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Star Wars. Palast der dunklen Sonnen. Stories

Kevin J. Anderson

 

Verlag Blanvalet, 2012

ISBN 9783641077952 , 448 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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7,99 EUR


 

Ein Junge und sein Monster:


Die Geschichte des Rancorhüters


Kevin J. Anderson

Die Spezialfracht


Das nicht identifizierte Raumschiff ritt auf einem Flammenstrahl durch die kühle Atmosphäre Tatooines und zog eine öligschwarze Rauchwolke hinter sich her. Der Himmel erbebte wie durch eine ins Tal niedergehende Lawine, als das abstürzende Schiff einen Überschallknall nach dem anderen produzierte.

Unten zog der Sandkrabbler der Jawas auf der Suche nach weggeworfenem, vergessenem und doch so kostbarem Schrott seine endlose Bahn durch das Dünenmeer. Es war reiner Zufall, daß der Krabbler nur zwei Dünen entfernt stand, als das außer Kontrolle geratene Raumschiff auf dem Ozean aus blendendem Sand auftraf und einen Staubtrichter in die Höhe schleuderte, der im Licht der gleißenden Zwillingssonnen wie Katzengold schimmerte.

Tteel Kkak, der Lenker des verrosteten Sandkrabblers, starrte aus dem schmalen Fenster hoch oben auf dem Brückendeck und konnte einfach nicht glauben, welch einen Schatz das Glück seiner Ahnen in seinen Schoß fallen ließ. Die ein Jahr dauernde Fahrt seines Krabblers durch das Ödland war so gut wie ergebnislos gewesen, und er hätte sich geschämt, mit so wenig in den Händen zur verborgenen Festung seines Clans zurückzukehren — aber jetzt lag ein unberührtes Raumschiff in seiner Reichweite, auf das kein anderer Schrottsammlerclan einen Anspruch erhob und an dem der Zahn der Zeit noch nicht genagt hatte.

Die uralten Energiemeiler setzten den gewaltigen Sandkrabbler in Bewegung. Er schob sich über den Sand, als die breiten Ketten auf dem trügerischen Untergrund Halt fanden und breite, schnurgerade Linien hinterließen, die direkt auf das qualmende Wrack zuhielten.

Das Schiff lag in einem Krater aus lockerem, aufgewühltem Sand, der möglicherweise den Aufprall gedämpft hatte; ein Teil der Fracht war sicher unversehrt. Die gepanzerten Frachträume und Teile des Computerkerns waren unter Umständen noch zu retten. Zumindest hoffte das Tteel Kkak.

Jawas schwärmten aus dem Sandkrabbler auf das Wrack zu; alles Schrottsammler des Clans Kkak — kleine, vermummte, modrig riechende Kreaturen, die schnatternd Anspruch auf ihre Beute erhoben.

Die erste Gruppe Jawas trug chemische Feuerlöscher, mit denen sie das glühend heiße Metall besprühten, um weitere Schäden zu verhindern. Sie suchten nicht nach möglichen Überlebenden des Absturzes, die waren zweitrangig. Überlebende Passagiere oder Besatzungsmitglieder würden den Bergungsanspruch der Kkak nur komplizieren. Verletzte, die sich in solchen Wracks befanden, überlebten nur selten Erste Hilfe auf Jawa-Art.

Die Jawas verbrauchten zwei Batteriesets, bis die fauchenden alten Laserschneidbrenner einen Weg durch die Hülle bis zur gepanzerten Brücke geschnitten hatten. Die verlassenen Kommandostationen wurden vom fahlen Licht der Notfallsysteme und dem flackernden Schein der im Inneren noch brennenden Elektronikkomponenten erhellt.

Tteel Kkaks empfindliche Nase roch beißende chemische Dämpfe und sich kräuselnden graublauen Qualm — aber es lag ein deutlich wahrnehmbarer Hauch metallisch schmeckender Furcht in der Luft, der Kupfergeruch vergossenen und verbrannten Bluts. Er wußte, daß er im Kapitänssessel keinen Lebenden antreffen würde. Worauf er jedoch nicht vorbereitet gewesen war, war das Fehlen jeglicher Leichen - hier gab es nur überall dunkle, feuchte Blutspuren und an den Wänden die zerschmolzenen sternförmigen Einschläge von Blasterschüssen.

Die anderen Jawas öffneten das Hauptschott und drängten zwitschernd herein. Erkundungsteams schwärmten in die Überreste des Schiffs aus, besprühten qualmende Sektionen und zwängten sich durch zerborstene Wände, um im Frachtraum weitere Schätze zu finden.

Tteel Kkak befahl einem der jüngeren Clanmitglieder, sein Können zu demonstrieren, indem er den Hauptcomputer der Brücke anzapfte und die Registrierungsnummer und den Eigner des Raumschiffs kopierte, nur für den Fall, daß eine große Prämie ausgesetzt werden sollte; eine Belohnung, die man lediglich dafür erhielt, daß man den Aufenthaltsort des Schiffes meldete ─ natürlich nachdem sie sämtliche Wertsachen ausgebaut hatten.

Das junge Clanmitglied - der fünfte Sohn von Tteel Kkaks dritter Schwester und ihrem Hauptgefährten - holte ein zerschrammtes Lesegerät mit einem flachen Bildschirm hervor, aus dessen einem Ende nackte Drähte baumelten. Mit seinen nagetierähnlichen Krallen schob er die Zugangsklappe der Kommandokonsole beiseite und quiekte, als beim Zusammendrehen der Drähte Funken aufstoben. Er stopfte die Leitungsdrähte in andere Buchsen, stellte die Verbindung mit den immer schwächer werdenden Notstrombatterien des Schiffes her und rief die Informationen auf, die in grün phosphoreszierenden, flackernden Buchstaben über den Bildschirm wanderten.

