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Prostatakrebs - Facharzt-Sprechstunde

Lothar Weißbach, Edith Boedefeld

 

Verlag W. Zuckschwerdt Verlag, 2019

ISBN 9783863712853 , 279 Seiten

4. Auflage

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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20,99 EUR


 

Anatomie des Harntraktes und der Geschlechtsorgane


Lothar Weißbach

Über die Prostata (Vorsteherdrüse) ist den meisten Betroffenen nicht allzu viel bekannt. Folgende Fragen sind zu beantworten: Wie sieht sie aus? Aus welcher Art von Gewebe ist sie aufgebaut? Welche Aufgaben hat sie zu erfüllen? Die Antworten auf diese Fragen sollen das Verstehen der nachfolgenden Kapitel erleichtern.

Eine Besonderheit der Prostata ist, dass in ihr zwei wichtige Leitungssysteme des männlichen Organismus zusammengeführt werden: die Harnwege und die Geschlechtswege. Beide zusammen bilden das „Urogenitalsystem“ (Abbildung 1). In ihrer Funktion und Struktur sind sie jedoch ganz unterschiedlich. Für das Verständnis ihrer möglichen Erkrankungen ist es wichtig zu wissen, welche Flüssigkeiten und Sekrete in ihnen entstehen und wie diese weitergeleitet werden. Dies fällt leicht, weil es in diesem „Wegenetz“ nur „Einbahnstraßen“ gibt, mit speziellen „Schranken“, die einen geordneten Fluss der Sekrete gewährleisten. Von der Prostata aus führt ein gemeinsamer Leitungsweg, die Harnröhre, zu einem gemeinsamen Organ, dem Penis. Betrachten wir also zunächst Anatomie und Funktion des Harntraktes und des männlichen Fortpflanzungsapparates und anschließend der Prostata.

Abbildung 1. Das männliche Urogenitalsystem – ein komplexes Leitungssystem für Harn- und Samenflüssgkeit.

Organe der Harnproduktion und des Harntransports

Nieren

Der Harn (Urin) wird in den Nieren gebildet. Dies sind höchst kompliziert aufgebaute, faustgroße Organe, die im hinteren Bauchraum neben der Wirbelsäule liegen und durch die unteren Rippen und das umgebende Fettgewebe geschützt sind. Ihre vielfältigen Aufgaben gehören zu den lebensnotwendigen (vitalen) Funktionen unseres Körpers. Gewissermaßen als „Kläranlage“ unseres Körpers filtern sie Salze, nicht verwertbare Stoffwechselprodukte und schädliche (harnpflichtige) Stoffe aus dem Blut und scheiden sie mit dem überflüssigen Wasser als Urin aus. Das Filtersystem der Niere bereitet die für den Körper verwertbaren Stoffe wieder auf und führt sie in den Blutkreislauf zurück – ein organisches „Recycling“!

Abbildung 2. Aufbau der Nieren. Die Nieren filtern das Blut. Dazu haben sie unterschiedliche Strukturen für Blutzufluss und -abfluss sowie für die Harnbereitung und -ableitung.

Der im Nierenmark gebildete Harn läuft durch sogenannte Sammelrohre über die Nierenkelche in das Nierenbecken (Abbildung 2). Von dort aus fließt der Urin, befördert von rhythmischen, quasi „melkenden“ Kontraktionen, mit einer Geschwindigkeit von durchschnittlich 6 ml/min durch den etwa 30 cm langen Harnleiter in die Harnblase. Eine „Schranke“ am Blaseneingang verhindert den Rücklauf des Harns. Versagt diese Schranke, kommt es zu einem Rückfluss von Urin (Reflux).

Harnblase

Die Harnblase ist ein Sammelbecken. Sie kann im Normalfall bis zu 500 ml Urin aufnehmen, bis wir sie schließlich willentlich, d. h. wenn wir das Bedürfnis verspüren, entleeren. Hierfür sorgt ein dichtes Netz aus Schichten und Bündeln von Muskelfasern, das vor der Entleerung

Abbildung 3. Die geöffnete Blase gibt die Sicht frei auf die Harnleitermündungen und die Ausflussbahn des Urins in die prostatische Harnröhre, bevor er über die äußere Harnröhrenöffnung austritt.

Druck aufbaut und sich zur Entleerung zusammenzieht. Am Blasenausgang, dem sogenannten Blasenhals, sitzt der innere unwillkürliche Schließmuskel. Er hat für den Harntransport keine Bedeutung, verschließt aber bei der Ejakulation die Harnröhre zur Blase, sodass die Samenflüssigkeit nach vorn – antegrad – in den Penis entleert wird.

