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Breeds - Hawkes Prüfung

Lora Leigh

 

Verlag LYX, 2018

ISBN 9783736309357 , 125 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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3,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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1


WOLF MOUNTAIN, COLORADO
BASIS DER WOLF-BREEDS: HAVEN

Der Schneefall im Winter hatte etwas an sich, das Jessica Raines immer geliebt hatte. Ein Gefühl von Wärme trotz der Kälte. Ein Gefühl von Staunen – als ein Überbleibsel aus ihrer Kindheit, das sie nie verloren hatte.

Doch nun, als sie durch das weiche, schwere winterliche Weiß schritt, das um sie herum fiel, fühlte sie sich weniger als Kind denn je in ihrem Leben. Sie war vierundzwanzig Jahre alt und fühlte sich alt, erschöpft und müde.

Weihnachten stand vor der Tür. Lichterketten wanden sich durch Haven, die Basis der Wolf-Breeds, Fenster leuchteten in den festlichen Farben der Adventszeit, und üppig geschmückte Bäume blinkten fröhlich in der Winternacht.

Weihnachten stand vor der Tür, und Jessica hatte sich nie weniger in Festtagsstimmung befunden.

Aber der Schnee war trotzdem schön. Der hatte ihr gefehlt im letzten Jahr, während ihrer Haft in dem unterirdischen Zellentrakt, in dem die Wolf-Breeds sie festgesetzt hatten. Weil sie eine Verräterin war. Egal wie widerwillig – sie hatte genau die Leute verraten, an die sie so sehr geglaubt hatte. Und noch während sie das tat, hilflos gegenüber den immer stärker werdenden Zwängen in ihr, hatte sie im Stillen getobt, gekämpft und geschrien. Dennoch hatte sie Informationen unterschlagen, Verteidigungspläne übergeben und ihrem Vater die Wohnstätten des Alphapärchens der Wolf-Breeds und seines Stellvertreters verraten.

Die Puristenvereinigung, mit der er zusammengearbeitet hatte, hatte beide Paare fast getötet. Hätte sie nicht die Kraft gefunden, die Gefährtinnen der Männer vor dem Angriff aus ihren Häusern zu locken, wären sie umgebracht worden.

Sie fuhr sich mit den Fingern durchs Haar und zupfte daran, während sie sich bemühte, in dem Verrat, den ihr Vater an ihr begangen hatte, einen Sinn zu erkennen. Er hatte sie in den sicheren Tod geschickt. Das musste ihm klar gewesen sein. Die Droge, die er ihr bei ihren Besuchen in Speisen und Getränke gemischt hatte, die Befehle, die er ihr gegeben hatte – ihm war ohne den Hauch eines Zweifels klar gewesen, dass man sie fassen und dass sie sterben würde. Und doch hatte er es getan.

Sie konnte ihn nicht einmal fragen, wieso. Denn inzwischen war er tot. Die Vereinigung, zu der er gehört hatte, war zerschlagen. Advert, die Kleinstadt außerhalb der Breed-Basis, befand sich unter der Kontrolle der Wolf-Breeds – doch Jessica litt noch immer.

Sie hatte alles verloren, weil ihr Vater eine Spezies hasste, die nie darum gebeten hatte, erschaffen zu werden. Die entschlossen war, nun, da sie eben existierte, auch zu überleben. Er hatte erst seine Tochter und dann sein eigenes Leben geopfert – für nichts.

Jessica hob das Gesicht dem fallenden Schnee entgegen und redete sich ein, die Feuchtigkeit auf ihrer Haut wäre schmelzendes Eis. Falsch. Sie wusste, es waren Tränen. Ihr Vater war nicht der Einzige, der bei seinem Versuch, die Breeds zu zerstören, verloren hatte: Auch Jessica hatte verloren, und zwar mehr, als irgendjemand sich vorstellen konnte.

Sie blieb stehen, lehnte sich an den dicken Stamm einer gewaltigen Eiche und sah hinauf in die tief hängende dunkle Wolkendecke. Der Schnee fiel nun dichter und heftiger und gab einem plötzlich ein Gefühl von Schwere und Unheil, als würde die Natur selbst einschreiten, um Rache für unsägliche Verbrechen zu üben.

Oder vielleicht auch Rache an ihr.

Jessica verzog das Gesicht, schüttelte den Kopf über ihre Träumerei und drehte sich dann schnell um, um zu ihrer Hütte zurückzugehen. Ihrer unvermittelten Bewegung folgte ein lauter Knall, und ein Stück Rinde flog ihr ins Gesicht.

Eine Sekunde des Unglaubens, des Innehaltens, in der die Erkenntnis zu ihr durchdrang, dass gerade jemand auf sie geschossen hatte – dann hastete Jessica hinter den Baum. Ihr Herz raste, und Furcht pochte in ihr.

Jemand hatte gerade auf sie geschossen.

Sie befand sich mitten im Wald, ohne Mantel, ohne Waffe, ohne Bewachung. Sie war schutzlos an einem Ort, an dem sie eigentlich keinen Schutz nötig haben sollte.

Was jetzt?

Sie sah sich in der düsteren Winterlandschaft um, rang mit hämmerndem Herzen nach Luft und gab sich Mühe, schnell zu überlegen. Und logisch zu denken.

Sie konnte niemanden sehen und niemanden wahrnehmen. Was würde sie jetzt nicht alles geben für diese raffinierten Supersinne, wie die Breeds sie besaßen. Ein hoch entwickeltes Gehör und ein besserer Seh- und Geruchssinn wären jetzt wirklich praktisch.

Sie konnte nicht noch länger hier stehen bleiben, ermahnte sie sich. Sie musste schleunigst in Bewegung kommen, sonst würde der Schütze um sie herumschleichen, bis er sie ins Visier bekam und sie nicht mehr entkommen konnte.