Bei dem Kapitän des Raumschiffs hatte es sich um einen Menschen namens Grizzid gehandelt, und Tteel Kkaks Träume erhielten einen Dämpfer. Er hatte auf einen bekannten Würdenträger oder VIP-Passagier gehofft.

Dieser Grizzid kam aus dem Tarsunt-System, ein Ort, von dem Tteel Kkak noch niemals gehört hatte. Das war alles völlig uninteressant, darum wies er seinen jungen Assistenten an, nach wichtigeren Informationen zu suchen — der Ladeliste.

Als die nächsten Buchstaben über den Bildschirm scrollten, flackerte das Gerät, und der junge Jawa mußte ein paarmal dagegenschlagen, bis es wieder funktionierte. Die Ladeliste war erschreckend kurz, und Tteel Kkaks klopfendes Herz sank. Ein Gegenstand, der nur mit der Bezeichnung »Spezialfracht« gekennzeichnet war, war von einem bothanischen Händler namens Grendu an Bord gebracht worden, einem Verkäufer »seltener Antiquitäten«, der auf extreme Vorsichtsmaßnahmen bestanden hatte. Der größte Teil des Frachtraums wurde von einem zusätzlich verstärkten Duraniumkäfig in Beschlag genommen.

Tteel Kkak entließ Enttäuschungspheromone in die Luft, die stark genug waren, selbst den bitteren Brandgeruch zu überdekken. Sollte dieser Käfig nicht tatsächlich außerordentlich widerstandsfähig sein, war die kostbare Spezialfracht — was auch immer sie darstellen mochte - mit Sicherheit bei dem Absturz getötet worden.

Er hatte den Gedanken noch nicht zu Ende gedacht, als kreischende Schmerzens- und Entsetzensschreie ertönten - zusammen mit einem Grollen, das aus dem Inneren des Wracks kam. Es war ein Baßton, der die Knochen erzittern ließ, tief genug, um die Schiffstrümmer vibrieren zu lassen.

Über die Hälfte der Jawas schoß klugerweise aus der Öffnung im Rumpf und floh zurück in die Sicherheit des Sandkrabblers; Tteel Kkak war der Lenker und Clanstellvertreter, er war für die Bergungsoperation verantwortlich. Obwohl es sicher am klügsten gewesen wäre, konnte er nicht einfach vor einem lauten, furchteinflößenden Geräusch davonlaufen. Er wollte herausfinden, was das für ein Ding war. Vielleicht stellte sich die »Spezialfracht« ja doch noch als wertvoll heraus.

Er packte den Arm seines jungen Assistenten, der den unangenehmen Geruch finsterer, metallischer, eiskalter Angst ausschied. Als sie die abwärts führenden Korridore entlangliefen, wurden sie beinahe von sieben kreischenden, flüchtenden Jawas über den Haufen gerannt, die unverständliche Worte quiekten und einen undefinierbaren Geruch ausströmten, der nichts als würgende Furcht vermittelte.

Langgezogene Blutspuren bedeckten den Boden, dazu kamen riesige rote Fußabdrücke. Ein Stück weiter vorn im Korridor waren alle Lichter ausgebrannt; das Schiff ächzte und knirschte, als die Brände erloschen und die Wüstensonne den Rumpf aufheizte. Wieder erscholl das hallende, laute Grollen.

Der junge Assistent riß sich aus Tteel Kkaks Griff los und schloß sich den anderen Flüchtenden an. Nun ganz allein schlich der Lenker leise und vorsichtig weiter. Auf dem Boden lagen abgenagte Knochen, die aussahen, als hätte jemand das Fleisch mit säbelähnlichen Reißzähnen abgeschabt und die Reste wie weiße Stöcke beiseite geworfen.

Ein Stück voraus lauerte der Durchgang zum unteren Frachtraum wie die schwarze Augenhöhle eines Totenschädels. Ein Gewirr von nach außen gebogenen Gitterstäben bedeckte die Öffnung. Das Tor war aus den Angeln gerissen worden - aber soweit Tteel Kkak es beurteilen konnte, nicht in den letzten Augenblikken und auch nicht während des Absturzes. Das war schon einige Zeit her.

Etwas Riesiges bewegte sich in den Schatten, knurrte, schlug zu. Tteel Kkak vermutete, daß das Ding aus seinem Käfig ausgebrochen war, als das Schiff sich Tatooine näherte. Danach hatte es sich wieder in seinen Schlupfwinkel zurückgezogen, um die restlichen Crewmitglieder in Ruhe verschlingen zu können. Aber der Absturz des steuerlosen Schiffs hatte die dicken Wände zusammengedrückt und das Ding in dem Käfig gefangengesetzt, der es gleichzeitig vor dem Tod beim Aufprall bewahrt hatte.

Angetrieben von einer todbringenden Neugier, die noch größer als seine Angst war, schlich Tteel Kkak näher. Er konnte das Ding jetzt riechen: ein durchdringender, feuchter Gestank nach Gewalt und verfaulendem Fleisch. Zerrissene Fetzen mehrerer Jawa-Roben lagen herum, und der Geruch von saurem Jawa-Blut hing in der Luft.

Einen Schritt vor der Öffnung zögerte Tteel Kkak - und eine riesige Krallenhand, größer als sein ganzer Körper, schoß wie ein gezackter Blitz in der Sandwirbelzeit hervor. Der Jawa stolperte rückwärts und fiel flach auf den Rücken. Die monströse Klauenhand, der einzige Teil der Kreatur, der durch die Öffnung paßte, schien die Raumzeit selbst aufzureißen. Krallen trafen die Korridorwand, fuhren quietschend über die Stahlplatten und hinterließen...