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Auf den Spuren der Nahtoderfahrungen - Gibt es eine unsterbliche Seele?

Günter Ewald

 

Verlag Butzon & Bercker GmbH, 2012

ISBN 9783766641502 , 176 Seiten

2. Auflage

Format ePUB

Kopierschutz frei

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8,99 EUR


 

II. Quantenphysik
und Bewusstsein

1. Materie, Licht und die Quantenwelt

Wir wollen nun die materialistische Meinung, Bewusstsein, Seele und alles Geistige seien materielle Vorgänge, hinterfragen. Zu diesem Zweck nehmen wir erst einmal genau unter die Lupe, was die heutige Physik unter Materie versteht. Wir werden sehen, wie weich der scheinbar feste Boden des Materiellen ist und wie sich neuartige Beziehungen zum Geistigen ergeben. Die neue Welt, die sich auftut, nennen wir kurz Quantenwelt. Licht und Materie sind in ihr eng verwandt, und so wird oft die Betrachtung des Lichtes exemplarischer Leitfaden sein.

Sprache und Anschauung setzen uns stets Grenzen; später soll noch mehr davon die Rede sein. Schon am Beispiel der Größe und des Baus von Atomen wird das deutlich. – In einem schwedischen Märchen verzaubert ein kleiner Kobold Kinder für eine Weile zu winzigen Geschöpfen, um ihnen die Welt in einer Ameisenperspektive zu zeigen. Grashalme werden zu großen Bäumen, Blumen zu riesigen Sonnenschirmen, und kleine Käfer erscheinen als monströse Bewohner der Bodenwelt. In ähnlicher Weise wollen wir einmal gedanklich in die Welt der Atome und Elektronen hinabsteigen. Die Größenverhältnisse ändern sich dabei noch ungeheuerlich stärker als beim Koboldzauber. Wir nehmen uns beispielsweise vor, bei einem Metallspiegel, also bei einem Stück poliertem Eisenblech, ein einzelnes Atom in Fußballgröße zu sehen. Statt uns selbst verkleinert, können wir uns auch das Metallblech vergrößert denken. Um ein Atom fußballgroß erscheinen zu lassen, müsste das Blech in etwa die Ausmaße einer tausend Kilometer dicken Fahne annehmen, die zwischen Erde und Mond flattert, wobei eine Ecke der Fahne auf der Erde und eine benachbarte Ecke auf dem Mond befestigt wäre.

Nun hat man schon vor mehr als hundert Jahren die Vorstellung entwickelt, dass ein Atom aus einem Atomkern und einem Elektron oder mehreren Elektronen besteht, die den Atomkern ähnlich umkreisen wie die Planeten die Sonne. Der „Fußball“ ist also „in Wirklichkeit“ ein Gebilde, bestehend aus einem fast punktförmigen Kern in der Ballmitte und noch kleineren Gebilden in der Nähe des Leders. Um hierbei die Größenverhältnisse zu verdeutlichen, denken wir uns den Ball noch einmal erheblich vergrößert, etwa durch ein Fußballstadion wie die Allianz-Arena in München ersetzt. Der Atomkern ist dann ein erbsengroßes Gebilde im Anstoßpunkt des Fußballfeldes, und die Elektronen kreisen wie Pfefferkörner durch die Ränge. Viel „Materie“ bleibt also nicht, wenn man sich Atomkern und Elektronen als kleine Kügelchen und dazwischen nur leeren Raum denkt. Könnte man alle derartigen Kügelchen eines Objektes auf einen Haufen zusammenschieben, dann bliebe, jetzt wieder in Realgröße gedacht, etwa von einem Ozeandampfer ein Gebilde ungefähr von der Größe eines Stecknadelkopfes!

