dummies
 

Suchen und Finden

Titel

Autor/Verlag

Inhaltsverzeichnis

Nur ebooks mit Firmenlizenz anzeigen:

 

Kurzes Lehrbuch der Psychiatrie - Das Basiswissen mit Repetitoriumsfragen

Daniel Hell, Jérôme Endrass, Jürg Vontobel, Ulrich Schnyder

 

Verlag Hogrefe AG, 2011

ISBN 9783456949956 , 189 Seiten

3. Auflage

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

Geräte

19,99 EUR

Für Firmen: Nutzung über Internet und Intranet (ab 2 Exemplaren) freigegeben

Derzeit können über den Shop maximal 500 Exemplare bestellt werden. Benötigen Sie mehr Exemplare, nehmen Sie bitte Kontakt mit uns auf.


 

2Gesprächsführung und Exploration

2.1 Allgemeines

Das Gespräch ist ein Hauptinstrument des Psychiaters. Es hilft, einen Eindruck über das seelische Befinden eines Menschen zu gewinnen und dieses allenfalls zu verändern. Zwar können in einer psychiatrischen Untersuchung auch andere Untersuchungsmittel (psychologische Testverfahren, Laborabklärungen etc.) eingesetzt werden, der direkte persönliche Kontakt ist aber in der Regel die Basis für eine psychiatrische Beurteilung und Behandlung.

Im Folgenden wird versucht, auf einige besonders wichtige Punkte der psychiatrischen Gesprächsführung hinzuweisen:

1. Patienten sind im Allgemeinen zu Beginn des Erstkontaktes bereit, sehr viel Information über ihr Leiden zu geben. Es ist sinnvoll, zu Beginn den Patienten reden zu lassen und das Gespräch nicht mit häufigen Zwischenfragen zu unterbrechen. Viele Patienten sind nervös und werden durch regelmäßiges Nachfragen verunsichert.
2. Der Gesprächsstil muss an das Störungsbild des Patienten angepasst werden. Dabei gilt die Faustregel: Je schwerer die Störung (psychotisch, delirant, dement), desto strukturierter und klarer hat das Gespräch zu erfolgen. Der Patient sollte nicht überfordert, sondern beruhigt werden.
3. Grundsätzlich ist es wichtig, empathisch auf das Leiden des Patienten einzugehen. Doch auch für den Patienten unangenehme Inhalte sollten angesprochen werden, wenn sie diagnostische oder therapeutische Relevanz besitzen. Ein solches konfrontatives Vorgehen kann z. B. bei Patienten mit einer Suchtproblematik indiziert sein.
4. Jedes Gespräch wird von beiden Gesprächsteilnehmern beeinflusst. Es ist nicht möglich, eine völlig neutrale oder objektive Position einzunehmen. Auch sehr gut geschulte und erfahrene Therapeuten reagieren z.B. mit Antipathie auf bestimmte Patienten. Es ist die Ursache dieser Gefühle zu reflektieren und diese Überlegungen in Diagnose und Behandlungsplanung einfließen zu lassen.
5. In einem Gespräch ist sowohl die verbale als auch die nonverbale Kommunikation zu beachten und zwar sowohl auf Seiten des Patienten als auch bei sich selber. Bei gewissen psychischen Krankheiten, wie z. B. bei der Depression, spielt die Störung der nonverbalen Kommunikation und des psychomotorischen Ausdrucks (Mimik, Gestik u.a.) eine besondere Rolle.
6. Gegen Ende des psychiatrischen Gesprächs muss der Patient die Möglichkeit haben, selber Fragen zu stellen oder Aspekte seines Lebens anzusprechen, die er noch erwähnen möchte. Darauf fasst der Therapeut die gewonnenen Informationen zusammen und bespricht das weitere Vorgehen. Der Patient soll sich durch die vorläufige Beurteilung seiner Situation verstanden und nicht verunsichert fühlen (besonders wichtig bei psychotischen Patienten).
7. Vor allem bei schweren Störungen kann es notwendig sein, weitere Personen zu befragen. Der Einbezug z. B. der nächsten Angehörigen ist dann von großer Bedeutung, wenn der Patient die Realitätskontrolle eingebüßt hat (z.B. bei Demenzen, Delirien etc.) und/oder eine vitale Gefährdung besteht, der Patient sich aber nicht ausdrücken kann oder will.

2.2 PsychiatrischeAnamnese

In der psychiatrischen Anamnese gilt es die folgenden Aspekte des aktuellen Leidens zu erfassen:
1. den Anlass zur Konsultation bzw. Hospitalisation
2. den Beginn der Störung bzw. des aktuellen Leidens
3. auslösende Ereignisse
4. allfällige längerdauernde Belastungssituationen
5. den Verlauf der Störung
6. die Folgen für die Arbeitsfähigkeit
7. die Auswirkungen auf soziale Beziehungen
8. die Art der evtl. vorausgegangenen Behandlung
9. familiäre Vorbelastungen

Daneben ergeben sich weitere Fragen und Abklärungen, die sich nach der Verdachtsdiagnose richten. So wird man z.B. bei Hinweisen auf ein amnestisches Syndrom gezielt das Gedächtnis prüfen oder bei Symptomen, die eine Depression vermuten lassen, nach Schlafstörungen, Appetitveränderungen, Energiemangel, Müdigkeit usw. fragen.

Frühere psychiatrische Anamnese: Nach Erfassen des aktuellen Leidens kann zur Frage übergeleitet werden, ob ähnliche (oder andere) psychische Probleme schon früher aufgetreten sind. Auch interessiert, wie sich der Patient als Person selber charakterisiert (auch außerhalb des aktuellen Leidens) und wie er seine Problematik erklärt.

Allgemeine Anamnese: Für einen kurzen Überblick über die Lebensgeschichte des Patienten empfiehlt es sich, chronologisch vorzugehen. Man beginnt mit Fragen zur frühen Kindheit, fährt fort mit der Schulzeit und der Berufsbildung etc. Die Beziehung zu Eltern, Partnern, Kindern sowie anderen wichtigen Bezugspersonen wird ebenfalls geklärt. Es ist wichtig, das allfällige Vorliegen psychischer Störungen (wie Depressionen, Manien, Schizophrenien, Suchterkrankungen oder Demenzen) in der Familie zu erfragen. Ferner sind somatische Krankheiten, soweit sie für den Patienten einschneidende Erlebnisse darstellen oder sein aktuelles Leiden mit beeinflussen könnten, in der allgemeinen Anamnese zu erfassen.

2.3 Psychopathologie im Dialog

Die Zuordnung des veränderten Erlebens und Verhaltens eines Patienten zu psychopathologischen Begriffen soll dessen Leiden nicht schematisieren, sondern einer «gemeinsamen Sprache» sowie der Diskussion, Forschung und Dokumentation dienen.