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Schüler mit Hörschädigung im inklusiven Unterricht - Praxistipps für Lehrkräfte

Tilly Truckenbrodt, Annette Leonhardt

 

Verlag ERNST REINHARDT VERLAG, 2020

ISBN 9783497613045 , 79 Seiten

3. Auflage

Format ePUB

Kopierschutz DRM

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23,99 EUR


 

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Mobiler Dienst und Kooperation der Beteiligten

Die Lehrkraft der allgemeinen Schule steht bei der Inklusion eines Schülers mit Hörschädigung vor einer herausfordernden Situation und wird daher vom Mobilen Dienst unterstützt. Dieser sendet eine sonderpädagogische Fachkraft der nächstgelegenen Förderschule für Hörgeschädigte und bietet allgemeine und didaktische Informationen und Fortbildungen an. Er kümmert sich zudem um die Organisation des Nachteilsausgleiches, der eine Benachteiligung aufgrund der Behinderung vermeiden soll. Sofern es die Ressourcen zulassen, können zur Entlastung des Lehrers Unterrichtsstunden gemeinsam mit dem Hörgeschädigtenpädagogen abgehalten werden (im sogenannten Teamteaching). Besonders wichtig für eine erfolgreiche Inklusion ist somit die kooperative Zusammenarbeit aller Beteiligten, also z. B. mit dem Mobilen Dienst, den Eltern, der Schulleitung oder den Ärzten.

2.1     Aufgaben des Mobilen Dienstes

Definition

Die Förderschule für Hörgeschädigte bietet dem Kind und seinem Umfeld ab dem Zeitpunkt der Feststellung seiner Hörschädigung ihre Unterstützung an (Abb. 13). Dies betrifft auch seine Förderung, unabhängig davon, in welcher Schulart diese stattfindet. Bei einer Beschulung an einer allgemeinen Einrichtung ist die Beratung und Vernetzung aller Beteiligten (Schüler, Eltern, Lehrer…) besonders relevant. Diese Betreuung erfolgt durch den Mobilen Dienst; der Umfang wird nach dem individuellen Bedarf und den verfügbaren Ressourcen festgelegt. Kontaktadressen finden sich unter „Weiterführende Literatur“, 2. Angabe am Ende des 2. Kapitels.

Abb. 13: Mögliche Aufgaben des Mobilen Dienstes

Die grundlegenden Aufgaben des Mobilen Dienstes sind in den Bundesländern unterschiedlich formuliert. Folgende Aufgaben (Abb. 14) können dazu gehören:

Abb. 14: Aufgaben des Mobilen Dienstes für die Beteiligten

2.2     Nachteilsausgleich und Notenschutz

Begründung

Ein Schüler soll durch seine Behinderung nicht benachteiligt werden, daher ist gesetzlich festgelegt, dass die Auswirkungen einer Behinderung auszugleichen oder gering zu halten sind (Art. 3 Abs. 3 GG; § 209 SGB IX). Bei Schülern mit Hörschädigung kann aufgrund ihres geringeren Sprachumsatzes die Lautsprachentwicklung eingeschränkt sein. Dies hat direkte Auswirkungen auf das Hörverstehen sowie indirekte Auswirkungen auf die Schriftsprachkompetenz und die Konzentrationsleistung.

Maßnahmen

Darauf kann im Unterricht mit schulorganisatorischen, pädagogischen und didaktischmethodischen Maßnahmen reagiert werden (Kap. 3). Für eine Berücksichtigung in Prüfungen muss ein Nachteilsausgleich beantragt werden, wozu eine medizinische Diagnose der Hörschädigung oder die Feststellung des sonderpädagogischen Förderbedarfs vorliegen muss. Entsprechende inhaltliche Veränderungen dürfen dabei die fachlichen Anforderungen nicht herabsetzen, um die Vergleichbarkeit zwischen den Schülern zu erhalten. Müssen Leistungserhebungen tiefergehend verändert oder ausgelassen werden, tritt in vielen Bundesländern der „Notenschutz“ (verschiedene Bezeichnungen) in Kraft. Dieser wird im (Abschluss-)Zeugnis erwähnt (KMK 2011, 10f.), der Nachteilsausgleich jedoch nicht.

individuelle Abstimmung

Die möglichen Bestandteile eines Nachteilsausgleichs oder Notenschutzes werden von den Schulministerien vorgegeben (Abb. 15). Eine Abstimmung auf den Einzelfall und die Genehmigung erfolgen je nach Region und Schulart durch Kollegium, Schulleitung oder Schulaufsicht in Absprache mit dem Mobilen Dienst. Die Festlegungen werden regelmäßig geprüft und ggf. angepasst, sind verbindlich und zu dokumentieren (KMK 2011, 11f.).

Ein Schüler mit Beeinträchtigungen hat zur Chancengleichheit Anspruch auf Nachteilsausgleich. Der Nachteilsausgleich bei Leistungserhebungen betrifft v. a. Form, Umfang oder Zeitdauer der Leistungsfeststellung. Ein Vermerk im Zeugnis erfolgt nur bei der Nutzung des „Notenschutzes“, da dann keine zielgleiche Prüfung vorliegt.