Das ist schon sehr erstaunlich. Aber die eigentliche überraschung kommt erst noch: Die kleinen Kügelchen – Atomkerne und Elektronen – gibt es gar nicht! Sie sind modellhafte Umschreibungen recht geheimnisvoller Phänomene. Und den leeren Raum gibt es auch nicht. Der mittelalterliche „horror vacui“, die Abscheu der Natur vor der Leere, ist gewissermaßen zurückgekehrt. Das soll nicht heißen, der Raum sei mit so etwas wie „feinstofflicher Substanz“, einem „Äther“, ausgefüllt. Wir fingen dann erneut an, nach Kügelchen zu suchen, und das Spiel begänne von vorn. Der Raum selbst ist, ebenso wie die Zeit, nicht nur formale Bedingung für jegliches Ereignis und unsere Wahrnehmung desselben. Raum und Zeit sind Träger von möglichkeiten, Potenzialitäten, deren Realwerden wir im Grunde nur staunend in „Gleichnisse“ zu fassen suchen. Diese Gleichnisse drücken wir in der uns geläufigen Sprache aus, reden von „Teilchen“, „Wellen“, „Kernen“, „Anziehungskräften“, führen aber auch Kunstwörter wie „Elektronen“, „Photonen“ oder „Moleküle“ ein. Dass wir in der konzentrierten Sprache der Mathematik dauerhaft geltende Beziehungen zwischen diesen Begriffen finden, Formeln, die Teilaspekte der Wirklichkeit wiedergeben, ist so etwas wie ein Wunder, das wir letztlich nicht begründen können.

Das klingt alles sehr ungewohnt und fern unserer alltäglichen Erfahrung. Aber die Unvollständigkeit unserer gewöhnlichen Sinneserfahrung liegt ja nicht ganz fern. Wie kommt es etwa, dass sich Erde und Mond gegenseitig anziehen, ohne dass Gummiseile zwischen ihnen gespannt sind? Schon Newton staunte darüber und hatte trotz seiner Formeln für die Anziehung und Bewegung der Gestirne keine physikalische Antwort. Außerdem nutzen wir reichlich die technischen Anwendungen der merkwürdigen physikalischen Überlegungen bei Handy und Spülmaschine, ohne deren innere Struktur zu verstehen. Und kehren wir noch einmal in das Fußballstadion mit den Kügelchen zurück: Was die Anziehung zwischen Atomkern und Elektronen und die schnellen Bewegungen der „Pfefferkörner“ angeht, gab das Kügelchenmodell keinerlei Erklärung. Hier blieben Rätsel bestehen.

Warum nennen wir den so umrissenen Untergrund des Kosmos die Quantenwelt? Es geht um kleinste Einheiten in dieser Welt. In der „klassischen“ Physik bis etwa 1900 dachte man sich die Atome als kleinste Einheit aller Dinge. Das hatte schon mit Demokrit in der Antike begonnen; er schuf den Begriff „atomos“, das „Unteilbare“. Dann aber teilte man die Atome und teilte auch Atomkerne (was zu den Atombomben führte). Schließlich zerfloss alles Dingliche, wie wir gerade gesehen haben. Dennoch ist die Vorstellung vom „Kleinsten“ geblieben, jetzt „Quant“ genannt. Es ist ein kleinster Zustand, der aus der Potenzialität der Raumzeit fließt und verschiedene Gestalt haben kann: Elementarschwingung, Drehmoment, eine „Portion“ Energie. Mit den Energieportionen fing es überhaupt an; Max Planck entdeckte sie im Jahr 1900 als kleinste Einheiten bei der Energie einer Wärmestrahlung. Auch Raum und Zeit selbst denkt man sich „gequantelt“, eine Art Stopp für physikalisch sinnvolles weiteres Teilen; es liegt bei einem Bruchteil eines Zentimeters mit 32 Nullen hinter dem Komma und dem Bruchteil einer Sekunde mit 42 Nullen hinter dem Komma. Das erweist sich aus Experimenten und theoretischen Überlegungen als sinnvoll; warum es so ist, weiß niemand.

