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Theorien der Sozialpädagogik - ein Theorie-Dilemma?

Eric Mührel, Bernd Birgmeier

 

Verlag VS Verlag für Sozialwissenschaften (GWV), 2009

ISBN 9783531919706 , 327 Seiten

Format PDF, OL

Kopierschutz Wasserzeichen

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35,96 EUR


 

Das Projekt einer kritischen Theorie Sozialer Arbeit – ein Zombi? (S. 165-166)

Michael May

1 Schmidts Entwurf einer handlungswissenschaftlichen Sozialpädagogik, seine Rekonstruktion marxistischer Sozialpädagogik und das Projekt einer Kritischen Theorie Sozialer Arbeit

Vor gut einem Vierteljahrhundert hat Hans-Ludwig Schmidt als „wesentliche Ursache" (1981, 270) für das, was er im Anschluss an Hildegard Holtstiege (1976) als „Theorie-Dilemma" der Sozialpädagogik bezeichnet hat, die Verkürzung von „Sozialpädagogik entweder auf Theorie oder auf Praxis" (ebd.) oder deren Identisch-Setzung ausgemacht. Eine Lösung dieses „Theorie-Dilemmas" war für ihn nur zu erwarten „von einer dialektischen Vermittlung von Theorie und Praxis" (ebd. 272), wie er sie durch die Praxeologie von Josef Derbolav und deren Weiterführung besonders durch Dietrich Benner und Wolfdietrich Schmid- Kowarzik vorgezeichnet sah. „Unter Berücksichtigung der sozialpädagogischen Differenz beider: einerseits, dass Praxis der Theorie als unverfügbare gegeben ist und Theorie Praxis nicht determinieren darf, andererseits, dass Praxis auf Sinnorientierung durch Theorie angewiesen ist, deren Vermittlung sie als Praxis allerdings nur alleine zu leisten vermag" (ebd. 272) hat Schmidt vorgeschlagen, Sozialpädagogik müsse sich als „dialektische Situationsanalyse mit vorherrschend praktischem Motiv" (1981, 296) auf ihr „je gegebenes" „Wie" (ebd. 275) und als „dialektische Sinndeutung mit vorherrschend theoretischem Motiv" (ebd. 296) auf ihr „je aufgegebenes" „Was" (ebd. 275) beziehen. „Als dialektische ‚Wissenschaft‘ im Primat der Praxis" (ebd. 296) stehe Sozialpädagogik damit „im Prozess je neuer Selbstfindung und wandelt sich daher in ihrer Bestimmung sozialpädagogischer Aufgaben von der und für die Praxis" (ebd.).

Im „marxistischen Ansatz", in dessen Kontext zu Zeiten von Schmidts „Systematisierung vorliegender Theorieentwürfe von Sozialpädagogik" (vgl. ebd. Kap. 3.5) erst einige – wenngleich vollmundige – Schritte „auf dem Weg zu einer marxistische Sozialpädagogik" (ebd. 188) unternommen wurde, die er dann zu einer ersten „systematische[n] Skizze" (ebd. 193) zu bündeln versucht hat, sah er „Theorie und Praxis […] unter dem Vorrang der Praxis als Einheit, d.h. identisch begriffen" (ebd. 250). Schmidts Ansicht zufolge lasse der marxistische Ansatz deshalb mit dem (wie er zugibt: „sehr vereinfacht formulierten) Postulat ‚Handle und du bist frei‘ […] sozialpädagogische Praxis letztlich in einen blinden Aktionismus enden und definiert sie technisch, indem er die Praxis von der theoretischen Frage nach der Sinndeutung des sozialpädagogischen Anliegens abkoppelt" (ebd. 268).

Dies mag für einen – wie Schmidt ihn an anderer Stelle treffender nennt – „dogmatisch-marxistisch-leninistische[n] Ansatz" (ebd. 202) zutreffen, der seine „Kategorien zur Situationsanalyse sozialpädagogischer Praxis aus dem Regress eines auf die Ökonomie verkürzten Marx" (ebd. 248) gewinnt und sich auf „die Rolle des Proletariats im Klassenkampf" (ebd. 174) konzentriert. Und so mag diesbezüglich Schmidt auch mit seiner These Recht haben, dass eine auf einem solchen Ansatz fußende „marxistische Sozialpädagogik, die von der Sinndeutung abstrahiert" (ebd. 292) und in der „Reduktion des Theorie-Praxis-Verhältnisses auf Praxis als dialektische Situationsanalyse" (ebd. 266) „vorrangig das Wie der Sozialpädagogik thematisiert, […] die Utopie einer kommunistischen, alle menschlichen Belange harmonisch regelnden und befriedigenden Gesellschaft voraus[setzt], von der her die gegebenen gesellschaftlichen Verhältnisse als Klassenverhältnisse charakterisierbar sind und das Wesen und die Aufgabe der Sozialpädagogik darin besteht, dieses Klassenverhältnis durch Klassenkampf zu zerschlagen (Funktionsbestimmung der Sozialpädagogik) im Glauben damit schon die Realisierung des Ideals zu garantieren" (ebd. 292).