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Star Wars. Der Todeskreuzer. Roman

Joe Schreiber

 

Verlag Blanvalet, 2012

ISBN 9783641077778 , 288 Seiten

Format ePUB

Kopierschutz Wasserzeichen

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9,99 EUR


 

3

Wo die schlechte Luft hinzieht

Trig drehte sich um und blickte zu der Gestalt auf, die vor ihm stand.

»Du!« Es war ein schweinsäugiger Wachmann, an dessen Namen er sich nicht erinnern konnte. Er musterte ihn durch einen getönten, zweifellos gegen die Vorschriften verstoßenden Sichtschutz. »Was treibt ihr hier ganz hinten?«

Trig versuchte zu antworten, stellte jedoch fest, dass seine Erwiderung ihm irgendwo knapp unterhalb der Gurgel im Hals steckte. Kale mischte sich ein und schenkte dem Mann ein lässiges, entwaffnendes Lächeln. »Bloß ein bisschen die Beine vertreten, Sir.«

»Habe ich mit dir geredet, Sträfling?«, fragte der Wachmann, und ohne auf eine Antwort zu warten, wandte er seine Aufmerksamkeit wieder Trig zu. »Nun?«

»Er hat recht, Sir«, erwiderte Trig. »Wir haben uns bloß die Beine vertreten.«

»Wie? Seid ihr euch etwa zu fein, beim Rest des Abschaums zu bleiben?«

»Wir versuchen, Abschaum aus dem Weg zu gehen, wann immer wir können«, sagte Trig und fügte dann hinzu: »Sir.«

Hinter den Linsen wurden die Augen der Wache zu Schlitzen. »Willst du mich auf den Arm nehmen, Sträfling?«

»Nein, Sir.«

»Weil die letzte Made, die mich auf den Arm nehmen wollte, nämlich nun einen Monat im Loch verbringt.«

»Verstanden, Sir.«

Der Wachmann starrte ihn finster an und ließ den Kopf leicht zur Seite zucken, als würde er einen Blickwinkel suchen, aus dem Trigs makelloses, jugendliches Gesicht womöglich irgendwie bedrohlich wirkte oder inmitten dieser größeren Ansammlung inhaftierter Krimineller sogar Sinn ergab. Trig, der seine Miene musterte, strafte sich selbst damit, sich auszumalen, wie in diesen schielenden Augen ein Funken Erkennen aufleuchtete. Einen Sekundenbruchteil lang dachte er, wie bizarr es wäre, wenn die Wache jetzt sagte: Ihr seid Von Longos Jungs, nicht wahr? Ich habe gehört, was eurem Vater zugestoßen ist. Er war ein guter Mann.

Aber natürlich fand kein einziger Wärter auf diesem Schiff, dass Longo ein guter Mann gewesen war, oder hatte sich auch nur die Mühe gemacht, sich seinen Namen zu merken – und nun war er tot und bereits so vollkommen vergessen, dass er ebenso gut niemals gelebt haben konnte, und die Wache schüttelte bloß den Kopf.

»Bewegt euch!«, murmelte der Wachmann und ging davon.

In dem Moment, in dem sie außer Hörweite waren, stieß Kale Trig den Ellbogen gegen die Schulter.

»Wir versuchen, Abschaum aus dem Weg zu gehen, wann immer wir können?« Ein winziges Grinsen kräuselte Kales Mundwinkel. »Hast du dir das gerade eben spontan ausgedacht?«

Trig war selbst außerstande, sich ein Lächeln zu verkneifen. Es fühlte sich befreiend an, vermutlich, weil er sich nicht entsinnen konnte, wann er sich das letzte Mal mehr gestattet hatte als eine besorgte Grimasse. »Glaubst du, er hat’s mir abgekauft?«

»Ich glaube, du hast dir das beinahe selbst abgekauft.« Kale streckte die Hand aus und wühlte mit den Fingern durch Trigs Haar. »Wenn du weiter den Witzbold spielst, Sträfling, landest du am Ende noch unten in Einzelhaft, bei den richtig gefährlichen Typen.«

