asiatin«, hatte mein Blumenkind dann auch respektlos bemerkt. Großzügig sah ich darüber hinweg.

Wenn ich mich selbst im Spiegel betrachtete, sah ich glatte, schulterlange blonde Haare, die regelmäßig durch Strähnchen aufgepeppt wurden. Klassisch hanseatischer Typ. Durchschnittliche Größe und Gewicht, ebenmäßige Gesichtszüge und leicht gebräunter Teint.

Aber die letzten drei kohlenhydratfreien Monate hatten sich gelohnt und der beste Tag meines Lebens war gekommen: mein Hochzeitstag!

Ich war die glücklichste Frau der Welt, wobei die Betonung auf »war« liegt. Hätte ich damals geahnt, was für einen Stinkstiefel ich heiraten würde, hätte ich es sicherlich gelassen. Dabei wollte ich immer heiraten. Der berühmte Kleinmädchentraum mit gigantischem Kleid und Prinzen auf weißem Pferd und so.

Ja, ich war irgendwie oldschool geblieben. Während das Wort Hochzeit bei meinen Freundinnen Schnappatmung auslöste, schaute ich heimlich das Video der Hochzeit von der dürren Kate und ihrer Schwester Popo-Pippa mit dem etwas unbeholfen wirkenden Prinz William an. Immer wieder. So wollte ich das auch!

Mann, Mann, Mann – dabei bin ich doch ein Digital Native, ein Kind, das als erste Generation mit der neuen Technik des digitalen Zeitalters aufgewachsen ist. Erfahrungsgemäß sollte ich damit auch zu anderen Denkmustern fähig sein. Was war da bloß schiefgelaufen, eigentlich hätte ich es besser wissen müssen. War Lara Croft etwa mit der Planung ihrer Hochzeit oder mit der Rettung der Welt beschäftigt? Ich hätte gewarnt sein sollen! Nein, aber ich war voll im Romantik-Wahn, mit verklärtem Blick las ich Braut heute.

Und dann war mein Prinz da und alles war gut. Zum Glück hatte ich den letzten Traummann des Planeten gefunden. Ich konnte mein Glück kaum fassen, aber Hartmut verkörperte alles, was ich mir je von einem Mann gewünscht hatte. Er war ein aufmerksamer Zuhörer und liebevoller Partner. Kein Tag verging, an dem er mich nicht mit einem kleinen Geschenk oder einem tollen Essen verwöhnte. Trotz seines immens stressigen Jobs galt fast seine gesamte freie Zeit mir und unseren gemeinsamen Unternehmungen.

Genauso hatte ich ihn mir immer vorgestellt: meinen ZUKÜNFTIGEN! Und jetzt waren wir Mann und Frau. Auf einmal ging alles ganz schnell: Mara schubste mich mehr ins Auto als dass ich ging, damit wir noch rechtzeitig ankamen. Sie hielt während der gesamten Fahrt meine Hand. Meine Güte, war ich aufgeregt! Dann ging es auch schon los. Während der Trauungszeremonie fielen warme Worte, persönliche Ratschläge und gute Wünsche. Ich verdrückte mir die eine oder andere Träne. Angestrengt fixierte ich meinen wunderschönen Brautstrauß aus weißen Rosen, Hortensien und Pompondahlien, um das kunstvoll aufgetragene Make-up nicht völlig zu ruinieren. Ich blickte zu meinem Bräutigam. Schnieke sah er aus in seinem schicken Maßanzug. Die teuren Manschettenknöpfe waren schon seit Jahrzehnten im Familienbesitz und wurden von Generation zu Generation weitergegeben.

Allerdings hatte Hartmut eine leichte Alkoholfahne. Wahrscheinlich musste er vor Aufregung vorher noch ein Beruhigungsbierchen getrunken haben. Vor dem Ja hat mein Herz wie wild geschlagen. Meine Güte, sind das Emotionen! Vor allem, als uns Hartmuts kleine Nichte die Trauringe brachte. Auch mein Jetzt-Gatte sah hochzufrieden aus. Nur das aufwendige Fotoshooting mit der Familie, den Trauzeugen und der gesamten Hochzeitsgesellschaft schien ihm eindeutig zu lange zu dauern. Hartmut schien froh zu sein, als wir zur Feierlocation abfuhren. Ob sechshundertfünfzig Fotos aber auch wirklich sein mussten?

Eine Hochzeitsreise konnten wir aus zeitlichen Gründen vorerst nicht machen. Wir würden später im Jahr noch eine Reise nach Sylt antreten, wo Hartmut in seinem Maklerverband als Mann des Jahres ausgezeichnet werden sollte. Ich war so stolz auf meinen Mann!

Am hiesigen Schützenhaus angekommen, erhellte sich Hartmuts Miene wieder, als er den Geschenketisch sah. Wir hatten um Geld gebeten und mein Göttergatte konnte einen stattlichen Gewinn verbuchen.