Es blieb ihr nur eins zu tun. Sie packte fest den rauen Baumstamm, warf sich dann daran vorbei und rannte auf die großen Felsen und Gesteinsbrocken zu, die sich nicht weit von ihr befanden.

Hinter ihr fielen Schüsse. Dreckklumpen spritzten hoch und trafen sie, während sie rannte. Sie glitt in eine enge Lücke zwischen den Felsen und zuckte schaudernd zusammen, als eine weitere Kugel in einem großen Felsblock einschlug.

»Feiglinge«, stieß sie wütend hervor und drückte sich so eng an die Felsen, wie sie konnte. »Bastarde.«

Inzwischen hatte doch ganz bestimmt einer der Breeds die Schüsse gehört. In Haven patrouillierte einer der weltbesten Sicherheitstrupps der Breeds. Also, wo blieben die jetzt? Vielleicht war es doch keine so gute Idee gewesen, ihrer Leibwächterin zu entwischen.

Auf Händen und Knien kroch Jessica zwischen den Felsen hindurch, die umherlagen wie wahllos hingeworfenes Kinderspielzeug.

Wieder ein scharfer Knall, und diesmal flogen Gesteinssplitter über ihren Kopf hinweg, als sie sich zwischen aufrecht stehende Steinsäulen quetschte und sich so klein wie möglich zu machen versuchte.

Sie war so gut wie tot. Die Breeds hätten sie einfach vor einem Jahr töten sollen, als sie darüber debattierten, denn jetzt würde sie definitiv sterben.

Wo zur Hölle waren die Breed-Patrouillen? Oder waren sie es etwa, die auf sie feuerten?

Die Angst bescherte ihr einen Adrenalinschub, als sich mit dem nächsten Schuss eine Kugel über ihrem Kopf in den Stein bohrte. Die Treffer kamen näher. Das würde sie nicht überleben. Sie würde hier sterben, in Kälte und Schnee, und wahrscheinlich würde es einige Zeit dauern, bis jemand ihre Leiche fand. Offensichtlich machte sich niemand große Sorgen um sie, nun da man sie auf freien Fuß gesetzt hatte; auch wenn sie Haven nicht verlassen durfte. Wahrscheinlich war es ein Breed, der sie zu töten versuchte.

»Jess.« Eine Hand drückte sich auf ihren Mund, und starke Arme rissen sie hinter die Felsen, während ein weiterer Schuss neben ihrer Schulter einschlug.

Hart, erhitzt und männlich – der große Körper, an den sie sich so plötzlich gedrückt fühlte, war eine willkommene Erleichterung, ein Ort der Sicherheit. Sie erkannte die Stimme an ihrem Ohr.

Hawke Esteban.

Erleichterung überkam sie, so intensiv, dass sie ganz benommen wurde. Ein Arm legte sich um ihre Taille und zog sie rückwärts mit sich, in die Sicherheit einer weiteren Felszunge inmitten der großen Blöcke, hinter denen sie Schutz gesucht hatte.

»Was zur Hölle machst du hier draußen?«, zischte er ihr ins Ohr. Seine dunkle, sinnliche Stimme knisterte vor Zorn.

Sie wollte den Kopf schütteln. Wie sollte sie ihm denn antworten, wenn er die Hand auf ihrem Mund hatte?

»Halt still!«, befahl er, als sie in seinem Griff zappelte. »Mordecai und Rule holen sich den Schützen.«

Mordecai, der kalte, stahlharte Kojote, der Haven zugeteilt war, von dem Kojotenrudel in den Klippen über ihnen; und Rule, der Löwen-Breed, der normalerweise als persönlicher Leibwächter für Jonas Wyatt arbeitete, den Direktor des Büros für Breed-Angelegenheiten.

Beide Männer waren Killer, wahrhaft eiskalte Breeds, gezüchtet, um Blut zu vergießen.

»Sehen wir zu, dass du hier wegkommst.« Er nahm die Hand von ihrem Mund. »Bleib hinter mir. Wir arbeiten uns zurück zur Hütte und lassen die beiden die Sache hier erledigen.«

Hawke spürte die Furcht in sich hochkriechen, als er Jessicas Hand nahm und sie Rules Anweisungen folgend auf dem sichersten Weg zurück zu der ihr zugeteilten Hütte führte.

Furcht war ihm immer ein unbekanntes Gefühl gewesen – bis jetzt. Bis er sich der Erkenntnis gegenübersah, dass irgendwer auf seine Gefährtin schoss. Dass er sie verlieren könnte und dass alles, worum er das ganze letzte Jahr gekämpft hatte, mit ihrem Tod enden könnte.

Dem konnte er sich nicht stellen. Das wurde ihm in dem Augenblick klar, als er, Mordecai und Rule zu ihrer Rettung geeilt waren. Jess’ Tod konnte er nicht ins Auge sehen. Sie hatte im vergangenen Jahr schon mit mehr zu kämpfen gehabt, als eine Frau ertragen sollte. Sie nun auf diese Weise zu verlieren, war grausamer, als er sich vorstellen konnte.

Er hob den Kopf, inhalierte tief die Düfte der Wälder und entfernte sich immer weiter vom scharfen Geruch der Bösartigkeit und der Schüsse. Er konnte die Absicht des Mannes, der hinter Jess her war, buchstäblich wittern. Den mörderischen Zorn; die Entschlossenheit, sie zu töten.

»Er zieht sich zurück, Hawke«, war Mordecais Stimme im Headset zu hören. »Wir haben noch keine ID, nur den Geruch. Rule bringt sich in Stellung, um ihn abzufangen.«

»Abfangen, nicht töten«,...