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Erwachen der Dunkelheit

Lara Adrian

 

Verlag LYX, 2018

ISBN 9783736308732 , 141 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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3,99 EUR

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2


Verfluchter Mist.

Es sollte ein Aufklärungseinsatz sein – mehr nicht. Deshalb stand sich Trygg auch in einer Seitenstraße, von der aus er das alte zweistöckige Haus in der Nähe der Bahnstation im Blick hatte, die Beine in den Bauch, während er darauf wartete, dass die beiden Mistkerle, die er beschattete, endlich ihren offensichtlichen Einbruch beendeten, sodass er ihre Überwachung fortsetzen konnte.

Vielleicht sollte er aber lieber sagen, dass er gewartet hatte.

Und zwar bis zu dem Moment, als eines der Fenster im ersten Stock plötzlich hell aufleuchtete, so als ob es eine kosmische Explosion strahlend weißer Energie gegeben hätte. Ihr folgten mehrere Schüsse.

Sehr viele Schüsse.

»Verdammt.«

Er trat aus dem Schatten hervor und steuerte auf das Haus zu.

Der Orden hatte eindringlich darauf hingewiesen, dass Trygg nichts tun sollte, was Roberto Santino oder seine Leute erkennen ließe, dass er sie auskundschaftete. Trygg verfolgte Santinos Handlanger, einen Stammesvampir namens Franco, seit nunmehr fast einer Woche und hatte im Verlauf seiner Recherchen den Standort von Santinos Hauptquartier auf einen Radius von einem halben Kilometer eingrenzen können. Ihm fehlten nur noch ein paar wenige Informationen, und dann würde er es genau wissen.

Das bedeutete, dass der Orden näher denn je davorstand, die Nummer eins des europäischen Drogenhandels – den gefährlichsten Drogenboss überhaupt – aufzuspüren und auszuschalten.

Dieser Einsatz war ein Muss. Es gab so viele Rauschgifthändler auf der ganzen Welt – sowohl Menschen als auch Stammesvampire –, und obwohl der Orden nie in der Lage sein würde, allen das Handwerk zu legen, war Santino doch ein ganz anderes Kaliber. Der Mensch machte kein Hehl aus seinem Hass auf Stammesvampire und brachte diese Haltung deutlich zum Ausdruck, indem er mit Red Dragon handelte. Das war die schlimmste Droge für Abkömmlinge von Tryggs Art und übertraf in ihrer schädlichen Wirkung noch ihren Vorgänger, Crimson, eine Droge, die vor ungefähr zwanzig Jahren in Umlauf gewesen war.

Das unter der Hand hergestellte Red Dragon, welches nur bei Stammesvampiren wirkte, stellte ein Problem dar, das keiner brauchte. Vor allem da die Beziehungen zur menschlichen Bevölkerung bereits angespannt waren. Angesichts der anhaltenden, sogar zunehmenden Schwierigkeiten mit Terrororganisationen wie Opus Nostrum und in jüngerer Zeit aufbrechenden Konflikten mit den Atlantiden und ihrer unberechenbaren Königin, Selene, war eine seuchenartige Verbreitung von blutrünstigen Stammesvampiren, die in allen Winkeln der Erde außer Kontrolle gerieten – und Panik auslösten – das Letzte, was der Orden wollte.

Mit einem Wort: Diese Sache mit Santino bedeutete Krieg. Und mit Kollateralschäden war bei jedem Krieg zu rechnen. Das war zwar nichts, was der Orden wollte, aber manchmal ließ sich das einfach nicht vermeiden. Trygg wusste, was seine Aufgabe bei diesem Einsatz war. Sein Commander, Lazaro Archer, hatte ihm die Regeln, die für den Auftrag galten, in unmissverständlicher Weise dargelegt: Alles, was das oberste Ziel gefährdete, war verboten.

Zu dumm nur, dass das Befolgen von Regeln nicht zu Tryggs Stärken zählte.

Er marschierte quer über die Straße und wusste bereits in dem Moment, dass das eine ganz schlechte Idee war. Das Weinen eines Babys, das er selbst mit seinem übernatürlich scharfen Gehör nur schwach vernommen hatte, verstärkte sich um das Zehnfache, als er mit einem mächtigen Satz von der Straße hoch auf einen kleinen, von einem schmiedeeisernen Gitter umrahmten Balkon im ersten Stock sprang. Aus dem nebenan liegenden Raum waren die Geräusche eines Kampfes zu hören, die das Schreien des Kindes übertönten. Weit beunruhigender als der Lärm war jedoch der widerliche Gestank eines Stammesvampirs, der unter Red Dragon stand und in Trygg selbst eine rasende Wut auslöste.

Der Zugang zum Haus war mit einer außergewöhnlich ausgeklügelten Alarmvorrichtung ausgestattet, die aber seinen besonderen Fähigkeiten, über die er als Stammesvampir verfügte, nichts entgegenzusetzen hatte. Ein mentaler Befehl reichte, um die Sensoren zu deaktivieren und die Verbindung zu den Wärmefühlern zu unterbrechen, ehe er die Verriegelung der Balkontüren öffnete.

In der gleichen Weise waren auch der Stammesvampir, der die dreckigen Aufgaben für Santino erledigte, und sein menschlicher Begleiter vor ein paar Minuten ins Haus eingedrungen.

Was zum Teufel wollten die hier überhaupt?

Und was war das für ein weißer Lichtblitz gewesen?

Doch die Antworten konnten warten. Jetzt musste erst einmal das geregelt werden, was da im Haus vor sich ging, ehe es noch eskalierte.