Eine so gequantelte Welt tritt also sowohl an die Stelle des leeren Raumes oder Vakuums wie der „Dinge“ darin, ebenso der Kräfte. In einem etwas unglücklichen Sprachgebrauch sagt man auch „Quantenvakuum“. Es bringt nicht nur Quantenzustände hervor, die sich dann zu dem gruppieren, was wir Elektronen, Atome, Moleküle oder auch Photonen, Kernkräfte, Gravitonen (kleinste Einheiten der Gravitation) nennen. Aus dem – bislang letztlich unverstandenen – Urgrund des Seins, hilfsweise Quantenvakuum genannt, erscheinen auch die Elemente des Lebens und des Geistes. Das jedenfalls ist eine Annahme, mit der wir uns noch auseinanderzusetzen haben, wenn es um Bewusstsein und Seele geht.

Um in der so entwickelten Skizze der Quantenwelt konkreter zu werden, nehmen wir uns zuerst das Thema der Messung von Quantenzuständen vor und erläutern es gleich in Verbindung mit einem verunglückten Versuch mancher esoterischer Richtungen, mit seiner Hilfe das Verhältnis von Bewusstsein und Sein zu klären.

2. Schafft Bewusstsein das Sein?

Die klassische Hirnbiologie geht im Allgemeinen von der Annahme aus, dass jede geistige und jede psychische Regung des Menschen Ergebnis von Hirntätigkeit ist. Ein philosophischer Ausdruck hierfür ist der Satz: „Das Sein schafft das Bewusstsein.“ Er stellt eine Art Bekenntnisformel des sogenannten Naturalismus dar, einer vom Geschmack des Ideologischen befreiten Form des Materialismus. Wie lautet die logische Negation dieses Satzes? Allzu oft wird sie in der „umgekehrten“ Aussage gesehen: „Das Bewusstsein schafft das Sein.“ Die Negation besagt aber nur: „Das Sein schafft höchstens teilweise, nicht ganz das Bewusstsein.“ Sie soll uns später beschäftigen.

„Das Bewusstsein schafft das Sein“ ist eher eine Bekenntnisformel mancher esoterischer Richtungen, etwa eines „monistischen Buddhismus“, wie er in dem – als Dokumentarfilm in den USA preisgekrönten – Streifen Bleep. Was in der Welt sind wir von 2008 anhand dieser Formel illustriert wird. (Die Filmemacher stehen unter dem Einfluss einer Frau, die nach eigener Aussage von einem Mann „gechannelt“ wird, der vor 20000 Jahren in der inzwischen untergegangenen Stadt Atlantis gelebt hat.) Die Formel wird unter anderem quantenphysikalisch begründet, und zwar folgendermaßen:

Wir betrachten die Messung eines Quantenzustandes, prototypisch den Ort eines Elektrons. Im „Fußballstadion“ von vorhin würde man vielleicht mit einer guten Blitzlichtkamera eines der „Pfefferkörner“ zum Zeitpunkt des Blitzes auf eine Fotoplatte bannen. Je nach Qualität der Kamera und des Versuchsaufbaus könnte man so den Ort des Elektrons beliebig genau ermitteln. – Wir stellten aber schon fest, dass es das „Kügelchen“ Elektron nicht gibt. Der genauere Sachverhalt ist so – und darauf können sich die genannten Esoteriker in der Tat berufen –: Bei der Messung des Ortes eines Elektrons mit quantenphysikalischen Messgeräten (vergessen wir jetzt das Fußballstadion) wird nicht der Ort, den ein Elektron gerade hat, festgestellt. Vielmehr nimmt ein „verschwommenes“ Etwas als Folge der Messung einen festen Ort an, den wir als Ort des Elektrons registrieren. Das „Sein“ des Elektrons ist also durch den bewussten Akt des Messens hervorgerufen, aus einer möglichen Existenz in eine reale Existenz geholt. In der Tat sagt das die Quantentheorie und ist keine Erfindung von Esoterikern.

Haben diese also doch recht, wenn...