Ich hingegen konzentrierte mich mehr auf die Ausstattung unserer Location. Das war ja hinreißend geworden! Alles war mit Blumen und Herzchen geschmückt worden. Vor vielen Jahren, als ich noch ein Kind war, war ich häufig mit meinen Eltern dort gewesen. Wie oft auf dem Dorf so üblich, waren wir natürlich auch Mitglied im Schützenverein gewesen. Ich hatte auch schießen gelernt, aber meine Leidenschaft galt immer schon mehr der Wartung und Pflege der Waffen. Die komplexe Waffentechnik faszinierte mich ungemein und ich erwies mich als äußerst geschickt darin, Waffen zu modifizieren.

Zum Glück spielte das Wetter mit und unsere Gäste konnten sich weitestgehend im Freien aufhalten. Gegessen und getanzt wurde im schön geschmückten Saal und die Hochzeitsfeier war in vollem Gange, als mit auffiel, dass Hartmut nicht da war.

»Wo ist denn mein Mann?«, fragte ich einen älteren Gast. Wie leicht mir das schon von den Lippen kam!

»Der unterhält sich mit Frollein Novak im Vorraum.«

Mit Fräulein Novak meinte er Hartmuts Trauzeugin. Das Fräulein war hier auf dem Dorf noch so üblich, obwohl offiziell natürlich längst abgeschafft. Ich lächelte, zum Glück war ich ab heute kein Fräulein mehr.

Im Übrigen war Vanessa Novak auch die Sekretärin meines Jetzigen. Sie war erst seit Kurzem bei Hartmut beschäftigt. Trotzdem schienen sie mir schon merkwürdig vertraut miteinander. Jedenfalls sagte meine Nase mir, dass sie etwas vorhatte. Jetzt musste ich nur noch herausfinden, was es war.

Hübsch war sie jedenfalls. Mit ihren blondgesträhnten, halblangen Haaren und ihren endlosen Beinen sah sie aus wie die junge Sharon Stone.

Dabei war ich doch etwas pikiert, als mir auffiel, dass sie unter ihrem transparenten Spitzenkleid auch kein Höschen trug. Und das bei einer Hochzeit!

Die beiden hörten mich nicht, als ich den muffigen Raum betrat. Ein Schauer lief mir über den Rücken. Überall an den Wänden hingen Geweihe, Jagdtrophäen und Waffen. Okay, das war vermutlich nicht unüblich für ein Schützenhaus, mich aber ließ die seltsame Atmosphäre zutiefst erschaudern. Wenn ich gewusst hätte, was ich gleich hören sollte, hätte ich mich vielleicht energischer bemerkbar gemacht. Aber so wurde ich Zeuge dieses unerfreulichen Zwischenfalls.

Ohne-Höschen-Vanessa und Hartmut bemerkten mich nicht und setzten ihr vertrauliches Gespräch fort.

»Und bist du glücklich?« Sie lächelte Hartmut eine Spur zu vertraut an.

»Ist doch alles gut gegangen.« Emotionslos widmete sich mein Mann seinem Pils und trank es in einem Zug leer.

»Jetzt hast du alles, was du wolltest …«

»Ja, ist perfekt gelaufen. Ich werde sicherlich Bürgermeister werden.« Mittlerweile musste ich mit ansehen, wie sich Vanessas Zunge in Hartmuts Gehörgang bohrte. Mir stockte der Atem. Das war ja wohl eine dieser berühmten Fata Morganas, die es in unseren Breiten immer mal wieder gibt.

»Und die Unschuld vom Lande holt dabei die nötigen weiblichen Stimmen für dich. Da kann ich mit meinen polnischen Wurzeln einpacken.«

Ich konnte Vanessas Gesichtsausdruck nicht richtig deuten. Entweder war sie beleidigt oder sie machte sich lustig über mich. Wenn ich es genau betrachte, sollte ich mir eigentlich keine Gedanken um die blöde Kuh machen, schließlich musste ich gerade mit ansehen, wie mein Frischangetrauter auf unserer Hochzeit mit einer anderen rummachte. Wahrscheinlich eine Übersprungshandlung.

»So ist es. Anna ist beliebt. Sie ist in vielen Vereinen und wird mir sehr nützlich sein.«

»Ich weiß gar nicht, warum du dir das noch antust, du hast doch genug Kohle mit deinen ganzen Häusern, du Immobilien-Hai.«

»Tja, meine Liebe, Geld ist nicht immer alles. Manchmal ist ein bisschen Macht auch ganz schön.«

»Mmm«, gurrte Vanessa-Sharon zustimmend. Sprechen konnte sie nicht mehr. Sie war damit beschäftigt, ihre Zunge langsam am Hals meines Mannes hinabwandern zu lassen.

»Aber wir werden weiterhin unseren Spaß haben. Zum Vergnügen habe ich die schließlich nicht geheiratet.«

Mir blieb die Spucke weg, was lief denn da gerade für eine Nummer?

Hartmut hatte es sich inzwischen auf einem staubigen Sessel bequem gemacht. Seine hilfsbereite Sekretärin kniete vor seinen breit geöffneten Beinen und machte sich an seinem Hosenschlitz zu schaffen. Wohlig stöhnend griff er ihr in die blonde Mähne.

Mir reichte es. Was zu viel...