Als er die Glastür aufstieß und hindurchschlüpfte, schlug ihm erneut schrilles Kreischen entgegen. Er merkte, dass er in ein Schlafzimmer eingedrungen war, das von drei Frauen unterschiedlichen Alters bewohnt wurde. Alle waren in Nachthemd oder Bademantel und klammerten sich aneinander, während sie ihn entsetzt anstarrten und schrien.

Er warf der ängstlichen Schar einen finsteren Blick zu, was die Schreie nur noch lauter werden ließ. Shit. Er wusste, dass er schon angesichts seiner Größe und der kräftigen Gestalt einen furchterregenden Anblick bot. Doch mit dem rasierten Schädel und der gezackten Narbe, die sich tief in seine Wange unter dem linken Auge eingegraben hatte, grenzte sein Aussehen an etwas, das man nur aus Albträumen kannte.

Die hervorgetretenen Fänge brachten das Fass dann wohl zum Überlaufen. Die Spitzen bohrten sich in seine Zunge, während er die zitternden Frauen wütend anfunkelte. »Seid still. Ich will euch nichts tun.«

Es war ein recht schwacher Versuch, sie zu beruhigen, aber mit Vernunft war ihnen sowieso nicht mehr beizukommen. Und er besaß weder die Fähigkeit noch die Zeit, es zu versuchen.

Knurrend berührte er die Stirn der Frau, die am nächsten zu ihm stand. »Schlaf«, befahl er ihr und versetzte sie so in eine sofortige Trance.

Die beiden anderen raffte es genauso schnell dahin.

Von allen Waffen, die ihm zur Verfügung standen, bediente er sich am seltensten der Gabe aller Stammesvampire, den Geist eines anderen zu manipulieren. In der Tat hasste er es sogar. Als ein ehemaliger Jäger, der in Gefangenschaft aufgewachsen war und von einem Wahnsinnigen namens Dragos zum Killer ausgebildet worden war, wusste Trygg sehr genau, wie es sich anfühlte, wenn ein anderer über einen bestimmte und ihn zu irgendwelchen Dingen zwang.

Die ersten vierzehn Jahre seines Lebens hatte er sich einem brutalen Zuchtprogramm unterwerfen müssen und war durch erbarmungslose Konditionierung und ein ultraviolettes Halsband, welches ihn vernichtet hätte, sollte er sich weigern, einen Befehl auszuführen, gefügig gemacht worden.

Doch Dragos war nur der Erste von Tryggs Gebietern gewesen.

Der oder vielmehr die Letzte hatte ihm das Gesicht aufgeschlitzt – kurz bevor er sie getötet hatte.

Trygg schüttelte die Erinnerung ab, als ein animalisches Brüllen die Wände des Zimmers nebenan beben ließ. Franco war schon an sich ein sadistisches Scheusal, aber Trygg mochte sich gar nicht vorzustellen, zu was für Grausamkeiten der Stammesvampir fähig war, wenn er heute Nacht unter dem Einfluss von Red Dragon stand.

Der Geruch von Tod und Schießpulver und von noch etwas anderem, etwas, das eigenartigerweise an ein frisch durchgezogenes Gewitter erinnerte, hing in der Luft.

Die Tür des Schlafzimmers nebenan war aus den Angeln gerissen worden. Drinnen hörte man weiter einen Säugling schreien. Trygg sprang über das auf dem Boden liegende Türblatt und befand sich mitten in einer Szene, die er sich nie hätte vorstellen können.

Drei Leichen lagen regungslos auf dem Boden. Die Frau – ein Mensch – sah aus wie eine zerbrochene Gliederpuppe, die man einfach neben dem schmalen Bett fallen gelassen hatte. Ein weiterer Mensch – ein dürrer Kerl mit fettigen Haaren und dem fahlen Gesicht eines Cracksüchtigen – war vor dem offenen Schrank in sich zusammengesackt, als hätte ihn ein heftiger Sturm dorthin geweht.

Bei der dritten Leiche – und das war der größte Schock – handelte es sich um Santinos Handlanger Franco. Er lag bäuchlings auf dem Boden, und die Frau, die ihn überwältigt hatte, stand rittlings über ihm. Die große, schlanke Blondine umklammerte den Kopf des riesigen Stammesvampirs mit beiden Händen und verdrehte den Hals mit einem Ruck, sodass Trygg, als er den Raum betrat, hören konnte, wie das Genick brach.

»Allmächtiger.«

Beim Klang seiner leisen Stimme wirbelte sie herum. Das wunderschöne Gesicht war zu einer Maske des Zorns erstarrt, und in den himmelblauen Augen loderte ein mörderisches Feuer, das ihn förmlich herausforderte, es mit ihr aufzunehmen. Eine Kugel hatte sie während des Tumults gestreift und den dünnen Stoff ihres hellgrauen Hemds aufgeschlitzt. Frisches rotes Blut tränkte den Stoff, sodass seine Fänge in Pawlowscher Manier pochten, als er beobachtete, wie die Wunde sich bereits langsam wieder schloss.

Sein verblüffter Blick glitt weiter nach unten, wo ein überirdisches Glühen ihre Handinnenflächen leuchten ließ. Er sah das Pulsieren von Energie, die zwar beherrscht wurde, doch deren Kraft unverkennbar war. Das erklärte wohl das Aufblitzen von Licht, das er von draußen bemerkt hatte.

Trygg konnte ein solches Ausmaß ungezähmter Kraft kaum fassen. Doch...