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12 Wege zu guter Pflege - WG, zu Hause, im Heim oder Tagespflege? Alle Betreuungsmodelle im Praxistest

12 Wege zu guter Pflege - WG, zu Hause, im Heim oder Tagespflege? Alle Betreuungsmodelle im Praxistest

Raimund Schmid

 

Verlag Beltz, 2019

ISBN 9783407865656 , 320 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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17,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

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Was Sie von diesem Buch erwarten dürfen


Es hat viel zu lange gedauert, aber jetzt scheint das Thema Pflege auch hierzulande angekommen zu sein: in den Medien, bei den Politikern und in der Gesellschaft. Es ist inzwischen zu einem nicht mehr wegzudenkenden Debattenthema geworden. Nicht nur in fast allen Talkrunden, sondern auch bei den Parteien im Deutschen Bundestag und sogar im »Tatort« mit Sabine Postel als Kommissarin oder in Spielfilmen – wie »Tod auf Raten« – mit Veronica Ferres. Wenn auch nicht positiv besetzt, so ist die Pflege heute endlich zu einem wichtigen gesellschaftlichen Thema mit reichlich Zündstoff geworden.

Das war wirklich »lange Zeit anders«, bestätigt Dr. Ralf Suhr, Vorstandsvorsitzender des Zentrums für Qualität in der Pflege (ZQP), einer gemeinnützigen Stiftung mit Sitz in Berlin: »Vor zehn Jahren fristete das Thema noch ein Nischendasein. Die meisten Menschen machten einen Bogen drum herum. Heute ist Pflege allgegenwärtig. Etwas drei Viertel der Menschen in Deutschland sind betroffen – direkt oder indirekt.«1

Tatsächlich: Wer sich in seiner eigenen Familie oder im Umfeld von nahen Angehörigen umschaut, wird heute in irgendeiner Weise mit dem Thema Pflege konfrontiert. Das sind zumeist die eigenen Eltern oder Großeltern, Geschwister, nahe Verwandte oder auch Nachbarn beziehungsweise enge Freunde. Rund 3,5 Millionen Menschen werden in Deutschland bis Ende 2019 als pflegebedürftig eingestuft sein. Bis 2035 sollen es dann nach Berechnungen des Deutschen Instituts für Wirtschaft bereits vier Millionen sein. Und die Zahl der Angehörigen, die sich um diese zu pflegenden Familienmitglieder kümmern oder zumindest in ihre Betreuung involviert sind, ist noch einmal um einige Millionen größer. Pflegebedürftigkeit ist heute also nicht nur ein abstraktes und politisches Thema in der Öffentlichkeit und in den Medien, sondern betrifft sehr viele Menschen und drückt ihrem Alltag ihren Stempel auf. Das kann gerade bei den 1,7 Millionen Demenzkranken schnell zu einer Überforderung führen: »Viele sagen angesichts einer Demenz, dass sie gerne etwas ändern würden, aber nicht wissen, welches Betreuungsmodell für sie infrage kommt«, stellt Joelle Wörtche, die die Online-Plattform www.demenzmagazin.de ins Leben gerufen hat, immer wieder fest. »Hinzu kommt der Stress: Denn ist die Diagnose Demenz erst einmal gestellt, fühlen sich viele Familien unter Druck und können sich nicht gut über die für sie beste Lösung informieren.«2

Dass die Demenz bereits weite Teile der Gesellschaft direkt oder indirekt erfasst hat, zeigt eine weitere Erkenntnis der Stiftung Zentrum für Qualität in der Pflege. Nach deren Erkenntnissen geben 61 Prozent der Bevölkerung an, mindestens einen Menschen mit Demenz persönlich zu kennen oder gekannt zu haben. Doch jeder Zweite glaubt, eher schlecht dafür gewappnet zu sein, um einem dementiell Erkrankten zu helfen, wenn diese Unterstützung notwendig wird. Und 44 Prozent wären sogar bereit, mehr über den Umgang und die Kommunikation sowie über die möglichst beste Versorgung von Dementen zu erfahren.3

Das hat auch viel mit Ängsten zu tun. Eine repräsentative Befragung des sozialwissenschaftlichen Umfragezentrums (SUZ) Duisburg bei 2 000 Personen im Alter von 50 bis 80 Jahren hat folgende erschreckende Ergebnisse zutage gefördert: So stimmen

  • 86 Prozent der Befragten der These (voll und ganz) zu, dass die Pflege zu Hause für viele pflegende Angehörige eine psychische und körperliche Belastung darstellt.

  • 73 Prozent der Annahme zu, dass ein Pflegeheim, das wirklich gut ist, viel zu teuer ist.

  • 50 Prozent der Aussage zu, sich über die Pflegebedürftigkeit im Alter (große) Sorgen zu machen.4

In der Folge schaffen es viele nicht, eine gute oder sogar die beste Pflege für ihre Angehörigen im Alter zu finden. Und das ist auf ganz viele Gründe zurückzuführen:

  • Trotz aller Angebote fühlen sich nach Daten des Zentrums für Qualität in der Pflege 44 Prozent der Befragten nicht wirklich gut über ihre Ansprüche als Pflegende informiert.