Manche Schüler mit Hörschädigung wünschen den leistungsbezogenen Nachteilsausgleich nicht, um Konflikte mit den Mitschülern zu vermeiden. Gegen den Eindruck von ungerechtfertigten Vorteilen kann eine Erläuterung des Ausgleiches im Klassenverband sinnvoll sein.

Schwerbehindertenausweis

Viele Schüler mit Hörschädigung haben einen Schwerbehindertenausweis. Dieser kann für die Beantragung des Nachteilsausgleiches hilfreich sein. Mit der zugehörigen Wertmarke, die gegen einen niedrigen Eigenanteil erworben werden kann, darf der Schüler den öffentlichen Nahverkehr unentgeltlich nutzen, was für die Planung von Wandertagen hilfreich sein kann. Steht auf dem Ausweis zudem ein „B“, darf ihn eine Person im Nah- und Fernverkehr kostenfrei begleiten.

Mögliche Bestandteile der Unterstützung stellt Abb. 15 dar (BDH 2005, 7ff.; BDH 2015, 15f. und Schulordnungen der Länder):

Abb. 15: Mögliche Maßnahmen zum Ausgleich des Nachteils im Unterricht und in Prüfungen

2.3     Kooperation und Teamteaching

hohe Anforderungen an den Lehrer

Das gemeinsame Unterrichten von hörenden und hörgeschädigten Schülern stellt hohe Anforderungen an den Lehrer der allgemeinen Schule (Abb. 16). Der Mobile Dienst kann organisatorisch, didaktisch sowie bezüglich der Kommunikation miteinander eine Unterstützung darstellen.

Abb. 16: Schwierigkeiten für Lehrer bei der Inklusion von Schülern mit Hörschädigung

Kooperation

Nicht nur ein regelmäßiger Austausch unter Pädagogen kann die Inklusion unterstützen, sondern auch der interdisziplinäre Austausch mit weiteren Personen, die mit dem Schüler in Kontakt stehen – wie Eltern, Ärzten, Hörgeräteakustikern, ggf. Therapeuten, Gebärdensprachdolmetschern, Schulbegleitern etc. So können die bestmöglichen Voraussetzungen für die Förderung geschaffen werden, z. B. durch Rücksprache mit Hörgeschädigtenpädagogen oder den Eltern, korrekt eingestellte Hörhilfen, ggf. Absprache mit Nachhilfelehrer oder Therapeut. Der Mobile Dienst versucht, alle Beteiligten miteinzubeziehen und somit auch vermittelnd tätig zu sein (Abb. 17). Allerdings ist dies oft durch finanzielle, personelle und zeitliche Engpässe begrenzt.

Teamteaching

Die Zusammenarbeit mit einem Hörgeschädigtenpädagogen des Mobilen Dienstes kann sich in manchen Bundesländern auch auf die Unterrichtsgestaltung beziehen. Beim Teamteaching übernehmen zwei oder mehr Lehrkräfte gemeinsam die Verantwortung für zumindest eine bestimmte Anzahl an Unterrichtsstunden. Idealerweise wird sowohl die Planung als auch die Durchführung des Unterrichts zusammen gestaltet. Teamteaching kann Differenzierung, Schülerbeobachtung, Arbeitsteilung und somit Entlastung des Lehrers ermöglichen und durch den Austausch die eigenen didaktischen Kompetenzen erweitern. Dafür müssen vorab die Rollen geklärt und Aufgaben verteilt werden.

Eine fortwährende interdisziplinäre Kooperation aller Beteiligten unterstützt den Erfolg der Inklusionssituation. Das eventuell gemeinsame Unterrichten im Teamteaching wird durch die frühzeitige Klärung der jeweiligen Rolle und klare Verteilung der Aufgaben erleichtert.

Abb. 17: Kooperation aller Beteiligten

Memo:   Mobiler Dienst und Kooperation

Der Mobile Dienst, vertreten durch einen Hörgeschädigtenpädagogen der zuständigen Förderschule, kann dabei helfen, die besondere Situation des Schülers, aber auch des Lehrers der allgemeinen Schule zu optimieren. Durch die Zusammenarbeit aller Beteiligten sollen Bedürfnisse erkannt, ihnen entsprochen sowie Missverständnisse vermieden werden.

Memo

Mobiler Dienst und Kooperation

Unterstützung und Angebote des Mobilen Dienstes nutzen (Kap. 2.1)

   der Mobile Dienst berät die an der Inklusion beteiligten Personen, gibt Fortbildungen und koordiniert

   angebotene Fortbildungen nutzen und möglichst Kollegium informieren

   die vom Mobilen Dienst hergestellten Kontakte pflegen

Nachteilsausgleich beachten (Kap. 2.2)

   der Nachteilsausgleich versucht, die Einschränkungen des Schülers möglichst

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