»Ich habe gehört, dass sie da unten gerade ein paar harte Jungs weggesperrt haben«, sagte Trig. »Könnten unsere zukünftigen Kunden sein.«

Kale bedachte ihn mit einem zustimmenden Blick. »In dir steckt viel mehr von Paps, als ich dachte«, meinte er, und mit einem letzten Blick auf die Gefangenen vor ihnen bewegte er den Kopf fast unmerklich nach links. »Komm mit, folg mir! Und dreh nicht durch, okay?«

»Klar.« Trig merkte, dass Kale sein Tempo verlangsamte, sich mehrere Meter zurückfallen ließ, kaum genug, dass es irgendjemandem auffallen würde, und seine Schritte denen seines Bruders anpasste. Weiter vorn teilte sich der Hauptgang in drei Korridore, die wiederum in eine Reihe schmalerer Durchgänge abzweigten, die die Inhaftierungsebenen in jedem erdenklichen Vektor und Winkel durchkreuzten.

Während seiner Zeit an Bord hatte Trig es sich zur Aufgabe gemacht, so viel über den Grundriss der Sühne in Erfahrung zu bringen, wie er nur konnte. Durch das Belauschen von Gesprächen zwischen Wachen und Wartungsdroiden hatte er schon frühzeitig mitbekommen, dass es sechs Hauptinhaftierungsebenen gab, von denen jede zwanzig bis dreißig individuelle Gefängniszellen beherbergte. Darüber befand sich der Speisesaal, gefolgt von den Verwaltungsbüros, den Quartieren der Schiffsbesatzung und der Krankenstation. Niemand redete viel über die Einzelhaft, unten im Schiffsbauch der Sühne – noch gab es sonderlich viele Spekulationen über die sprichwörtlich Hunderte von Metern schmaler Zugangswege, Unterebenen und schwach beleuchteter Gänge, die jede Ebene durchzogen wie eine Honigwabe.

Kale und Trig verfielen in Gleichschritt und schlüpften durch das offene Tor, marschierten an den klammen Fertigbauwänden entlang und eine Treppenflucht hinunter, tiefer in die subkutanen Gedärme des Offenen Vollzugs hinab. Die Luft hier unten wurde schlagartig dicker und dramatisch schlechter atembar, während sie sich im Dunkeln ihren Weg zu einer Ansammlung instand gesetzter Luftfilter bahnte und sie schließlich wieder zurück ins Schiff gepumpt wurde, wo der Kreislauf von Neuem begann.

»Sieh an, sieh an«, sagte eine Stimme, »die Longo-Brüder reiten wieder!«

Trig nahm einen raschen Atemzug, in der Hoffnung, dass es nicht wie ein Keuchen klang. Kale vor ihm erstarrte und streckte instinktiv eine Hand hinter sich aus, während sie beide in die weitläufige Kammer blickten, die ihre unmittelbare Zukunft bereithielt. Trigs Sehvermögen brauchte keine zusätzliche Zeit, um sich anzupassen. Er konnte bereits die Gestalten mehrerer Insassen ausmachen, alles Mitglieder der Delphanianer-Visagen-Gang, und vor ihnen: Aur Myss.

Ob Myss’ nahezu vertikaler Mund ein Genunfall oder die Folge eines seiner legendären Messerkämpfe war, war ein Thema, über das sich die anderen Gefangenen fortwährend den Kopf zerbrachen. Unter der abgeflachten, wildlederartigen Ziehharmonika von einer Nase baumelte von der schlaffen Unterlippe eine Reihe unterschiedlichster Stammespiercings, die er als Trophäen von all den anderen Häftlingsanführern erbeutet hatte, als Myss und sein Boss, Sixtus Cleft, den Status der Visagen-Gang als tonangebende Gefangenengruppe an Bord der Sühne gefestigt hatten.

