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Kinder mit Hörgerät und Cochlea Implantat in der Kita - Ein Ratgeber für den Gruppenalltag

Gisela Batliner

 

Verlag ERNST REINHARDT VERLAG, 2018

ISBN 9783497610662 , 133 Seiten

3. Auflage

Format ePUB

Kopierschutz DRM

Geräte

21,99 EUR


 

2Warum entscheiden sich Eltern von Kindern mit Hörschädigung für die Inklusion in der Kita und welche Alternativen gibt es?

Es gibt zwei Hauptgründe, warum Eltern für ihr Kind mit Hörschädigung den Weg der Inklusion in einer Kita wählen: Die Wohnortnähe und das gemeinsame Leben und Lernen mit normal hörenden Kindern und, je nach der Situation vor Ort, mit Kindern, die unterschiedliche Entwicklungsbeeinträchtigungen haben.

Die Wohnortnähe bietet viele Vorteile:

Es entfallen die meist langen Busfahrten zum Förderzentrum für Hörgeschädigte.

Das Kind wird von den Eltern gebracht. Das beginnt mit dem gemeinsamen Weg, auf dem das Kind Freunde trifft, und beim vertrauten Bäckerladen, wo es seine Brezel kaufen darf. Ganz nebenbei bekommt es noch Verkehrserziehung im Straßenverkehr. Dies alles entfällt, wenn das Kind vom Bus vor der Haustür abgeholt und im Hof des Förderzentrums wieder abgesetzt wird.

Durch das Bringen und Abholen besteht ein täglicher Kontakt zu den Erzieherinnen, anderen Eltern und ihren Kindern. So bekommen auch die Eltern von Kindern mit Hörschädigung mehr soziale Kontakte am Wohnort.

Besuche von anderen Kindern der Gruppe sind wegen der örtlichen Nähe einfach zu organisieren. Auch selbstständige Besuche sind möglich. So kann das Kind ganz selbstverständlich soziale Kontakte über die Familie hinaus entwickeln und pflegen. Besonders zu Beginn fühlt sich das Kind mit Hörschädigung zu Hause in seiner vertrauten Umgebung sicherer als bei Besuchen in der Wohnung anderer Kinder. Die Besuchskinder können sehen, dass das Kind ganz ähnlich lebt wie sie, und sie erleben, wie die Familie mit dem Kind sprachlich umgeht. Auch Kontakte, die bereits vor dem Eintritt in die Kita entstanden sind, können viel leichter erhalten werden.

Das Kind muss nicht so früh aufstehen (nicht selten kommt der Bus schon um sieben Uhr), und es besteht die Möglichkeit, wesentlich früher nach Hause zu kommen, als wenn es vom Förderzentrum gebracht wird; der Bus hat meist eine lange Route, bis alle Kinder zu Hause abgesetzt sind. Diese gewonnene Zeit kommt dem Kind und der Familie zugute. So ist z. B. ein gemeinsames Mittagessen möglich, das häufig eine wichtige Zeit für den sozialen Austausch untereinander ist. Mehr Zeit bedeutet auch, Erledigungen wie Arztbesuche, Therapiestunden, oder einfach mit dem Kind etwas Neues zum Anziehen kaufen, mit mehr Ruhe durchführen zu können. Das Kind kann rechtzeitig zu einer Geburtstagseinladung gebracht und andere Angebote für Kinder z. B. von der Gemeinde können wahrgenommen werden. Natürlich besuchen heutzutage viele Kinder mit Hörschädigung ganztags die Kita vor Ort, dennoch bleibt mehr Zeit nach dem Abholen, weil die langen Fahrtzeiten entfallen.

„Mir, als Mutter, geht es besser dabei. Wir alle haben nachmittags mehr Zeit und Ruhe, uns etwas vorzunehmen. Mal ist das eine Kind dran und wird zum Freund oder Sport gefahren, mal das andere. ...Das schlechte Gewissen, mich immer um Kathi kümmern zu müssen in der kurzen Zeit, in der sie zu Hause ist, gehört der Vergangenheit an“ (Martin/Martin 1998, 21).

Die Eltern oder andere enge Bezugspersonen können schnell vor Ort sein, wenn es mal nötig ist, z. B. wenn das Kind sich in der Kita verletzt oder erkrankt.

Das Kind kann mit normal hörenden Kindern gemeinsam leben und lernen:

Das gute Sprach- und Kommunikationsvorbild der anderen Kinder ist für die Sprachentwicklung des Kindes mit Hörschädigung von entscheidender Bedeutung. Da auch die meisten Kinder mit Hörschädigung über das Hören Sprache erwerben, ist es entscheidend, was sie im täglichen Umgang an sprachlicher Kommunikation erleben. In der Regel-Kita erlebt das Kind die Lautsprache als selbstverständliches Ausdrucksmittel.

Oft begründen Eltern den Entschluss auch damit, dass sie keinen Schonraum für ihr Kind wollen. Die kleine Gruppe in der Kita für Kinder mit Hörschädigung mit akustisch optimal gestalteten Räumlichkeiten und besonders geschultem Personal entspricht nicht dem sozialen Umfeld, in dem das Kind lebt und in dem es sich später zu Recht finden muss.

