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The Extinction Cycle - Buch 7: Am Ende bleibt nur Finsternis - Thriller

Nicholas Sansbury Smith

 

Verlag Festa Verlag, 2018

ISBN 9783865526342 , 100 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz frei

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4,99 EUR


 

Prolog

Sie waren im Arsch.

Die Frage lautete nicht, ob die Monster Captain Reed Beckham und Lieutenant Jim »Der-mit-den-zehn-Leben« Flathman finden würden. Die Frage lautete nur, wie lange es dauern würde. Nachdem Beckham aus einem Blackhawk in eine von Ungeheuern überrannte Stadt geworfen worden war, befand er sich wieder in Aktion und auf einem Spießrutenlauf geradewegs durch die Hölle.

Er robbte über das Dach auf Flathman zu. Der Schein des Halbmonds erhellte Beckhams ramponierten Körper und das verbogene Metall seiner Beinprothese. Die Handprothese hatte er verloren, deshalb prangte an der Stelle nur ein Stumpf. Die Hand selbst hatte Big Horn mit Megs Beil abgehackt, um Beckham das Leben zu retten. Dutzende Schnitte und Narben überzogen seine freiliegende Haut wie Tätowierungen.

Am Rand des Daches stemmte sich Beckham hoch, um über die Seite zu spähen. Obwohl seine Augen halb zugeschwollen waren, konnte er im Mondlicht die zerstörte Großstadt sehen.

Menschenleere, im Zuge von Operation Liberty in Stücke gesprengte Wolkenkratzer beherrschten die Skyline. Durch die Brandbomben hatten zahlreiche Infernos ganze Häuserblocks verschlungen und eine geschwärzte Stadtlandschaft zurückgelassen. Geröllhaufen säumten Geschäfte und Läden wie Schutthalden den Fuß eines Bergs.

Jede Straße aus dem Ödland der Zerstörung führte durch Abartigen-Gebiet. Trotz mehrerer Versuche, die Metropole zurückzuerobern, gehörte Chicago immer noch den Monstern. Eine geringe Anzahl von Alphas und Abartigen hatte sich in den Untergrund zurückgezogen, als VX9H9 eingesetzt worden war. Beckham hatte bisher nur wenige von ihnen gesehen und war nicht sicher, wie viele es in der Nähe gab, aber Flathman hatte ihn gewarnt, dass sich die Bestien genauso in den Schatten herumdrückten wie sie beide. Auch ein geringer Prozentsatz der mächtigen Jung-Abartigen hatte den Einsatz von Kryptonit überlebt.

Doch die alten Monster stellten nicht die einzige Bedrohung dar. Auf den Straßen unten wimmelte es von Neuinfizierten aus Sicherheitszone 15 – von Menschen wie Emilia, der Cousine von Präsidentin Jan Ringgold.

Beckham konnte ihre bleiche Haut sehen, als sie auf der Suche nach Beute umherzogen. Die Blicke ihrer gelben Augen schnellten dabei hin und her, während ihnen Blut aus verschiedenen Körperöffnungen sickerte. Es mutete wieder wie in den ersten Tagen des Ausbruchs des Virus an.

Lieutenant Andrew Wood und seine Armee, die Soldaten des Widerstands gegen Tyrannei, hatten die Epidemie erneut ausgelöst, indem sie die Seuche in mehreren Sicherheitszonen wie dieser freigesetzt hatten. Die WGT-Leute, deren erklärtes Ziel darin bestand, Macht unter ihrem Banner zu versammeln, benutzten Terror als Hauptwaffe und das Blutervirus als Katalysator für diese Waffe. Wood drohte alles zu ruinieren, wofür Beckham und das Militär seit dem Eindringen in Gebäude 8 auf San Nicolas vor sieben Monaten gekämpft hatten.