»Ihr kommt genau rechtzeitig«, meinte Myss. Seine Piercings klimperten, als er sprach.

Kale nickte. »Wir sind immer pünktlich.«

»Ein bewundernswerter Wesenszug für eine Gefängnisratte.«

»Deshalb hast du dich doch entschieden, mit uns Geschäfte zu machen.«

»Aus diesem und vielen anderen Gründen« sagte Myss. »Da kannst du dir sicher sein.«

Kale lächelte. »Hast du die Bezahlung mitgebracht?«

»Oh, ja.« Myss stieß ein zischendes Gurgeln aus, bei dem es sich womöglich um Gelächter handelte, und streckte eine Hand mit schaufelartigen Klauen aus, um damit auf den leeren Fußboden vor sich zu deuten. »Sie ist gleich hier, direkt vor mir. Siehst du sie nicht?«

Trig spürte – oder vielleicht bildete er sich das auch bloß ein –, wie sich sein älterer Bruder versteifte, sich für Ärger wappnete, und versuchte, Kale kraft seiner Gedanken dazu zu zwingen, ruhig zu bleiben. Es schien zu funktionieren. Zumindest fürs Erste wahrte Kale seine aufrechte Haltung und schaute nicht weg, sorgsam darauf bedacht, seine Stimme fest und gelassen zu halten. »Ist das irgendeine Art Scherz?«

»Schon möglich.« Myss warf den delphanianischen Fußsoldaten einen Blick zu, die ihn grinsend und kichernd zu beiden Seiten flankierten. »Vielleicht teilst du bloß nicht unseren Sinn für Humor.«

»Unsere Abmachung mit Sixtus …«

»Sixtus ist tot.«

Kale starrte ihn an. »Wie bitte?«

»Eine schreckliche Tragödie.« Myss flüsterte beinahe, und Trig wurde klar, dass es sich bei dem undeutlichen Zischen zwischen seinen Worten dieses Mal tatsächlich um Gelächter handelte, begleitet vom leisen, metallischen Klimpern seiner Piercings. »Gefängniswärter Wembly hat ihn heute Morgen mit aufgeschlitzter Kehle in seiner Zelle gefunden. Ich bin jetzt der neue Anführer.« Er brach ab, und dann war seine Stimme mit einem Mal kalt wie Eis. »Und damit haben sich die Konditionen unseres Geschäfts leider geändert.«

»Das kannst du nicht machen!«, warf Trig ein, außerstande, sich noch länger zurückzuhalten. »Sixtus und unser Vater …«

»Nein, ist schon in Ordnung«, meinte Kale, noch immer, ohne seine Augen von Myss abzuwenden, und als er abermals das Wort ergriff, klang er vollkommen gelassen. »Es tut mir nur leid, dass sich die Dinge so entwickelt haben.«

Myss wirkte tatsächlich neugierig. »Ach ja?«

»Nichts von dem hier ist notwendig.« Kales Stimme klang so lässig, dass es beinahe war, als würde man ihrem Vater zuhören. Es war derselbe einschmeichelnde Wir-kriegen-das-schon-geregelt-Tonfall, der sie in der Vergangenheit aus so vielen brenzligen Situationen gerettet hatte. »Wir haben hier eine für beide Seiten vorteilhafte Geschäftsbeziehung aufgebaut, und es wäre verrückt, sie durch unüberlegte Entscheidungen aufs Spiel zu setzen.«

»Unüberlegte Entscheidungen?«

Kale fuhr mit einer Hand in die Höhe. »Natürlich erzählen wir euch gern, wo die Blaster und Energiezellen versteckt sind, ganz kostenlos. Ich überlasse sie euch mit meinen besten Empfehlungen. Betrachte das als mein Geschenk an dich, als neuer Anführer der Visagen-Gang. Und alle spazieren hier raus, um ein andermal wieder Geschäfte miteinander zu...