Besucht das Kind erfolgreich die Regel-Kita und verläuft seine Sprach- und Gesamtentwicklung entsprechend, kann es mit vertrauten Kindern seiner Gruppe den Start in der Regelschule gemeinsam erleben. Nicht zuletzt deswegen wünschen sich Eltern, dass ihr Kind diese Chance der inklusiven Erziehung von Anfang an bekommt.

Daneben können aber auch folgende Gründe eine Rolle spielen: Die Eltern kennen die Kita bereits über ältere Geschwisterkinder und sind mit den Erzieherinnen vertraut. Außerdem ist auch das Kind mit Hörschädigung nicht mehr fremd, da es beim Bringen und Abholen häufig dabei war. Es ist so ganz selbstverständlich als Familienmitglied bekannt und mit seinen besonderen Bedürfnissen akzeptiert. Oder die Kita wurde den Eltern von Freunden empfohlen, die dort gute Erfahrungen mit ihrem Kind gemacht haben.

Doch was ist, wenn die Bedingungen in der Regel-Kita ungünstig sind, wie beispielsweise bei großen Gruppen, einem offenen Konzept mit viel Umgebungslärm auf den Fluren und in den Gruppenräumen, oder der Grund nur der ist, dass die Eltern nicht wollen, dass der Bus des Förderzentrums vor ihrem Haus hält? Oder wenn das Kind erst spät mit Hörtechnik versorgt wurde und zum Kitaeintritt noch kaum Sprachverständnis und gesprochene Sprache erwerben konnte? Was ist, wenn das Kind zusätzliche Entwicklungsbeeinträchtigungen hat und deshalb nur sehr langsam zur Sprache kommt? Dies sind nur einige Beispiele, bei denen die Entscheidung für die Regel-Kita gut überdacht werden muss. Grundsätzlich ist es wichtig, dass Sie als Erzieherin auch über die Fördereinrichtungen für Hörgeschädigte in Ihrer Region informiert sind. Das geschieht am einfachsten durch die Fachkraft, welche die Hör-Frühförderung des Kindes bis zum Eintritt in die Kita durchgeführt hat (beachten Sie dazu bitte auch das Adressenverzeichnis im Anhang).

Vorteile einer Kita für Kinder mit Hörschädigung: Das sind vor allem die kleinen Gruppen (acht bis zehn Kinder), Kita-Pädagogen, die spezielle Fortbildungen und Erfahrungen mit Kindern mit Hörschädigung haben, und akustisch optimal gestaltete Räume mit Höranlagen. Dazu kommt meist die Betreuung der Kinder durch einen Hörgeräteakustiker, der die Hörtechnik während der Gruppenzeit überprüft, die Möglichkeit von Hörprüfungen zur Kontrolle des Hörvermögens in der Einrichtung und psychologische Beratungen und Untersuchungen zur Gesamtentwicklung der Kinder. Manche Kinder fühlen sich auch wohler unter Kindern, die ebenfalls Hörgeräte oder Cochlea Implantate tragen. In einigen Förderzentren werden in die Gruppen, im Sinne einer „umgekehrten Inklusion“, normal hörende Kinder mit aufgenommen. So haben die Kinder mit Hörschädigung ein besseres Sprachvorbild und Kontakte zu normal hörenden Kindern. Durch die spezifische Förderung haben auch Kitas an Förderzentren eine inklusive Wirkung: Die Kinder können in ihrer Entwicklung optimal unterstützt werden und durch die kontinuierlichen Fortschritte gelingt auch die Inklusion im familiären und weiteren sozialen Umfeld besser. Alle beschriebenen Aspekte zur Wohnortnähe sind jedoch nicht gegeben, es sei denn, das Kind wohnt zufällig in der Nähe der Einrichtung. Doch auch dann sind die Kontakte in der Freizeit zu den anderen Kindern mit Hörschädi­gung aus der Gruppe meist sehr schwierig, weil diese aus einem großen Einzugsgebiet zusammen kommen.

Für Kinder mit zusätzlichen Entwicklungsbeeinträchtigungen gibt es spezielle Förderzentren. Hier muss im Einzelfall entschieden werden, was bei der Förderung im Vordergrund steht und welche Einrichtung auch vom Weg her gut erreichbar ist. Eine Internatsunterbringung, wie das früher üblich war, da angenommen wurde, dass die Fachleute besser für die Erziehung der gehörlosen und schwerhörigen Kinder geeignet sind als die Eltern, ist selbstverständlich nicht mehr üblich und im Kita-Alter nur bei echter Kindeswohlgefährdung zu diskutieren. Wenn solch ein spezielles Förderzentrum weit entfernt liegt, kann eine heilpädagogische Kita vor Ort der richtige Platz sein. Die Mitarbeiter der Hör-Frühförderung unterstützen dann bei allen Fragen zur Hörschädigung. Auch in heilpädagogischen Einrichtungen werden inklusive Gruppen angeboten.

Wird bei Ihnen ein Kind angemeldet, das Gebärden für seine Kommunikation benötigt, ist es unbedingt erforderlich, dass Sie die Gebärden des Kindes verstehen und sich auch selbst unterstützt durch Gebärden ausdrücken können. Das Team sollte daher bereit sein, Gebärdenkurse zu besuchen. Je nach örtlichen Gegebenheiten finden Gebärdenkurse statt, die auf die Kommunikation mit Kleinkindern ausgerichtet sind. Das ist bei den normalen Kursen an...