Die Neuinfizierten rückten näher – genau wie die Geister der Männer und Frauen, die gestorben waren, um das Ende der Welt zu verhindern. Beckham konnte sich vorstellen, wie seine Freunde auf dem Dach standen. Meg Pratt, Sheila Horn, Staff Sergeant Alex »Kid« Riley, Lieutenant Colonel Ray Jensen und eine Handvoll anderer, die finster auf ihn herabstarrten, während er sich vor den Bestien versteckte.

Im Schutz der Dunkelheit hob er sich die moderne Optik des Zielfernrohrs seines M4-Karabiners ans geschwollene Auge und vergrößerte die Ansicht, hielt Ausschau nach einem Fahrzeug, das ihnen bei der Flucht helfen könnte. Im Geäst einer uralten Eiche neben dem Gebäude nahm er Bewegung wahr. Hunderte schwarze Vögel hockten auf den dürren Ästen. Ihr Gewicht brachte das Holz zum Knacken, ein Geräusch, das Beckham an die Gelenke Abartiger erinnerte.

Aus diesem Grund hatten sie das Dach ausgewählt: Sollte ein Infizierter zu nahe kommen, würden sich die Vögel in die Lüfte erheben. Zumeist hielten sich die Abartigen an größere Beute, was den Mangel an Tieren und Menschen in Chicago erklärte, aber wenn die hirnlosen Kreaturen hungrig genug wurden, wandten sie sich auch Vögeln, Ratten und vermutlich sogar Insekten zu.

Beckham schwenkte das ACOG-Visier auf die Straße, wo die verseuchten Bestien jagten. Eine der Kreaturen, eine sehnige Frau, die noch blaue Jeans und ein zerfetztes Sweatshirt mit dem Logo der Chicago Bears trug, bahnte sich den Weg zum Stamm des Baums. Beckham wich vom Rand des Daches in die Schatten und außer Sicht zurück.

Das Monster schaute mit gelben Augen zu den Vögeln hoch. Blut tropfte von seiner spitzen Nase, als es die frostige Luft schnupperte. Beckhams Muskeln erstarrten. Er wagte nicht, sich auch nur einen Zentimeter zu rühren. Die Bestie konnte ihn zwar nicht sehen, was jedoch keineswegs bedeutete, dass sie seine Körperausdünstungen oder den aus seinen Wunden sickernden Eiter nicht riechen konnte.

Das Geräusch knackender Gelenke hallte durch die Stadt, als die Ausgeburt der Hölle auf allen vieren zurück auf die Straße preschte, ohne sich weiter für die Vögel zu interessieren oder Beckham zu bemerken.

Langsam setzte sich Beckham in Bewegung, um einen Blick auf die Gebäude weiter unten im Häuserblock zu werfen. Am Randstein einer Kreuzung stand ein gepanzerter Wagen einer Bank. Beckham benutzte das ACOG-Visier, um die Ansicht auf das Fahrzeug zu vergrößern, dann jedoch schwenkte er das Zielfernrohr weg, als er ein Rudel Infizierter erblickte, die hinter dem Wagen über die Außenmauer eines alten Lagerhauses kletterten. Von der Höhe des Daches aus wirkten die Kreaturen wie eine Armee von Albino-Ameisen.

Es ließ sich unmöglich abschätzen, wie viele Monster in dieser Nacht unterwegs sein mochten.

Beckham gab ein kurzes Handzeichen an Flathman, der über den Rand spähte und der Richtung von Beckhams Finger zu dem gepanzerten Laster folgte. Er nickte und antwortete mit einem eigenen Zeichen.

Die beiden Soldaten zogen sich vom gemauerten Sims des Daches zurück und suchten Zuflucht im Schatten der Mauer. Tief geduckt folgte Beckham dem Lieutenant zu einer Reihe von Klimatisierungsgeräten.