  • Die Angebotspalette von Pflegediensten und Pflegeeinrichtungen hinkt dem eigentlichen Bedarf hinterher. In manchen Bereichen wie bei der Kurzzeit- oder Tagespflege herrscht akuter Mangel, manche Angebote wie die Nachtpflege muss man mit der Lupe suchen.

  • Ob ein Pflegeangebot gut und ausreichend mit Personal bestückt ist, kann von Pflegebedürftigen wie deren Angehörigen kaum beurteilt werden. Aufgrund des gravierenden Personalmangels – es fehlen mindestens 35 000 Stellen – ist die Zahl der Pflegekräfte zum Beispiel in deutschen Krankenhäusern 2017 im Vergleich zu 2016 trotz eines voll finanzierten Pflegestellenförderprogramms lediglich um 3 400 auf jetzt 328 500 Vollzeitkräfte minimal angewachsen. In den rund 26 500 Pflegeheimen und -diensten sind laut Pflege-Report des Wissenschaftlichen Instituts der AOK (WIdO) 2018 etwa eine Million Mitarbeiter beschäftigt. Für eine gute Pflege reicht dies aufgrund des demografischen Tsunamis hierzulande jedoch nicht aus, egal wo die Pflege auch stattfindet.

  • Die Eigenbelastungen, die für die Pflege selbst aufgebracht werden müssen, sind für immer mehr Menschen zumindest auf Dauer nicht zu stemmen. Da ist es dann ganz besonders wichtig, dass sämtliche finanziellen Unterstützungsleistungen auch genutzt werden. Dies ist aber häufig aus Unkenntnis nicht der Fall. Auf manche Pflegeangebote, die finanziell durchaus zu schultern wären, müssen Pflegebedürftige wie Angehörige deshalb mitunter verzichten.

  • Und auch die Politik hinkt ständig hinterher, weil sie immer wieder von der Realität eingeholt wird. Die gesetzlichen Pfeiler, die mit Einführung der Pflegeversicherung im Jahr 1995 bis hin zur 2018 gestarteten neuen »Konzertierten Aktion Pflege« gesetzt worden sind, reichen immer noch nicht aus.

Auch wenn die Politik nun erstmals den Ernst der Lage erkannt zu haben scheint, wird uns das Pflegedesaster in Deutschland noch sehr lange beschäftigen. Mindestens weitere zehn Jahre lang, das mutmaßt selbst Familienministerin Franziska Giffey: »Ich hoffe, junge Menschen sagen in zehn Jahren: Das ist ein cooler Job – spannende Aufgaben, gutes Einkommen, faire Arbeitsbedingungen und die Zeit, sich wirklich Menschen zu widmen. Und ich hoffe, ältere Menschen sagen in zehn Jahren: Ich habe ein gutes Gefühl, wenn ich an die Zeit denke, in der Pflege nötig wird. Weil ich weiß, dass Menschen sich gut um mich kümmern. Wenn das gelingt, haben wir wirklich viel geschafft.«5

Bis dahin ist es aber noch ein langer Weg. Zudem bestehen erhebliche Zweifel, dass der Weg – so wie er bei uns gegangen wird – auch irgendwann zum Ziel führen wird. Da stellt sich dann doch die Frage: Hätte man das alles nicht schon vor zehn Jahren schaffen können? Dann wäre den Pflegebedürftigen mit ihren Angehörigen und allen Pflegefachleuten vieles erspart geblieben. Stattdessen beklagen wir heute zu Recht den politischen Kollateralschaden, den die letzten Bundesregierungen mit ihren niemals ernsthaft verfolgten Pflegestrategien angerichtet haben. Über dieses Versagen hätte auch das Bundesverfassungsgericht befinden sollen, das aber eine entsprechende Verfassungsbeschwerde gegen den »Pflegenotstand« nicht zur Entscheidung angenommen hatte. Die vom Sozialverband VdK Ende 2014 eingereichte Verfassungsbeschwerde gilt als unzulässig, da die Verletzung einer grundrechtlichen Schutzpflicht durch grundgesetzwidriges Unterlassen des Gesetzgebers sowie die eigene und gegenwärtige Betroffenheit der Beschwerdeführer juristisch nicht hinreichend begründet werden konnte. Diese Beurteilung verwundert schon, weil nach den jüngsten Daten aus dem DAK-Pflegereport 2018 nur 7 Prozent der Bürger glauben, dass die Pflege in der Politik einen angemessenen Stellenwert hat. Drei Jahre zuvor waren davon noch 45 Prozent überzeugt.

Mit den vielfältigen Auswirkungen dieses Kollateralschadens müssen die Pflegebedürftigen, deren Angehörige sowie die Pflegekräfte nun erst einmal weiterleben. Das führt dazu, dass eine gute Pflege für das Alter oft ein Wunschtraum bleibt, zumal sich viele immer wieder im Pflegedschungel verirren. Und dennoch ist auch heute schon eine gute...