Harnröhre (Urethra)

Aus der Blase kommend fließt der Urin in seine „Zielgerade“, die etwa 20 cm lange Harnröhre. Sie durchzieht zunächst die Prostata – im Normalfall eine Teilstrecke von zirka 2,5 cm. Man bezeichnet dies als den „prostatischen“, d. h. die Prostata durchquerenden Teil der Harnröhre (Abbildung 3). Hier münden die Leitungswege der für die Fortpflanzung wichtigen Sekrete in die Harnröhre. An ihrem Austrittsort aus der Prostata wird die Harnröhre vom äußeren Schließmuskel umfasst. Im Gegensatz zum inneren Schließmuskel unterliegt er unserem Willen, d. h. mit ihm können wir den Harn zurückhalten; er garantiert, dass der Urin während der Sammelphase nicht austritt (Kontinenz). Versagt seine Funktion, sprechen wir von einer Harninkontinenz. Das letzte Teilstück der Harnröhre verläuft an der Unterseite des Penis; an dessen Spitze, der sogenannten Eichel, tritt der Harn über die äußere Harnröhrenöffnung aus.

Die männliche Harnröhre hat einen Durchmesser von etwa 9 mm; dies reicht aus, um dem Urologen als „Tunnel“ für verschiedene Sicht- und Arbeitsinstrumente (z. B. Katheter oder Endoskope) Zugang zu den Organen des Harntraktes zu gewähren. So ist es z. B. möglich, einen Stein in der Niere oder im Harnleiter mit einem durch die Harnröhre eingeführten Instrument zu sehen und zu entfernen.

Männliche Fortpflanzungsorgane

Hoden und Nebenhoden

Die wichtigsten Fortpflanzungsorgane des Mannes sind die beiden Hoden. Sie befinden sich im Hodensack – und sind somit aus dem Inneren des Körpers ausgelagert, sodass die darin gebildeten Samenzellen bei kühleren Außentemperaturen ausreifen können. Jeder Hoden hängt an einem Samenstrang (so wie eine Taschenuhr an ihrer Kette), in dem die zu- und abführenden Blutgefäße sowie der Samenleiter verlaufen. Die Hoden bestehen aus zwei unterschiedlichen Gewebearten:

Zwischenzellen (sogenannte Leydigzellen), die das männliche Hormon Testosteron bilden. Auf dem Blutweg erreicht und beeinflusst dieses Hormon die Geschlechtsorgane (Prostata, Samenblasen, Penis); darüber hinaus ist es für die männliche Behaarung verantwortlich und verändert in der Pubertät die Stimmlage.

Einer Vielzahl von Röhrchen (Tubuli), die in Läppchen angeordnet sind; darin werden die Samenzellen oder Spermien gebildet. Diese sammeln sich zunächst – wie im Mündungsdelta eines Flusses – im Nebenhodenkopf.

Abbildung 4. Die geöffneten Hodenhüllen lassen den Hoden, den sich daran anschmiegenden Nebenhoden und den Samenleiter erkennen.

Die Nebenhoden sind zierliche, nur etwa 4 cm lange Organe, die sich kappenförmig an die Hoden anschmiegen (Abbildung 4). In jedem von ihnen knäuelt sich ein 5–6 m langer Nebenhodengang. Hier reifen die Samenzellen endgültig heran und werden bis zum Orgasmus gespeichert. Die Nebenhoden enden jeweils im sogenannten Nebenhodenschwanz, der auf der Rückseite des Nebenhodenkörpers nach oben zieht und in den Samenleiter übergeht.

Samenleiter und Samenblasen

Die Samenleiter sind derbe, etwa 45 cm lange muskulöse Schläuche. Man kann sie an ihrem Austritt aus dem Hodensack wie Federkiele gut tasten. Sie ziehen in die Leistengegend hinauf und laufen durch den Leistenkanal und das kleine Becken von oben auf die Prostata zu.

Abbildung 5. Auf der Rückseite der Harnblase sind die symmetrisch angeordneten Samenblasen zu sehen, die auf der Prostata sitzen.

Auf der Prostata sitzen außen, wie aufgestellte Flügel, die Samenblasen (auch Bläschendrüsen genannt). Die Samenleiter treffen in der hinteren Harnröhre auf die Ausführungsgänge dieser Samenblasen und bilden gemeinsam mit ihnen die sogenannten Spritzkanälchen. Diese münden im Inneren der Prostata in den von der Harnblase kommenden prostatischen Abschnitt der Harnröhre (Abbildung 5). Die Samenblasen bilden ein alkalisches Sekret, das dem Sperma beigemischt wird. Es enthält vor allem Fruchtzucker (Fruktose), der für das Sperma und die Funktion der Spermien (Samenzellen) als Energiequelle wichtig ist.

Penis

Er ist für seine Doppelfunktion – Geschlechtsverkehr und Harnausscheidung – ideal konstruiert. Das herausragende Merkmal sind die beiden zylindrischen Penisschwellkörper (Corpora cavernosa), die sich bei der Erektion – Schwämmen vergleichbar – prall mit Blut füllen können und dem Penis dadurch Steifheit verleihen. Die Erektion ist ein fein abgestimmtes Zusammenspiel zwischen der Blutzufuhr über die Arterien und einem...