Beckham bemühte sich, die Geräusche zu minimieren, die seine Prothesenklinge beim Kriechen übers Dach verursachte. Als er die Geräte erreichte, lehnte er den schmerzenden Rücken gegen eines davon und ließ den Blick auf die Süd- und Westseite des Daches gerichtet, während Flathman den Norden und Osten beobachtete.

Nach einigen Augenblicken der Stille holte Flathman einen Flachmann mit Whiskey hervor, trank einen Schluck und bot ihn dann Beckham an. Flathman griff zum bereits zehnten Mal an diesem Abend nach dem Flachmann, und Beckham entschied letztlich, seine Anspannung selbst mit einem Schluck zu lindern. Der samtige Alkohol rann seine Kehle hinab und brannte in seinem leeren Magen. Er begrüßte das Brennen, genoss es einen flüchtigen Moment lang mit geschlossenen Augen. Dann legte es sich, und Beckham wischte sich den Mund mit dem zerfetzten Ärmel ab, der seinen Stumpf bedeckte. Er griff in die Westentasche, in der er früher immer ein Foto seiner Mutter aufbewahrt hatte.

Das Bild hatte zwar nicht überlebt, doch es hatte sich in sein Gedächtnis eingebrannt, so unvergänglich wie die Narben an seinem Körper. Statt des Fotos holte er ein Taschentuch hervor, das er in Antibiotika getränkt hatte. Er tupfte sich damit die Stirn ab. Die Flüssigkeit brannte auf dem Geflecht von Kratzern, Schnitten und blauen Flecken.

Schmerzen rasten die Reste seines rechten Arms hinab und kribbelten dort, wo sich seine Hand befinden sollte. Er biss die Zähne zusammen, zwang sich jedoch damit aufzuhören, als ihm bewusst wurde, wie laut sie knirschten. Wenn er das Geräusch hören konnte, dann konnten es die Monster auch.

Die Schmerzen in seinem fehlenden Arm wurden schlimmer, wovor ihn Master Sergeant Joe Fitzpatrick gewarnt hatte. Das Phantomgliedmaßen-Syndrom: ein Zustand, mit dem viele Soldaten nach dem Verlust eines Arms oder Beins zu kämpfen hatten.

Beckham verlangte mit einer Geste erneut nach dem Flachmann.

»Sachte, Captain«, mahnte Flathman flüsternd mit einem selbstgefälligen Grinsen im Gesicht. Er reichte Beckham den Flachmann. Beckham trank einen weiteren Schluck und hoffte, der Alkohol würde ihm etwas Erleichterung verschaffen – nicht nur von den körperlichen Schmerzen, sondern auch von den mentalen Qualen.

Er hatte hilflos mit ansehen müssen, wie Doktor Pat Ellis auf Plum Island hingerichtet worden war. Die Erinnerung blitzte in seinem Geist auf, und seine erschöpften Muskeln spannten sich an, als der Schuss in seinem Gedächtnis knallte.

Beckham wusste immer noch nichts über das Schicksal der restlichen Bewohner von Plum Island, und selbst wenn, er wäre außerstande gewesen, ihnen in irgendeiner Weise zu helfen. Kate konnte ohne Weiteres bereits tot sein, und er würde nie die Gelegenheit erhalten, ihren gemeinsamen Sohn kennenzulernen. Bilder von seinem besten Freund Big Horn, in Stücke gerissen, und von Präsidentin Ringgold, die tot in einer Lache ihres eigenen Blutes lag, bestürmten seinen Verstand. Er konnte es nicht ertragen, auf diese Weise an Kate zu denken …

Der Kummer und die Ungewissheit zerrissen ihn innerlich. Und er saß in dem Wildreservat gefangen, in das sich Chicago verwandelt hatte, umgeben von infizierten Monstern. Mittlerweile konnte er nachvollziehen, wieso sich Flathman dem Trinken zugewandt hatte.

Die Welt war ein finsterer, ein grauenhafter Ort.

Er veränderte die Haltung, um vom Dach besser nach Süden sehen zu können. Die skelettartigen...